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Archiv "Medizingeschichte(n): Kriminalspsychologie – Stigmatisierung der „Parasitären“" (07.07.2006)

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traoperative Bildgebung, die Dauer des Krankenhausaufenthalts, die Zahl postoperativer Verlaufsuntersuchun- gen sowie die Anzahl eventuell erfor- derlicher Zweit- oder Drittoperatio- nen verringert werden, sodass der MR-Einsatz damit auch wirtschaftlich sinnvoll wird.

Entscheidend ist es aber, dass bei nahezu allen intrakraniellen Tumoren ein direkter Zusammenhang zwischen dem Ausmaß der erzielten Tumorre- sektion, der Überlebenszeit und der positiven Beeinflussung der Lebens- qualität der Patienten besteht. Das sind Kriterien, die sich einer unmittel- baren ökonomischen Bewertung ent- ziehen, aber für Patient und Arzt die allein entscheidenden sind.

Begrenzte finanzielle Ressourcen und massive ökonomische Restriktio- nen im Gesundheitswesen werden in den nächsten Jahren intraoperative Kernspintomographen nur in wenigen neurochirurgischen Kliniken, im We-

sentlichen universitären Einrichtun- gen, zum Einsatz kommen lassen. Die Industrie ist aufgefordert, preisgünsti- gere intraoperativ nutzbare Kernspin- tomographen mit einer hohen Bild- qualität zu entwickeln. Der abzuse- hende Markt für derartige Geräte soll- te bereits Anlass genug sein, hierzu Überlegungen anzustellen.

Für die neurochirurgischen Klini- ken, denen diese Form der intraopera- tiven Bildgebung, letztlich über den Steuerzahler finanziert, zur Verfügung gestellt wird, ergibt sich die selbstver- ständliche Verpflichtung, ihre operati- ven und klinischen Ergebnisse auf das Sorgfältigste zu dokumentieren und wissenschaftlich auszuwerten.

Sollten sich die Erfahrungen in der intraoperativen MR-Anwendung, die in dieser Ausgabe des Deutschen Ärz- teblattes beispielhaft dargelegt sind, in den nächsten Jahren an einem großen Patientenkollektiv in verschiedenen Kliniken bestätigen, wird diese Tech-

nologie ein entscheidender Bestand- teil der neurochirurgischen Operati- onsroutine werden, vergleichbar mit dem heute selbstverständlichen Ein- satz des Operationsmikroskopes und der Neuronavigation. Die intraopera- tive MR-Anwendung wird dadurch ei- nen wesentlichen Anteil an der Wei- terentwicklung einer sich immer mehr auf minimalinvasive Methoden kon- zentrierenden Neurochirurgie haben.

Der Autor erklärt, dass kein Interessenkonflikt im Sinne der Richtlinien des International Committee of Medical Journal Editors besteht.

Manuskript eingereicht 23. 10. 2005, angenommen 23. 10. 2005

Zitierweise dieses Beitrags:

Dtsch Arztebl 2006; 103(27): A 1897–8.

Anschrift des Verfassers Prof. Dr. med. Volker Seifert Klinik für Neurochirurgie

Johann Wolfgang Goethe-Universität Schleusenweg 2–16

60528 Frankfurt am Main M E D I Z I N

A

A1898 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 103⏐⏐Heft 27⏐⏐7. Juli 2006

AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT AUSGEWÄHLT UND KOMMENTIERT VON H. SCHOTT

MEDIZINGESCHICHTE(N))

Kriminalspsychologie Stigmatisierung der „Parasitären“

Zitat: „Es [d. h. ,die Parasitären‘] sind die Bettler, Land- streicher und Dirnen, auch ,kleine Kriminalität‘ genannt.

Im Gegensatz zu diesen Parasiten der Gesellschaft hat man die Verbrecher als die ,haute volée‘ der Kriminalität be- zeichnet.

In der germanischen Rasse machte sich der Wander- trieb schon bei den Cimbern und Teutonen geltend. Unter besonderen Verhältnissen erkennen wir ihn wieder in den ,fahrenden Leuten‘, den ,Kreuzfahrern‘, ,Fechtern und Vaganten‘, ,wandernden Handwerksburschen‘. Mit dem wachsenden wirtschaftlichen Niedergang entstand in Deutschland ein neues Landstreichertum der Arbeits- und Stellenlosen. [1]

Kriminalpsychologisch bilden die Parasitären eine ein- heitliche Gruppe. Sie sind charakterisiert durch das trieb- hafte oder periodische Auftreten des Hanges zum Vaga- bundieren, das Fehlen der Hemmungen oder das leichte Hinwegsetzen über Bedenken, die durch unsere Kulturver- hältnisse gegeben sind. Minderwertige Psychopathen und Alkoholiker [2] haben den Hauptanteil an der Gesamtzahl (mehr als 75 Prozent), wobei die ersteren vorwiegend Ver- treter der Früh- und primären Verfallsform, die letzteren die der sekundären des späteren Alters abgeben. Die be- herrschenden psychischen Grundelemente sind mehr Ge- fühls- und Willensschwäche als Verstandesschwäche, mit

den charakteristischen Dauermängeln der Haltlosigkeit, Passivität und geringen Zugänglichkeit für sozialmachende Maßnahmen. [...] der Parasitäre ist zufrieden, wenn man ihn nicht stört, auch geringe Anstrengungen vermeidet er möglichst.“

Dr. jur. Heinz Gummersbach: Die Kriminal-Psychologie und ihre Bedeutung für die praktische Seelenkunde. Bad Homburg v. d. H. 1938 (Blaue Siemensreihe; Heft 21), Seite 59. – Gummersbach (1886–1964) war Fachjurist am Rechtsamt der Hanse- stadt Köln, verfasste Kriminalromane (Pseudonym Bernd Bergner). – [1] Anspielung auf die Folgen der Weltwirtschaftskrise von 1929. [2] Beide Formen der „Minder- wertigkeit“ konnte zur (im NS-Staat legalen) Zwangssterilisation der Betroffenen führen. – Die zitierte Schrift argumentiert auf der Grundlage von Degenerations- lehre und Rassenhygiene ganz im Sinne der NS-Ideologie. Diese war bestrebt, so genannte Psychopathen – ein äußerst unscharfer Begriff – beziehungsweise die Anlage hierzu aus rassenhygienischen Gründen auszugrenzen beziehungsweise nach Möglichkeit „auszumerzen“. Diesbezügliche statistische Angaben sind aus heutiger Sicht nicht aussagekräftig. Eine (pseudo)wissenschaftliche Begründung lieferte die zeitgenössische Psychiatrie, wonach dem Verbrechen primär eine erbli- che Disposition zugrunde liege, gemäß der These vom „angeborenen Verbrecher“, die der italienische Psychiater Cesare Lombroso bereits 1876 in seiner gleichnami- gen Monographie vertreten hatte. Letztlich galten „die Parasitären“ als Verbrecher, wenn auch nur als „kleine“, weil sie gesellschaftliche Normen missachteten und als „Volksschädlinge“ quasi Schmarotzer im „Volkskörper“ darstellten. Sozial- und gesundheitspolitische Gründe für das inkriminierte Verhalten traten demgegenüber völlig in den Hintergrund der Argumentation. Die Metaphorik des Parasitären, des Ungeziefers, lief darauf hinaus, solche Personen zu Unmenschen beziehungsweise

„Untermenschen“ zu erklären und ihnen die Menschenwürde und tendenziell das Lebensrecht abzuerkennen.

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