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Archiv "Entziehungskuren als Faktor der „Kostenexplosion“ in der Sozialversicherung: Schlußwort" (14.07.1977)

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Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen'

FORUM

Entziehungskuren als Faktor der

„Kostenexplosion"

in der

Sozialversicherung

Zu dem Beitrag

von Dr. med. Werner Engel in Heft 5/1977, Seite 315 ff.

Den in letzter Zeit häufig auftau- chenden Vorschlägen zur Eindäm- mung der Kostenexplosion in der Sozialversicherung hat Dr. Werner Engel eine Variante hinzugefügt, die meines Erachtens am Ziel vorbei- geht. Vor allen Dingen scheint mir in seinen Vorschlägen eine gefährliche Tendenz zu liegen.

Er greift auf die altbewährte Metho- de der Problemverschiebung auf ei- nen Sündenbock zurück. Er plädiert für eine Regulierung der alkoholbe- dingten Schäden nach dem Verursa- cherprinzip, glaubt damit eine Entla- stung der Sozialversicherungen ge- funden zu haben. Er schreibt, daß im Gegensatz zu anderen Krankheiten beim Alkoholismus eine Vorausset- zung unerläßlich ist, nämlich der Al- koholkonsum und meint, wer eigen- verantwortlich trinkt, sollte dann auch eigenverantwortlich für die Schäden seines Trinkens aufkom- men. Aber dieses Verschuldungs- prinzip könnte meines Erachtens auch auf andere Krankheiten ange- wandt werden. So ist zum Beispiel erwiesen, daß Übergewichtigkeit so- wohl beim Hypertonus wie auch beim Diabetes von großer Bedeu- tung ist, aber diese Patientengruppe will Engel für ihre Krankheit nicht verantwortlich machen.

Vielleicht könnte die Kostenexplo- sion von einer anderen Seite ange- gangen werden. Zum Beispiel wei- sen alle in der Suchtkrankenarbeit tätigen Ärzte immer wieder darauf hin, wie kritiklos Psychopharmaka verordnet werden, wobei sie nur die Gefahr der Suchtentstehung und

nicht die Kostenfrage der Psycho- pharmaka im Auge haben. Auch sollte einmal untersucht werden, welche Kosten den Sozialversiche- rungen und Krankenkassen durch die in der Wirkung zumindest fragli- chen Leberpräparate entstehen. Die Problematik des Erfolges von Alko- holentziehungskuren, besonders der Vor- und Nachteile der kurz-, mittel- oder langfristigen stationä- ren Behandlung ist mir bewußt. Aber wenn Dr. E. Engel darauf hinweist, daß man den Normalbürger nicht vergessen soll, der mit seiner Arbeit diese Hilfe an den Alkoholkranken erst ermöglicht, dann müßte er auch darauf hinweisen, daß der Normal- bürger es ermöglicht, daß im Jahre 1976 für Heilverfahren und Kuren (deren Erfolg ja auch in Frage ge- stellt wird) 1,3 Milliarden DM (zitiert nach Schepank) von den Kranken- kassen und Rentenversicherungs- trägern ausgegeben werden konn- ten. Gefährlich finde ich die Arbeit vor allem deshalb, weil damit eine allgemeine Tendenz den Alkohol- kranken gegenüber Rechnung ge- tragen wird. Sie werden damit wie- der zu den willensschwachen Säu- fern gestempelt, die sich auf Kosten der Allgemeinheit betrinken.

Dr. med. Enno Schwenk Bezirksamt Neukölln von Berlin Beratungsstelle für Alkoholkranke Karl-Marx-Straße 83-85

1000 Berlin 44

Schlußwort

Die Zuschrift von Dr. Schwenk zeugt von großem Engagement, läßt aber leider die gebotene Sachlichkeit er- heblich vermissen. Meine Aussage wird darin teilweise falsch interpre- tiert beziehungsweise unrichtig wie- dergegeben. Ich habe gesagt, „ gerecht wäre es aber, wenn alle, die am Alkoholkonsum verdienen, für die daraus erwachsenden Schäden aufkommen müßten .. " In den fol- genden Sätzen habe ich ausgeführt, wer damit gemeint war, nämlich die Hersteller alkoholischer Getränke und der Staat. Hierzu sagt Schwenk wörtlich: „Dr. Engel ... meint, wer

eigenverantwortlich trinkt, sollte dann auch eigenverantwortlich für die Schäden seines Trinkens auf- kommen". Wir scheinen nicht in der gleichen Sprache zu schreiben.

Schwenk behauptet, ich wolle die Übergewichtigen für ihre Krankheit nicht verantwortlich machen. Abge- sehen davon, daß ich zu keinem Zeitpunkt beabsichtigt oder geäu- ßert habe, Patienten irgendwelcher Art für ihre Krankheit verantwortlich zu machen, würde mich interessie- ren, woher Dr. Schwenk meine Ein- stellung zu Fragen kennen will, die überhaupt nicht zur Debatte gestan- den haben. Auch mir sind die Folgen von Überernährung, Rauchen und sonstigen Zivilisationsschäden durchaus bekannt. Da ich einen Zeitschriftenartikel von begrenztem Umfang verfaßt habe, mußte ich mich auf ein Thema beschränken, das nach meiner Meinung beson- ders beispielhaft die sozial unge- rechte Belastung der Versicherten- gemeinschaft zeigt. Die Auswahl und Abgrenzung meines Themas darf ich hoffentlich selbst treffen.

In seinen weiteren Ausführungen spricht Schwenk das Thema „Heil- verfahren und Kuren" an. Dabei scheint es für ihn keinen Unter- schied zwischen den allgemein be- kannten Auswüchsen eines allmäh- lich überwundenen „Kur-Unwe- sens" und den ernsthaften Rehabili- tationsmaßnahmen in Kliniken, Kur- kliniken und Sanatorien zu geben.

Auch dies kann nicht unwiderspro- chen hingenommen werden.

Mein Artikel war veranlaßt von der ernsthaften Sorge um die Zukunft unserer Sozialversicherung. Im all- gemeinen bin ich damit auch durch- aus richtig verstanden worden. Dr.

Schwenk ist bisher der einzige, der mir eine „gefährliche Tendenz" un- terstellen will. Der „heilige Eifer be- sonders geeigneter Persönlichkei- ten" (Bleuler) existiert noch, wie man sieht.

Dr. med. Werner Engel Beethovenstraße 24 4400 Münster

DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 28 vom 14. Juli 1977

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