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DAS VERHALTEN VON MENSCHEN İN GRUPPEN BEI DER ERFÜLLUNG VON AUFGABEN (LEISTUNGSVERHALTEN)

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DAS VERHALTEN VON MENSCHEN İN GRUPPEN BEI DER ERFÜLLUNG VON AUFGABEN

(LEISTUNGSVERHALTEN)

Dr. phil. Helmut GACHOVVETZ Universitât Salzburg Forschungsinstitut für Organizational Behavior 0. Einleitung

Unter einer Gruppe wird ein soziales Gebilde verstanden, das aus mehreren Menschen besteht, die miteinander interagieren, das heifit in vvechselseitiger Beziehung zueinander stehen. Die Dauer des Bestehens einer Gruppe kann relativ lang (z.B. Freundesgruppen, Familien) oder auch kurz (z.B.

Reisegruppen, manche Problemlösegruppen) sein. İn Gruppen entvvickeln sich Strukturen, die durch verschiedene Positionen gekennzeichnet sind, die (hâufig, aber nicht immer) in einer gewissen hierarchischen Beziehung zueinander stehen. Solche Positionen sind z.B. der Führer, der Spezialist, der

„SpaGmacher", oder auch nur ein einfaches Gruppenmitglied. Gegenüber den Inhabern dieser Positionen werden ganz bestimmte Ervvartungen entvvickelt, wie sie sich verhalten sollen. Die Gesamtheit dieser Ervvartungen, die sich an einen Positionsinhaber richten, nennt man die soziale Rolle. Aber auch die Kommunikationsbeziehungen der Gruppenmitglieder untereinander können mehr oder vveniger stark strukturiert sein: z.B. freie Kommunikation oder Einhaltung eines „Dienstweges". innerhalb von Gruppen entvvickeln sich Normen, das sind generelle Verhaltenservvartungen, die für aile Gruppenmitglieder einen mehr (z.B. bet Tabus) oder minder (z.B. bei

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Konventionen oder lediglich Moden) verbindlichen Charakter haben. Die Stârke der Verbindlichkeit zeigt sich darin, in vvelchem AusmaR die Verletzung der Normen bestraft, bzw. ihre Einhaltung belohnt wird.

Gruppen begegnen uns im Leben überall, fast jeder von uns gehört von Kindheit an einer oder mehreren Gruppen an. Der Einfluft von Gruppen auf das Erleben und Verhalten der Menschen ist mannigfaltig und manchmal sehr groS. Gruppen beeinfiussen unsere Einstellungen gegenüber Angehörigen anderer Gruppen, aber auch unser Selbstvvertgefühl und sind nahezu unentbehrlich in der Vermittlung von Orientierung über die soziale Reaiitât.

Dementsprechend umfangreich sind die Ergebnisse der soziologischen und sozialpsychologischen Forschung zu diesem Thema.

Eine besondere Konzentration des Interesses, besonders auch aus der anvvendungsorientierten Sicht, kommt der Erforschung der Frage zu, wie sich Gruppen auf das Verhaiten von Menschen ausvvirken, wenn es um die Erfüüung von Aufgaben geht. VVegen des groBen Umfanges der Ergebnisse der Gruppenforschung in Bezug auf das Verhalten der Menschen möchte ich mich im folgenden auf den Bereich des Leistungsverhaltens in Gruppen beschrânken.

Hofstâtter (1973) unterscheidet drei Typen von Leistungen, bei denen die Gruppe dem Einzelnen überlegen ist:

» Leistungen vom Typus des Hebens und Tragens

Bei derartigen Leistungen ergibt sich nâherungsweise eine Addition der Krafte, sofern diese koordiniert (d.h. gleichzeitig und in gîeicher Richtung) zum Einsatz kommen. Man kann dabei z.B. an den Transport von schvveren Steinblöcken denken. Zur Koordination der Einzelleistungen bedarf es hier nur eines sehr einfachen Systems, das meist durch einen „Aufpasser" reprasentiert wird. Es ist unmittelbar einzusehen, dali ab einem bestimmten Gevvicht eine Gruppe in ihrer Leistung dem Einzelnen absolut überlegen ist.

* Leistungen vom Typus des Suchens und Findens

Dabei besteht die Leistung darin, dafi aus einer Menge von Möglichkeiten die

„richtige" gefunden wird. Als Beispiel kann man das Suchen von versteckten Ostereiern in einer VViese nehmen. Damit jedoch eine Gruppe von Suchenden einem einzelnen Sucher tatsachlich überlegen ist, sind drei Bedingungen zu erfüllen: Erstens müssen die Gruppenmitglieder unabhângig voneinander suchen, denn wenn jeder nur dort sucht, wo der Erste sucht, ergibt sich keine

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81 Verbesserung der Leistung. Zvveitens müssen die Mitglieder miteinander kommunizieren, d.h. einen Fund mitteilen. Und drittens müssen die Anderen den Fund ais den gesuchten Gegenstand akzeptieren.

• Leistungen vom Typus des Bestimmens

Derartige Leistungen werden dort erforderlich, wo eine objektiv „richtige"

Lösung eines Problems durch rationaies Suchen nicht gefunden vverden kann.

Es kann sich dabei um Situationen handeln, die tatsâchlich keine auffindbare objektive Lösung enthaiten und in denen daher eine Norm gesetzt und akzeptiert vverden mulS. Beispiele dafür sind sprachliche Konventionen: Ob

„die" Sonne vveiblichen oder mânnlichen Geschlechts ist, ob man bei seinen Mitmenschen Du-Personen und Sie-Personen unterscheidet, oder ob es nur you-Personen gibt, das sind letztlich unbeantvvortbare Fragen, die durch Bestimmungsleistungen entschieden vverden, um allmâhlich zu Selbstverstandlichkeiten vverden zu können.

So überzeugend auch die Leistungsüberlegenheit der Gruppe bei den genannten Leistungstypen ist, so deutlich wird auch schon, etvva am Beispiel der Suchleistungen, dali sich diese Überlegenheit oder der Leistungsvorteil von Gruppen nicht von selbst oder gar zvvangslâufig einstelien, sondern an bestimmte Bedingungen geknüpft ist. VVerden diese Bedingungen nicht erfüllt, so kann die Gruppenleistung sehr leicht auch schlechîer sein ais die Leistung einzelner Personen.

İn den vergangenen Jahrzehnten wurde eine Vielzahl von Bedingungen, die für das Leistungsverhaiten in Gruppen verantvvortlich sind, untersucht. Diese Bedingungen können im vvesentlichen folgendermalîen gruppiert vverden:

1. Merkmale der Aufgabe, die zu bevvâltigen ist

2. Merkmale der Gruppe, die mit der Aufgabe konfrontiert ist

3. Typische Fehler beim Problemlösen und Entscheiden in Gruppen 1. Merkmale der Aufgabe

Die Frage nach der Leistungsfâhigkeit interagierender Gruppen kann nur dann sinnvoll angegangen vverden, wenn dabei die Natur der zu bevvâltigenden Aufgabe mitberücksichtigt wird. VVichtig dabei istzu beachten, ob eine Aufgabe teilbar ist oder nicht. Ein vveiterer Aspekt ist, in vvelchem Verhâltnis die

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Einzelleistungen der Gruppenmitglieder zum Gruppenprodukt (=

Gruppenleistung) stehen, oder anders ausgedrückt, wie vverden die Einzelleistungen zur Gesamtleistung zusammengefafct? Dazu kann man Aufgaben noch, nach inhaltlichen Kriterien unterscheiden (vgl. dazu z.B.

Thomas, 1992; Wilke& van Knippenberg, 1992; VVitte, 1989).

1.1. Teilbarkeit von Aufgaben

Dieser Aspekt betrifft die Frage, ob es möglich und sinnvoll ist, eine Aufgabe in Teilaufgaben zu zerlegen. Nicht sinnvoll zerlegbare Aufgaben sind zum Beispiel das Ziehen an einem Sei! oder das Schatzen der Höhe eines Berges.

Bei solchen Aufgaben können aile Mitgîieder nur dasselbe machen (z.B. ziehen oder schatzen). Teilbare Aufgaben sind das Vorbereiten eines Festes oder das Bauen eines Hauses. Hier kann die Gesamtaufgabe sinnvoll in verschiedene Teilaufgaben zerlegt und den Gruppenmitgliedern zur selbstândigen Bearbeitung zugevviesen vverden.

1.2. Zusammenfassung der Einzelleistungen zur Gruppenleistung 1.2.1. Additive Aufgaben

Bei additiven Aufgaben vverden die Einzelbeitrâge aufaddiert, daher ist es nicht überraschend, dali die Gruppenleistung umso besser ist, je höher die Anzahl der Gruppenmitglieder ist. Besonders bei nicht teilbaren Aufgaben wie dem Ziehen an einem Seil und dem Klatschen im AnschluS an ein Konzert gilt:

Je mehr Beteiligte, desto gröBer die Leistung.

Man kann aber nicht davon ausgehen, dafi bei additiven Aufgaben die Gruppenleistung notvvendigervveise der Summe der Einzelleistungen entspricht. Betrâgt z.B. die Kraft, mit der eine ervvachsene mânnliche Person an einem Seil zieht, durchschnittlich 63 kg, so konnte in vviederholten Experimenten festgestellt vverden, daft zwei Personen nicht etwa mit doppelter Kraft (126 kg) an dem Seil ziehen, sondern ledigiich mit durchschnittlich 118 kg, also um 8 kg vveniger Kraft. Bei einer Erhöhung der Zahl der Gruppenmitglieder auf 8 Personen konnte festgestellt vverden, dali diese Gruppen um durchschnittlich 256 kg unter ihrem theoretischen Potential blieben. Eine Gruppe von acht Personen zieht also nicht mit achtfacher, sondern nur mehr mit der ca vierfachen Kraft der Einzelpersonen.

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Diese Leistungsverluste lassen sich auf vvenigstens zwei verschiedene Arten von Verlusten zurückführen:

® Motivationsverluste, das heilît die Tendenz, den anderen die Arbeit zu überlassen. Man macht sich die Tatsache zunutze, dafc der Beitrag der Einzelleistung nicht identifizierbar ist, dalS man jedoch denselben Anteil am Gruppenprodukt teilt. Das macht es für jedes Gruppenmitglied attraktiv, die Eigenleistung zurückzuhalten. Es kann aber auch daran liegen, dafi der Einzelne keine spürbare Rückmeidung mehr darüber bekommt, ob sein Beitrag was bringt oder nicht. Diese Form des Motivationsveriustes üegt vielen Problemen öffentlicher Güter zugrunde. Dabei handelt es sich um Güter, die auch von Personen genutzt vverden können, die nichts zur Schaffung oder Erhaltung dieser Güter beitragen. Man profitiert in doppelter VVeise: Man halt den eigenen Beitrag zum öffentlichen Gut zurück (indem man z.B. den Fernsehbeitrag nicht bezahlt) und profitiert gieichzeitig von diesem Gut. İm Bereich öffentlicher Güter wird dieser Motivationsverlust

„Trittbrettfahrereffekt" genannt.

• Koordinationsverluste, das heilit, dalî Gruppenmitglieder nicht auf dieselbe Richtung hinarbeiten (etvva beim Ziehen an einem Seil) oder, wenn dies doch der Fail ist, dalJ sie nicht ihre gesamte Kraft im selben Augenblick einsetzen.

Setzt man nun für die potentielle Produktivitât die Summe der Einzelleistungsfâhigkeit, so ergibt sich für die Gruppenproduktivitat bei dieser Art von Aufgaben folgende Beziehung:

Gruppenproduktivitat = potentielle Produktivitât - Motivationsverluste - Koordinationsverluste

Witte (1989) vveist jedoch darauf hin, daS speziell Motivationsverluste dann eher nicht auftreten, vvenn eine gezielte Zusammenstellung der Gruppen hinsichtlich ihrer Leistungsfâhigkeit erfolgt. Betrâgt das Leistungsverhâltnis zvvischen Bestem und Schlechtestem etvva 3:4 und sind die Gruppen nicht zu grolî (z.B. 3 Personen), so kann sogar eine Leistungssteigerung über die Summe der Einzelleistungen hinaus beobachtet vverden.

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VVilke & van Knippenberg (1992) berichten, dali der Motivationsverlust verschwindet, wenn die Gruppenmitglieder glauben, dalî ihr Leistungsbeitrag durch den Vergleich mit den Leistungen der anderen Teilnehmer festgestellt vverden kann. İn diesem Fail wâre die Gruppenproduktivitat (für Aufgaben ohne Koordinationsverluste) gleich der potentiellen Produktivitât der Gruppenmitglieder.

1.2.2. Kompensatorische Aufgaben

İn kompensatorischen Aufgaben ergibt sich das Gruppenprodukt aus dem Durchschnitt der Einzelleistungen. Dies sind vor allem Schâtz- und Beurteilungsaufgaben: Die Schâtzung der gegenvvârtigen Raumtemperatur, aber auch die Beurteilung von Leistungen durch eine Jury, wie z.B. beim Eiskunstlauf sind dafür Beispiele. Nach Thomas (1992) können bei solchen Aufgaben individuelle Beurteilungsfehler, bedingt durch Vorurteile gegenüber einem Sportler einer bestimmten Nation, durch VVahmehmungsfehler oder Unterschiede in der Beurteilungskompetenz, durch die Mittelvvertbildung ausgeglichen vverden. Das Gruppenurteil ist dann genauer und objektiver als ein beliebiges Einzelurteil. Allerdings ist diese Prozedur nur dann effektiv, wenn in einer Gruppe die möglichen unterschiedlichen Beurteilungsfehler so verteilt sind, dafc sie sich ausgleichen und nicht etvva gegenseitig verstârken. Es mufi jeder Beurteilung gleiches Gevvicht bei der Gesamtbeurteilung zugemessen vverden, und aile Gruppenmitglieder müssen ihr Urteil auch tatsachlich abgeben.

1.2.3. Disjunktive Aufgaben

Dabei handelt es sich um Aufgaben, bei denen die Gruppe aus mehreren möglichen Lösungen genau eine ausvvâhlen mulî. Für den Erfolg der Gruppe genügt es theoretisch, vvenn mindestens ein Mitglied der Gruppe die richtige Lösung findet. Die Gruppenleistung ist dann hoch (besser als die meisten Einzelleistungen), vvenn ein kompetentes Gruppenmitglied vorhanden ist, das über die Ressourcen zur Lösung der Aufgabe verfügt, vvenn dieses Gruppenmitglied auch motiviert ist, diese Lösung vorzuschlagen, und vvenn die richtige Lösung bei den Gruppenmitgliedern mehr Unterstützung findet als andere (falsche) Lösungen. İn Experimenten konnte gefunden vverden, daB die letzte Bedingungung dann leicht erfüllt wird, vvenn die richtige Lösung bei den

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anderen Gruppenmitgliedern zu einem sogenannten Aha-Effekt, zu einem

„Heureka" führt, vvenn also die Richtigkeit der Lösung unmittelbar einleuchtet.

İst das nicht der Fail, d.h. ist es für die anderen nicht so offensichtlich, daB es sich um die richtige Lösung handelt, kommt es haufig vor, daB sich das Mitglied, das die richtige Lösung gefunden hat, nicht durchsetzen kann und daB eine falsche Lösung den Gruppenprozeft dominiert. Das ist sehr vvahrscheinlich, vvenn das Mitglied mit der richtigen Lösung in der Gruppe einen geringen Status hat und vvenn es nicht genug Selbstsicherheit hat, die anderen von der Richtigkeit der Lösung zu überzeugen.

1.2.4. Konjunktive Aufgaben

Bei der Lösung konjunktiver Aufgaben ist es erforderlich, daB aile Gruppenmitglieder zur Lösung der Aufgabe beitragen. Sind konjunktive Aufgaben nicht teilbar, so entspricht das Gruppenergebnis der Leistung des am vvenigsten qualifizierten Gruppenmitgliedes. So kann z.B. die Ûualitât einer Tanzgruppe, bei der aile Tanzer zur gleichen Zeit die gleichen Bevvegungen möglichst perfekt auszuführen haben, nur dann hoch sein, vvenn aile Mitglieder eine gleich gute Bewegungsqualitât prâsentieren. VVeicht auch nur ein Mitglied von diesem Niveau ab, so vvird das Gesamtbild aufeinander abgestimmter Bevvegungen gestört, und die Gruppenleistung ist dementsprechend geringer.

İn vielen Fâllen sind konjunktive Aufgaben jedoch teilbar, so daB auch hier die Gesamtleistung der Gruppe deutlich besser sein kann als die des schvvâchsten Mitgliedes, vvenn die Teilaufgaben gemaB der individuellen Leistungsfâhigleit verteilt sind, und innerhalb jeder Teilaufgabe von jedem Mitglied die bestmögliche Leistung erbracht vvird, wie das bei verschiedenen Mannschaftssportarten der Fail ist (wer z. B. beim FuBbalI kein besonders guter Stürmer ist, kann dennoch in der Verteidigung hervorragende Leistungen zeigen).

1.3. Inhaltliche Aufgabenkriterien

Neben den bisher genannten eher formalen Kriterien nennt VVitte (1989) noch, ob es bei einer Aufgabe darum geht, lediglich etvvas auszuvvâhlen, oder auch, etvvas auszuführen bzw. zu produzieren. Bei Beurteilungs- und Schâtzaufgaben geht es im vvesentlichen um Ausvvahl der richtigen bzw.

Elimination der falschen Alternativen, vvâhrend z.B. Problemlöse - oder

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Kreativitâtsaufgaben zumindest teilvveise beachtliche produktive Komponenten haben, da es oft darum geht, etvvas Neues zu finden oder zu entvvickeln.

t.3.1. Problemlöseaufgaben

Ganz allgemein kann gesagt vverden, dalî bei Problemlöseaufgaben die meisten Gruppenergebnisse besser sind als die durchschnittlichen Lösungen der Einzelpersonen, aber schlechter als die der besten Individuen (VVitte, 1989). VVichtig für ein gutes Gruppenergebnis ist vviederum die Sicherheit, mit der eine Lösung vertreten vvird, und die Nachprüfbarkeit der Richtigkeit.

Bei komplexeren Problemlöseaufgaben handelt es sich fast immer auch um teilbare Aufgaben. Unter der Voraussetzung einer optimalen Aufgabenteilung zvvischen den Gruppenmitgliedern kann dann das Gruppenergebnis deutlich besser vverden als das beste Einzelergebnis, weil mit der Aufteiiung der Arbeit ein betrâchtlicher Entlastungseffekt verbunden sein kann. Auch kann es bei gut funktionierenden Gruppen (d.h. Gruppen mit geringen Koordinationsverlusten) zu einer Motivationssteigerung der Mitglieder kommen. Diese ist vor allem von den Gruppenmerkmaien, aber auch von auBeren Bedingungen abhangig, z. B.

vvenn sich die Gruppe im VVettbevverb mit anderen Gruppen befindet. Für die Gruppenproduktivitat lâ&t sich unter diesem Aspekt folgendes feststellen:

Gruppenproduktivitat= potentielle Produktivitât (Gesamt der Einzelfâhigkeiten) + Koordinationsgevvinne (z.B. durch Entlastungseffekte) + Motivationsgevvinne

- Koordinationsverluste - Motivationsverluste

Die Effekte, vvelche zusâtzlich zur potentiellen Produktivitât die Gruppenproduktivitat positiv oder negativ beeinflussen, vverden Proze&effekte (Prozelîverluste oder ProzeBgevvinne) genannt.

1.3.2. Kreativitâtsaufgaben

Kreativitâtsaufgaben sind besonders dadurch gekennzeichnet, dafi die Eindeutigkeit von Lösungen eher niedrig ist. Es kommt dabei zumeist darauf an, zunâchst möglichst viele Lösungsmöglichkeiten zu produzieren und darauf diese Lösungsmöglichkeiten nach unterschiedlichen Kriterien zu bevverten. Es

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handelt sich dabei meist um teilbare Aufgaben, weii es sovvoht unterschiediiche VVege der ideenproduktion, als auch der Ideenbevvertung gibt, vvelche

prinzipiell auch arbeitsteilig erledigt vverden können.

Da die VVahrscheinlichkeit, daB mehr Personen auch mehr Lösungsmöglichkeiten produzieren als eine einzelne Person, relatiy groB ist, ist eine Gruppe in dieser Hinsicht gegenüber Einzelpersonen im Vorteil. Dazu kommt noch, daB in einer Gruppe geâuBerte Ideen bei anderen Mitgliedern vveitere Ideen anregen können. VVegen der meist geringen Eindeutigkeit, mit der eine İdee als brauchbar bevvertet vverden kann, kann es jedoch zu hohen Motivationsverlusten kommen. Beispiele dafür sind:

- Es vvird mehr Zeit damit verbracht, Ideen zu kritisieren als zu produzieren.

- Aus Angst vor einer Statusminderung vverden Ideen anderer abgelehnt.

- Ideen vverden aus Angst vor Blamage nicht geâuBert.

- Man gibt sich zu schnell mit der ersten plausiblen İdee zufrieden, usw.

(vgi. Thomas, 1992, S. 172)

Um diese Motivationsverluste zu vermeiden, ist die Beachtung der Gruppenprozesse in diesen Fâllen besonders vvichtig (z.B. Vermeiden von vorschneller Kritik, Trennen von Produktion und Bevvertung usw.). Es hat sich aber auch gezeigt, daB synthetische Gruppen, bei denen Personen alleine Vorschlâge produzieren, die erst im Nachhinein zusammengefaBt und bevvertet vverden, interagierenden Gruppen oft überlegen sind, weil die genannten ProzeBverluste bei synthetischen Gruppen nicht auftreten.

Insgesamt kann man feststellen, daB die Art der Aufgabe eine vvichtige Bedingung für die Güte der Gruppenleistung ist. Je nach Art der Zusammenfassung der Einzelbeitrâge zur Gruppenleistung {additiv, kompensatorisch, disjunktiv, konjunktiv) ândert sich die VVahrscheinlichkeit, daB die Gruppenleistung dte beste Einzelleistung über-oder unterschreitet, oder daB sie gar nur der schlechtesten Einzelleistung entspricht. Erfordert eine Aufgabe, z. B. aufgrund ihrer Komplexitât, verschiedene Einzelfahigkeiten und ist sie zudem auch noch sinnvoll teilbar, so kann unter günstigen Bedingungen (geringe ProzeBverluste bzw. hohe ProzeBgevvinne) die Gruppenleistung die beste Einzelleistung deutlich überschreiten. Eine vvichtige Rolle spielt auch die Frage, mit vvelcher Eindeutigkeit die Lösungsqualitât beurteilt vverden kann (wie einleuchtend die richtige Lösung ist). Je kompfexer die Aufgabe ist und je

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vveniger eindeutig die Richtigkeit einer Lösung bestimmt vverden kann, desto vvichtiger vverden die Merkmaie der Gruppe und die Ûualitât der ablaufenden Prozesse für die Güte der Gruppenleistung.

2. Merkmale der Gruppe

Schon die bisherigen Überlegungen zu den Merkmalen der Aufgabe haben einige Hinvveise auf Merkmale der Gruppe anklingen lassen, vvenn etvva der Status einer Person für die Akzeptanz ihrer Lösung ervvâhnt vvurde. İm folgenden sollen einige vvichtige Aspekte erörtert vverden.

2.1. Gruppenaröfie und Merkmale der Gruppenmitglieder

İn der Fachliteratur finden sich folgende Hinvveise zu GröBe und Zusammensetzung von Gruppen, damit diese efflzient arbeiten können (vgl. z.

B. Rosenstiel, 1993; Thomas, 1992):

• Die Gruppe sollte klein sein und nicht vvesentlich mehr als 5 Mitglieder umfassen, da bei vvesentlich darüber ansteigender Gruppengrölie einschlagige Beitrâge von Einzelmitgliedern nicht mehr eîngebracht vverden.

Der relative Zugevvinn an brauchbarer Information zur Lösung der Aufgabe geht zurück, zudem vvachsen die Koordinationsverluste erheblich an.

• Die unterschiedlichen Anforderungen, die eine Aufgabe steilt, soll durch eine entsprechende Zusammensetzung der Gruppe berücksichtigt vverden.

Damit ist gemeint, dalî sich die verschiedenen Erfahrungen und Fâhigkeiten der Mitglieder mögiichst ergânzen sollen.

• Die Gruppenmitglieder sollen sich sovvohl mit der Gruppe als auch mit der Aufgabe identifizieren und ein mögiichst grofces Interesse an der Bevvâltigung der Aufgabe haben.

• Die Gruppenmitglieder sollten bereit und befâhigt dazu sein, miteinander in der gleichen Sprache zu sprechen. Das heifit, Angehörige unterschiedlicher Fachbereiche sollten mögiichst auf Fachausdrücke verzichten oder diese den anderen erklaren.

• Die Gruppe sollte bereit sein, sich an bestimmte Regeln der Interaktion zu halten.

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* Die zvvischenmenschlichen Beziehungen der Gruppenmitglieder sollten nicht (z.B. durch unausgetragene oder ungeîöste Konflikte, durch Konkurrenzverhâltnisse usw.) belastet sein.

Die Erfüllung der genannten Kriterien sind vvichtig dafür, daB Motivationsverluste minimiert und durch die Kooperation Motivationsgevvinne gefördert vverden.

2.2. Kommunikationsstruktur

Bei der Untersuchung der Ausvvirkungen der Kommunikationsstruktur auf die Gruppenleistung vvurde zvvischen zentralen und dezentralen Kommunikationsstrukturen unterschieden. Beispiele zentraler und dezentraler Kömmunikationsstrukturen sind in Abb. 1 dargestellt.

-Kreis

A

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VVitte (1989) faBt die Ergebnisse der Forschung zur Ausvvirkung auf die Gruppenleistung folgendermaBen zusammen:

İn zentralen Strukturen (z.B. Rad) vverden einfache Aufgaben schneller, komplexe Aufgaben langsamer gelöst als in dezentralen Strukturen (z.B. Netz).

İn zentralen Netzen vverden bei einfachen Aufgaben vveniger, bei komplexen Aufgaben mehr Fehler gemacht als in dezentralen Strukturen.

Die durchschnittliche Zufriedenheit der Mitglieder ist generell, also unabhângig von der Aufgabe, in dezentralen Netzen gröBer als in zentralen Netzen.

Die angeführten Ergebnisse stammen aus Experimenten, in denen den Personen die Kommunikationsnetze (zentral oder dezentral) von auBen vorgegeben vvurden.

LâBt man hingegen zu, daB sich Gruppen selbst ein Kommunikationsnetz vvâhlen, so kann man eine Anpassung an den Aufgabentypus beobachten (VVitte, 1989).

Gruppen beginnen mit einem dezentralen Netz, selbst vvenn es sich um einfache Aufgaben des Informationssammelns handelt. Nach einer kurzen Lernphase vvâhlen dann die Vpn abrupt ein zentralisiertes Netz. Ândert man jetzt die Aufgabe, indem man die Lösung eines kompfizierten Problems verlangt, dann vvird vvieder auf ein eher dezentrales Netz umgeschaltet. İn solchen Fâllen gibt es keinen Unterschied in der Zufriedenheit bei zentralen oder dezentralen Netzen.

VVitte (1989) vveist darauf hin, daB sich bei komplexen Aufgabenstrukturen, die entsprechende Handlungsabfolgen zur erfolgreichen Bevvâltigung erforderlich machen, die Kommunikationsstruktur ziemlich stark an die Aufgabenstruktur anpassen muB. Für solche Situationen bevvâhrt sich die Einsetzung eines Koordinators, der je nach Bedarf die Interaktionen der Mitglieder so koordiniert, daB sie den jevveiligen Anforderungen der einzelnen Phasen der Aufgabe entsprechen.

Generell kann man sagen, daB zentral i sie rte Netzvverke eher die Koordinationsverluste minimieren, dezentralisierte Netzvverke eher zu geringen Motivationsverlusten führen. Zentralisierte Netzvverke führen dann zu geringen Motivationsverlusten (guter Zufriedenheit), vvenn sie von den Gruppenmitgliedern selbst gevvâhlt vverden. Von der Aufgabe her gesehen

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scheint eine zentralisierte Informationssammlung besonders effektiv zu sein, bei der Entscheidungsfindung ist besonders bei komp(exen Problemen eine dezentrale Struktur besser geeignet (VVitte, 1989).

2.3. Gruppenkohasion

Besonders bei Arbeitsgruppen in Betrieben, die lângere Zeit zusammenarbeiten, kann sich ein starkes Zusammengehörigkeitsgefühl (Gruppenkohasion) entvvickeln. Es ergibt sich deshalb die Frage, ob eine starke Gruppenkohasion sich positiv oder negativ auf die Gruppenleistung ausvvirkt. Seashore (zıt. nach Mayer, 1978) untersuchte in einer umfangreichen Feldstudie 228 Arbeitsgruppen und kam zu folgenden Ergebnissen:

Berücksichtigt man lediglich den Grad der Gruppenkohasion (hoch oder niedrig) in ihrem Einfluft auf die Gruppenleistung, so zeigt sich, dafî sich mit zunehmender Gruppenkohasion die Leistungen der einzelnen Gruppenmitglieder aneinander anpassen. Der Unterschied zvvischen bester und schlechtester Leistung in der Gruppe vvird immer geringer, es findet also gevvissermaBen ein NormierungsprozeE statt.

Die durchschnittliche Leistungshöhe bleibt jedoch von der Gruppenkohasion unbeeinfluBt.

VVird nun als vveitere Variable die Einstellung der Mitarbeiter zum Unternehmen mitberücksichtigt, so zeigt sich ein interessanter Effekt: İn Gruppen, in denen eine hohe Gruppenkohasion mit einer positiven Einstellung zum Unternehmen verbunden ist, vvird die durchschnittliche Gruppenleistung besser, bei ebenfalls vorhandener Verringerung der Unterschiede der Leistungen innerhalb der Gruppe: Die Gruppe kommt auf ein einheitlich besseres Leistungsniveau. Hingegen sinkt in Gruppen mit hoher Gruppenkohasion und eher negativer Einstellung zum Unternehmen die durchschnittliche Gruppenleistung, bei ebenfalls geringen Leistungsunterschieden innerhalb der Gruppe, ab: Die Gruppe kommt auf ein einheitlich schlechteres Leistungsniveau.

Aus diesen Ergebnissen kann der SchluB gezogen vverden, daB die Kohâsion einer Gruppe die Leistungsunterschiede innerhalb der Gruppe beeinfluBt, jedoch die Einstellung zum Unternehmen die durchschnittliche Leistungshöhe.

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2.4. Führung

Der EinfluB der Führung auf die Gruppenleistung ist differenziert zu betrachten, die Effektivitât hângt stark von den Merkmalen der Gruppenmitglieder, der Aufgaben struktur und der Situation ab.

Ein vvichtiger Grund für einen expliziten Führer liegt in der GruppengröBe.

GroEe Gruppen scheinen ein ausgeprâgteres Bedürfnis nach einem Führer zu haben als kleine Gruppen. GroBe Gruppen verlassen sich stârker darauf, daB der Führer die Regeln bestimmt, die Mitglieder informiert und Entscheidungen für die Gruppe trifft. Die Einsetzung eines Führers ist somit ein Mittel zur Steigerung der Koordination der Gruppenkrafte, was natürlich die Koordinationsverluste verringert. Zusâtzlich kann eine verbesserte Koordination auch zu Motivationsgewinnen führen, indem die Gruppenmitglieder dazu ermuntert vverden, zum Gruppenerfolg beizutragen (VVilke & van Knippenberg,

1992).

Ein bekanntes Modeli zur effektiven Führung von Gruppen entvvickelte der amerikanische Forscher Fred Fiedler (zit. nach VVitte, 1989). Er berücksichtigt dabei neben dem Führungsstil ( personorientiert oder aufgabenorientiert) auch noch die Art der Aufgabe (stark oder schvvach strukturiert), die Führer- Mitglieder-Beziehungen (gut oder schiecht) und die Positionsmacht des Führers (hoch oder niedrig). Mit der Positionsmacht ist gemeint, invvievveit der Führer (oder Vorgesetzte) in der Lage ist, die Gruppenmitglieder zu belohnen oder zu bestrafen. Aufgrund zahlreicher Studien ergeben sich für unterschiedliche Situationen unterschiedlich vvirksame Führungsstile zu denen hier lediglich zwei Beispiele angeführt vverden sollen:

* Ein eher personorientierter Führungsstil, der auf die zvvischenmenschlichen Beziehungen besonders achtet, empfiehit sich demnach besonders in Situationen, in denen eine gute Beziehung zvvischen dem Vorgesetzten und den Mitarbeitern herrscht, vvo der Vorgesetzte geringe Positionsmacht besitzt und eine unklare Aufgabenstruktur vorherrscht.

• Ein eher aufgabenorientierter Führungsstil ist erfolgreich, vvenn es eine gute Beziehung zvvischen dem Vorgesetzten und den Mitarbeitern gibt, vvenn eine unklare Aufgabenstruktur vorliegt, und vvenn der Vorgesetzte eine hohe Positionsmacht hat. İn diesem Fal! kann er sich gezielt der Strukturierung der Aufgabenstellung vvidmen. (vgl. VVitte, 1989)

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VVilke & van Knippenberg weisen aber darauf hin, daB Gruppen auch erfolgreich arbeiten können, ohne daB eine ausgeprâgte Führungsposition vorhanden ist. Besonders eine aufgabenorientierte Führung ist dann entbehrlich, vvenn eine Gruppe aus Mitgiiedern zusammengesetzt ist, die

® sehr kompetent sind

® ein groBes Bedürfnis nach Unabhângigkeit haben und

• vvenn die Gruppe sehr kohâsiv ist.

2.5. Normen

Normen in Gruppen sind Mittel der Koordination, die zum Überleben der Gruppe beitragen. Danach lassen sich vier Funktionen unterscheiden (VVilke &

van Knippenberg, 1992):

Gruppenlokomotion.

Damit ist gemeint, daB Normen zum Erreichen des Gruppenzieles bedeutsam sind. Für die Erreichung eines Zieles ist es notvvendig, bestimmte Plane zum Handeln zu entvverfen. Dies ist nur möglich, vvenn von den Gruppenmitglieder in einem gevvissen Rahmen ein bestimmtes Verhalten ervvartet vverden kann.

Aufrechterhaltung der Gruppe

Normen helfen Gruppen, sîch als solche zu erhalten. Die Norm, daB Mitglieder regelmâBig an den Treffen einer Gruppe teiinehmen, ihre persönlichen Interessen hinter die Gruppeninteressen stellen, oder die Entscheidung einer Gruppe nach auBen überzeugend vertreten, auch vvenn diese nicht ihre eigene Entscheidung ist, dient auch dazu, dafi die Gruppe als Ganzes weiterexistiert.

Herstellen einer sozialen Reaiitât

Sehr hâufig gibt es keine Kriterien für die Beurteilung der objektiven Reaiitât.

Normen helfen der Gruppe, einen gemeinsam geteilten Bezugsrahmen zu schaffen und zu erhalten, der als soziale Reaiitât dient (Bestimmungsleistung der Gruppe). Damit vvird sovvoh! den Individuen als auch den Gruppen als Ganzes eine unerlâBliche Basis zur Orientierung für das Handeln und seine Bevvertung gegeben. Beispiele dafür sind, vvelche Kleidung zu vvelchem AnlaB

„richtig" ist, wer bei einer Begegnung zuerst zu grüBen hat, vvelches

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Leistungsniveau beim Arbeiten angemessen ist, oder vvelches Verhalten die angemessene Reaktion auf eine Beleidigung ist.

Definition der Beziehungen der Gruppe zursozialen Umwelt

Normen helfen Gruppen dabei, ihre Beziehungen zur sozialen Umwelt aulierhalb der Gruppe zu definieren. Etvva zu anderen Gruppen, Organisationen, Institutionen und anderen Elementen der Gesellschaft. Das betrifft z.B. Fragen wie; ob die soziale Umwelt (z.B. andere Gruppen) eher als freundlich oder als feindlich zu sehen ist; ob, und vvenn ja, vvelche Information aus der Gruppe nach aufien weitergegeben vverden darf; oder ob z.B.

Verpflichtungen gegenüber anderen Gruppen {z.B. gegenüber der Familie, dem Staat) Verpflichtungen gegenüber der gegenstandlichen Gruppe unter- oder übergeordnet sind.

Bisher vvurden einige vvichtige Bedingungen beschrieben, die für die Güte der Leistung einer Gruppe von Bedeutung sind.

Zunachst hângt es vom Aufgabentyp ab, ob die Vorteile, die eine Gruppe bieten kann, überhaupt zum Tragen kommen. Besonders bedeutsam ist der Umfang sovvie die sinnvolle Teilbarkeit einer Aufgabe und die Art, wie Einzelleistungen zur Gesamtleistung zusammengefügt vverden. Es ist leicht einzusehen, dafi z.B. ein Gartenhâuschen von einer Gruppe schneller aufgestellt vverden kann als von einer Einzelperson. Dazu sind allerdings einige Bedingungen notvvendig: Die Einzeltâtigkeiten der Gruppenmitglieder müssen optimal, d.h. auch gemâfi den Fâhigkeiten der Gruppenmitglieder koordiniert vverden, aile müssen sich im Rahmen ihrer Aufgaben beteiligen, und mögiichst niemand soll sich auf ' Kösten der anderen „drücken". Es kann bei Gruppenarbeiten sovvohl zu ProzefJverlusten als auch zu Prozelîgevvinnen kommen. Diese beziehen sich im vvesentlichen auf die Güte der Koordination und die Stârke der Motivation der Mitglieder. Bestimmend für den Erfolg ist auch die potentielle Produktivitât der Gruppe, vvomit die Gesamtheit der Erfahrungen und Fâhigkeiten der einzelnen Gruppenmitglieder gemeint sind.

Darunter muG man nicht nur jene Fâhigkeiten verstehen, die direkt zur Lösung der Aufgabe nötig sind (z.B. Fachvvissen), sondern auch jene, die sich auf die Koordination und Motivation von Gruppen beziehen.

Eine vvichtige Rolle in Hinblick auf Koordination und Motivation spielen dte Merkmale von Gruppen, vvie z.B. die Kommunikationsstruktur, die Gruppenkohasion, die Art der Gruppennormen und die Führung der Gruppe.

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Führung und Gruppennormen haben sovvohl Funktionen in Bezug auf die Zielerreichung (Lokomotionsfunktion) als auch auf die Sicherung des Bestandes und der Funktionsfâhigkeit der Gruppe (Erhaltungsfunktion).

Allgemein kann man sagen, daB alles, was (mögiichst optimal) durch Normen geregelt ist, nicht von der Führung geregelt vverden muB, sodaB der Führung dann besonders eine situationsgerechte Steuerungsfunktion zukommt.

Aile behandelten Faktoren können unter günstigen Bedingungen dazu beitragen, daB Gruppen befâhigt vverden, sehr gute und vielfach bessere Leistungsergebnisse als einzelne Personen zu erbringen.

Es gibt jedoch auch typische Konstellationen, die zu nachvveislich schlechten Ergebnissen führen, auf vvelche im folgenden hingevviesen vvird.

3. Typische Fehler beim Problemlösen und Entscheiden in Gruppen

DaB das Arbeiten in Gruppen nicht immer reibungslos funktioniert, ist teilvveise bisher schon ervvâhnt vvorden: Etvva vvenn Gruppenmitglieder ihre Leistung zurückhalten (Motivationsverluste), vvenn es Konflikte zvvischen Gruppenmitgliedern gibt, oder die mehrfach ervvahnten Koordinationsverluste.

Aber auch in „gut funktionierenden" Gruppen, und teilvveise gerade dann, vvenn groBe Harmonie herrscht, lassen sich ganz typische Fehlerquellen identifizieren, die unter Umstanden zu krassen Fehlentscheidungen führen können.

Schultz-Hardt & Frey (1998) vveisen auf folgende Phânomene hin:

« mangelhafte Informationsnutzung

• Gruppendenken

• Verharren in Fehlentscheidungen (Entrapment)

« Entscheidungsautismus 3.1. Mangelnde Informationsnutzung

Ein vvesentlicher Vorteil, den Gruppen gegenüber Einzepersonen in Entscheidungssituationen potentiell haben ist die höhere Informationsmenge, die die Mitglieder mitbringen, einholen und verarbeiten können. Es zeigt sich jedoch, daB dieser Vorteil sehr hâufig nicht zum tragen kommt. Das kann mehrere Ursachen haben:

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» Die Informationsnutzung vvird schiechter, vvenn ein Mitglied besonders viel Information besitzt, den anderen aber nicht zvvingend bevveisen kann, dafi diese Information vvertvoll (richtig, gültig) ist.

• Damit eine Information in die Diskussion eingebracht vverden kann, muft sie von mindestens einer Person erinnert und für vvichtig gehalten vverden. Je mehr Personen im Besitz dieser Information sind, desto vvahrscheinlicher vvird sie genannt. Folglich diskutieren dann aber Gruppen vor allem solche Informationen, die schon vorher aile Gruppenmitglieder hatten. Damit vvird der eigentliche Zvveck der Gruppenarbeit, nâmlich das Austauschen neuer Information, ad absürdüm geführt.

• Es vverden bevorzugt solche Informationen eingebracht, vvelche die vorherrschende Gruppenmeinung bestâtigen

Diese Fixierung der Gruppe auf ailseits bekannte Informationen ist dann besonders stark, vvenn eine hohe informationsmenge und gleichzeitig ein hoher gemeinsamer Prozentsatz an Information vorliegt. Sie vvird auch umso starker, je grölier eine Gruppe ist.

Interessant ist, dafî dieser Effekt auch dann auftritt, vvenn die Gruppe vorgevvarnt vvird, dalî unterschiedliche Informationen vorliegen. Auch eine Strukturierung des Gruppenprozesses (Information suchen, bevverten, entscheiden) verândert daran nichts.

Gering vvird der Effekt dann, vvenn die Gruppe vveili, dafi es eine objektiv richtige Entscheidung gibt, und vvenn einzelne Mitglieder in der Gruppe von den anderen als Experten für gevvisse Informationen anerkannt vverden.

3.2. Gruppendenken

Unter Gruppendenken versteht man das übermâftige Streben der Gruppe nach Einmütigkeit und Harmonie, das auf Kösten der kritischen Analyse der Sachlage geht.

Dieses Harmoniestreben vvird im Gegensatz zum Konflikt zumeist als sehr positiv bevvertet, führt aber zu den Gruppen d enken-Symptomen wie Selbstüberschâtzung der Gruppe, Engstirnigkeit und Druck auf Andersdenkende bzw. abvveichende Meinungen.

Aufmerksam gemacht hat auf dieses Phânomen vor allem der amerikanische Psychologe Janis (zit. nach Schultz-Hardt & Frey, 1998), der eine Reihe vvichtiger und vveitreichender Fehlentscheidungen im politischen Bereich (z.B.

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Eskalation des Vietnam-Krieges, Invasion auf Cuba, Verschârfung des Korea- Krieges usw.) auf dieses Phânomen zurückführte.

VVesentliche Faktoren, die das Gruppendenken-Phânomen auslösen, sind:

o Abschottung der Gruppe nach aufien

® direktive Gruppenführung

* Fehlen von Entscheidungsregeln

• Homogenitât des soziafen und ideologischen Hintergrundes der Gruppenmitglieder.

Janis hat ursprünglich auch eine starke Gruppenkohasion und das Vorüegen einer starken StrelJsituation für das Gruppendenken verantvvortlich gehalten.

Spatere Untersuchungen konnte dies aber nicht belegen.

3.3. Entrapment in Gruppen

Mit dem Begriff Entrapment ist gemeint, daR Gruppen oft unfâhig sind, Fehlentscheidungen auch dann, vvenn sie zvveifelsfrei erkannt werden, zu revidieren: Sie bleiben İn der „Falle (trap)" sitzen: Eine Handlung, in die bereits Ressourcen in Form von Zeit, Geld, Aufvvand und persönlicher tdentifıkation investiert vvurden und die zunehmend zu Verlusten führt, vvird dennoch fortgesetzt und unter Umstanden sogar noch intensiviert.

Bedingungen, unter denen eine Aufrechterhaltung von Fehlentscheidungen haufig vorkommt, sind folgende:

» Verantvvortlichkeit für die ursprüngliche Entscheidung

« Fehlen von vorgegebenen Verlustbeschrânkungen (besonders gefahrlich im staatlichen Bereich, da Verluste sozialisiert vverden)

• Rechtfertigungsdruck

Als Ursachen für ein derartiges Verhalten unter den angeführten Bedingungen vverden folgende angeführt:

Selbstrechtfertigungsprozesse: Diese Erklârung geht davon aus, daB die Beendigung der verlustreichen Handlung vveitere Verluste zvvar stoppen vvürde, jedoch zugleich das Eİngestandnis eines Fehlers wâre. Da die Gruppe jedoch sich und anderen gegenüber Fehler nicht eingestehen will, halt sie an der Entscheidung fest.

Zunehmende Risikobereitschaft im Verlustbereich: Generell verhalten sich Menschen, die sich im Gevvinnbereich bevvegen, eher risikoscheu, im Verlustbereich eher risikofreudig („setzen alles auf eine Karte"). Infolge der

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Fehlentscheidung geraten sie in den Verlustbereich und haben nun zwei Möglichkeiten: Sie beenden die Handlung und realisieren damit einen sicheren Verlust. Oder sie setzen die Handlung fort in der Hoffnung den Verlust auszugleichen, verbunden mit der Gefahr, ein völliges Fiasko zu erleben.

Infolge der Risikofreudigkeit im Verlustbereich (Vermeiden des kleineren, aber sicheren Verlustes) entscheiden sie sich für die Fortsetzung der Handlung.

3.4. Entscheidungsautismus

Schuitz-Hardt & Frey (1998) versuchen mit dem Modeli des Entscheidungsautismus verschiedene der geschilderten Fehlverhaltensvveisen unter einem Konzeptzu erktâren.

Das Modeli beruht auf der Theorie der kognitiven Dissonanz, vvonach Menschen in Entscheidungssituationen hâufig zu Selbstbestâtigungsverhalten neîgen. Sie setzen sich dann nicht unvoreingenommen mit dem Problem auseinander, sondern lassen sich von voreiligen Prâferenzen (Bevorzugungen) leiten und bestâtigen sich dabei dauernd selbst in ihrer Ansicht. Das führt zu folgenden Mechanismen:

• Verzerrte Bevvertung von Alternativen, d.h. Aufvvertung der bevorzugten Alternative und Abvvertung der nichtbevorzugten Alternative.

• Selektive Suche nach Information bzw. Vermeidung von vvidersprechender Information.

• Beyorzugte Kommunikation mit Personen, die derselben Ansicht sind wie man selbst.

Diese Selbstbestâtigungstendenzen bezeichnen die Autoren mit dem Begriff Entscheidungsautismus, weil sich die Entscheider in eine selbstkonstruierte Entscheidungsvvelt zurückziehen, in der nur das sein kann, was auch sein darf, und die sich gefâhrlich vveit von der VVirklichkeit entfernen kann.

Das Entstehen von Entscheidungsautismus vvird durch folgende Faktoren gefördert:

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99 Strukturelle Faktorerı

Abschottung nach Aulîen Direktive Führung

Homogenitat der Gruppe

Probeabstimmungen zu Beginn (zu frühes Festlegen) Situative Faktoren

Zeitdruck

Vorangegangene Erfolge Rechtfertigungsdruck Soziale Faktoren

Harmonienorm

Ideologische Fixierung

Konsistenznorm (VViderspruchsfreiheit)

Je stârker diese Randbedingungen vorliegen, desto stârker prâgt sich eine dominante Alternative (»monopolistische Prâferenz") heraus, also eine von der Gruppe mit hoher Festigkeit favorisierte Entscheidungsalternative. Daraus entstehen dann die Symptome des Entscheidungsautismus:

• Selbstbezogene Symptome, z.B.:

ein sich ausbreitender Unfehlbarkeitsglaube.

Selbstüberschâtzung

VVegrationalisieren von Zvveifeln

• Soziale Symptome, z.B.:

Abvvertung von Gegnern der Entscheidung Selektive Kommunikation

Bevorzugung von Gleichgesinnten

• Symptome im EntscheidungsprozeS, z.B.:

Ignorieren von Alternativen

Verzerrte Bevvertung von Alternativen

Beschönigende Erfolgskontrolle, dadurch Fortsetzung fehlerhafter Handlungen

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Diese VVirkungen entstehen in hohem AusmaB durch die Fâhigkeit von Gruppen, Bestimmungsleistungen zu erbringen, die in derartigen Fâllen jedoch negative Ausvvirkungen zeigen, indem eine falsche Reaiitât konstruiert vvird.

Möglichkeiten, Effekte des Entscheidungsautismus zu verhindern, sehen die Autoren in folgenden MaBnahmen:

® Heterogene Zusammensetzung von Gruppen, um vorschnellem Konsens vorzubeugen

• RegelmâBige Aufteilung der Gruppe in Untergruppen, die das gleiche Problem bearbeiten. Kommt es zu unterschiedlichen Ergebnissen, vvird damit verhindert, daB die Gruppe vorschnell glaubt, die VVahrheit gefunden zu haben.

• Vermeiden einer „Harmonienorm", Fördern einer Norm des kritischen Rationalismus. Eine solche Norm bedeutet, daB niemand perfekt ist, daB alles in Frage gestellt vverden kann, und daB Fehler erlaubt sind.

• Transparentmachen der Expertenrollen innerhalb der Gruppe und fallvveises Einladen externer Experten (Auskunftspersonen).

• Einsetzen eines „advocatus diaboli", der die Funktion hat, Fehler und Schvvâchen der Entscheidung schonungslos aufzuzeigen, ohne daB er als Miesmacher oder Nestbeschmutzer abgevvertet vvird.

• Der Gruppenführer sollte sich besonders zu Beginn seiner Meinung mögiichst enthalten und eher als unparteiischer Koordinatör fungieren.

Dabei soll er andere Mitglieder besonders zur Teilnahme und zur Kritik ermuntern.

Viele dieser Vorschlâge klingen wie selbstverstândlich, vverden aber in der Praxis sehr oft nicht beachtet. Letztlich muB jedoch ailen Beteiligten deutlich vverden, daB es auf die Dauer zu teuer vvird, das psychologische Know-how über Entstehungsbedingungen von Fehlentscheidungen und Möglichkeiten zur Verbesserung von Gruppenentscheidungen zu ignorieren.

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Literatür

Hofstâtter, P. R.: Einführung in die Sozialpsychologie. Kröner Verlag, Stuttgart, 5. Auflage, 1973.

Mayer, A. (Hrsg.): Organisationspsychologie. Poeschel Verlag, Stuttgart, 1978.

Rosenstiel, L. v.: Kommunikation und Führung in Arbeitsgruppen.

İn: Schuîer, H. (Hrsg.): Le.hrbuch Organisationspsychologie. Huber Verlag, Bern usw. 1993, S. 321-351.

Schultz-Hardt, S & Frey, D.: VVie der Hals in die Schiinge kommt:

Fehlentscheidungen in Gruppen. İn: Ardelt-Gattinger; E., Lechner.H. &

Schlögl,W.(Hrsg.):Gruppendynamik: Anspruch und VVirklichkeit. Göttingen:

Hogrefe, 1998, S. 133-152.

Thomas, A.: Grundrifi der Sozialpsychologie, Bd. 2, Hogrefe, Göttingen 1992.

VVilke, H. & van Knippenberg, A.: Gruppenleistung. İn: Stroebe, W., Hevvstone, M.,Codol, J. P., & Stephenson, G. M. (Hrsg.): Sozialpsychologie. Springer- Verlag, Berlin usw. 2. Auflage, 1992, S. 333-368.

VVitte, E. H.: Sozialpsychologie. Psychologie Verlags Union, München 1989.

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Referenzen

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