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Archiv "Zeitgemäße Möglichkeiten visueller Rehabilitation" (26.12.2011)

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ÜBERSICHTSARBEIT

Zeitgemäße Möglichkeiten visueller Rehabilitation

Susanne Trauzettel-Klosinski

ZUSAMMENFASSUNG

Hintergrund: Trotz therapeutischer Fortschritte führen viele Augen- und Sehbahnerkrankungen zu bleibenden visuel- len Defiziten – mit unterschiedlichen Auswirkungen auf das Alltagsleben. Rehabilitationsmaßnahmen haben das Ziel, die Einschränkungen durch Optimierung des Restseh- vermögens zu kompensieren. Der Bedarf an visueller Re- habilitation wird in den nächsten Jahren stark steigen.

Methode: Diese Übersichtsarbeit fasst den aktuellen Kenntnisstand zusammen – basierend auf einer selektiven Literaturrecherche nach Cochrane Reviews und nach ran- domisierten kontrollierten Studien (RKS, RCT) bei Coch - rane Library und PubMed. Zusätzlich wurden Studien, die ein wichtiges Prinzip oder eine klinisch etablierte Methode zeigen, berücksichtigt.

Ergebnisse: Zentrale Gesichtsfeldausfälle führen zu Lese- störungen. Bei absolutem Zentralskotom kann durch ex- zentrische Fixation und Textvergrößerung die Lesefähigkeit wiedererlangt werden. Ein weites Spektrum an vergrö- ßernden Sehhilfen steht zur Verfügung. Spezifisches Lese- training kann die Lesegeschwindigkeit zusätzlich steigern.

Periphere Gesichtsfeldausfälle führen zu Orientierungsstö- rungen. Diese können bei konzentrischer Gesichtsfeldein- engung insbesondere durch taktile Hilfen (Langstock) mit Orientierungs- und Mobilitätstraining, bei Hemianopsie durch kompensatorisches Sakkadentraining verbessert werden.

Schlussfolgerung: Bei exakter Diagnostik der Sehschädi- gung und Analyse ihrer Auswirkung können durch geeig- nete Rehabilitationsmaßnahmen bei den meisten Patien- ten die Lesefähigkeit wiederhergestellt, die Orientierungs- fähigkeit verbessert und dadurch die Selbstständigkeit und Lebensqualität gesteigert werden. Bei zunehmendem Bedarf sind für die visuelle Rehabilitation ein verstärktes Angebot und wegen der teilweise unzureichenden Evi- denzlage eine intensivere Forschungsförderung erforder- lich.

►Zitierweise

Trauzettel-Klosinski S: Current methods of visual rehabilitation. Dtsch Arztebl Int 2011; 108(51–52): 871–8.

DOI: 10.3238/arztebl.2011.0871

B

ei vielen Erkrankungen der Augen und der Seh- bahn entstehen bleibende visuelle Defizite, die der Rehabilitation bedürfen. Die Auswirkungen auf den Alltag sind unterschiedlich und erfordern spezifi- sche Rehabilitationsmaßnahmen. Diese erfolgen mit dem Ziel, durch bessere Nutzung des Restsehvermö- gens diese Einschränkungen zu kompensieren.

Nach Hochrechnung der WHO-Statistik gibt es in Deutschland circa 1,2 Millionen Sehbehinderte, da- von mehr als 160 000 Blinde (e1, e2).

Die gesetzliche Definition von Sehbehinderung in Deutschland ist: Visusminderung auf 0,3 oder weni- ger und Blindheit bei Visusminderung auf 0,02 oder Gesichtsfeldeinengung auf 5° Radius (1, 2). In ande- ren Ländern liegt die gesetzliche Grenze für die De- finition von Blindheit meist bei einem höheren Visus (0,1), jedoch ohne die Option auf Blindengeld.

Der Bedarf an visueller Rehabilitation wird in den nächsten Jahren stark ansteigen: Um 35 % bei den Blinden und Sehbehinderten, um 60 % bei den Neu- erblindungen (3), insbesondere wegen der steigen- den Zahl älterer Patienten.

Die altersbedingte Makuladegeneration (AMD) ist die häufigste Ursache für schwere Sehbehinderung in den industrialisierten Ländern. Sie weist bei über 85-Jährigen in frühen Stadien (ohne Visusverlust) ei- ne Prävalenz von 30 %, in späten Stadien (mit Visus- verlust) eine Prävalenz von 13 % auf (4). AMD führt allerdings nicht zur vollständigen Blindheit, da das periphere Gesichtsfeld in der Regel erhalten bleibt.

Auch die Zahl von Patienten mit zerebralen Insulten wird wegen der demografischen Entwicklung und der höheren Überlebensrate zunehmen (5, e3, e4). Zerebra- le (meist persistierende) Sehstörungen kommen bei cir- ca 30 % der Patienten mit Hirnschädigung vor (e5).

Das Spektrum der visuellen Rehabilitation hat sich in den letzten Jahren deutlich erweitert und be- zieht nicht nur die Augen, sondern auch neue Kennt- nisse über funktionell-kompensatorische kortikale Plastizität im erwachsenen visuellen System mit ein (e6, e7). Dabei spielen insbesondere kortikale Adap- tationsstrategien wie exzentrische Fixation (6, 7, e8–e10), visuelle Aufmerksamkeitsmechanismen (e11–e13) und kompensatorische Augenbewegungen (8, e14, e15) eine Rolle. Die funktionell-kompensa- torische kortikale Plastizität zeichnet sich durch eine Verstärkung synaptischer Anworten und weniger durch räumliche Reorganisation aus (e6, e16). Ihre

Department für Augenheilkunde, Sehbehindertenambulanz, Universität Tübingen: Prof. Dr. med. Trauzettel-Klosinski

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Kenntnis fördert die Entwicklung und den Einsatz neuer Trainingsmethoden, die in Zukunft eine immer größere Rolle spielen werden.

Komplexe Hirnschädigungen nach Trauma oder perinatalem hypoxisch-ischämischen Insult – der häufig sten Ursache für schwere Sehbehinderung bei Kindern in der westlichen Welt (e17–e19) – erfor- dern eine multidisziplinäre Rehabilitation (e20, e21).

Bei der meist dominierenden neurologischen Symp- tomatik werden zerebrale Sehstörungen oft überse- hen. Die Kombination mit Veränderungen der Augen selbst kann die Rehabilitation zusätzlich erschweren.

Kortikale Reizsymptome bei fehlendem visuellen Input führen zu Pseudohalluzinationen, die oft aus Angst vor einer psychiatrischen Erkrankung nicht angegeben oder von der Umgebung fehlinterpretiert werden. Dieses sogenannte Charles-Bonnet-Syn- drom (e22) tritt in 11–27 % der Fälle auf, je nach Schweregrad der Visusminderung (e23–e26). Außer- dem kommt es bei Sehbehinderten oft zu depressiven Störungen durch die verminderte Lebensqualität (9, 10, e27, e28).

Literaturanalyse

Die selektive Literaturrecherche basiert auf einer Suche von Cochrane Library Reviews sowie rando- misierten, kontrollierten Studien (RCT), die bei Cochrane Library und PubMed in der Zeit von 1990 bis Anfang 2011 erschienen sind. Folgende Such - begriffe wurden verwendet: „vision rehabilitation“,

„rehabilitation and vision“, „visual rehabilitation and effectiveness“, „neurological rehabilitation and visual“, „hemianopia“. Während es auf dem Ge - biet der neuropsychologischen Rehabilitation einige Studien mit einem Evidenzgrad von mindestens 2b gibt (Tabelle 1 a–b), wurden auf dem Gebiet der ophthalmologisch-optischen Rehabilitation („low vision“ rehabilitation ) nur wenige Arbeiten publiziert, die die streng wissenschaftlichen Anforderungen er- füllen.

Für die „low vision“-Literatur fanden sich zwei Cochrane-Reviews: Im Review „Lesehilfen für Er- wachsene mit Low Vision“ (e29) ließen aber alle neun eingeschlossenen Studien, im Review „Orien- tierungs- und Mobilitätstraining bei Erwachsenen TABELLE 1

Traingsstudien bei Hemianopsie

a) Die Studien mit optokinetischem Training berichteten über eine Verbesserung der Lesegeschwindigkeit (Studien 1 und 2 im Mittel um 40 Wörter (W)/min, Studie 4 um 20 W/min), aber nur Studie 4 war randomisiert und kontrolliert (Evidenzgrad 1b). Studie 3 mit okulomotorischem Training ergab einen Anstieg der Lesege- schwindigkeit um 35 W/min (für Einzelwörter ebenso wie für Zahlen). Studie 5 untersuchte die Auswirkung eines Gesichtsfeldstimulationstrainings zur Restitution des blinden Halbfeldes auf die Lesefähigkeit. Der Effekt von 7 W/min war klinisch nicht relevant.

b) Alle Studien berichteten über eine Verbesserung des Explorationsverhaltens nach Training, aber die Studien 1–5 wurden ohne Kontrollgruppe durchgeführt (Evi- denzgrad 2b). Die Spezifität des Sakkadentrainings war also nicht nachgewiesen. Die Studie 6 zeigte erstmals unter randomisierten und kontrollierten Bedingun- gen die Wirksamkeit des explorativen Sakkadentrainings (Evidenzgrad 1b). Studie 7 beschreibt eine stärkere Verbesserung bei zusätzlichen auditiven Reizen im Vergleich zu rein visuellen. Studie 8 zeigte einen gleichwertigen Effekt beider Methoden.

RMD: Repeated Measurement Design, RCT: Randomisierte kontrollierte Studie mit Behandlungskontrollgruppe.

Anmerkung: Nach bestem Wissen der Autorin sind alle RCTs aufgeführt.

a) Traingsstudien zur Verbesserung der hemianopen Lesestörung Studien

1. Kerkhoff et al. 1992 (11) 2. Zihl 1984 (e32) 3. Schütt et al. 2008 (12)

4. Spytzina et al. 2007 (13) 5. Reinhard et al. 2005 (14)

b) Kompensatorisches exploratives Sakkadentraining zur Verbesserung der hemianopen Orientierungsstörung Studien

1. Kerkhoff et al. 1992 (11) 2. Zihl 1995 (15) 3. Nelles et al. 2001 (16) 4. Pambakian et al. 2004 (17) 5. Bolognini et al. 2005 (e33) 6. Roth et al. 2009 (18) 7. Keller & Lefin-Rank 2010 (e34) 8. Lane et al. 2010 (e35)

Methode

optokinetisches Training mit bewegtem Text okulomotorisches Training

optokinetisches Training mit bewegtem Text

Restoratives GF-Training mit Auswirkung auf das Lesen

Methode

okulomotorisches Training okulomotorisches Training okulomotorisches Training Suchaufgabe (Einzelobjekt) audiovisuelles Training

Suchaufgabe (multiple Objekte) vs. Gesichtsfeldstimulation audiovisuell vs. visuell

okulomotorisches Tr. vs. Aufmerksamkeitstraining

Studiendesign RMD

RCT RMD

Studiendesign RMD RMD RMD RMD RMD RCT RCT RCT

Evidenzgrad 2b

1b 2b

Evidenzgrad 2b 2b 2b 2b 2b 1b 1b 1b

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mit Low Vision“ (e30) ließen beide eingeschlosse- nen Studien keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu. Ein Review (e31) über die Evidenz erweiterter optometristischer Therapie zeigte ebenfalls auf, dass es praktisch keine randomisierte, kontrollierte Studie dazu gibt.

Auch die Berechnung von Effektstärken bei der erweiterten Literaturrecherche war nur begrenzt möglich, da entweder keine Standardabweichungen berechnet oder angegeben waren oder die Patienten- selektion zu einer Datenverzerrung geführt hatte.

Ferner waren in vielen Studien die Interventionen zu ungenau beschrieben, um daraus Schlüsse ziehen zu können.

Deshalb wurden hier nur Studien berücksichtigt, die entweder eine interessante wissenschaftliche Fra- ge aufgeworfen oder ein wichtiges Prinzip gezeigt haben oder bei denen durch langjährige klinische Er- fahrung eine positive Wirkung offensichtlich und diese Methode bereits im klinischen Alltag etabliert ist.

Die vorliegende Arbeit soll den Kollegen anderer Fachrichtungen einen Einblick in das Gebiet der vi- suellen Rehabilitation geben. Sie fasst den aktuellen Kenntnisstand zusammen und zeigt die wichtigsten Ursachen der Sehbehinderung, ihre Auswirkung auf alltagsrelevante Aufgaben sowie die zeitgemäßen Möglichkeiten ihrer Rehabilitation auf.

Klassifikation durch die WHO

Die von der Weltgesundheitsorganisation (WHO) entwickelte Klassifikation der Behinderung (ICF) (20) berücksichtigt drei Bereiche, die sich gut auf das Sehsystem beziehen lassen (Grafik):

die Schädigung des Organs

die durch die Organschädigung eingeschränk- ten Aktivitäten der Person

die eingeschränkte Teilhabe der Person am so- zialen Leben.

Augen- und Sehbahnerkrankungen Medientrübungen

Medientrübungen (Katarakt, Hornhautdystrophie, Glaskörpereintrübung) bewirken eine Visus- und Kontrastminderung und eine erhöhte Blendungsemp- findlichkeit – mit Auswirkungen auf die Lese- und Orientierungsfähigkeit.

Retinopathien

Retinopathien (Diabetes, Chorioretinitis, hochgradi- ge Myopie) führen zu disseminierten Netzhautläsio- nen und diffusen Gesichtsfeldausfällen, die bei der Orientierung und/oder beim Lesen stören können.

Makulaerkrankungen/Optikusatrophien

Makulaerkrankungen und manche Optikusatrophien führen zu einem Zentralskotom, das heißt ein direkt angeschautes Objekt verschwindet im Skotom und feine Details können nicht gesehen werden. Dies wirkt sich vor allem auf die Lesefähigkeit aus.

Degenerative Netzhauterkrankungen/Glaukom

Bei degenerativen Netzhauterkrankungen und beim fortgeschrittenen Glaukom kommt es zu einer kon- zentrischen Gesichtsfeldeinengung, die die Orientie- rungsfähigkeit einschränkt.

Suprachiasmale Sehbahnläsionen

Suprachiasmale Sehbahnläsionen führen zu homony- men, meist hemianopen oder quadrantenförmigen Gesichtsfeldausfällen, die die Orientierungsfähigkeit und oft auch das Lesen beeinträchtigen.

Lesefähigkeit Normales Lesen

Voraussetzungen für die Lesefähigkeit sind ein ausrei- chendes Auflösungsvermögen der benutzten Netzhaut- stelle (für Zeitungsdruck 0,4 in 25 cm) und eine aus- reichende Größe des Lesegesichtsfeldes (3–4 Buchsta- ben links des Fixationspunktes und bis zu 15 Buchsta- ben in Leserichtung) (e36–e38). Ein normaler Leser

eingeschränkte Aktivitäten

Schädigung eingeschränkte

Partizipation Person

Organ/Körper-

struktur Umwelt

Rehabilitation

Therapie Anpassung

der Umwelt Auswirkungen

auf alltagsrelevante Funktionen Definition der

Strukturschäden und Körper- funktionsstörungen

soziale Auswirkungen:

Lebensführung 2 Hauptfunktionen

des Gesichtsfeldes:

zentral peripher ! GRAFIK

Die WHO-Klassifikation der Behinderung – International Classification of Functioning, Disability and Health ICF – (20) berücksichtigt drei Bereiche:

1) Die Schädigung des Organs, die Körperfunktionsstörung. Hier setzt in der Regel die spezi- fische Therapie ein.

2) Die eingeschränkten Aktivitäten der Person, das heißt die Auswirkung der Organschädi- gung auf das Alltagsleben. Zwei Hauptfunktionen des Gesichtsfeldes sind zu unterschei- den: das zentrale für Nahaufgaben, vor allem die Lesefähigkeit, das periphere für Orientie- rung und Mobilität. Hier sollte die Rehabilitation einsetzen.

3) Die eingeschränkte Teilhabe am sozialen Leben, bezüglich des Umfelds der Person mit Auswirkung auf verschiedene Lebensbereiche. Oft ist eine Anpassung des Umfeldes, z. B.

durch kontrastreiche oder taktile Markierungen, möglich (modifiziert nach [21]).

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benutzt zur Fixation seine Fovea (Abbildung 1a). Die Sehschärfe nimmt mit zunehmender Netzhautexzentri- zität rasch ab, so dass nur im Bereich des Lesege- sichtsfeldes die Buchstaben scharf gesehen werden.

Um den nächsten Buchstabenkomplex scharf zu se- hen, muss das Auge eine Blickbewegung machen.

Lesestörungen

Erkrankungen mit einem Ausfall im Gesichtsfeld- zentrum führen zu Lesestörungen (ausführliche Dar- stellung siehe [21, 22]). Der Verlust der Lesefähig-

keit bedeutet eine starke Einschränkung der Unab- hängigkeit und der Lebensqualität. Häufigste Ursa- che ist ein Zentralskotom, das vorwiegend durch Makulaerkrankungen, seltener durch Optikusatro- phien hervorgerufen wird. Bei absolutem Zentral - skotom und zentraler Fixation ist das Lesegesichts- feld vom Skotom verdeckt und es besteht keine Le- sefähigkeit. Hier tritt bei vielen Patienten spontan ein sinnvoller Anpassungsvorgang auf: Sie fixieren am Rande der Läsion mit einer gesunden Netzhaut- stelle (Abbildung 1b) (6, 21, e9, e10), deren geringe- res Auflösungsvermögen mit einer Textvergrößerung kompensiert werden kann. Die exzentrische Fixation kann man auch per Inspektion an der Blickrichtung erkennen. Abbildung 2 erläutert den Mechanismus anhand der Bulbusposition.

Die Kombination von exzentrischer Fixation und Textvergrößerung ist die Basis für die Wiederherstel- lung der Lesefähigkeit bei Patienten mit Zentralsko- tom. Deshalb sind vergrößernde Sehhilfen bei diesen Patienten äußerst erfolgreich. Im eigenen Patienten- kollektiv konnten von 530 AMD-Patienten vor der Konsultation nur 16 % Zeitungsdruck lesen, danach waren es 94 %. Sie verbesserten ihre Lesegeschwin- digkeit um durchschnittlich 56 Wörter pro Minute (von 16 [Standardabweichung (SD) 33] auf 72 [SD 35]) (23) (Normalwert 180 Wörter/min) (e39). Eine große Palet- te von optischen und elektronischen Hilfsmitteln steht zur Verfügung (Tabelle 2).

Zusätzliche Trainingsmaßnahmen können die Le- sefähigkeit weiter verbessern: Ein Training für ex- zentrische Fixation kann bei noch zentral fixierenden Patienten sinnvoll sein (e9), ist jedoch nicht generell erforderlich, zudem ist es umstritten (e40). Wichtig ist das Training der Handhabung der Sehhilfe, weil bei optischen Hilfsmitteln bestimmte Arbeitsabstän- de eingehalten werden müssen. Ein spezifisches Le- setraining mit Computerprogrammen, die entweder Einzelwörter auf dem Bildschirm erscheinen lassen oder Augenbewegungen beim Lesen trainieren, ver- bessert bei Patienten mit juveniler Makuladystrophie TABELLE 2

Rehabilitationsmaßnahmen bei Sehbehinderung und Blindheit

*Diese Hilfsmittel werden bisher nicht routinemäßig eingesetzt.

Bei Lesestörungen Sehhilfen

● vergrößernd

● kontrastverstärkend

● Beleuchtung Taktile Hilfen

● Blindenschrift

Akustische Hilfen

● Sprachausgaben

● Hörbücherei Training

● Handhabung von Sehhilfen

● Erlernen von Kompensations- möglichkeiten

– Fixationstraining – spezifisches Lesetraining Bei jeder Sehbehinderung Sozialberatung

● Auswirkung auf Schule, Beruf, Freizeit, selbstständige Lebensführung

● Schwerbehinderten-Eigenschaft

● Landesblindenhilfe

● Selbsthilfegruppen

Bei Orientierungsstörungen Sehhilfen

● Teleskope

● Kontrastverstärkung

● Nachtsichtgeräte*

Hindernismelder

● Langstock

● Blindenführhund

● Ultraschallgeräte*

Akustische Hilfen:

elektronische Leitsysteme

● GPS*

● Öffentliche Leitsysteme*

Training

● Handhabung der Hilfsmittel

● Erlernen von Kompensationsmöglichkeiten – Orientierungs- und Mobilitätstraining – Sakkadentraining

Abbildung 1: Erfassung des Fixationsverhaltens am Fundus mittels Scanning Laser Ophthalmoskop (SLO). Das Gerät erlaubt eine simultane Darstellung von Fundus und Text (nur für den Untersucher umgekehrt). Dadurch wird eine Live-Aufnahme des Lesevorgangs direkt an der Netzhaut möglich: a) Normalperson mit zentraler Fixation (hier des Wortes „gab“), b) Patient mit juveniler Makulopathie Stargardt. Er liest den Text mit einer exzentrischen, gesunden Netzhautstelle oberhalb der Läsion (er fixiert das Wort „gab“) (modifiziert nach [6, 21]).

a b

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die Lesefähigkeit zusätzlich um circa 20 Wörter/min (Mediane) – ein statistisch signifikanter und klinisch relevanter Effekt (24). Ob dieses Ergebnis auch auf Patienten mit AMD übertragbar ist, muss noch ge- klärt werden.

Beim Ringskotom gibt es innerhalb eines Zentral - skotoms eine zentrale sehende Insel, die zum Lesen zu klein werden kann. Es besteht dann eine Diskre- panz zwischen relativ gutem Visus (Einzelsehzei- chen-Prüfung), aber fehlender Lesefähigkeit. Die Rehabilitation kann dann schwierig sein. Manche Patienten lernen, teilweise durch Training unterstützt (e8, e41), trotz des sehenden Zentrums eine exzentri- sche Netzhautstelle beim Lesen von Großdruck zu benutzen.

Bei konzentrischer Gesichtsfeldeinengung setzt man akustische oder taktile Hilfen ein (Tabelle 2).

Bei homonymer Hemianopsie hängt die Lesefä- higkeit wesentlich vom Abstand des Gesichtsfeld- ausfalls zum Zentrum, also von der Größe des ver- bleibenden Lesegesichtsfeldes ab (8, e42).

Mit makularer Aussparung – einem sehenden Be- reich von 2–5° in der Horizontalen im blinden Halb- feld – kann das Lesen normal sein. Eine hochgradige Lesestörung besteht ohne makulare Aussparung, da das Lesegesichtsfeld zur Hälfte funktionslos ist.

Manche Patienten können trotz intakter fovealer Funktion exzentrisch fixieren, verschieben dadurch die Gesichtsfeldgrenze zur hemianopen Seite und schaffen sich damit ein kleines Perzeptionsareal ent- lang der Gesichtsfeldgrenze, womit sie ihre Lesefä- higkeit verbessern (e43).

Zusätzlich spielt die Seite des Ausfalls eine Rolle:

In Leserichtung ist er wesentlich ungünstiger. Pa- tienten mit linksseitiger Hemianopsie haben Schwie-

rigkeiten, den nächsten Zeilenanfang zu finden (e42). Taktile Hilfen zur besseren Orientierung auf der Textseite haben sich im Alltag bewährt (ohne wissenschaftliche Belege), insbesondere bei der linksseitigen Hemianopsie (Zeigefinger am Zeilen- anfang, Lineal oder Lesestab).

Frühere Studien mit bewegter Textzeile (optokine- tisches Training) berichteten über positive Effekte (11, e32, e44), jedoch zeigte erst eine RCT (13) die spezifische Wirkung dieses Trainings bei rechtsseiti- ger Hemianopsie (Tabelle 1a).

Orientierung und Mobilität

Für normale Orientierungsfähigkeit und Mobilität sind ein intaktes peripheres Gesichtsfeld, Bewe- gungs- und Kontrastsehen und eine normale visuelle Aufmerksamkeit erforderlich. Auch das akustische und vestibuläre System tragen zur räumlichen Orien- tierung bei.

Patienten mit konzentrischer Gesichtsfeldeinen- gung sind in ihrer Orientierungsfähigkeit beeinträch- tigt. In der Praxis werden visuelle, taktile und akusti- sche Hilfsmittel angewendet (Tabelle 2): Bei noch ausreichendem Sehrest sind kleine Teleskope, soge- nannte Monokulare, für das Erkennen von Straßen- schildern, Busnummern et cetera geeignet, sowie Kantenfiltergläser zur Kontrastverstärkung. Als tak- tile Hilfe wird ein Orientierungs- und Mobilitätstrai- ning mit dem Langstock durchgeführt. Neue Techno- logien mit elektronischen Leitsystemen haben sich bisher nicht etabliert, werden aber vielleicht in Zu- kunft eine größere Rolle spielen (Tabelle 2). Zur Ver- besserung der Nachtblindheit können Nachtsichtge- räte eingesetzt werden (e45, e46). Ob Sehprothesen, die über „künstliches Sehen“ einen Seheindruck her- Abbildung 2: Erfassung des Fixationsverhaltens anhand der Bulbusposition (Blickrichtung) bei Makulaerkrankung (modifiziert nach [e8]).

Links: Bei Geradeausblick fällt der Buchstabe A direkt auf die funktionslose Makula und damit ins zentrale Skotom. Es besteht dann keine Lesefä- higkeit. Rechts: Bei exzentrischer Fixation wird der Buchstabe mit einer gesunden Netzhautstelle (hier oberhalb der Läsion) fixiert, im Gesichtsfeld befindet er sich dann unterhalb des Skotoms. Die Blickrichtung geht nach oben. In Kombination mit einer vergrößernden Sehhilfe wird dann Lesen wieder möglich.

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vorrufen können, künftig im Alltag nutzbar sein wer- den, ist zur Zeit noch nicht beurteilbar.

Bei der hemianopen Orientierungsstörung bestehen wesentliche Beeinträchtigungen im Alltag: Anstoßen an Personen und Gegenstände und Probleme beim Weg- Finden mit daraus folgender verminderter Teilhabe am Gesellschaftsleben, Fahrverbot und einer Einbuße der Lebensqualität. Die Patienten machen spontan Sakka- den zur blinden Seite und verschieben dadurch ihre Ge- sichtsfeldgrenze, was oft als Gesichtsfeldverbesserung fehlinterpretiert wird (e47). Diese spontane Anpas- sungsstrategie kann durch Training unterstützt werden.

In früheren Studien wurde über einen positiven Ef- fekt eines kompensatorischen Augenbewegungstrai- nings berichtet (11, 15–17), jedoch war wegen fehlen- der Kontrollgruppen die Spezifität nicht bewiesen (Tabelle 1b [e44]). Deshalb führten die Autoren eine RTC durch, in der erstmals gezeigt wurde, dass ein ex- ploratives Sakkadentraining spezifisch wirksam ist (18, 19). Dieses kompensatorische Training fördert ein Abscannen der blinden Gesichtsfeldhälfte und so- mit eine bessere Nutzung des gesamten Blickfeldes (Abbildung 3). Das Training bestand aus einer Zahlen- suchaufgabe am Bildschirm, erfolgte zu Hause 2 × täg- lich je 30 Minuten, 5 Tage pro Woche, 6 Wochen lang.

Es bewirkte eine hochsignifikante Besserung des Explorationsverhaltens auf der erkrankten Seite mit einer Reaktionszeitverkürzung sowohl bei der Zah- lensuchaufgabe (15,9 ms auf 8,4 ms in der Experi- mentalgruppe versus 14,2 auf 11,6 ms in der Kon- trollgruppe) als auch bei der natürlichen Suchaufga- be (2,2 auf 1,7 versus 2,0 auf 1,9). Die erlernten Strategien konnten im Alltag angewandt werden und hielten nach dem Training an. Eine Besserung trat noch nach jahrelang bestehendem Gesichtsfeldaus- fall auf. Die Lebensqualität im sozialen Bereich ver- besserte sich.

Das explorative Sakkadentraining kann durch seine einfache Anwendung auch ohne vorherige Computererfahrung zu Hause eingesetzt werden

(www.medizin.uni-tuebingen.de/augenklinik, www.amd- read.net). Trainingsmethoden zur Verbesserung der visuellen Suche mit Papiermaterial haben im Prinzip denselben Ansatz, sind aber nicht durch Studien überprüft (e48, e49).

Trainingsmethoden, die eine Restitution der blin- den Gesichtsfeldhälfte durch visuelle Stimulation anstreben (zum Beispiel [e47, e50]), haben sich in Kontrollstudien nicht als wirkungsvoll erwiesen (14, 18, 19, e51–e54). Davon abzugrenzen ist das sel- tene, unbewusste (alltagsirrelevante) Residualsehen („blindsight“) über direkte Verbindungen vom Colli- culus superior zu höheren Sehzentren (e7, e55).

Bei komplexen Hirnschädigungen kann es zu un- terschiedlichen Sehstörungen kommen, wie Ge- sichtsfeldausfällen, Diplopie, Hypoakkommodation, Augenbewegungsstörungen und Defiziten in der hö- heren kortikalen Verarbeitung. Eingehende orthopti- sche Diagnostik – gegebenenfalls Prismenanpassung und einfache Trainingsmethoden anhand von Papier- vorlagen zur Verbesserung der visuellen Aufmerk- samkeit, der Exploration und Auge-Hand-Koordina- tion – haben sich in der Praxis bewährt ([e48, e49]

ohne wissenschaftlichen Nachweis).

Sozialrechtliche Aspekte

Zur Rehabilitation gehören auch die Beurteilung des Grades der Behinderung für die Indikation eines Schwerbehindertenausweises und Merkzeichen sowie die Begutachtung, ob nach dem Gesetz eine Blindheit besteht. Der Bezug von Landesblindenhilfe ist grund- sätzlich in den Ländergesetzen geregelt. Die Voraus- setzungen sind in den Richtlinien der Deutschen Oph- thalmologischen Gesellschaft dargelegt (1, 25).

Resümee

Bei vielen visuellen Defiziten ist eine wirkungsvolle Rehabilitation möglich. Die Erfassung alltagsrele- vanter Funktionen ist wichtig. Die Sehschärfe alleine ist wenig aussagekräftig. Kompensatorische Maß- Abbildung 3: Links: Bei Geradeausblick ist das blinde Halbfeld verdeckt. Rechts: Mit kompensatorischen Augenbewegungen zur hemianopen Seite wird das blinde Halbfeld abgescannt und das gesamte Blickfeld zur Informationsaufnahme genützt. Dadurch können Hindernisse (hier der Koffer) rechtzeitig erkannt werden. Solche explorativen Sakkaden können durch Sakkadentraining effektiv trainiert werden (18, 19).

a b

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nahmen wie Sehhilfen und Training haben das Ziel, das Restsehvermögen zu optimieren und die funktio- nell-kompensatorische kortikale Plastizität auf der Basis synaptischer Aktivierung zu fördern. Sie müs- sen der individuellen Situation des Patienten ange- passt werden. Meist lässt sich eine Verbesserung der selbstständigen Lebensführung und der Lebensquali- tät herbeiführen.

Eine zeitgemäße visuelle Rehabilitation geht weit über eine rein optische Versorgung hinaus und erfor- dert die Kenntnis der pathophysiologischen Voraus- setzungen der jeweiligen Störung, deren Auswirkung im Alltag, der potenziellen spontanen Adaptations- strategien und Interventionsmöglichkeiten. Leider stehen bereits jetzt zu wenige Einrichtungen und Ex- perten zur Verfügung.

Wichtig ist eine gute interdisziplinäre Zusammen- arbeit zwischen Augenärzten, Orthoptistinnen, Neu- rologen, Neuropsychologen und „low vision“-Spe- zialisten aus unterschiedlichen Berufsgruppen. Für andere ärztliche Disziplinen ist es wichtig, die Pa- tienten auf die rehabilitativen Möglichkeiten hinzu- weisen. Oft sind diese ungenügend bekannt, und vie- le Patienten bekommen jahrelang nicht die erforder- liche Versorgung.

Bei steigendem Bedarf und zu erwartender positi- ver Entwicklung durch neue Trainingsmethoden und Technologien ist zu wünschen, dass mehr junge Kol- legen für die zwar zeitaufwändige, aber sehr erfolg- reiche Tätigkeit auf dem Gebiet der visuellen Reha- bilitation gewonnen werden können. Dazu sollten auch die Angebote ausgebaut werden – in Sehbehin- dertenambulanzen von Augenkliniken, in Neuro-Re- ha-Einrichtungen und in der Praxis, wo die zeitli- chen und finanziellen Voraussetzungen verbessert werden müssen, damit möglichst viele Patienten ef- fektiv und wohnortnah versorgt werden können.

In Anbetracht der unzureichenden Studienlage ist außerdem eine stärkere Förderung der visuellen Re- habilitationsforschung erforderlich.

Interessenkonflikt

Die Autorin ist an der wissenschaftlichen Entwicklung der Sakkadentrai- ningssoftware der Universitätsklinik Tübingen (Visiocoach) beteiligt, ohne finanzielle Interessen.

Manuskriptdaten

eingereicht: 18. 11. 2010, revidierte Fassung angenommen: 12. 10. 2011

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KERNAUSSAGEN

Augen- und Sehbahnerkrankungen können zu unter- schiedlichen Beeinträchtigungen im Alltag führen, die eine spezifische Rehabilitation erfordern.

Visuelle Rehabilitation geht weit über die rein optische hi- naus, sie berücksichtigt vielmehr spontane Adaptations- strategien und fördert die funktionell-kompensatorische kortikale Plastizität mittels spezifischer Trainingsmethoden.

Visuelle Rehabilitation ist sehr erfolgreich, insbesondere bei der Verbesserung der Lese- und Orientierungsfähig- keit.

Für visuelle Rehabilitation besteht ein steigender Bedarf.

Das Angebot an visueller Rehabilitation ist unzureichend und muss ausgebaut werden.

(8)

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Anschrift der Verfasserin

Prof. Dr. med. Susanne Trauzettel-Klosinski Department für Augenheilkunde Sehbehindertenambulanz Universität Tübingen 72076 Tübingen

susanne.trauzettel-klosinski@uni-tuebingen.de

SUMMARY

Current Methods of Visual Rehabilitation

Background: Despite therapeutic progress, many diseases of the eyes and visual pathways still cause persistent visual deficits that make every day life more difficult in many ways. Rehabilitation aims to compensate for these limitations by optimizing residual vision.

The demand for visual rehabilitation will increase markedly in the near future.

Methods: We summarize the state of the art in visual rehabilitation on the basis of a selective review of the literature, including rando- mized, controlled trials (RCTs) in the Cochrane and PubMed databa- ses as well as Cochrane reviews. We also pay particular attention to studies illustrating an important principle or a clinically established method.

Results: Central visual field defects impair reading. Persons with an absolute central scotoma can regain reading ability by eccentric fixation and text magnification. Many kinds of magnifying visual aids are available. Specific reading training can further improve reading speed. Peripheral field defects impair orientation. Persons with a concentric field defect can be helped by tactile aids, such as a cane, and with orientation and mobility training. Persons with hemia- nopia can benefit from compensatory saccadic training.

Conclusion: Suitable rehabilitative measures chosen after the tho- rough diagnostic evaluation of a visual impairment and analysis of its effects can usually restore reading ability, improve orientation, and thereby enhance the patient’s independence and quality of life.

As the demand for visual rehabilitation is increasing, steps will need to be taken to make it more widely available. Furthermore, as the scientific basis for visual rehabilitation is currently inadequate in some areas, more research in the field will be needed.

Zitierweise

Trauzettel-Klosinski S: Current methods of visual rehabilitation.

Dtsch Arztebl Int 2011; 108(51–52): 871–8. DOI: 10.3238/arztebl.2011.0871

@

Mit „e“ gekennzeichnete Literatur:

www.aerzteblatt.de/lit5111

The English version of this article is available online:

www.aerzteblatt-international.de

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ÜBERSICHTSARBEIT

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Susanne Trauzettel-Klosinski

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Referenzen

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