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„Christmas is over“ – Ist Weihnachten wirklich schon vorbei? EDITORIAL

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www.b-i-t-online.de 21 (2018) Nr. 6 online

Bibliothek. Information. Technologie.

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EDITORIAL

„Christmas is over“ – Ist Weihnachten wirklich schon vorbei?

Chefredakteur Dr. Rafael Ball Direktor der ETH-Bibliothek Zürich

Die weltgrößte Computermesse CEBIT hat vor wenigen Tagen ihr endgültiges Aus erklärt. Das Bedauern ist groß und manch einer postuliert schon das Ende des modernen Deutschlands. Auf dieser Messe tummelten sich einst auch jene Bibliothekare, die etwas auf sich und ihre Innovationsbereitschaft und -fähigkeit hielten.

Heute findet man diese Kolleginnen und Kollegen auf solchen Mammutmessen nicht mehr, sie besuchen statt- dessen neue Veranstaltungen mit noch weitgehend unbekannten Namen wie ConTech, FuturePublish oder die schon etablierte APE. Das zeigt doch zweierlei: Die Welt geht nicht unter, auch wenn sich Technologien ändern und ihre Schaufensterveranstaltungen, wie eine klassische Computermesse, nicht mehr stattfinden. Computer sind eben längst Standardhardware wie Kühlschränke, Heizkessel oder Fußbodenbeläge. Wenn diese Dinge zum Alltagsgegenstand werden, taugen sie nicht mehr als Ausstellungsmagnet, zumindest aber nicht als Inno- vationstreiber. Zum anderen aber zeigen die neuen (noch) kleinen Messen und Konferenzen, dass es Neues gibt, über das man sich unterrichten und unterhalten möchte und wo man die nächsten Dienste und Produkte, die sich allesamt um Daten und ihre Analyse drehen, heraufziehen sieht. Gerade in Bibliotheken ist das Thema Hard- und Software schon lange vom Innovationsradar verschwunden und zum Alltagsgegenstand geworden.

Es versetzt niemanden mehr ins Verzücken, wenn eine neue Bibliothekssoftware angeschafft werden muss.

Das ist dann schon eher mit einem lästigen Update einer PC-Software zu vergleichen, das man machen muss, weil man es braucht. Wunder werden aber weder erwartet noch geliefert. Das sollten auch jene Software- anbieter wissen, die mit ihren oft teuren und verheißungsvoll angepriesenen Bibliothekssystemen im Land herumreisen, die vielleicht gerade noch auf der CEBIT des Jahres 2000 eine gute Figur gemacht hätten, aber von ihrer Funktionalität kaum noch ins 21. Jahrhundert passen.

Der Jahreswechsel ist aber auch eine gute Gelegenheit, einmal über das Auf- und Ab auch im Bibliothekswesen nachzudenken.

Es ist ja menschlich, dass jeder Einzelne und jede Generation ihre Zeit für die wichtigste und die am stärksten in Veränderung Begriffene sieht. Und jeder, der etwas gestalten möchte, besetzt seine Themen, die bisweilen verbissen verteidigt werden. Das gilt auch für uns Bibliothekarinnen und Bibliothekare.

Ganz besonders betrifft dies die Transformation des Publikationswesens, die einige für den Untergang der Wissenschaftskommunikation halten, während andere sie als Erlösung von den Monopolen feiern. Auch hier gilt: Wenn erst einmal der Rauch der Schlacht verflogen ist, wird man nüchtern analysieren können, ob das Publikationssystem tatsächlich auf der Schlachtbank der Ideologie geopfert worden ist, oder aber seine Aufer- stehung aus der kapitalistischen Hölle feiern darf. Oder etwas weniger martialisch formuliert, man wird sehen, was geblieben ist und was gut oder schlecht war bei dieser Transition.

Dennoch: Mit etwas weniger Aktionismus und nahezu speeddatingartig hingeworfenen Konzepten und Plänen und mit einer gewissen Portion Gelassenheit wird diese Arbeit in Bibliotheken und Verlagen am Ende besser gelingen, und – das ist ein wichtiger Nebeneffekt – es wird auch weniger Porzellan im Miteinander der Akteure zerschlagen. Denn anders als in der übrigen Welt gilt im Bibliotheks- und Verlagswesen, dass man sich im Leben nicht zweimal sieht, sondern ständig. Zu klein ist die Community und – trotz aller notwendigen kon- troversen Debatten – zu wichtig sind Zusammenhalt und Kooperation der Akteure. Die CEBIT mag die Tore schließen und die Bibliotheken mögen sich grundlegend ändern müssen. Zusammen mit den Verlagen ist und bleibt unser Auftrag als Partner für Wissenschaft und Gesellschaft und als relevante Kulturinstitutionen gerade auch in stürmischen Zeiten wichtiger denn je.

In diesem Sinne wünsche ich Ihnen und Ihren Familien im Namen der gesamten Redaktion von b.i.t.online eine besinnliche und gesegnete Weihnachtszeit, sowie Erfolg und Zufriedenheit im Neuen Jahr.

Herzlich Ihr Rafael Ball

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