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Archiv "Zahlungsunfähige Ärzte: Ein verschwiegenes Problem" (13.05.2005)

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Ä

rzte gelten immer noch als wohlhabend und da- her gefeit vor wirtschaft- lichen Schwierigkeiten. Die Realität sieht jedoch anders aus. Zahlreiche Arztpraxen kämpfen um das Überleben;

viele haben den Kampf bereits verloren und den Gang zum Insolvenzrichter antreten müs- sen. Krisenanfällig sind Ärzte aller Fachrichtungen. Gründe dafür gibt es viele: falsche Inve- stitionsentscheidungen, zu ho- he Preise für die Praxisüber- nahme, Schieflagen im pri- vaten Bereich (oft ausgelöst durch fehlgeschlagene Immo- bilieninvestments in den neuen Bundesländern oder fremdfi- nanzierte Wertpapiergeschäfte am Neuen Markt). In der Folge müssen Kapitaldienste gelei- stet werden, die auch aus ei- ner gut gehenden Praxis nicht mehr bedient werden können.

Verschuldungssituation oft überschaubar

Häufig gestehen sich die Be- troffenen ihr Finanzproblem nicht ein und vertrauen sich zu spät professionellen Bera- tern an. Dabei sind die Krisen- situationen oft lösbar. Dies liegt daran, dass die Verschul- dungssituation meist über- schaubar ist. Die fehlgeschla- gene Investition im betriebli- chen oder privaten Bereich ist in der Regel über eine oder zwei Banken, bei Großge- räten über den Lieferanten oder eine Finanzierungs- oder Leasinggesellschaft finanziert.

Dies sind die Hauptgläubiger.

Die sonstigen Verbindlichkei- ten sind in vielen Fällen mar- ginal. Die notwendigen Rege- lungen zu einer Entschuldung des Arztes sind also nicht – wie in anderen Branchen üb- lich – mit zahlreichen Gläubi- gern zu verhandeln.

Hinzu kommt, dass die Gläubiger eines Arztes im Regelfall bis auf die von ihnen finanzierten Anschaffungen über keine nennenswerten Si- cherheiten verfügen, jedenfalls Teile ihres Engagements als ungedeckt anzusehen sind.Die Gläubiger können nur hoffen, aus künftigen Praxiserträgen zumindest teilweise befriedigt

zu werden. Diese Interessenla- ge kann sich ein erfahrener Sa- nierungsberater zugunsten des Arztes zunutze machen.

Beispiel: Dr. A, 54 Jahre alt, ist niedergelassener Unfallchir- urg. Die Praxis erwirtschaftet im Durchschnitt einen Jah- resgewinn (vor Steuern) von 180 000 bis 200 000 Euro. In den frühen 90er-Jahren hat sich Dr. A an einem größeren Im- mobilienprojekt in Branden- burg beteiligt, das im Wesentli- chen über die B-Bank fremd- finanziert wurde. Die Investiti- onsentscheidung erfolgte auf der Basis der damaligen An- nahmen zu der Entwicklung des dortigen Immobilienmark- tes („blühende Landschaften“) und der durch die Vertriebsge- sellschaft in Aussicht gestellten steuerlichen Vorteile (Verlust- zuweisungen). Der erhoffte Vermietungsstand konnte je- doch nicht erreicht werden, große Teile der Immobilie sind nicht vermietet. Der Kapital- dienst (Zins und Tilgung) kann aus den Mieteinnahmen nicht gedeckt werden. Diese rei- chen gerade zur Deckung der Betriebskosten. Den Kapital- dienst muss Dr. A deshalb durch laufende hohe Entnah- men aus der Praxis decken. Die Situation wird immer bedrohli- cher, weil die Praxisumsätze sinken und notwendige Inve- stitionen nicht mehr finanzier- bar sind. Die Zahlungsunfähig- keit droht. Es ist absehbar, dass Dr. A seinen Zahlungsver- pflichtungen bald nicht mehr wird nachkommen können.

Das sonstige Vermögen – Le- bensversicherung und Privat- immobilie – ist der Bank be- reits voll verhaftet.

In einer solchen Situation führt ein zögerliches Abwar- ten oder ein Sich-der-Situati-

on-Ergeben zur Insolvenz. Zu- gegeben: Die Insolvenz bedeu- tet nicht das Ende der freibe- ruflichen Tätigkeit. Das Mittel des Insolvenzplans eignet sich gut zur Sanierung von Freibe- ruflerpraxen in der Insolvenz.

Es bietet die Möglichkeit der Entschuldung auf der Basis eines Sanierungsplans unter Verzicht der Gläubiger auf Teile ihrer Forderungen. Ver- bleibenden Verbindlichkeiten können gestundet und aus künftigen Erträgen der Praxis getilgt werden. Es sind aber auch Nachteile festzustellen:

Neben dem persönlichen Ma- kel der Insolvenz (der sich auch auf die Patientenzahlen auswirken kann) ist die Kredit- unwürdigkeit zu nennen, die die Insolvenz (auch nach Auf- hebung bei Annahme eines In- solvenzplans) für einen länge- ren Zeitraum mit sich bringt.

Hinzu kommt die insolvenzbe- dingte Minderung des Wertes des Vermögens (der Gläubi- gersicherheiten) bei dem Ver- such einer Verwertung aus der Insolvenz heraus. Verkauft der Insolvenzverwalter das schuld- nerische Vermögen, werden die tatsächlichen Werte kaum realisiert.

Bank in einer strategischen Falle

Der Ansatz einer außerge- richtlichen Sanierung muss da- her darin bestehen, unter Wah- rung der Position der Gläubi- ger, hier der Bank B, eine Lö- sung unter Verhinderung eines Insolvenzverfahrens anzustre- ben. Die Bank ist meist in einer strategischen Falle. In der In- solvenz droht die Entwertung ihrer Sicherheiten (Immobili- en). Ihr Druckmittel ist be- scheiden, weil der insolvente

Arzt die Entschuldung über einen Insolvenzplan notfalls auch gegen den Willen und das Votum der Bank durchsetzen kann. Sie wird daher einem Konzept zustimmen, dass die Verwertung der Sicherheiten durch „freihändigen Verkauf“

zum Inhalt hat. Das heißt, die Immobilien, inklusive des Pri- vathauses, werden verkauft, die Lebensversicherung wird gekündigt und der Rückkaufs- wert von der Bank verein- nahmt. Daraus lassen sich die Bankschulden aber nicht dek- ken. Die Bank wird also auf einen Teil ihrer Forderungen verzichten müssen. Welcher Teil das ist, das hängt vom Ver- handlungsgeschick ab. Denk- bar ist, dass die Bank allein zur Vermeidung einer ihre Sicher- heiten entwertenden Insol- venz auf die gesamten Restfor- derungen nach Verwertung derselben verzichtet. Denkbar ist auch, dass die Bank eine Art Besserungsschein verlangt. Sie erhält für einen auszuhandeln- den Zeitraum noch einen Teil des Gewinns der Praxis und verzichtet dann auf den Rest.

In dem dem Beispiel zu- grunde liegenden Fall wurde ein Besserungsschein für zwei Jahre vereinbart mit einem gestaffelten Prozentsatz je nach Gewinn. Die Bank er- hielt ferner eine Verkaufsvoll- macht für die Immobilien, um in die Vermarktung über eige- ne Vertriebswege einsteigen zu können. Eine solche außer- gerichtliche Lösung setzt al- lerdings Offenheit gegenüber dem Gläubiger voraus. Hat die Bank den Eindruck, dass Ver- mögen oder Vermögensum- schichtungen (Übertragungen) auf Angehörige zum Zweck der Aushöhlung der Haftungs- masse verschwiegen werden, ist eine Einigung zum Schei- tern verurteilt.

Dr.A ist heute entschuldet.

Ihm bleibt noch ausreichend Zeit, das verlorene Vermögen wieder aufzubauen. Er kann sich wieder ganz seinem Be- ruf widmen. Der Öffentlich- keit ist die wirtschaftliche Kri- se verborgen geblieben.

Hubertus Bange,E-Mail: hubertus.

bange@lauscher-partner.de V A R I A

A

A1398 Deutsches ÄrzteblattJg. 102Heft 1913. Mai 2005

Zahlungsunfähige Ärzte

Ein verschwiegenes Problem

Insolvenzen von Arztpraxen sind keine Einzelfälle mehr. Die Gründe sind vielfältig.

Wirtschaft

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