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Mord mit dem „Erbschaftspulver“

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96 DIE PTA IN DER APOTHEKE | August 2019 | www.diepta.de

PRAXIS

D

ie junge Adlige

Marie-Madeleine heiratete 1651 in Paris den Kavalle- rieoberst Marquis Antoine Go- belin de Brinvillieres. Die zwei standen sich in nichts nach; sie

nahmen es beide mit der eheli- chen Treue nicht so genau und verprassten das Geld mit beiden Händen.

Geldsorgen Schließlich lernte die junge Frau – die ihrem

Mann fünf Kinder gebar – den Rittmeister Jean Baptiste Godin de Sainte-Croix kennen. Er wurde ihre große Liebe und durch ihn lernte sie die faszinie- rende Welt der Gifte kennen.

Denn langsam wurde es finanzi- ell eng für die Marquise (die, zu dieser Zeit ungewöhnlich, ihr eigenes Geld verwalten durfte);

sie konnte zwar beim Tod ihres Vaters auf ein großes Vermögen hoffen, doch erfreute sich dieser bester Gesundheit.

Der Vater war es auch, der den Umgang von Sainte-Croix mit seiner Tochter für nicht passend erachtete. 1663 veranlasste er, dass der Chevalier verhaftet und für ein Jahr in die Bastille ge- sperrt wurde. Damit hatte er sich selbst einen Bärendienst er- wiesen. Denn Sainte-Croix, der bereits vor seinem Gefängni- saufenthalt der Giftkunde zuge- tan war, wurde in der Gemein- schaftszelle zum Vollprofi. Ein Italiener namens Eggidi brachte ihm dort alles bei, was er wusste – und das war nicht wenig. Vor allem in der Verabreichung (von zu dieser Zeit) nicht nach- weisbarer Gifte kannte er sich aus. Eines davon war Arsen, ge- nauer gesagt Arsen-III-oxid, auch Arsenik genannt. Dieses entsteht bei der Verbrennung

von elementarem Arsen als fei- nes weißes Pulver. Die Verabrei- chung desselben war so beliebt, dass es in gewissen Kreisen auch „Erbschaftspulver“ ge- nannt wurde. Gibt man Arsenik in ein Glas Wasser, wird das weiße Pulver farblos und ist praktisch geruchsfrei. Wie man heute weiß, greift Arsenik in zahlreiche biochemische Pro- zesse ein: Es blockiert die funk tionellen Gruppen (Sulfhy- drylgruppen/SH-Gruppen) von Proteinen und stört so unter anderem den zellulären Energie- stoffwechsel, Transportvorgänge oder die Signal transduktion, sowie DNA-Reparaturvorgänge.

Bereits 1,4 Milligramm pro Kilo- gramm Körpergewicht sind für einen Menschen tödlich.

Giftküche Wer den mörderi- schen Plan ersann, wurde nie ganz klar. Die Marquise wollte sein Geld; der Rittmeister sich rächen – Brinvilliers siedelte eine Zeitlang zu ihrem Vater über, achtete streng darauf, dass nur sie ihm das Essen zuberei- ten durfte und versetzte dieses um die dreißig Mal mit Arsenik.

Die letzte Dosis war tödlich.

Nun standen nur noch ihre Ge- schwister im Weg, denn mit die- sen musste sie das Erbe teilen.

BERÜHMTE GIFTMORDE

Sie gilt als eine der bekanntesten Giftmörderinnen der Kriminalgeschichte:

Marie-Madeleine d’Aubray

, Marquise de Brinvilliers, vergiftete ihren Vater und ihre Brüder. Entdeckt wurde sie durch einen Zufall.

Mord mit dem

„Erbschaftspulver“

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Zuerst sollten ihre Brüder ster- ben, doch der Wein schmeckte ihnen komisch, und so misslang der erste Mordversuch. In den Osterferien 1670 probierten sie schließlich von einem Ragout, das in mörderischer Absicht zu- bereitet worden war – sieben Personen erkrankten, darunter auch die Brüder, und diese star- ben schließlich im Verlauf we- niger Wochen. Noch immer aber fiel kein Verdacht auf die Marquise, denn die hatte das Fleischgericht von einem Stroh- mann, dem sie eine üppige Be- lohnung versprochen hatte, ser- vieren lassen.

Herstellungspanne Jetzt stand nur noch die Schwester Therèse zwischen dem Erbe des Vaters und der mittlerweile

40-jährigen Adligen. Doch diese ahnte bereits etwas und bereitete ihre Speisen nur noch selbst zu. Bevor die findige Madeleine noch einen Weg fin- den konnte, um das letzte nahe Familienmitglied zu beseiti- gen, wurde sie durch einen Zu- fall enttarnt. Ihren Liebhaber Sainte-Croix ereilte in seiner Giftküche ein Missgeschick.

Bei der Herstellung des weißen Arsenik-Pulvers, rutschte ihm die Glasmaske vom Gesicht und zerbrach. Er atmete die Dämpfe ein und starb auf der Stelle. In seinem Nachlass entdeckten die Ermittler eine Auflistung sämt- licher Lieferungen an Marie- Madeleine; es fanden sich Schuldscheine seiner Geliebten und auch die Adresse des Stroh- mannes. Ein penibel geführtes

Laborbuch über Tierversuche mit toxischen Subtanzen wies ihn als Experte seines Faches aus.Um sich dem Zugriff der Polizei zu entziehen, floh die Marquise in ein Kloster. Dorthin verfolgte sie auch der ermittelnde Kom- missar. Er schlüpfte in das Ge- wand eines Mönches und lockte sie unter einem Vorwand in einen Garten außerhalb der Stadt – so wurde sie dann fest- genommen und der Gerichts- barkeit übergeben.

Finale Man war nicht zimper- lich bei den damaligen Verhör- methoden. Unter der Wasser- folter gestand Marie-Madeleine, dass sie auch noch eines ihrer Kinder umgebracht hatte und es bei ihrem Ehemann zumindest

versucht hatte. Denn dieser stand ihrem Plan, Sainte-Croix zu heiraten, im Wege. Da der Chevalier ihrer jedoch bereits überdrüssig geworden war und seine Geliebte gar nicht eheli- chen wollte, verabreichte er dem rechtmäßigen Gatten ein Gegengift – wahrscheinlich einen Chelatbildner – sodass dieser den Anschlag überlebte.

Die Marquise wurde am 17. Juli 1676 hingerichtet, ihr Körper verbrannt und ihre Asche in alle Winde verstreut.  n

Alexandra Regner, PTA und Journalistin

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