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Medizinische Mikrobiologie

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Academic year: 2021

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Was sind Krankheitserreger?

Unter Krankheitserreger verstehen wir heute Mikroorganismen und kleinere biologisch aktive Einheiten (Viren, Virusoide, Viroide, Prionen), die unter bestimmten Bedingungen einen höher entwickelten Organismus (Wirt) infizieren und eine Krankheit erzeugen können.

Medizinische Mikrobiologie

Die Koch-Henleschen Postulate (1878)

• Krankheitserreger sind aus Patientenmaterial isolierbar und in Reinkultur zu züchten

• Sie lösen in Versuchstieren entsprechende Krankheitssymptome aus

• Sie sind aus den erkrankten Versuchstieren wieder (re)isolierbar

• Das Patientenserum agglutiniert den verantwortlichen Erreger (K. Shiga, 1898)

Auf molekularer Ebene (nach Falkow, 1988):

• Ein bestimmtes Gen (oder Merkmal) kommt bei pathogenen Mikroorganismen vor

• Eine Inaktivierung des korrespondierenden Gens muss zu einer Reduktion der Virulenz führen

• Eine Rückführung des Gens in die avirulente Mutante stellt das ursprüngliche

Virulenzpotential wieder her

(2)

Dilemma der Infektionsbiologie

Auch die molekularbiologische Variante der Koch-Henleschen Postulate berücksichtigt nicht, dass

1. Pathogenität auch eine Empfänglichkeit des Wirtes voraussetzt (Abwehrschwäche) 2. durch ökologischen Anpassungsdruck u.U. neue Infektionskrankheiten entstehen 3. immer wieder neue Krankheitserreger auftauchen (z.B. Legionärskrankheit,

disease of human progress )

• es neue Typen bekannter Infektionserreger (horizontaler Gentransfer, EHEC),

• neue Resistenzen bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten (MRSA, evolution under the microscope),

6. ein Defizit in der Untersuchung von in vivo exprimierten Pathogenitätsgenen

• und einen Zusammenhang von Infektionsbiologie und sozialer Entwicklung gibt (Hygiene, Ernährung, Krieg)

Eine Infektion ist an bestimmte Erregereigenschaften gebunden

Eine Infektion bedeutet

das Haften (Adhäsion), das Einringen (Invasion),

die Ansiedlung (Kontamination), das Wachstum,

die Vermehrung und

die Ausbreitung (Organotropie)

von Mikroorganismen in einem Makroorganismus, einschließlich der Überwindung der lokalen Abwehr.

Medizinische Mikrobiologie

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Die Pathogenitätsdeterminanten

Infektionserreger müssen daher in der Lage sein,

• in den Wirt einzudringen (Invasion: Adhäsine, Invasine)

• die spezifische Immunabwehr zu unterlaufen (Subversion/Evasion: Impedine, Moduline)

• die Zellen/den Wirt zu schädigen (Toxine, Aggressine)

• sich im Wirt zu vermehren

Medizinische Mikrobiologie

Übersicht verschiedener Pathogenitätsmechanismen

W irtszelle

Zytotoxische T-Zelle

B-Zelle Bakterium

Siderophore Siderophilin - Bindungsproteine,

Reduktasen Moduline

Impedine Adhäsine

Inhibition der Immunantwort Eindringen

Zellschädigungen

Versorgung mit Eisen-Ionen Veränderungen

im Zytokinmuster Anheftung

Invasine

Toxine,

Aggressine

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Offensive, defensive und unspezifische Pathogenitätsfaktoren.

Pathogenitätsfaktoren

Medizinische Mikrobiologie

Sie werden sowohl von Bakterien als auch von Viren, Parasiten und Pilzen gebildet.

Meistens sind Adhäsine Proteine, die mit Kohlenhydratrezeptoren der Wirtszelle spezifisch interagieren.

Fimbrienadhäsine (Pili):

major, minor subunits ; tip structures Fimbrillen:

feinere Strukturen als Fimbrienadhäsine Nicht-Fimbrienadhäsine (NFA) oder A -Fimbrienadhäsine (AFA):

sind immer integrale Membranproteine Mikrobielle Saccharide:

Lipopolysaccharide (LPS), Lipooligosaccharide (LOSs), Exopolysaccharide (EPS) Lipoteichonsäuren (L T A s):

Gram-positive Bakterien

Offensive Pathogenitätsfaktoren: Adhäsine

(5)

Biologische Bedeutung der Adhärenz

Bildung von Mikroorganismen und Biofilmen (Schleimsubstanzen, Dauerkatheter) Oberflächenvariation zur Umgehung der Immunantwort (antigene Variabilität) Bindung an extrazelluläre Matrix und Plasminogenaktivierung (Gewebsauflösung) Signaltransduktion in Wirtszellen (Apoptose)

Induktion von Invasionsvorgängen (nicht phagozytierende Zellen)

Induktion von bakteriellen Signaltransduktionsvorgängen (Induktion von Fe-Aufnahme) Aufnahme von Toxin codierenden Bakteriophagen (z.B. Choleratoxin)

Synthetische Anti-Adhäsine als mögliche Strategie zur Verhinderung der Kolonisierung von Krankheitserregern? Rezeptoranaloge Moleküle; Eingriff in die Biogenese der Fimbrien.

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Invasion (Eindringen):

• Überwindung von Epithelien

• Eindringen und Überleben in Phagozyten

Chlamydien Coxiella burnetii

Ehrlichien Rickettsien Mycobakterium leprae

Mycobakterium tuberculosis Legionellen Salmonellen Shigellen Yersinien

Obligat intrazelluläre Bakterien Fakultativ intrazelluläre Bakterien

Offensive Pathogenitätsfaktoren: Invasine

(6)

Zipper-Mechanismus:

Internalisierung eines Bakterium

Trigger-Mechanismus:

Signalkette wird aktiviert Umbau der Zellmembran Membranpermeabilität steigt Bindung an Wirtszellrezeptor:

Integrine, E-Cadherin Bakterielle Liganden:

Invasin, Internalin, Opa/Opc

Invasine: Trigger- und Zipper-Mechanismus

Die Bakterien bilden an der Oberfläche Invasionsproteine, die mit Rezeptormolekülen auf der Wirtszelle interagieren.

Es kommt zum direkten Kontakt, Die Wirtszelle bildet faltenförmige Ausstülpungen, die die Bakterien umschließen ( Yersinia ).

Die Bakterienzelle hat keinen Kontakt mit der Wirtszelle.

Sezernierte Invasionsproteine (Ipa) führen zur faltenförmigen Ausstülpung bei der Wirtszelle und zum Einschluss der Bakterien (Shigella ).

EPEC Bindungsmechanismus

An diesen bindet spezifisch das bakterielle Intimin.

Die anfängliche Bindung von EPEC* an die Zellen des Darmepithels erfolgt über Pili.

Danach scheidet EPEC einen eigenen translozierten Intimin-Rezeptor (Tir) aus, der in die Zelloberfläche des Darmepithels eingelagert wird.

Medizinische Mikrobiologie

Tir

*(EPEC = Enteropathogene E. coli)

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Offensive Pathogenitätsfaktoren: Toxine

Einteilung bakterieller Toxine

Endotoxine Exotoxine

Gram (-), hitzestabile Lipopolysaccharide

entstammen abgestorbenen Bakterien funktionelle Zellwandbestandteile (essentiell!) Pathogenitätsfaktor (O-Antigene) induzieren unspezifische Immunantworten

Endotoxinschock

Gram (+) und (-) hitzelabile Proteine intrabakterielle Synthese Phagen oder Plasmid codiert

werden aktiv sezerniert

sind übertragbar aber nicht essentiell (!) erkennen spezifische Rezeptoren

spezifische Symptomatik

Infektion Intoxikation

extrazelluläre Gifte: intrazelluläre (A-B) Gifte:

Porenbildner (Lysine) ADP-Ribosyltransferasen α-Toxin aus Staph. aureus Diphtherietoxin

Streptolysin O Pertussistoxin

Pneumolysin Choleratoxin

Tetanolysin Botulinumtoxin Typ C

2

indirekt wirkende Gifte Glykosidasen Enterotoxine aus Staph. areus Shigatoxin

(= Exotoxine) Shiga-like Toxine (Verotoxine)

neurotoxische Proteasen (= Neurotoxine) Tetanustoxin

Botulinum-Neurotoxine der Typen A - G

Bakterielle Exotoxine wirken als:

Medizinische Mikrobiologie

Offensive Pathogenitätsfaktoren: Toxine

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Defensive Pathogenitätsfaktoren: Kapseln und Schleime

Kapsel und Schleime dienen zum Schutz des Erregers, weil

ihre negative Oberflächenladung die Aufnahme durch Phagocyten verhindert (Phagozytenresistenz)

die komplementvermittelten Lyse (C3b wird nicht angelagert) verhindert wird und somit keine Opsonierung durch Komplement und Antikörper geben kann es in einigen Fällen zu einer Nachahmung wirtseigener Oberflächenstrukturen kommt (molekulares Mimikry)

sie zur Bildung starker Biofilme führen

Medizinische Mikrobiologie

Die mikrobiellen Pathogenitätsfaktoren, die eine Wirtsabwehr erfolgreich umgehen oder verhindern, werden auch Impedine genannt.

Unter Molekularem Mimikry versteht man die Eigenschaft bestimmter Erreger, wirtseigene Antigene nachzuahmen, um so der Immunantwort zu entgehen.

Eine Immunantwort gegen „eigene“ Antigene unterbleibt meist oder kann zu schweren Autoimmunkrankheiten führen, wie z.B. bei:

Coxsackieviren und Herzmuskelantigen (Myocarditis) Yersinien und HLA-B27 Antigen (Arthtritis)

Defensive Pathogenitätsfaktoren: Impedine

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Wirkungen:

Septischer Schock Inaktivierung von Komplementfaktoren

Apoptose Zytokine:

Interleukine Interferone zytotoxische Zytokine

Wachstumsfaktoren Chemokine Kolonie-stimulierende

Faktoren

Moduline:

Lipopolysaccharid Lipid A Peptidoglykane

Moduline verändern das Zytokinmuster des Wirtes, indem sie bestimmte Enzymfunktionen nachahmen

Defensive Pathogenitätsfaktoren: Moduline

Medizinische Mikrobiologie

Weitere Defensive Pathogenitätsfaktoren

Membranproteine zum Schutz gegen Komplement und antimikrobieller Peptide Surface-(S)-Layer schützen physikalisch gegen Bakteriophagen und Proteasen IgA-Proteasen spalten die zur Abwehr gebildeten IgA Antikörper

SOD (Superoxid-Dismutasen) zur Abwehr von ROS

M-Proteine von Streptokokken

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Das M-Protein der Streptokokken

(aus Fischetti, Spektrum der Wissenschaft, August 1991)

Streptokokken der Gruppe A besitzen lange,

haarähnliche Filamente aus M-Protein.

Das M-Protein ermöglicht den Bakterien, die Immunabwehr des Menschen zu unterlaufen.

Die negativen Ladungen am Aminoende des M-Proteins stoßen gleichartig geladene Fresszellen ab. Durch die Bindung des Faktors H, eines regulatorischen menschlichen Proteins, schützt das M-Protein sich vor Antikörpern sowie vor Enzymen des Komplementsystems.

Medizinische Mikrobiologie

Unspezifische Pathogenitätsfaktoren: Siderophoren

Eisenaufnahmesysteme (Siderophoren)

Eisen stellt ein Schlüsselelement dar, das für zahlreiche essentielle Prozesse benötigt wird

Sauerstoff-Transport

Mitochondrien-Energie-Metabolismus Elektronentransport

Nucleinsäuresynthese

Viele Mikroorganismen haben solche Aufnahmesysteme. Sie sind daher nicht per se als Pathogenitätsfaktoren zu sehen und entwickelt worden.

Es gibt zwei Grundtypen der Aufnahme:

Catecholverbindungen und Hydroxamatverbindungen

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Unspezifische Pathogenitätsfaktoren: extrazelluläre Enzyme

Zn-Metalloproteasen (Abbau von Proteinen, N-Versorgung) Kollagenase

Hyaluronidase

Neuraminidase (Influenzaviren bzw. bakterielle) Urease (Helicobacter pylori, Alkalisierung des Milieus) SOD (Superoxid-Dismutase)

Katalase

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Unspezifische Pathogenitätsfaktoren: Quorum sensing Systeme

Quorum sensing-Systeme dienen der Kommunikation zwischen Zellen.

Bei Gram negativen Bakterien beruht diese auf der Bildung von Acyl-Homoserin-Lactonen.

Sie wirken als Autoinduktoren und werden frei in die Umgebung abgegeben.

Gram positive Bakterien verwenden Peptide als Autoinduktoren.

Die biologische Bedeutung liegt in der gleichzeitigen Expression bestimmter

Virulenzfaktoren und dem damit verbundenen größten Effekt.

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Intrazelluläres Überleben

Bakterien verbleiben in Endosomen und werden über diese in benachbarte Zellen transportiert (Transcytose). Charakteristisch für Salmonella typhi und E. coli verursachende Neugeborenenmeningitis.

Oder:

Bakterien verlassen die Endosomen und leben frei im Cytoplasma. Durch die

Synthese von Actinfilamenten, Bewegung durch die Zelle und in benachbarte

Zellen möglich (Shigellen, Listerien, Rickettsien).

Referenzen

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