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Erstes und zweites Kapitel des altkanaresischen
Jeimini Bhärata,
eine Ueberarbeitung des Ayvamedha parva des Maiiäbhärata
von dem Brahmanen Lakshmiga, Sohn des Anuamänka aus
dem Geschlechte des Bhäradväja;
aus dem Kanaresisehen umgesrhrieben, würtlich Ubersetzt und mit Erläuterungen versehen von
Dr. H. Fr. Mög'liug.
Ueber Jaimini's Bhärata,
und Lakshmiga's Bearbeitung des Werkes.
Die Indische Sage erzählt, Jaimini, der begabte Schüler des
Vyäsa, habe versucht, seineu grossen Meister zu überbieten, und habe
das Mahabharata desselben durch eiue kunstvollere und geistreichere
Bearbeitung des gleichen Stoffes, auch iu 18 Büehern, in Schatten
zu stelleu unternommen. Nach Vollendung seines Werkes habe er
dasselbe dem Meister gebracht. Dieser habe eine Wasserprobe in
der heiligeu Gangä vorgeschlagen. Jaimini habe eingewilligt. Als
1) Jeimini, kanaiesisch für Jaimini. Das kanaresische ei isi eiue sonderhare Verlängerung des e , welche den dravidischen Sprachen eigenthüm¬
lich ist , und auf einen vom arischen verschiedenen Lautsystem beruht , nach welchem die südlichen Spraclien die im Arischen unmöglichen kurzen e und o haben.
Kanaresisches Alphabet :
Vokale: a ä, i i, uft, r r, e e ei , o ö au , ani oder aii, Ii. Ki uud
au kommen nur in ganz wenigen kanaresisehen Wurzeln vor,
h nur in tat'sama, unverändert aus dem Sanscrit aufgenommenen, Wörtern , desgleichen r r .
Konsüiianteii :
k kh g gh il
c ch j jh n
t th d dh II
t th d dh n
p ph b bh m
yrlv
<; sh s h j ksh
bd. XXIV. 21
310 Mögling, 1. und 2. Kapitel dea altkanaresischen Jeimini Bhärata.
nun die 18 Hiielier des neuen liliürata dei- Flut übergeben wurden,
seyen 17 derselben gesunken und eins nur, das Agvamedlia jiarva,
von dem Wasser getragen wenden. Diesem habe auch Vyäsa den
l'reis der Kunst zuerkannt. Vielleicbt darf man die Sage so ver¬
steben, dass Jaimini das einfachere, ursprüngliche Mahäbhärata neu,
kunstreicher und, es wäre denkbar, nach einer anderen dogmatischen 'l'endenz, welche sich ans einer sorgfältigen Vergleichung der beiden Agvamedlia parva ergeben müclite, bearbeitet habe, dass aber, ausser
dein einen Buche, welches das Pferde-Opfer behandelt, keines er¬
halten worden .sey.
Wilson hat die Kanaresische Bearbeitung, welche ihr Original
wiederum überbietet, und im Kanaresisehen als unübertroffenes Meister¬
werk gilt, in den Anfang des dreizehnten .lahrbunderts gesetzt. Sie
ist aber wohl älter. Die Blüthezeit Kanaresischer Dichtkunst, welclier
dieses Werk angehürt, fällt zwischen 7U0 und 1100 unserer Zeit¬
rechnung. Die ältesteu Meisterwerke der Kanaresisehen Sprache
haben Jaina-Dichter zu Verfassern. ,\ucli die berühmte Grammatik
(j'abdamaiii darpana rührt wohl vou einem Jaina-Gehdirten her. Um
die Zeit Karls des (irossen herrschten Jaina-Fiirsten im Dekkan
( Dakshinadega ) uud schmückten die heiligen Orte mit prächtigen
Granit-Toinpeln und kolossalen Bildsäulen. Als später die Brahmanen
ihreu früheren Einfluss wieder gewannen, folgten sie dem Beispiel
der Jaina und bemächtigten sich der Landessprache, in welche sie
das Bhärata und das Rämäyana übersetzten, Werke, welche jetzt noch
das höchste Ansehen geniessen. In diese Zeit muss auch Laksh-
niiga's Bearbeitung des Ayvamedha parva fallen. Durch Basava,
ums Jahr 1000, den Stifter des Linga-Dienstes, dessen Macht sich
auf Vereinigung der Kasten gründete, und dessen Religion sich eine
eigne Kanaresische Litteratur schuf, wurde die Üebermacht der
Brahmanen im Süden Indiens gebrochen. Die Zeit der Brahniaui-
scheii Kanaresiscben Dichtkunst ist früher als Basava. Daber meine
Vermuthung, dass Wilson den Lakshiniga zu spät gesetzt habe.
Modalane Saudhi.
1. ^ri vadhuviu' ambaka cakörakani poreye, bhaka-
t'ävaliya lirtkumuda körakain biriye, jaga¬
ti valayad' amala saubhägya ratnäkarain perciniin mere variye, ävagaii sarasa karunäiiirtada kalegahii
tivid' ele luvireya bela dingalini pasarisuva
devapura nilava laksliiniramauaii' äsya candr' anaudaniaii uamag' iyali !
Erstes Kapitel.
1. Der heiligen Frau Augen-Caküra zu weiden, der Froui-
ineii Versaminhnig-lleizens-Lotns-Kuospe zu springen, des
Mögling, 1. und 2. Kapitel des altkanaresischen Jeimini Bhärata. 311
Erden-Rundes reinen Glüekes Meer mit Flut das Ufer zu über¬
schreiten,
immer mit lieblichen-Gnaden-Nektars-Strahlen
erfüllten Lächelns Mondlicht-vom sich dehnenden,
zu Devapura wohnenden Lakshmi-Gatten-Antlitzes-Mond Selig¬
keit uns gebe!
In deutscher Satzordnung : Es gebe uns Seligkeit der Mond
des Angesichtes Vishnu's des Gatten der Lakschmi, dessen Tempel
zu Devapura ist, welches immer sich dehnt ') von dem (Mond-)
Licht eines von lieblichen Gnaden-Nektar-Strahlen erfüllten Lächelns
~ dass sich der heiligen Frau Augen-Cakora weide, die Nacht-
Lotus-Knospe der Herzen der frommen Gemeinde sich öffne, und
das Meer des ungetrübten Glückes des Erden-Rundes fluthend sein
Ufer überschreite! (Anrufung Vishnu's.)
Modalane , erstes. Die Ordinal-Zahlen im Kanaresiscben sind :
vondane oder modalane, yeradane, mürane, nälkane, eidaue, ärane,
yelane, yentane, vombhattane, hattane. Die Cardinal-Zahlen : vondu,
yeradu, müru, nälku, eidn, äru, yelu, yentu, vombhattu, hattu.
Die weitere Cardinal- und Grdinal-Reihe : hannondu, hannon-
dane; hanneradu, hanneradane: hadimüru, hadimürane; hadinälku,
hadinälkane; hadineidu, hadineidane; hadinäru, hadinärane; hadinelu,
hadinelane; hadinentu, hadinentane; hattombhattu , hattombbattaue ;
ippattu, ippattaue; ippattondu, ippattondaue ; ippatteradu, ippattera-
dane u. s. w. muvvattu oder müvattu, nälvattu, eivattu, aruvattu,
yeppattu, yembhattu, tombhattu, nüru hundert, sävira tauseud.
1. cakörakavu, altk. cakörakam, ein mythischer Vogel, wel¬
eher uie den Boden berührt und, dem aufgehenden Moude zuge¬
wendet, seiue Strahlen mit geöffnetem Mund aufnimmt als seine
Nahrung — so Lakshmi's Auge an Vishnu's Herrlichkeit sich wei¬
dend, köraka, Knospe einer Lotus-Art, welche sich des Nachts,
beim Aufgang des Mondes, öffnet, v a d h u v i n a , ävaliya, valayada
sind Genitive von vadhuvu, ävah, valaya. percinim, a. k. = hec-
cininda, instr. sing, von percu == heecu , Mehrung, Flut, poreye,
biriye, variye, Infinitiv-Formen, Wirkung oder Absicht bezeich¬
nend, variye = hariye, von hari, fliessen, schneiden, durchbrechen,
tivida, adjektiv.Form des praeter, oder perfect des Verbums tivi.
pasarisuva, adjekt. Form des part, praes. von pasarisu. änan-
daman = neu kan. änandavannu, Acc, sing, von änandavu.
2. pavan' atul' äbharanamani mädi kond' eseva
pävanatara svarüpan, närad'ädi muni-
p' ävanata päda pankeruha dvaudani, indu kalävatansam, umeyä
bhävaueyan' oda güdisuva , sakala surara sam-
bhävaueya kei koniba, löka vistarana pra¬
bhava uayana trayan, devagangä dharaii, salahu niccaii nammanö !
1) Dev Glanz lässt Jen glänzenden Gegenstand grüsser erselieinen.
21*
2 3
312 Mögling, 1. und 2. Kapitel des altkanaresischen Jeimini Bharata.
2. Die Schiauge (zum) unschätzbaren Schmuck sich gemacht ha¬
bend, glänzender,
reinst gestaltiger, Narada voran, die Muni
anbetenden Lotus-Fuss-Paariger, Mondstrahl gekrönter, Umeya's
Sehnen Erfüllender, aller Götter Ver¬
ehrung Empfangender, Welt-weit¬
leuchtende drei-Augen-habender , göttlicher Gangä-Träger, errette
immerdar uns !
V. 2. Hilf uns immerdar, Träger der Götter-Ganga, mit den drei
die weite Welt durchleuchtenden Augen, der du in reinster Gestalt
glänzest, die Schlange als unschätzbaren Schmuck tragend, desseu
zwei Lotus-Füsse Narada und die audern Muni anbeten, Mond-
Glanz Gekrönter, der Parvati Sehnsucht] Erfüllender, den alle Götter anbeten! (Anrufung ^iva's.)
v. 2. pävanu, = hävannu, acc. sing, vou hävu Schlange, äbha¬
ranamani =äbharanavanuu, acc. sing, mädi kondu, reciprocale
Form des Zeitwortess mädu, machen. ko|lu heisst für sich „uehmen,
kaufen"; als Hilfszeitwort drückt es den Sinn des reciprocum aus.
Sowohl mädi als kondu sind Formeu des part, perf eseva, Par¬
ticip praes., vom Zeitwort ese, glänzen (neukan. eseyuva). ädi
Anfang, bezeichnet, an ein Nomen augehängt, unser deutsches u. s. w.
bhävaneyanu, accus, von bhävaneyu. Die kurzen Vokale a und
u werden, wenn eiu Vokal auf sie folgt, im Kanaresisehen elidirt,
nicht mit demselben zusammengezogen, wie im Sauskrit. güdisuva,
Verbaladjektiv im praes. vou gudisukei, Hand, kei kollu,
empfangen = zur Hand nehmeu. salahu, Imperat. nammanu,
accus, plur. des pronomen der ersten Person, =nammannu, gew.
Form.
3. prastudadol' ogeda mumbelag' amala dantada ga-
bhasti, nava pürva sandhyäruuam , bhäla vi-
nyasta sindhürani, ankuripa pombisilodane müduv' ele nesar' eseva
mastakada mani makutam, ägal' udayäcalada
vistäradante bhadr' äkrtiyol oppuva sa¬
masta siddhi pradäyaka, viuäyaka, mälpud' emage nirvighnateyanü!
3. (Wann) eben aufgegangene Dämmerung (wörtl. Vor-Licht) des
reinen Zahnes
Strahl, das neue Ost-Morgenrotli der auf der Stirn ange¬
brachte Karmesin, sprossendem Gold-Licht-mit aufgehende frische
Soune die glänzende
Hauptes-Juwelen-Krone (wird), dann des Aufgangsberges Breite-gleich in mächtiger Form scheinender,
allen-Erfolges-Geber, Viuäyaka, mach' uns Hinderuisslosigkeit !
V. 3. . Anrufung Gaiiega's. Viuäyaka! räume alle Hindernisse
1) Verbum causale von güilu, zujammoiikominen. oi)a mit, in eins, uda tfidisu erfüllen.
2 3
Möfflivg, 1. lind 2. Kapitel des altkunareniwhen Jeimini Bhärata. 313
vor uns weg! du Geber alles Erfolges, in mächtiger Gestalt, dem
Ost-Berg ähnlich, erscheinend, wann die angebrochene Dämmerung
wie dein weisser Elephantenzahn schimmert, das neue Morgenroth
den auf deiner Stirn angebrachten Karmesin, die in goldenem Licht
aufsteigende junge Sonne die Juwelen-Krone auf deinera Haupte
bildet. (Ganega wird dargestellt mit riesigem Leib, einem Elephan-
ten-Kopf, auf desseu Stirn das rothe Zeichen glänzt, und auf desseu
Spitze eine Juwelen-Krone ruht.)
V. 3. prastudadol', locat. „in praesenti" eben, ogeda,
adject, part. perf. vou oge aufgehen, ranm be lag', kurzes u elidirt
des folgenden Vokals wegen, nom. sing, mun, vor — (hin, nach),
belagu, Licht, belagu ist das Subjekt des Satzes, das folgende
amala d. g. das praedicat. pürva sandhyärunam, Morgenroth, subject,
die folgendeu Worte praedicat. ankuripa, a. k. = ankurisuva, adj.
part, praes. pombi siloddne. hon oder pon, Gold, bisilu, Sonnen¬
schein, odane, mit. müduva, mit elidirtem a, adj. partic.
praes. von müdu, aufgehen, nesar', u elidirt, a. k., Soune. eseva,
a. k. = eseyuva, .\djektiv - Form des part, praes. mastakada
mani makutam, praedicat des vorangegangenen subjectes. ma¬
kutam, a. k. makutavu. ägal', = ägalu erzählender Infinitiv vou
ägu, werdeu: wann wird, nämlich das im Vorangegangenen Beschrie¬
bene, wann der erste weisse Morgenstrahl wie der weisse Zahn des
Ganega, das frische Morgenroth wie das rothe Stirn-Zeichen, das
goldene Morgensonnenlicht wie die Juwelen-Krone anf seinem Haupt
erscheint, steht er selbst da in seiner mächtigen Gestalt wie der
Ost-Berg, hinter welchem die Sonne aufsteigt, udayäcalada,
genit. sing, von udayäcalavu. vistärad' ante, zusammengezogen
aus vistärada, gen. sing, von vistäravu, und ante, gleich, gleich der Ausdehnung, ante ist eine zur Conjunktion abgeschliffene Partie-Form
des Zeitwortes anu, sagen, heisseu; „was mau heisst", uennt (mit
dem Namen des augegebenen Nomeu) = demselben ähnlich, äkrtiyol,
Locat. V. äkrtiyu. emage. Dat. plur. des pron. pers. erster Person,
a. k. = uamage.
4. bhü vyöma pätäla lokaugalaUi sani
bhävyai' end' euisi konib', akhila devarkaliii
sev}"am äd' ajana pattada räni, varade, kalyäni, phani veni, väni,
kävyain idu bbuvanadol sakala janarinda su-
grävyam appant', enna vadan' äbjadalli ni¬
ne vyäpisird', amala sumatiyaii tä yenage, taye, nage gildi nodi!
4. In Erd-Himmel-Höllen-Welten ver-
ehrte-sagend-heisseuden von allen Göttern
anbetungswürdig gewordenen Ungebornen-Thrones-Königin, Segen¬
spenderin . Glückliche, Schlangenlockige, Väni!
(dass) Gedicht dieses auf der Erde von alleu Menschen gern
gehört werde, in meiner Mund-Lotus du
selbst ausgebreitet seyend, reiue Weisheit bringe mir, Mutter,
mit Lachen blickend,
314 Mögling, 1. n)id 2. Kapitel des altkanaresischen Jeimini Bhärata.
V. 4. Anrufung der Sarasvati (der Indisclien Athene — Bramha's
Tochter und Frau). Gnädig mich anlächelnd, gih mir, Mutter, rechte
Weisheit, indem du in der Lotus meines Mundes dich ausbreitest,
damit dieses Gedicht vou aller Welt gerne gehört werde. Königin
des Thrones Brahma's, den Alles was Götter heisst im Himmel
und auf Erden und unter der Erde anbetet! Segenspenderin! Glück¬
liche! Schlangenlockige! Göttin des Wortes!
V. 4. löka ngal alli, a. k. = lökagalalli, Loc. plur. v. lokavu.
sambhävyar', (u elidirt) nom. plur. enisi, part. perf. von enisu,
kausale Form des Zeitwortes anu oder enu, sagen-, komba, Adject. -
Form des part, praes. von kollu, welches, wie oben bemerkt, in
Verbindung mit einem anderen Zeitwort diesem reciprocale Bedeu¬
tung gibt, devarkaliii , a. k. = devarugalinda , instr. plur. von
devanu, welches aber nur im plural gebräuchlich ist. äda, adj.
part, perf von ägu, werden, varade, die letzte Silbe, obgleich die
Stelle eines langen Vokals im Sanscr. vertretend, kurz, kävyam
idu, a.k. = i kävyavu. janarinda, plur. instr. a pp a nte, a.k. =
äguva ante. Diess hat wie das griechische wg aueh die Bedeutung
von „so dass". enna, a. k. = nanna, pron. possess. 1. pers. sing,
nine, pron. pers. II. pers. ninu mit verstärkendem oder hinweisen¬
dem langem e = du da, du selbst, du, kein anderer, vyäpisird',
a. k. = vyäpisi idda. vyäpisi, part. perf. v. vyapisu. idda, adj. part,
perf sumatiyan, a. k. = sumatiyannu, acc. sing, von sumatiyu. ta,
imper. sing, von taru, bringen , verschaffen, yenage, = nanage, dat.
sing. pron. II. pers täye, vocat. von tai, Mutter, güdi und nodi,
beides part, perf vou gudu, vereinigen, uud nödu, sehen.
b. parade parärthamaiu , vara yatige bhangamari tärade, nij anvaya kriyagajge dushanaip
bärade, vigesha guna gana kalä gauravaü tirade, duruktigalge
gerade, sumärgadol nadeva satpurusliana ga-
bhirad' esakamani pölva kävya prabaudhamaii
gäradeya karunadim pehen äm. dösbamaii tored' ellarnn kelvudü!
fy. Nicht-lüstend nach fremdem Gut (falschem Sinn) , edlem Büsser
Schimpf (ächtem Rhythmus Fehler)
nicht-bringend, des eigenen Hauses Werken (aus der richtigen
Coustruction) Vorwurf
nicht-kommend (nicht fallend), ausgezeichneter (praedicabile pro¬
prium) Tugenden-Ileeres(Vers-Fuss)-Glanzes-Würde nicht auf-
liörend, unanständigen Reden (fehlerhafte Wörter)
nicht-zustimmend (nicht-gebrauchend), auf dem guten Wege wan¬
delnden braven Mannes Ehr-
würdigkeits-Glanze-ähnlichen Gedichtes Ausfertigung (Werk)
durch Sarasvati's Gnade sagen (vortragen) will ich. Tadel weg¬
werfend alle hören (sollen)!
v. 5. Der Dichter zählt die Vorzüge seines Werkes auf in
Worten, deren Doppelsinn einen rcchtschaft'euen Mann zeichnet.
Mögling, 1. und 2. Kapilel des allLanaresischeu Jeimijii Bhärata. 315
V. 5. jiärade, a. k. =-= liaieisade, jiait. negat. von päru, liäreisu,
begehren, par artham am, a. k. = para artbavannu, aec. sing,
von arthavu, Sinn, Geld, Sache, ähulich dem latein. res. para, fremd,
yatige, dat. sing, von yati, vollkommener Heiliger d. h. Büsser.
Dasselbe Wort bedeutet aber auch Cäsur in der Prosodie. tärade,
part, negat. von taru, bringen, bärade, von baru, kommen,
tirade, von tiru, aufboren, gerade, von gern, eingehen, sich
einlassen auf, sind die gleichen Formen. Das Kanaresische drückt
das negativuni aus durch Verlängerung des Wurzelvokales, mit Aus¬
nahme des Zeitwortes iru seyn, dessen part. neg. irade ist, nieht
irade. anvaya kr iya doppelsinnig 1. das Werk der h^'amilie
2. Satzbildung, (kriyagalge, dat. plur.) Sinn: die Sitte der Familie, bärade und das folgende tirade sind partic. absoluta, g u n a, doppel¬
sinnig: 1. Tugend. 2. Eigenschaftsbezeichnung, gana bedeutet 1.
Heer, Menge, oder 2. Versfuss, durukti 1. schändliche Reden,
2. unpassendeWörter. sumärgado], a. k. locat. sing. = sumär-
gadalli. nadeva, a. k. = nadeyuva, adjektive Form des part,
praes. von nade gehen, sat purusha na uud gabhirada geuit.
singul. der 1. u. 11. Declination, pölva, a. k. — holuva, adj. part,
praes. von hölu, gleichen, garad eya, gen. III. Declin. karu¬
nadim, a. k. = karunadinda, instr. sing, pol ven, a. k. =^ he]u-
venu, 1. pers. sing. fut. von heju, sagen, aussprechen, äm, sanscr.
aham, a. k.— nänu, ich. dosha man, a. k. = döshavannu, acc. sing,
von döshavu. tor edu, part, perf von tore, wegwerfen, verlassen,
eil ar uri, a. k. — yellarü. kelvudü, a. k. — keluvadu (die letzte
Silbe wird am Schlüsse des Verses verlängert). Das Verbal-Sub-
stantiv hat Imperativ-Sinn.
6. chandas sulakshanam , alankära bhava rasa-
m' ondi kalcvetta satkrti camatkrti yukti-
yondu)!! illada kävyani agrävyain akk'endu , jaredu, kaviteyanu baride,
dandugakk' olagägi, pelden' end', enna nagu-
vandamani niädad', euag' olid', ittan' amala mati-
gaii devapurada lakshmi ramanan, end', aridu kelpud' eila sujanarü ! 6. „Prosodie-Vortretflichkeit, Schmucks Gemüths Leidenschaft-Schil¬
derung)
habend, glänzende, Güte-Kunst-Zierlichkeit
irgend nicht habendes Gedichl, nicht zu hören ist," sagend, ver¬
werfend, "das Gedicht vergeblich,
dem Spotte verfallen, er gesprochen hat," sagend, "mich lächer¬
lich niclit-machend, mir geneigt, gegeben hat reinen Ver¬
stand Devapura's Lakshmi's Herr," sagend, erkennend, hören
(sollen) alle guten Menschen.
V. 6. Der Sinu iu deutscher Sprach-Ordnung : Alle guten
Menschen sollen hören, anerkennend, dass Vishnu rair reineu Ver¬
stand gegeben, aus Wohlwollen, mich nicht zum Gelächter werdeu
lassend (von Leuten die sagen) : sein Gedicht hat weder gute Prosodie,
2 3 *
316 MöijUng, 1. und 2. Kapüd des altkanaresischen Jeimini Bhärata.
noch sehmuckvolle Gemüths- und Leidenschafts-Schildernng, von aus¬
zeichnender Trefflichkeit, Kunst nnd Erfindung hat es gar nicht,
ist nicht anzuhören, und so mich verwerfend sprechen: er hat ein
schlechtes Gedicht, das Hohn verdient, vorgetragen.
v. 6. ondi, part. perf. von ondu, erlangen, kale vetta
statt kale hetta; bei Zusammensetzungen tritt öfter v an die Stelle
von h , wie sonst p. So sind pelu und velu == helu. hetta , adj.
part. perf. von hern, gebären, kale vetta, Glanz geboren habend =
glänzend, ondnm illada, = irada, adj. part, negat., eines nicht
seyend, — oüdu, eines, verlängert zur Bezeichnnng des Nachdruckes die letzte Silbe, statt ü steht nm. illada, = irada, adj. part, negat.
von iru, seyn. akku, a. k. = äguvadu, 3. pers. neutr. sing. fut.
von ägu, werden, u elidirt wegen des folgenden e. endu, part,
perf. von enu, sagen. Diese Form des Zeitworts sagen vertritt die
Conjunktion dass. Im Schwäbischen wird das „sagte er" (sait' er)
ganz ähulich gebraucht, jaredu, part. perf. von jare, verachten,
baride, adv. von bari oder bare, blos, leer, nutzlos, falsch! (z. B.
bare gölu, bar-fuss. bare mätu, leeres Geschwätze, bare mara, ein
unfruchtbarer Baum, bare suddi (gruti) falsches Gerücht), aber
auch, rein: bare hälu, lautere Milch, dandugakke, dat. sing.
11. Dekl. olagägi, zusammengezogen aus olage, innerhalb und
agi (part. perf. von ägu werden), geworden, = verfallen, enna,
a.f k. = nannannu pron. pers. 1. accus, sing, naguvaudamam,
(naguva, adj. part, praes. lachend , auslachend, andamara , a. k. =
andavannu acc. sing, von andavu, Weise), zum Gelächter, mädade,
part. neg. von mädu, macben. ena ge, dat. sing. pron. 1. pers. olidu, part. perf. von oli, günstig seyn. ittanu, 3. pers. sing. masc. perf.
von i geben, aridu, part. perf. von ari , wissen, k e 1 p u d u , =
kelvudü am Schluss des 5. Verses.
7. kenevalamaii gadedn, nava nitamaü tegedu, bäi-
g' inidägi saviyad', adarolage puli vididu, rasa-
vane kedisidode, kareda surabhig' appude korate? kävyaman
keldu, raathisi
janisida padärthamaii tilidu nödade,
vinütana kavite yendu, kund' ittu jaredode, pelda-
vanol' ävad ünaya? jänar' idan' aridu, matsaravan' ulid' äli-
suvadü !
7. Rahm gerührt, neue Butter herausgenommen habend, dem Munde
süss nicht-kostend , in denselben Säure werfend, den Ge¬
schmack wenn man verderbt, wird der gemolkenen Kuh ein
Mangel? Das Gedicht gehört, nachgedacht
hervorgegangener Vers-Sinn (oder hervorgegangene Sache) erkannt- angesehen habend-nicht,
„neueres Gedicht" sagend, Fehler setzend, wenn man schilt, an dera Dichter
welcher Mangel? Die Weisen, diess erkennend, Neid lassend,
lauschen (sollen)!
2 3 *
Mögling, 1. und 2. Kapitel des altkanaresischen Jeimini Bhärata. 317
V. 7. Sinn: die Verständigen mögen lauschen ohne Neid, be¬
denkend, dass es nicht des Dichters Fehler ist, wenu seine Zu¬
hörer, ohne sich die Mühe zu nehmen in das Verständniss seines
Werkes einzudringen, dasselbe als ein modernes verachten, so wenig
die Kuh Schuld hat, wenn Jemand statt aus ihrer Milch süssen
Rahm zu bereiten, durch sauern Zusatz ihren Geschmack verdirbt.
V. 7. kene välamari, für kene hälannu, n. k. acc. sing,
von kene hälu , Rahm-Milch , d. h. Milch , deren Rahm nicht abge¬
nommen ist , oder, Rahm von Milch. Der End-Nasal ist vor Nicht-
Labialen ri, vor Labialen und Vocalen m. nitamari, a. k. für
mtavannu, accus, sing, von nitavu, Butter, tegedu, part. perf.
vou tege, nehmen, bälge (mit elidirtem e), bälg', dat. sing, von
bäi , Mund, inidägi zusammengezogen aus inidu , a. k. = impu,
süss, und ägi, part. perf. von ägu, werden. Auf diese Weise wird
eine Adverbialform gebildet : inidu, süss , ägi , geworden = suaviter.
savi ade, part, negat. von savi, kosten, lat. sapio, die in diesem Worte enthaltene Negation bezieht sich auf den ganzen Satz, adarolage.
adarol, locat. von adu, geu. adara. ol, innen. Dieses ol wird decli¬
nirt : olage, dativ. = hinein, ojagininda, instmm. von innen heraus,
puli vididu, n. k. für buli (Säure) und hididu (part. perf. von
hidi, fasseu). huli hidi, sauer werden, tukku hidi, rostig werden,
chali hidi, kalt werden, ras a vane, acc. sing, von rasavu, Geschmack,
welchem ein verstärkendes e angehängt ist. kedisidode, a. k.
= kedisidare, conditionale Form des Verbum im perfect, kedu,
schlecht werden, kedisu, schlecht werden lassen, schlecht machen,
verderben, kedisida, adj. Form des part, perf., verderbt; mit ange¬
hängtem are hat es die Bedeutung: wenn man verderbt hat. kare¬
da, adj. part. perf. von kare, melken, surabhig' für surabhige, dat.
sing, appude, altkanar. für ägu vade = äguvadu mit angehängtem
fragendem e. keldu, part. perf. von kein, hören, fragen, mathisi,
part. perf. von mathisu, 1) umrühren, stossen, ähnlich dem gade im
Anfang des Verses. 2) nachdenken, janisida, adj. part. perf. von
janisu , geboren werden, mathisi janisida, = durch Nachdenken her¬
vorgegangen, tilidu, part perf. von tili, erkennen, nödade, part,
negat. von nödu, sehen. Die Negation bezieht sich auf den ganzen
Satz. Sinn : nach Anhörung oder bei Anhörung des Gedichtes, obne
das durch Nachdenken entstandene Werk zu verstehen, yendu,
part. perf. v. yenu, sagen, ittu, part. perf. von idu, setzen, jare¬
dode, a. k. = jaredare, konditionale Form des temp. perf. von jare,
schelten, peldavanol, a. k. = he|idavanalli, loc. sing, des adj.
part, perf., vou helu mit angehängtem pron. demonstr. gen. masc.
helidavanu, der welcher gesagt (vorgetragen) hat. helidavanalli, loc. sing, in (an) dem, welcher vorgetragen hat. ä v a d u , a. k. = yävadu, neutr.
sing, des pron. interrog. ünaya, synon. mit kunda, Mangel, jä-
naru, nom. plur. von jänanu, der weise, idanu, = idannu, acc. sing,
des pron. demonstr. gen. neutr. aridu, part. perf. von ari, verstehn.
318 Möglivg, 1. und 2. Kapitel des oltl-anareaischen Jeimini Bhärata.
älisuvadu, Verbal-Nomen mit imperativer Bedeutung von älisu
horcben. uli du gleicbe Form wie aridu, vou uH, lasseu.
S.jänaraii tale diigisade nudidod' ä pada- kk' iinayam babud' endu , sarasöktiyinda gi-
rväna-pura nilaya lakshmi ravaii täne sangita sukalä nipunanü
vineyiii gänamaii nudisuv' andadol', enna väniyiii kaviteyam peHsidan' end', aridu,
kenamari toredu, purudisuvaraii jaredu, kivi deredu kelvud' ellä- sujanarü !
8. „Die Weisen das Haupt nicht wiegen machend, wenn mau vor¬
trägt, dem Verse
Mangel kommt" , sagend, „hat mit lieblicher Rede der in Girväna pura (= Devapura)
wohnende Lakshmi-Herr selbst, wie ein Gesanges-edler Wissen¬
schaft-Kundiger
auf der Laute eine Musik vorträgt, durch meinen
Mund das Gedicht sjjrecben lasseu" sagend, erkennend,
Aerger abwerfend, die Eilersüchtigeu scheltend, das Ohr öffnend, hören (sollen) alle guten Menschen!
V. 8. Hört mit oft'encn Obren, alle Guten! anerkennend, dass
Vishnu selbst mir das Gedicht in den Mund gegebeu, wie ein Künst¬
ler auf der Laute eine Musik vorträgt, damit es an dem Beil'all der
Eingeweihten nicht fehle.
V. 8. dügisade, part, negat. von dügisu oder tügisu, von einer
Seite zur anderen sich bewegen machen. Das Hinundherbewegen
des Kopfes, ein Zeichen des lieiiälls (wie xivovvTsg rag xecpaldg
im Evang. Marci 15, 2ü). nudidode, a. k. = nudidare, Coudi-
tional-Form des Verbums nudi, sagen, vortragen: wenn man so
vorträgt, dass man damit der Wissenden Beifall nicht gewinnt, so
verdient solches Gedicht Tadel, wörll. so kommt (bahudu) Slangel
(ünaya) dem Gedicht (ä padakke) ä pron. demonstr. ilie ; i = -^hic.
padakke, dat. sing, von i)ada, Vers, bahudu, a. k. =l)aruvadu,
3. pers. sing, neutr. futur. von baru, kommen, yendu, s. oben 7,5.
yenu hat hier die Bedeutung: denken , d. h. bei sich selbst sagen,
täne, pron. pers. recipr. , ipse, vineyiri, a. k. ^—viueyinda, inslr.
sing, von vine, Laute, purudisuvaraii, a. k. für hurudisuvava-
rannu, ivcc. jilur. des masc. des Verbalnomens von hurudisu, um den
Vorrang streiten.
9. dushtähi glioratara visha v.adanadinda san- dashtam ägirut' irdodani, dosham irdodani,
nashta kaleyadodam, candran' ant' enna kävyada rasa sumanarge
ishtam ägade mäuadu. Inn' ävan' ädodam
kashtaniani bagevavaii cöraiige viraliigaii
(Irshtiintain ägi salvan. dharävalayadol sandeham en' idaroli'i?
Moqliiig, 1. und 2. Kapitel des altkanaresischen Jeimini Bhärata. 319
9. (Obgleich er) von der bösen Schlange gräulichem Gift-Mund ge¬
bissen werdend ist, und Flecken da sind, und
abnehmender Glanz stattfindet, dem Monde gleich, meines Ge¬
dichtes Geschmack den Gutgesinnten
un-lieblich nicht werdend nicht aufhört. Hinfort wer es auch sey,
der Unlust sinnt, dem Dieb und Ehebrecher
ähnlich seyend gelten wird. Auf Erden Zweifel welcher hieriu?
Sinn von v. 9. Meines Gedichtes Geschmack wird guten Men¬
schen allezeit lieblich seyn, wie der Mond, obgleich dieser Mond¬
finsternissen unterworfen ist, Flecken hat und sein Glanz je und je
abnimmt. Wem dasselbe nicht gefällt, gelte für einen Dieb oder
Ehebrecher, welche den Mond hassen. Das ist gewisslicb wahr.
V. 9. vadanadinda, instr. sing, von vadana. ägirut',
zusammengesetzt aus ägi, part. perf. vou ägu, werden, und iruta
part, praes. von iru, seyn. Der letzte Vokal ist elidirt, wegeu des
folgenden Vokals in irdodam, a. k. für iddarü, adjektive Form des
perf. vou iru, mit angehängtem aru, obgleich. Statt des neu kan. are,
wenn, und arü, obgleicb, hat das Altkanaresische die Formen ode und
odam. kaleyädodam, kale nom. sing, y, der Halbvokal, tritt
ein, wegen des folgenden ä. Kanaresische Regel : wenu auf i oder e,
mit welchen ein Wort endigt, ein anderes folgt, welches mit einem
Vokal anfängt, so tritt yakärägama ein, nach einem o oder ü, im
gleichen Fall, ein vakärägama. ädodam, a. k. für adarü. can dran a,
gen. sing, regiert von dem folgeuden anta, wie ; beidemal Elision des
a wegen folgenden Vokals, enna, a. k. für nanna, pron. pers.
der 1. pers. kävyada, gen. sing, von kävya. sumanarge, (a. k.
für sumanarige) dat. plur. von sumananu, gute Gesinnung habender,
ägade, part. neg. von ägu, werden, mänadu, 3. pers. sing, neutr.
der negativen Form des Verbum manu, bleiben, seyn. ishtam ägade
mänadu, wörtlich: angenehm nicht werdend ist nicht oder bleibt
nicht; Sinn: ist allezeit lieblich, ävan' ädodam, = yävan'ädarü.
bagevavan, = bageyuvavanu adject, part, praes. mit angehängtem
pron. avanu, er, der denkende: „Wer immer schlimmes denken mag",
cörange, a. k. für coranige, dat. sing, von cöra, der Dieb, vira-
higari, a. k. für virahiganigü, dat. sing, mit angehängtem ü, und,
von virahiganu, der Ehebrecher, sal vam, a. k. für saluvanu, 3. pers.
sing. masc. fut. von salu, gelten, dharävalayado), a. k. loc.
sing, von dharävalayavu, Erdenrund, e n', a. k. — yenu., pron. interrog.
neutr. uom. sing., welches? d.h. Bedenken, idarolü, a. k. = idaralli loc. sing, von idu, pron. demonstr. neutr. u wird verlängert als letzte Silbe des Verses.
10. mogam äva lileyind' esevud', ä bhävamani magule töruvad' allad' anya prakäradin
sogayipude ranna gannadi ? dhareyo] äräjisuva kaunadada nudigalä
bagey' aridai' äva lakshanadinda munna ka-
320 Mögling, 1. und 2. Kapitel des altkanaresischen Jeimini Bhärata.
bbagajan' usuridar', ade lakshyam allade pera-
t'enage Salladadarinda, pürva satkavigalge namisi, nari krti velvenü.
10. Das Antlitz, in welchem Spiel es glänzt, diese Art
wiederum sich zeigt, auf andere Weise
scheint der Demant-Spiegel ? Auf Erden ruhmreicher Kana-
resischer-Sprache-
Art-Kenner nach welcher Regel die alten Ge¬
dichte ausgesprochen, ausser diesem Vorbild eiu ande¬
res mir nicht zusagt; daher, vor den alten wahren Dichtern
mich niederwerfend, ich das Werk sagen will.
V. 10. Ehe ich mein Werk vortrage, bezeuge ich den alten
wahren Dichtern meiue Ehrerbietung; denn wie die Kenner der
erlauchten Kanaresisehen Sprache die alten Gedichte vorgetragen
haben, ganz so thue ich. Wird nicht ein Edelstein-Spiegel das Bild,
das cr aufgenommen, aufs getreuste wiederscheinen lassen. (Wortspiel zwischen gannadi Spiegel und kannada, das Kanaresische.)
V. 10. mogam, a. k. tadbhava, für mukhavu. äva = yäva,
pron. interrog. esevud', a. k. für yeseyuvadu, 3. pers. sing, neutr.
fnt. ä, pron. demonstr. dieser, diese, dies, bh ävamam, a. k. für bhäva-
vannu, acc. sing, von bhävavu. töruvad', 3. pers. sing, neutr. fut.
allad', für allade = ägade, part. neg. von ägu (ähnlich wie illade =
irade von iru). illade negirt das Seyn; allade das Soseyn. allade
bedeutet „ausser" oder „als", prakäradin, = prakäradinda instr.
sing, sogayipude, a. k. für sogaisuvadu mit angehängtem fragenden
e. ranna, a. k. tadbhava, für ratna. g an na di =kannadi. dhareyol,
a. k. loc. sing, von dhare. äräjisuva, adj. verbale im praesens,
oder adj. part, praes. kaunadada, genit. von kannadavu, die Kana¬
resische Sprache, das Kanaresische. nu digala, gen. plur. von nudi,
Wort, mit verlängertem a (weil am Ende der Versliuie). bagey',
accus, sing, von bageyu, Weise, = bageyanuu. ari dar', a. k. für
aridavaru, die Kennenden, usuridar', 3. pers. plur. perf. von usuru
aussprecheu, vortragen, ade. adu pron. demonstr. neutr. nom. sing,
mit angehängtem e Seixrtxov. perat', a. k. für hortu, ausser,
salladadarinda =salladu adarinda. salladu, 3. perf. sing, neutr.
negat. von sallu, gelten, taugen, = salu v. IX, 6. adarinda, [instr. sing, von adu, es,] daher, desswegen. namisi, part. perf. von namisn, namas-
kära machen. näni = näuu, pron. pers. I nom. sing, velveuu,
a. k. für heluvenu, 1. pers. sing. fut. vou helu, sagen, vortragen.
11. vidvat sabhävalayam ariye, viracisidam bhä¬
radväja götra bhavan annamänkana suta, la-
sad vinuta karnätaka kavi cüta vana ceitra, lakshmigan' emb' örvanü
hrdvanajadol devapurada lakshmigana pa¬
da dvayavan' ävagari dhyänisuvar' adigalan
sadvinayadim bhajipa balvinda vimala jeimini bhäratada katheyanü.
11. (damit) der Gelehrten-Versammlungs-Kreis wisse, bat verfasst
(im) Bha-
Möghiig, 1. und 2. Kapitel de» altkanaresiiichen Jeimini bharata. 321
radväja-Geschlechte gebornen Annamänka's Sohn, des er¬
lauchten berühmten Kanaresiscben Dichter-Mango-Gartens Früh¬
ling, Lakshmiga genannter Einer,
in der Herzens-Lotus Devapura's Lakshmi-Herren Fuss-
Paar stets andächtig verehrender (Menschen) Füsse
in wahrer Demuth anbetende Kraft-durch, die reine Jeimini-
Bhärata-Sage.
v. 11. Einer Namens Lakshmiga, der Frühling des glor¬
reichen berühmten Kanaresiscben Dichter-Mango-Gartens, der Sohn
Annamänka's, des im Bhäradväja Geschlecht geborenen, hat — für
die Kenntniss des Gelehrten-Versammluugs-Kreises die Erzählung
des reinen Bhärata des Jaimini, in der Kraft der wahrhaft demüthigen
Verehrung der Füsse derer, die in der Lotus ihrer Herzen stets an
dächtig verehren das Fuss-Paar Lakshmiga's (Vishnu's) von Devapura.
v. 11. ariye, Infioitiv der Absicht, wie poreye, biriye, variye V. 1, 1. V i r a ci s id a m, a. k. für viracisidanu, 3. pers. sing. masc. perf.
vinuta, adj. berühmt, emba, part. adj. für enuva vou enu, nen¬
nen, örvanu, a. k. für obbanu, einer, ävagaip, a. k. für
yävägalü, immer, dhyänisuvara (a elidirt wegen folgenden Vo¬
kals) gen. plur. von dhyanisuvaru , a. k. für dhyänisuvavaru , nom.
plur. von dhyanisuvavann, part, praes. adj. mit angehängtem pron.
3. pers. „er", masc. avanu, fem. avalu, neutr. adu. adigalan, a. k.
für adigalannu, accus, plur. von adi, Fuss, sadvinayadim,
instr. sing, von sadvinaya, wahre Demuth. bhajipa, a. k. für bha-
jisuva, adj. part, praes. balvinda, a. k. statt baladinda, instr. sing, von halavu, Kraft.
12. vara varnadiuda göbhitajp ägi, rüpa vi-
staradinda celvägi, madhuratara nava rasö-
dara bharitadinda vilasitaip ägi, sumanönurägadini prachuram ägi, niruta manjula gabdadinda kivig' impägi,
carisuva sulalita sbatpadigal' edebidade jheii
karisad' irdapave bandu nerada vidvatsabhä nireruhäkaradolü ?
Pitikä sandhi prathamani saippürnam.
12. In schöner Farbe glänzend, in Gestalt- Aus- (anmuthig durch
die Grösse des Verses)
Dehnung anmuthig, süssesten neuen Honigs-Leibes (durch Fülle
in der Schilderung der neuu Gemüthsbewegungen) *)
Fülle-von scheinend, durch fSumana)-Blumen-Lust berühmt
(durch der Gutgesinnten Liebe bekannt)
beständig lieblichen-Ton-durch dem Ohre süss , (ununterbrochener
lieblicher Klang der Verse) (so)
1) nava rasa die neun Gemiithsbewegungen : 1. frngära Liebe. 2. vira Heldenmuth. 3. karuna Barmherzigkeit. 4. adbhuta Verwunderung 5. htlsya Spass. 6. bhayäuaka Kurcht. 7. bhibhatsa Ekel. 8. raudra Zorn. 9. (änta Gemüthsruhe,
322 Mögling, 1. und 2. Kapilel den altlcanaresisclien Jeimini Bhärata,
sich hewegende schön - zitternde (Hexameter, Sechsfüssler)
schwarze Bienen werden sie nicht unablässig sum¬
mend seyn in dem zusammengetretenen Gelehrten-Versammlungs- Lotus - Teich ?
Einleitungs-Kapitel, das erste, vollendet,
V. 12. Der Dichter vergleicht hier seine seehszeiligen Verse mit
den sechslüssigen (in der indischen Dichter-Welt berühmten) schwar¬
zeu Bienen. Wie diese in Kelchen der Teiche-bedeckeuden Lotusblu-
nien, ihr süsses Summen unablässig treiben, die schwarzglänzenden,
gross-leibigen, von Honig strotzenden Wesen, so werden gewiss diese
schön geformten grossartigen honigsüssen Verse, au welchen alle
Guten sich ergötzen, wie die Bienen sich der Blumen freuen, ohn'
Ende forttönen in den Ohren der (zum Hören des Gedichtes) ver¬
sammelten Gelehrten-Schaar.
V. 12. ägi, part. perf. von ägu, werdeu. Dieses part, bildet
mit Adjektiven ein Adverbium, varnadiuda, vistaradinda,
bharitadinda, instr. sing, von varna, vistara, bharita. celvägi,
zusammengezogen aus celva , schön , und ägi. sumanönuräga-
dinda, sumana kann Blume, oder Gutgesinnt heissen. kivige,
mit elidirtem e dat. sing, vou kivi, Ohr. impägi, zusammengezogen
aus impu, süss und ägi, s. oben v. 7. carisuva, adj. part, praes.
vou carisu, gehen, shat p adi gaju, Sechsfüssler, Verse mit sechs
Linien oder schwarze Bleuen mit sechs Füssen, edebidade. ede.
Ort oder Zeit, intervallum, bidade, part, negat. von bidu, verlassen, edebidade unablässig, edebittu (bittu part. perf. von bidu) getrennt,
weggegangen, j ben kari sade, part. neg. von jhenkarisu, summen,
irdapave, a. k. für iruvave, II pers. neutr. plur. fut. von iru, seyn,
mit angehängtem fragendem e: werden sie nicht summend seyn?
bandu, part. perl, von baru, kommen, nerada, adj. part, perf von
uere, sich sammeln, bandu nerada = zusammengekommen.
Yeradane Saudhi.
Sücane. Räjendra Dharmatanayam Bädaräyanana
väji medhädhvara vidhänamaii kejdu , paii-
keja i)atrckslianana matavididu, kaluhidan kudarege vrkö-
darananü.
1. Vanaruhabhavändadolag' eivattu koti yö-
jauada vistirnad' ileyaii sapta garanidhiga-
Tanuveshtisiral', adara madbyadol ihudu vinuta jambu dvipaiu;
adara naduve,
anavarata surata göshtige nereda nirjarän-
ganeyar' anga chaviya habbugeyö? kära miii-
cina mabäräi,ijö ? pehenal', kanakäcalaii kaiig' esedudü.
Mögling, 1. und 2. Kapitel des altkanaresischen Jeimini Bhärata. 323
Zweites Kapitel.
Inlialts-Anzeige. Der grosse König Dharmaräya, des Vedavyäsa's
Pferde-Opfer-Darbringungs-Ratli gehört habend, des
Lotusblatt-Augigen Sinn ergriffen babend, sandle (uacb) dem
Pferde den Wolfsmagen (Bhima).
l.Im Bramha-Ei umgeben die fünfzig koti Yojana
breite, Erde sieben Wasser-Sammlungen (Meere)
in ihrer Mitle isl die berühmte Jambu-Insel , in deren Mitte
„ist's zu beständigem holdem Verkehr versammelter
Göttinnen Leiber-Schönheit-Gewimmel? isl's Regeuzeit-Blitze- grosse Masse? sag' an," dass man sagt, leuchtender Goldberg
dem Auge glänzte.
Sinn : Inhalts-Anzeige.
Der grosse König Dharmaräya entsendet den Bhima, (den älte¬
sten seiner Brüder) um das Pferd herbeizubringen, welcbes für das
von Vedavyäsa ihm angerathene Pferde-Opfer nöthig ist ( und die
V. 26 beschriebenen Eigenscbaflen haben muss). Im Weltall liegt
die 2,000,000,000 Stunden breite Erde, umflossen von den 7 Meeren.
In der Mille liegt Indien, in dessen Mitte der leuchtende Goldberg,
Meru, vou solchem Glanz, dass man meint, man schaue alle Schön¬
heit der Götterfrauen versammelt, oder eine Masse vou Blitzen der
Regenzeit.
yeradane, zweite Ordinalzahl. Das Kanaresische Jaimini
bhärata hat 32 Kapitel. Dharmaräya, oder Dharmanauda, Dhar-
raatanaya , der älteste Sohn des Königs Pändu , desseu Nachfolger
ira Indischen Reiche er wurde, sonst bekannt als Yudhishtira. Nach
der Sage war er Yama's Sohu , von Kunti geboren , der Frau des
Pändu. keldu, perf. pari, von keju hören.
Bädaräyauanu, Name des Veda vyäsa; ein Beiname desselbeu
folgt sogleich, nämlich der Lotus-Blatt-augige, pankeja patre-
k s h a n a n u.
mata vididu. vididu = hididu, part. perf. von hidi, fest¬
halten , fasseu.
kaluhidan, a. k. für kaluhisidanu, 3. pers. masc. siug. perf.
kudarege, dat. sing, von kudare, oder kudure, Pferd.
vrkö daran anu, a. k. für vrkodaranaunu, acc. von vrkodarauu,
Wolfsbaucli, Name des Bhima, des zweiten der ,0 Söhue des Pändu.
Das Sanseril Agvamedha-Kapitel des Bhärata von Jaimiui hat
verscbiedene Kapileleinllieilungen in den zwei uach Weber (Monats¬
bericht der Kön. Preussischen Akademie der Wissenschaflen zu
Berlin, Januar 1869) in Europa bekannten Ausgaben. Ms. A. hat
81 Kapitel ; Ms. E. 68. Achtundsechzig Kapitel hat auch eine
lithographirte Ausgabe aus der Druckerei des Räja von Maisür,
im Besitz des Herrn Prof. Dr. R. Roth in Tübingen, welche aber
vielleichl nur eine Kopie der Ausgabe vou Bombay Ms. E. ist.
Die Kanaresiscben Kenner der UeberarbeiUing des AgvanieJha parva
von Jaimiui, deren Verfasser Lakshmiga ist, behaupten, dass dieses
324 Mögling. 1. nuil 2. Kapitel iles altl.auarcsliiclieii Jeimini Bhärata.
Buch deu gauzeu Wortschatz der kanaresischeu Sprache euthahe.
„Er hat den Jaimini studirt" bezeichnet im Kanaresisehen eineu
gründlichen Kenner der Sprache.
V. 1. Vanaruhabhava, der Lotusgeborne , d. h. Brahma,
audadolage, innerhalb des Eies (desBrahma), olage, = olu = alli.
Locativtermination. e wird elidirt wegen des folgenden Vokals.
eivattu bO, vou eidu fünf und hattu zebn. koti 10,000,000.
yojanada gen. siug. von yöjana, ein Längenmaass von zwei deutschen
Meilen, vi stir nada, (a elidirt) gen. sing, von vistinia, Aus¬
breitung, ileyan, a. k. für ilej'annu, von üe, Erde, anuveshti-
siral', (u elidirt) zusammengezogen aus auuveshtisi, part, perf von
anuveshtisu umgeben, und iralu, beschreibende Infinitivform von
iru, seyn. Der Infinitiv hat 3 Formen: endigend 1. auf a, 2. auf
aiu, 3. auf alikke.
1. die erste Form wird gebraucht, wenn das Zeitwort in unmit¬
telbarer Verbindung mit einem anderen Verbum oder auch
Eigenschaftswort steht, z. B. nöda baudanu, er kam zu sehen
(nödu sehen, baru kommen), mäda takkadu, was zu machen
ziemt; (mädu machen, takka passend, adu es.)
2. die zweite Form aiu wird gebraucht bei Zusammensetzung mit
Zeitwörtern, welche mit Vokalen beginneu. mädalu (das u wird
iu solchen Fällen elidirt), machen, ollenu, ich will nicht, wird
mädalolleuu. mädal-äpenu ich kann nicht machen, mädalarienu
ich weiss nicht zu machen. Sonst hat sie die Bedeutung der
vergangeneu Zeit und wird in Erzählungen gebraucht.
3. alikke ist ein Dativ des Infinitivs und bezeichnet die Ahsicht.
Es wird aber auch diese Form gebraucht, wenn die Negation
illa dem Verbum augehängt wird, z. B. ägalikk'illa, er, sie, es
wird nicht, baralikk' illa, er, sie, es kommt nicht.
adara, gen. sing, von adu. ihudu, a. k. für iruvadu, 3. pers.
neutr. sing. fut. von iru. nereda == nerada s. I, 12, 6. chaviya,
geu. sing, von chaviyu, Schönheit, mincina, gen. sing, von mincu,
Blitz. In habbugeyö und rag iyo, sind die ö Fraglaute, eundo
werden ähulich gebraucht, p e 1 v e u a 1', zusammengezogen aus pelu = helu, und enalu, wörtlich: „sprich! zu sagen", kang', kaüge, a. k.
für kannige, dat. sing, vou kannu, .\uge. es edu du, 3. pers. siug.
perf. neutr. vou ese, glänzen.
325
Zur Geschichte der Uebersetzungen aus dem Indi¬
schen in's Arabische und ihres Einflusses auf die
arabische Literatur.
Von M. Steinschneider.
Als ich vor mehreren Jahren eine Abhandlung unter der obigen
Ueberschrift für unsere Zeitschrift (vgl. Bd. XVII S. 243) begann, hatte ich die Absicht, iu derselben alle iu dies Gebiet fallenden Themata zu
besprechen, in Bezug auf welche ich neue Resultate oder neue Be¬
lege für anderweitig aufgestellte Behauptungen gefuuden zu haben
glaubte. Indem ich aber die einzelneu , zum Theil sehr weit aus¬
einander liegenden Gegenstäude — wie z B. Volkspoesie, Medicin,
Mathematik , Astrologie — eingehender zu behandeln versuchte,
stellte sich bald heraus, dass eine derart zusammenfassende Dar¬
stellung das Maass und die Form einer übersichtlichen Abhaudiung
weit überschreiten würde. Ich versuchte daher den Weg der Thei¬
lung unter dem Vorbehalt einer schliesslichen zusammenfassenden
Uebersicht. Allein während ich, durch anderweitige Studieu ab¬
gezogen, nur sehr langsam die einzelnen Ahtheilungen dem neuen
Plane gemäss umarbeiten konnte, war Manches durch erschöpfen¬
dere Forschnngen, wie z. B. von Lassen (Ind. Alterth. IV u.
Anh.), Benfey und Wöpcke, theils überflüssig, theils einer
erneuten Betrachtung bedürftig geworden. Hierdurch, sowie durch
anderweitige Gründe , deren Erörterung ich für unnöthig er¬
achte, ist meine Hofi'nung auf gänzliche Ausluhrung auch meines
zweiten Planes erschüttert worden. Anderseits glaubte ich, nicht
.\lles ad acta legen zu müssen , was ich über den Gegenstand,
namentlich aus jüdischen Quellen, gesaramelt habe, und werde
ich mich durch einseitige und vornehme Aburtheilung nicht zurück¬
schrecken lassen, wie sie Hr. Whitney meinen Materialien über die
Naxatra (Bd. XVIII) zu Theil werden liess '). In der bistorischen
Forschung führt oft ein geringer Anfang zu wichtigen Resultaten.
Ich darf wohl, als auf ein hier sehr nahe liegeudes Beispiel, auf
die Anlegung hinweisen, welche durch die Nachweisung einer aus dem
Arabischen fliessenden hebräischen Bearbeitung des Barlaam und
Josaphat in dieser Zeitschrift (Bd. V, S. 89) gegeben worden
Bd. XXIV 22