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Zur Chronik des Jacob von Edessa.
(ZDMG. 53, 261 ff.) Von Siegmnnd Fraenkel.
Zu der äusserst dankenswerten Publikation des Herm Brooks
gestatte icb mir die nachfolgenden Bemerkungen.
S. 206 1. 12 links hat die Handschrift ^V|^y )Qa>o .
Pür das zweite Wort schlägt Herr Brooks in der Anmerkung 3
die Lesung Jyi vor und übersetzt auch demgemäss „and assigned
money to the churches". Die LA. der Handschrift ist aber ganz
richtig und das Wort ist auch sonst im Syrischen zu belegen, wenn
es auch bislang verkannt und in unseren Wörterbüchern nicht ein¬
mal gebucht ist. Joh. Ephes. Eccles. histor. ed. Cureton S. 10 1. 9
heisst es in derselben Verbindung ooO) T,^»-tV J-»*JO. Auch in
der Glossensammlung des Bar Bahlul (572) finden wir jjOjj
X.SJuoJ! . Das erklärt Payne-Smith 892 als Korraption des
sonst als Jj?o» — in specifischer Bedeutung — richtig überlieferten
öcoQtd. Da aber das Wort nun schon wenigstens zweimal auch in
der Litteratur nachweisbar ist , so ist eine Verderbnis dieser
Art schwer anzunehmen. Vielmehr ist jenes Wort und unser |.,Vj..i
(l^'^l) Transskription des aus dem Lateinischen diarium in das
Spätgriechische gewanderten öiüqwv „Sold" (Ducange, Gloss, med.
et infini. Graec. 298).
Das in der nächsten Zeile stehende Jfc^aaVjJ überträgt der
Herausgeber durch „to the widows". Das ist nicht ganz korrekt;
denn dem Zusammenhange nach —• es ist vorher und nachher von
Wohlthaten die Rede, die der Kaiser der Kirche erweist — können
hier gewiss nur die XTjQcti in kirchlichem Sinne in Prage kommen.
Unsere Wörterbücher haben zwar diese besondere Bedeutung unter
j K\y> 4^ nicht verzeichnet; vgl. aber z. B. Barhebraeus Nomocanon (ed. Bedjan) S. 97 1. 8 0".
S. 307 1. 3 rechts ist der richtige Name boo»«!0»)(' aus der
leichten Verstümmlung 6oo»i*0»j/ ohne Weiteres herzustellen; vgl.
Nöldeke, Sasaniden 393.
Fraenicel, Zur Chronik des Jacoh von Edessa. 535
S. 323 Anm. 2 nimmt der Herausg. Anstoss an dem Texte
306 1. 12 links J^j Jfcojt |.JDoVj )n\?0 ^ ^poXo^O) JoO) \KS3 p
und meint, dass wohl korrumpiert sei. Die LA. ist aber
ganz in Ordnung, und es liegt hier nur die genaue Nachahmung
des griechischen ayziv vor, das bei Altersangaben gern gebraucht
wird (to Smaxov tzog äyeiv). Hier ist etwa f\'^\<r\ « zu ergänzen.
Die scharfsinnigen Ergänzungen des Herausgebers haben auch
die lückenhaft überlieferten Stellen verständlich gemacht. Nur an
seiner Herstellung von S. 306 1. 2 links könnte man vielleicht
Anstoss nehmen. Für jLov,^|fco würde man jedenfalls jLlQ^Jbo
oder jJ.v;^j6o erwarten. —
Nicht ganz so gut vrie mit seinem syrischen Texte ist der
Herr Herausgeber mit einem arabischen Stücke fertig geworden,
das er am Schlüsse giebt. Ich gestatte mir zunächst einen Passus
aus der Vorlage in das Arabische zu transskribieren.
S. 308 1. 9: '-■HV- ^, ü>-<^J^5 J^*}
^^iL* J^! ^.,yyü !j ^^b ^\ ^y,^ ^^\J>J\
^ÜÜb lAxAS 6!^ Jä;^J^ ^^j^ J-i^ J-^^ O*''^ o^i'^^
0>juo ^yi ,>jL*Jt ^fIL.*xs jj^l 0>y-s=:^ Ciji ijrJ'
a^t ^^y. c)' 'JJ^ ^ ^' cri^i -1^5 L5^'
j-Uij y^! Lixj U)^ ^\ Äiiäj ^ytf.L^i V^-^
Die Rede ist von einem aussergewöhnlich starken Sternschnuppen¬
fall. Der Herausgeber übersetzt nun den transskribierten Passus
(S. 324): ,And learned and holy men in particular James of Edessa
and Moses the son of al Hugr wrote with regard to them what
was said at the time by those natural philosophers, who teaCh that
they are vapour And then the questioner asked
them : And they could not then return any answer
at all, but were reduced '
Darnach würden also Jacob von Edessa und der andere ^Jjt/«
(j«jJ»Js die Lehre der Naturphilosophen auch auf dieses Ereignis
haben anwenden wollen und erst durch Einwürfe unbequemer Prager
zu dem Ausspruche: „Gott thut, was er will" gezwungen worden
sein! — Es ist schon a priori nicht sehr wahrscheinlich, dass
Michael Syrus einen solchen in seinen Augen gewiss für jene von
ihm verehrten Männer nicht rühmlichen Vorgang überliefert hätte.
Dazu aber thut die Übersetzung des Herrn Brooks der Sprache
mehrfach Gewalt an. Er hat verkannt, dass ^.^b (1. 10) hier die
direkte Rede einleitet und dass ^\ sich nur auf die Gegen -
35*
536 Fraenkel, Zur Chronik des Jacob von Edessa.
wart bezieht. Dann hat er >5JO).. wohl als ^.^jj^ (von ^_J0^)
verstanden und ihm die Bedeutung ,lehren" gegeben, die es nicht hat.
Es ist aber als ^.^^lN-jj zu transskribieren imd bedeutet eigentlich
,^faseln*, das in wissenschaftlichem Sprachgebrauche gern von ver¬
kehrten Ansichten gebraucht wird.
Zu übersetzen ist demnach: „Und die heiligen Lehrer (^jLxxi
— J<o>\v^ nicht „ learned') namentlich Jakob von Edessa und
Moses schrieben darüber: „Was sagen nun jene Naturforscher, die
da faseln, dass sie u. s. w. Jetzt mag sie einmal Jemand fragen *) :
„Woher steigt denn u. s. w.' Und da sie nun nicht eine
einzige Antwort geben können 2), so werden sie etc '
Abgesehen von dieser Hauptstelle hat HeiT Brooks auch in
dem Vorhergehenden Einiges verkannt resp. ungenau wiedergegeben.
Er übersetzt s^f .nsm i . durch „shot or moved'. ,n' „^
ist aber hier nur eine Erklärung des ungewöhnlichen Ausdruckes
und steht so wie weiter unten wwl^/- Es verdient aber jenes
besonders angemerkt zu werden , weil unsere arabischen Wörter¬
bücher es wenigstens in der Bedeutung „fliegen" bisher noch nicht verzeichnen. Ob sie sich von icLixi „Pfeil" herschreibt oder hier eine Anlehnung an .'s»i vorliegt?
Jwr\ / '>\f> -fO) übersetzt Herr Brooks durch „in e very-
part of the sky". Doch ist in jener Bedeutung im Arabischen
nicht zu belegen. Zu. lesen ist wohl ^;jO , d. i. ^Ji ,
n^ ^^^ n '^J^JJJa •^♦«^ Übersetzt Herr Brooks durch :
„moving about quickly and rapidly'. Die Bedeutung „quickly"
für li'uo^b ist nicht nachzuweisen. Die Stelle scheint nicht ganz
in Ordnung. Ob vielleicht mit 'il^ hier das Sternbild des grossen
Bären gemeint ist? Das würde zu dem im Folgenden erwähnten
nördlichen Sternliimmel stimmen. In würde dann ein
charakteristisches Stembild des südlichen Himmels zu suchen sein.
Die Übersetzung von ^jti! ^^-^1 JC* durch: „since the
creation of the world' ist nicht zu rechtfertigen. Zu bemerken
ist. dass hier in einer Bedeutung steht, die für syiisches )cJ^
(und hebräisches cVr) gilt, aber im Arabischen nicht gebräuchlich
ist. Es bedeutei .malte Zeit'. Die — immerhin etwas eigentüm-
1) Zu lesen ist wolil:
2) Lies
Fraenkel, Zur Chronik des Jacob von Edessa. 537
liehe — Phrase ist also etwa zu übersetzen : , Seit unvordenMichen
Generationen'. —
leb benutze diese Gelegenbeit, um noch einmal auf meine
Gegenbemerkungen zu Herrn Brooks' Noten (oben S. 259) zurück¬
zukommen und zu erklären, dass ich meinen Widerspruch gegen
die „Syrer' und Herrn Brooks' Erklärung nach nochmaliger reif¬
licher Erwägung nicht mehr mit Sicherheit aufrecht erhalten möcbte.
Ich habe nicht genügend beachtet , dass gerade die Syrer von
jeher wanderlustig gewesen sind und sich in weiter Peme von ihrem
Vaterlande anzusiedeln pflegten (Mommsen, Röm. Gesch. V, 467,
Ajim. 2; Mordtmann, ZDMG. 41, 303). Herr Brooks hat zwar
aucb nicht erklärt, auf welche Weise die Eroberer die Herkunft
der Bewohner der fremden Städte feststellten, aber hierfür darf
man wohl an die genauen Steuerlisten der Byzantiner erinnem. Da
so die Nachricht unseres Chronisten nicht direkt Unmögliches
erzählt, so dürfen wir sie, trotzdem uns sonst nirgends etwas Ähn¬
liches überliefert wird, nicht ganz zurückweisen und die J. .V<>po
des Codex können in ihrem Rechte sein.
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Schiismus und Motazilismus in Basra.
Nachtrag zu Zeitschrift 52, S. 216.
Von G. van Tloten.
Eben nachdem ich Goldzihers Bemerkungen im vorigen Hefte
gelesen hatte, kam mir folgende Stelle aus den Tabaqät des Ibn
Sa'd vor Augen, welche für den Zusammenhang (auch politisch) von
Schiiten und Motaziliten in Basra einen neuen Beweis liefem.
Goth. 411 F. 140 V. iJ;X*:i ^3 JJi, U^^l
Ui?LiP yui ^ ^U! A^ ^ ^y,
i U äJ! i3«*.jLs ijjJ: ^^J idJi iA*c »J liLflJ u5Ux: ^j^LÜ! v_Ajjo
Sjj ^ (sie. cod.) »-JajyL'i »y^Ji ^3
S> ^ a^' ^'^bi ^ -^^^ ^' ei^ ^
iüC*« Jwc xi^U; ^jJ^^W ^.^i O'**^ '■^^
'Lb gJCij "^^ jIuj ^Aj ^ c>jÜÄs Ou^it
Über Ibn Aun (f 151 H.) s. auch Ibn Qotaiba, Maärif S. 245.
Die Qadaria waren ihm sehr verhasst, er grüsste sie nicht, wenn
er an ihnen vorbeikam (Ibn Sa'd F. 139 v.). Er erinnerte sich noch,
dass nur zwei Männer qadaritische Ansichten verkündigten, nämlich
Ma'bad al-Djohani und Sesnoieh oder Sehnöieh zaudj Omm Müsa:
Ibid. F. 140 V. dJ! J^c Aic njjAäJS J'ö jli aIs? ^ JJii
'lA^ ^lxl\ c>b^^! Ai XÄ/« ^.^i'! b! jjj^ ^i»! ^jLj i li'.«
>jilj. Lf^j^ ,.1 ».jj-i.w.*« . A*«^ ^' r-^'
[Zu xjjJLwlw (so die Handschrift) wird am Rande bemerkt : x^'.^
j3W q3\ V-j'jCi' J. ].