• Keine Ergebnisse gefunden

Aktueller Umsetzungsstatus des integrierten Pflanzenschutzes in Nordwest-Deutschland

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Aktueller Umsetzungsstatus des integrierten Pflanzenschutzes in Nordwest-Deutschland"

Copied!
2
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Notizen aus der Forschung

Nr. 21 / Mai 2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN2567-0484

Aktueller Umsetzungsstatus des integrierten Pflanzenschutzes in Nordwest-Deutschland

Lukas Thiel, Verena Haberlah-Korr, Marcus Mergenthaler Einleitung

Der integrierte Pflanzenschutz (IPS) steht seit Jahren im Pflanzenschutzgesetz, wurde im Jahr 2010 in die „gute fachliche Praxis“ integriert und dient als Idealbild des Pflanzenschutzes (BMELV2010; § 3 PflSchG 2014). 2015 stellte HOKKANEN die These auf, dass die aktuelle Umset- zung des IPS dem umgekehrten Idealbild entspricht, und der chemische Pflanzenschutz die momentane Basis des Pflanzenschutzes darstellt und nicht das letztmögliche In- strument.

Befragungen von 32 Betriebsleitern aus Nordrhein-West- falen in 2018/2019 zeigten, dass besonders arbeitsorga- nisatorische Aspekte (Zeit) und teils geringe Kosten (hier:

Insektizide) für Pflanzenschutzmittel ausschlaggebende Hemmnisse des IPS sind. Hinzu kommt das wahrgenom- mene Risiko durch Schaderreger (THIEL et al. 2019). Bishe- rige Forschungsansätze haben den integrierten Pflanzen- schutz häufig auf Ebene von Kulturartengruppen, in Kom- bination Schädlingskategorien (Getreide und Pilzerkran- kungen: JORGENSEN 2007 u. 2008; Ungräser: LLEWELLYN et al. 2007) betrachtet. Ebenfalls hat sich die Sozioökonomie des Themas angenommen (Annahme neuer Methoden:

KUEHNE et al. 2017). Eine Betrachtung auf Kulturarten- Maßnahmen Kombination, insbesondere für die Anwen- dung des integrierten Pflanzenschutzes in Deutschland, liegt bisher nicht vor. Ziel der vorliegenden Untersuchung ist die Konzeption und Testung eines Erhebungskonzep- tes zur wahrgenommenen Umsetzung unter LandwirtIn- nen in Deutschland.

Material und Methoden

Es wurde ein Fragebogen mit 40 offenen und 18 geschlos- senen Fragen für CATI-Interviews (Computer assisted te- lephone Interviews) entwickelt, welcher die Themenfel- der Betriebsstruktur, Pflanzenbau, Pflanzenschutz, Warn- dienste/Prognosemodelle und Demographie umfasst. Die Erhebungsregion wurde auf die Bundesländer Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen und Schleswig-Holstein be- grenzt. Die Stichprobe für die Befragung wurde als be- triebsflächenrepräsentative Quotenstichprobe konzi- piert. Dabei erfolgte die Quotierung nach den folgenden Vorgaben: Berücksichtigung des Landesdurchschnitts (Betriebsgröße und Ausrichtung), konventioneller Acker- bau, sowie keine Schwerpunktausrichtung auf Sonder-

oder Dauerkulturen. Die Befragung erfolgte auf 300 kon- ventionelle Betrieben durch ein Marktforschungsunter- nehmen in den Monaten August und September 2019.

Ergebnisse

Von den 300 Befragten generierten 86 % Umsätze im Marktfruchtbau, jeweils 30 % in der Veredelung und im Futterbau, sowie 17 % im Energiebereich. Mehrfachant- worten waren möglich. Wichtigste Kulturen waren Win- terweizen, Wintergerste und Mais. Wo es nach beschrei- bender Sortenliste möglich war, wurde neben den Er- tragseigenschaften auch die Anfälligkeit für Krankheiten in die Sortenwahl mit einbezogen. Bei Kartoffeln war die Vermarktung ausschlaggebend für die Sortenwahl. Infor- mationen zu Sorten wurden überwiegend aus Fachzeit- schriften (41 %), Offizialberatung (41 %) und vom Land- handel (36 %) bezogen. Bestandeskontrollen in den als wichtigste Kulturen benannten Fruchtarten Weizen (21 %), Gerste (29 %) und Mais (11 %) wurden auf Ver- unkrautung (77 %; 52 %; 38 %), Pilzbefall (80 %; 52 %, 22 %) oder Schadinsekten (74 %; 53 %; 34 %) durchge- führt. Erfolgskontrollen führten die Befragten überwie- gend nach Herbizideinsätzen (75 % auf allen Schlägen, 3 % gar nicht) durch. Kontrollen nach Insektizideinsätzen fanden auf 10 % der Betriebe nicht statt, bei Fungiziden auf 5 %. Durchschnittlich wurden Kontrollen in 25 % der Angaben über Spritzfenster durchgeführt. Festgestellte Ergebnisse der Bestandeskontrollen wurden von 57 % der Befragten in der Ackerschlagkartei dokumentiert, 18 % dokumentierten die Ergebnisse nicht. Die übrigen doku- mentierten unspezifisch „auf einem Zettel“ oder auf dem Computer. Etwa ein Drittel der Befragten führte grund- sätzlich keine Teilbehandlungen mit Pflanzenschutzmit- teln durch. 50 % gaben an, mit Herbiziden Teilbehandlun- gen zu fahren (20 % Fungizide, 16 % Insektizide). Eine An- schaffung von Technik zur mechanischen Unkrautregulie- rung wird von 74 % der Befragten nicht angestrebt. Posi- tiv auf diese Frage reagierten 13 %. Auf die Frage, was sie unter integriertem Pflanzenschutz verstehen, fielen die Antworten unterschiedlich aus. Etwa 21 % konnten eine umfassend korrekte Antwort geben, weitere 25 % gaben wichtige, korrekte Teilaspekte an oder verwiesen auf ein- zelne Grundsätze (18 %). 36 % der Befragten gab keine, oder keine korrekte Antwort.

(2)

Notizen aus der Forschung

Nr. 21 / Mai 2020

- Fachbereich Agrarwirtschaft, Soest -

www4.fh-swf.de/cms/forschungsnotizen/ ISSN2567-0484

Abbildung 1: Anteil der Antworten der Befragten zur Frage

„Was verstehen Sie unter IPS?“ (n=300)

Einfluss auf den Pflanzenschutz wird auf den Betrieben überwiegend der Offizialberatung und dem örtlichen Landhandel zugeschrieben. Industrie und Lohnunterneh- mer wird ein geringer Einfluss zugeschrieben. In der Bera- tung zeigt sich, dass 14 % der Betriebe keine regelmäßige externe Beratung bezieht, die Kammer aber den Großteil (ca. 60 %) der Betriebe erreicht. Allgemeine Hemmnisse im IPS sind unter anderem der Zeitaufwand (59 %), das wahrgenommene Risiko durch Schädlinge (51 %) oder das schwerfallende Erkennen der Schaderreger (20 %), sowie als nicht korrekt empfundene Schadschwellen (17 %).

Diskussion

Mehr als die Hälfte der befragten Betriebe setzt den IPS in Teilen um. Positiv fällt die Feldkontrolle auf, welche bei den meisten Betrieben erfolgt. Kontrollen vor und nach Anwendungen von Pflanzenschutzmitteln sind weit ver- breitete Instrumente. Nur 20 % der Befragten wenden di- gitale Hilfsmittel an oder haben Erfahrungen damit. Teil- behandlungen mit Pflanzenschutzmitteln werden auf etwa 30 % der Betriebe per se nicht umgesetzt.

Die Begrifflichkeit des integrierten Pflanzenschutzes wurde von einem Drittel der Befragten nicht richtig er- kannt. Nur etwa 20 % konnten den Begriff richtig definie- ren, obwohl der Begriff über Jahre hinweg im Gesetzes- text, in der Ausbildung und durch die Beratung verwendet und definiert worden ist. Die Umsetzung von Teilaspekten des IPS scheint weiter verbreitet als das explizite Wissen über den IPS. Im Sinne der praktischen Umsetzung des IPS muss das nicht nachteilig sein. Es wäre zu prüfen, ob mehr explizites Wissen über den IPS sich jedoch auf den Abbau von angegebenen Vorbehalten gegenüber dem IPS aus- wirkt.

Auch die landwirtschaftlichen Fachzeitschriften spielen auf den Betrieben eine wichtige Rolle. Betrachtet man die Hemmnisse zur Umsetzung des IPS insgesamt, so sollte

neben dem Zeitaspekt mehr Vertrauen in Methoden, Schadschwellen und über Schädlinge bekannte Risiken aufgebaut werden. Dies wäre beispielsweise möglich, in- dem Erkenntnisse zum IPS stärker in den landwirtschaftli- chen Fachzeitschriften thematisiert werden. Auch mit der Offizialberatung, die auf den meisten Betrieben genutzt wird, könnte der IPS noch mehr auf Praxisflächen de- monstriert werden. Demoversuche können Vertrauen in Methoden und Schadschwellen wiederherstellen, und da- mit das Risiko durch Schädlinge für den einzelnen Betrieb greifbarer gestalten.Es könnten mehr Versuche so ange- legt werden, dass die Erkenntnisse aus dem IPS der brei- ten Praxis etwa in den Beratungsringen präsentiert wer- den. Gleichzeitig ist es unabdingbar, digitale Lösungen weiter zu fördern, um gerade den Aspekt des Zeitaufwan- des möglichst weiter zu verringern, bzw. die in den IPS in- vestierte Zeit so effektiv wie möglich zu gestalten.

Danksagung:

Die Untersuchung wurde finanziert durch das MULNV Nord- rhein-Westfalens.

Quellen

BUNDESMINISTERIUM FÜR ERNÄHRUNG,LANDWIRTSCHAFT UND VERBRAU- CHERSCHUTZ (2010): Gute fachliche Praxis im Pflanzenschutz.

HOKKANEN, H.-M. (2015): Integrated pest management at the crossroads: Science, politics or business (as usual)? Arthro- pod-Plant Interactions (2015) 9, S. 543-545

JORGENSEN,L.,NIELSEN,G.,JENSEN,J.,ORUM,J.,PINNSCHMIDT,H.

(2008): Problems with disseminating information on dis- ease control in wheat and barley to farmers. European Journal of Plant Pathology (2008) 121: 303-312

KUEHNE,G.,LLEWELLYN,R.,PANELL,D.,WILKONSON,R.,DOLLIG,P., OUZMAN,J.,EWING,M.(2017):Predicting farmer uptake of nwe agricultural practices: A tool for research, extension and policy.Agricultural Systems 156 (2017) 115-125 LLEWELLYN,R.,LINDNER,R.,PANELL,D.,POWELS,S.(2007): Herbi-

cide resistance and zhe adoption of integratet weed man- agement by western Australian grain growers. Agricultural Economics 36 (2007) 123-130

THIEL,L.,HABERLAH-KORR,V.,GEROWITT,B.,MERGENTHALER M.

(2019):„Ich würde wohl das meiste Geld mit Spaziergän- gen über den Acker verdienen“ – Die Sicht von Betriebslei- tenden zum Einsatz von Insektiziden im integrierten Pflan- zenschutz. BüL (97) 3, S. 1-27.

25 21 19 17 13 5

0 5 10 15 20 25

weitere pos. Teilaspekte so wenig wie möglich, so viel…

weiß nicht/keine Angabe nicht korrekte Antworten Bedarfsgerechter Pflanzenschutz Schadschwellenprinzip

%

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Tagessätzen sowie die verbrauchten Materialien zu den im Zeitpunkt der Leistung gültigen Preisen samt einer kurzen Tätigkeitsbeschreibung in Tätigkeitsnachweisen

Köhler, Michael: Risiko-Controlling als Bestandteil eines integrierten, erfolgsorientierten Risikomanagement / Michael Köhler - Hamburg: Diplomica GmbH, 2002.. Zugl.:

„Beschäftigung“ sowie „Qualif izierung und Ausbildung“ könnten noch vertieft werden. 2) W ie sich die Wertschöpfung in NW entwickelt hat, ist nicht bekannt, Indikatoren

Fruchtschoten mit Löchern: Uübsaatpfeifer (Tafel II, Abb. 3n den Fruchtschoten kleine Maden: Kohlgallmücke ... Krankheiten und Beschädigungen an schmetterlingrblütigen

Das Risiko, das heisst die Wahrscheinlichkeit einer ernsthaften Gefährdung, ist für die unsichere Gruppe jedoch höher, da sie sich erstens länger der Gefahr Gewitter aussetzt

komplexes tritrophisches System (Kulturpflanzen – Schaderreger – Gegenspieler) Forschung notwendig, um Aussagen über Folgen sich ändernder Klimabedingungen auf diese

Wie alle schulischen Fragen, die der Länderhoheit unterliegen, ist auch die konzeptionelle und finanzielle Organisation der Schulbibliotheken den jeweiligen Ministerien der

Sollte eine Bestimmung in diesen Geschäftsbedingungen oder eine bestimmte im Rahmen Vereinbarung unwirksam sein oder werden, so wird hiervon die Wirksamkeit des Vertrages