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Harnwegsinfekte bei älteren Männern

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Academic year: 2022

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Harnwegsinfektionen sind bei Männern, die jünger als 60 Jahre alt und nicht dauerkatheterisiert sind, selten. Die Häufigkeit einer Infektion nimmt jedoch mit dem Lebens - alter deutlich zu. Auch verlaufen die Infektionen dann des Öfteren schwerer. So zählt die Harnwegsinfektion zu den häufigsten Ursachen einer Bakteriämie bei älteren Männern.

Rezidivierende Infektionen sind in höherem Alter häufiger als in jungen Jahren. Eine asymptomatische Bakteriämie ist bei jungen Männern selten, kommt aber bei bis zu 10 Prozent der selbstständig wohnenden über achtzigjährigen Männer vor und bei 15 bis 40 Prozent der sich in Langzeitpflege be- findenden. Bei asymptomatischer Bakteriämie ist das Risiko

einer symptomatischen Infektion höher, eine anti mikrobielle Therapie ist jedoch nicht indiziert. Mit höherem Alter steigt die Häufigkeit anatomischer Veränderungen, die die Harn- entleerung erschweren. Am häufigsten ist die benigne Pro statahyperplasie. Auch können Begleiterkrankungen wie Diabetes mellitus bestehen, die die Infektanfälligkeit erhöhen.

Am häufigsten wird die Harnwegsinfektion durch Escheri- chia coli verursacht, seltener durch Klebsiella pneumoniae oder Proteus mirabilis. Multiresistente Stämme kommen zunehmend öfter vor.

Diagnostik

Eine Zystitis geht zumeist mit Reizsymptomen der unteren Harnwege einher. Hierzu gehören Dysurie, Algurie, Polla - kurie und Nykturie. Es kann zu suprapubischen Schmerzen und Tenesmen kommen, unter Umständen findet sich eine Makro hämaturie.

Typische Symptome einer Pyelonephritis sind Fieber, eventu- ell Schüttelfrost, Dysurie und Klopfschmerzen im Nierenla- ger. In einer prospektiven Studie kam es bei über 90 Prozent der Männer zu vorübergehenden Erhöhungen des prostata- spezifischen Antigens (PSA) und des Prostatavolumens (Durchschnittsalter der Patienten: 63 Jahre).

Bei klinischen Beschwerden und mehr als 105 Keimen im Mittelstrahlurin oder Keimnachweis im Blasenpunktions- urin ist eine Keimdifferenzierung mit Antibiogramm anzu- streben. Eine Pyurie findet sich häufig bei älteren Männern und stellt keine Indikation für eine antimikrobielle Therapie dar.

Bei erstmaliger Harnwegsinfektion sollten anatomische Ano- malien ausgeschlossen werden. Eine Restharnbildung von mehr als 100 ml ist pathologisch. Bei Fieber sollten sofort die oberen Harnwege mittels kontrastverstärkter Computer - tomografie oder sonografisch untersucht werden. In einer schwedischen Studie hatten 15 von 85 Patienten mit fieber- hafter Harnwegsinfektion bisher unbekannte Harnwegsver- änderungen (z.B. Prostatahypertrophie, Harnröhrenstriktur, Blasen- oder Nierensteine oder Blasenkrebs), welche einen chirurgischen Eingriff erforderlich machten.

Falls bei wiederholten Infektionen der gleiche Keim gefunden wird, ist von einer bakteriellen Persistenz auszugehen. Eine chronische bakterielle Prostatitis kann durch die Vier-Gläser- Probe (Ersturin, Mittelstrahlurin, Prostataexprimat und Urin nach Prostatamassage) diagnostiziert werden. Bei der Zwei- Gläser-Probe werden nach Verwerfen der ersten Harnportion der Mittelstrahlurin und dann nach Prostatamassage eine

FORTBILDUNG

Harnwegsinfekte bei älteren Männern

Aktuelle Empfehlungen zum Antibiotikaeinsatz

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Harnwegsinfektionen nehmen bei Männern in höherem Lebensalter deutlich zu. Anatomische Veränderungen im Urogenitalbereich erhöhen die Infektanfälligkeit. Zunächst muss der Ort der Infektion bestimmt werden. Basierend auf einer Urinkultur kann dann eine antimikrobielle Be- handlung erfolgen. Bei chronisch-rezidivierenden Infek- tionen ist eine Langzeittherapie erforderlich.

New England Journal of Medicine

Die Häufigkeit von Bakteriurie oder einer Infektion der Harnwege ist bei älteren Männern deutlich höher als bei jungen.

Die Mehrheit der Männer mit Harnwegsinfektionen weist anatomische Veränderungen der Harnwege auf.

Um eine Infektion effektiv therapieren zu können, ist es zunächst notwendig, den Ort des Infektionsherds zu bestimmen, insbesondere Niere, Blase oder Prostata.

Um eine symptomatische Infektion wirksam behandeln zu können, ist eine antimikrobielle Therapie, welche auf einer Urinkultur basiert, notwendig.

Bestehen keine anatomischen Anomalien, ist bei wieder- kehrenden Infektionen eine Langzeittherapie mit anti - mikrobiellen Substanzen erforderlich.

MERKSÄTZE

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zweite Harnportion getrennt aufgefangen. Die Zwei-Gläser- Probe stellt eine orientierende Untersuchung dar und korre- liert in hohem Masse (> 95%) mit der Vier-Gläser-Probe.

Therapeutisches Management

Bei Zystitis sind Nitrofurantoin, Cotrimoxazol (Trimethor- pim-Sulfomethoxazol), Ciprofloxacin oder Levofloxacin Therapeutika der ersten Wahl. Im Allgemeinen wird das Antibiotikum über sieben Tage gegeben. Nitrofurantoin eig- net sich nicht zur Behandlung einer Pyelonephritis oder einer bakteriellen Prostatitis.

Die Therapie einer akuten Pyelonephritis beginnt im All - gemeinen mit Ciprofloxacin oder Levofloxacin, Ceftriaxon oder Gentamicin und dauert über sieben bis 14 Tage. Falls die Bakterien, welche nachfolgend isoliert werden, sich als resis- tent gegenüber dem primär verabreichten Antibiotikum er- weisen, muss gewechselt werden. Bleiben die klinischen Symptome bestehen oder treten nach Beendigung der Thera- pie wieder in Erscheinung, ist erneut eine Urinkultur er - forderlich. Randomisierte Studien wiesen nach, dass die Behandlung mit mehreren Antibiotika bei komplizierter Harnwegsinfektion und Pyelonephritis effektiv ist.

Eine akute bakterielle Prostatitis sollte mit parenteral zu ap- plizierenden Breitspektrum-Antibiotika behandelt werden wie Breitspektrum-Penicilline oder Ceftriaxon, wobei zusätz- lich ein Aminoglykosid oder ein Fluorchinolon indiziert sein

kann. Bei nicht ausreichend wirksamer Therapie kann es zu einem sehr ungünstigen Verlauf mit tödlichem Ausgang kom- men. Bei etwa 5 Prozent der Patienten kommt es zu einer Chronifizierung.

Eine chronische bakterielle Prostatitis wird im Allgemeinen mit einem Fluorchinolon oder Cotrimoxazol über einen Zeit- raum von 30 Tagen behandet. Bei Resistenz oder schweren unerwünschten Nebenwirkungen können Makrolide, Fos - fomycin, Minocyclin oder andere Tetrazykline wirksam sein.

Bei einer obstruktiven Uropathie kann eine endoskopische oder chirurgische Rekanalisation der Harnwege indiziert sein. Bestehen keine anatomischen Anomalien, ist bei wie- derkehrenden Infektionen eine Langzeittherapie mit anti - mikrobiellen Substanzen erforderlich.

Die in diesem Beitrag gegebenen Empfehlungen zur Diagnos- tik und Therapie der chronischen bakteriellen Prostatitis und der asymptomatischen Bakteriurie stimmen mit den Guide - lines von Prostate Cancer UK und denen der Infectious Diseases Society of America überein. Claudia Borchard-Tuch

Quelle: Schaeffer AJ et al.: CLINICAL PRACTICE. Urinary tract infections in older men.

N Engl J Med 2016; 374(6): 562–571.

Interessenlage: Anthony J. Schaeffer erhält Unterstützung von mehreren pharmazeu - tischen Unternehmen.

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