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Die Apsaras nach dem Mahäbhärata.
Von Adolf Holtzmann.
Die Apsaras sind weibliche göttliche Wesen von evriger Jugend
und unvergänglicher Schönbeit, den männlichen Gandharva ent¬
sprechend, mit welchen sie meist zusammen genannt werden. Mit
lebhaften Farben wird überall, wo von ihnen die Eede ist, ihre
üppige Schönheit gescbildert, ihre grossen Lotusaugen (äyatalocanäs
1,123,60 Bombay = 481G Calcntta, padmalocanäs 3,43,3i = 1786),
ihr langes schön gelocktes mit Blumen geschmücktes Haar (3,46,6
= 1822), ihre schwellenden Brüste und vollen Hüften (3,43,32 =
1787). Auch ihre Namen bezeichnen meist ihre Schönheit, wie
Cärunetra (mit schönen Augen) , Sulocanä (dasselbe) , Suke^i (mit
schönen Locken), Sugrivi (mit schönem Nacken), Subähu (Schönarm),
Hemadantä (Goldzahn) u. a. Die Schönheit der Apsaras ist sprich-
wörthch, schöne Frauen werden stets ihnen verglichen, und der
Ausdruck höchster Bewunderung für diese ist die Frage: ,Bist
du eine Apsaras?' 3,96,29 = 8.5 6 8. 6,6,S3 = 227. 6,7,8 = 261.
4,9,16 = 2.59. Ihre luftigen, verlockenden Kleider 5,9, ii = 237,
sehr zart und wolkenfarbig glänzend 3,46,15 = 1831, sind von
Seide und nehmen keinen Staub an 3,159,i8 = 1164.5. Sie tragen
allerlei Schmuck l,123,eo = 4816; besonders gerühmt werden
ihre duftigen Blumenkränze 2,8,39 = 350. 3,46,2 = 1818. 5,9,ii
= 237 u. a., ferner der Gürtel, meklialä 13,107,.30 = 5233 oder
däman 3,46,9 = 1825 genannt, und die Glöckchen an Armen und
Beinen, welche beim Tanze erklingen; sie heissen nüpura 3,146,24
= 11092. 13,79,26 = 3782, auch kinkiiii 3,46,12 = 1828. Die
Apsaras sind erfahren im Tanze und in allen Liebeskünsten , sie
rauben Sinn und Verstand mit ihrem „schiefen Blicke* katäksha
3,43,32 = 1787, ihrer Koketterie viläsa 3,46,i3 = 1829, ihrem leiden¬
schaftlichen Geberdenspiele hava und bhäva 5,9, u = 237, besonders
aber mit ihrem fröhlichen Lachen häsya 2,7,24 = 305 (daher eine
von ihnen den Namen Häsini hat, die Lachende). Ihr Gang ist
gedankenschnell 3,46,i6 = 1832, sie sind kämagamäs, d. h. haben
die Fähigkeit, überall zu wandeln 1,216,16= 7854, wie sie denn
41*
632 Holtzmann, die Apsaras nach dem Mahähhärata.
nach Beheben Erde nnd Himmel mit einander vertauschen. Sie
erhöhen geme ihre Fröhlichkeit durch ein Getränke aus dem Safte
des Zuckerrohres sidhu 3,46,i3 = 1829. In allen Kunstfertigkeiten
sind sie erfahren, besonders im Tanze, dann auch in der ihn be¬
gleitenden Musik läsya 2,8,38 = 349; eine von ihnen heisst Anü-
canä, die Gelehrte, eine andere Citralekhä, die Malerin. Letztere
malt der Ushä alle Götter und Helden, bis diese ihren Geliebten
erkennt, in der allerdings sehr jungen Liebesgeschichte von Ani-
mddba und Ushä 19,9974.
Die Zahl der Apsaras wird nicht erwähnt. Bei dem Opfer¬
feste des Dilipa tanzen ihrer sechstausend 7,6 1,b (in C. fehlt die
Stelle). Einzelne Namen von Apsaras zäblt das Mahäbhärata ein¬
hundertzwei auf, nämlich: Adrikä, Anavadyä, Anugä, Anumlocä,
Anükä , Anücänä , Anünä , Ambikä ; Arunapriyä , Arunä , Anlpä,
Alambushä, Asitä, Asurä, Irä, Umlocä, Urvara, Urvasi, Ritusthalä,
Karnikä , Kämyä , Kumbhayoni , Ke^ini , K.shemä , Gunamukhyä,
Gunävarä , Gopäli , Ghritastbalä , Ghritäci , Cämneträ , Citralekhä, Citrasenä, Citrä oder nach anderer Lesart Mitra, Citrängadä, Jäna- padi, Jämi oder nach anderer Lesart Yämi, Tilöttamä, Dandagauri, üäntä, Devi, Pancacüdä, Parnikä, Parnini, Punjikasthalä, Pundarika, Pürvacitti, Prajägarä, Prabhä, Pramäthini, Pramlocä, Pra(;ami, Bud-
budä, Bhäsi, Madhurasvarä, Manu, Manoramä, Manovati, Manoharä,
Marici, Märganapriyä , Mi^rake^i, Menakä, Rakshitä, Rati, Rambhä,
Ruci, Lakshanä, Latä, VamQä, Vapus, Varütbini, Vargä, Vidyutä,
Vidyutparnä, Vidyotä, Vipracitti, Vi9väci, (Vudvudä), (J!äradvati,
Qucikä, Qravishthä, Samici, Sahajanyä, Sabä, Suke(;i, Sugandhä,
Sugrivi, Supriyä, Subähu, Subhagä, Sumukhi, Suracä, Suratä oder
Surathä, Surasä, Surüpä, Sulocanä, Suvrittä, Somä, Saurabheyi,
Svayamprabhä, Häsini, Hemadantä, Hemä. Doch sind manche von
diesen Namen verdächtig; Irä z. B. , welche nur an einer Stelle
2,10,11 = 393 unter den Apsaras aufgeführt wird, ist sonst viel¬
mehr eine Prau des Kagyapa und Tochter des Daksha 2,11,39 =
456. 19,170. 233. 12448. Auch mag hin und wieder dieselbe
Apsaras unter zwei verschiedenen Namen verstanden sein. So
scheint Pancacüdä, Fünfzopf, identisch zu sein mit Rambhä;
wenigstens ist 13,3,ii = 191 die nämliche Apsaras mit beiden
Namen bezeichnet; auch der Ausdruck „Pancacüdä und die anderen
Apsaras' 12,332,19 = 12595 setzt voraus, dass damit ein hervor¬
ragender Name bezeichnet werden soll, was auf Rambhä bezogen
ganz richtig ist, wäbrend der Name Pancacüdä nur selten sich findet.
Man dachte sich die Apsaras, bei ihrer grossen Anzahl, in
Schaaren, gana, abgetheilt; „die Schaaren der Apsaras", Apsaro-
ganäs, ist ein sehr häufiger Ausdmck. An einer späten Stelle
werden sieben solcher ganä erwähnt 19,6798. Nach 5,11 l,2i =
3841 haben zehn, am Berge Kailäsa geborene, Apsaras den zu¬
sammenfassenden Namen Vidyutprabhä, wie Blitze leuchtend; welche,
wird nicbt angegeben. Eine andere Gmppe führt nach 19,12476
Holtzmann, die Apsarae nach dem Mahäbhärata. 633
den besonderen Namen Vaidikyas, die Vedischen; es sind elf,
Menakä, Sahajanyä, Parnini, Punjikasthalä, Ghritasthalä, Ghritäci,
Vi9väci, ürva^i, Anvunlocä, Pramlocä und Manovati. Die hervor¬
ragendsten unter allen Apsaras sind nacb 1,74,68 = 3055 sechs:
UrvaQi, Pürvacitti, Sahajanyä, Menakä, Vi9väci und Ghritäci. In
der That werden ausser diesen nur noch von wenigen Apsaras,
besonders von Adrikä und Rambhä, individuelle Züge angegeben;
von der weitaus grösseren Anzahl erfahren wir nur den Namen.
Die Apsaras heissen auch Devakanyäs, Göttermädchen, welcber
Ausdrack mit Apsaras abwechselnd gebraucht wird 1,130,6 = 5076,
seltener Devastriyas, Götterfrauen 12,342,33 = 13211, auch Indra-
kanyäs, die Mädchen des Indra 13,107,21 = 5224.
In späterer Zeit dachte man sich als Oberhaupt der Apsaras
den Liebesgott Käma oder Kämadeva 19,12499.
üeber die Abstammung und Entstehung der Apsaras herrschten
verschiedene Vorstellungen. Nacb dem Vishnupuräna entstanden
sie aus dem gebutterten Meere. Aber das Mahäbhärata zählt unter
den bei dieser Gelegenheit entstandenen Wesen die Apsaras nicht
mit auf 1,18,34 = 1145 und der Mythus ist vielleicht nur ein
etymologischer, indem die Inder den Namen Apsaras von ap und
Wurzel sar ableiten, also „die aus dem Wasser entstandenen",
gleicb der schaumgeborenen Apbrodite der Griechen. Nach 1,65,45
= 2553 sind die Apsaras vielmehr Töcbter des Kapyapa und
zweier Töchter des Daksha, der Prädhä und der Kapilä, welcher
das HarivamQa 234. 12470 noch eine dritte, Muni, hinzufügt; ihre
Brüder sind die Gandharva. Auch 12,166,18 = 6137 wird an¬
gegeben, die Töchter des Daksha seien die Mütter der Apsaras.
Als Geburtsort wenigstens von einigen dieser Nymphen wird der
Berg Kailäsa angegeben 5,lll,2i = 3841. Nach anderen Stellen
sind sie eine directe Schöpfung des Brabman, aus seinen Augen
nach 19,11787; einige von ihnen, wird 19,12470 angegeben, seien
geistige Töchter des Brabman, andere aber Töchter des Ka9yapa
von Prädhä oder Muni. Nach 1,74,6!) = 3056 ist wenigstens
Menakä eine Tochter des Brabman. Eine andere Apsaras, ürva^i,
ist nach 19,4601 von dem Büsser Näräyana in das Leben gerafen ;
nach 19,12475 aber ist sie eine Tochter des Brahman. Die
Nymphe Tilöttamä ist nach 1,211,18 = 7696 von dem Künstler
der Götter, Vicvakarman, erschaffen, während sie 1,65,49 = 2 5 5 7
eine Tochter des Ka^yapa und der Kapilä genannt wird. Merk¬
würdig ist, dass 3,230,39 = 14493 die „Mutter der Apsaras", ohne
Angabe eines Namens , unter den weiblichen Unholden , welche
neugeborene Kinder rauben, genannt wird.
Im Epos war den Apsaras ihre eigentliche Stellung im
dienenden Gefolge des Indra angewiesen. Daher ist der gewöhn¬
liche Aufenthalt dieser himmhschen Tänzerinnen der Himmel des
Indra, wo der Berg Mera sicb erhebt und der Hain Nandana zum
Lustwandeln emladet 3,261,6 = 15446. Dort erheitern sie im
634 Holtzmann, die Apsaras naeh dem Mahäbhärata.
Vereine mit den Gandharva den Götterherm durch Gesang und
Tanz, durch ihr musikahsches Spiel und ihr heiteres Lachen, und
besingen rühmend seine Heldenthaten 2,7,24 == 3 0 5. Sie bedienen
ihn 3,78,14 = 3043, sie tanzen vor ihm 3,43,3i = 1786, sie be¬
gleiten ihn in hellleuchtenden Wagen (vimäna genannt 3,166,4 =
11920), wenn er auf seinem Wagen dahinfährt l,56,i) = 2122.
Die Apsaras heissen geradezu die Mädchen des Indra, Indrakanyäs
13,107,21 = 5224.
Nach dem Gotte der Stärke zeigen die Apsaras sich am
meisten in Begleitung des Gottes des Reichthums, des Kubera.
Wo er sich nur aufhält, in seiner Stadt Alakä 1,85,9 = 3508, in
seinem Lustwalde Caitraratha 1,75,48 = 3172, in seinen Gärten
und^ Spielplätzen (äkrida) auf dem Himavat 3,153,8 = 11358 und
auf dem Kailäsa 13,19,44= 1424, überall begegnen wir auch den
singenden und tanzenden Apsaras, deren Spiele Kubera ganz be¬
sonders liebt 19,12072, die ihn dienend umgeben 3,281,i3 = 16178
und auf seinen Reisen begleiten 3,159,20 = 116 5 3, ,Der Palast
des Kubera", heisst es 2,10,9 = 391, ,ist niemals leer von singenden und tanzenden Apsaras, welche den Spender der Schätze bedienen".
„Auf dem Gipfel des Gandhamädana thront Kubera mit seinen
Räksbasa, von den Schaaren der Apsaras umringt, freut sich der
Herr der Guhyaka' 6,6,36 = 229. Gerade wie den Wagen des
Indra umringen die Apsaras auch den des Kubera 3,161,S9 = 11777.
Auch den Palast des Varana in der Tiefe des Meeres schmückt
die Gegenwart der Apsaras 13,155,15 = 7246, weicbe dort mit
den Gandharva das Lob des Herm der Gewässer singen 2,9,2S —
378, Selbst in dem Himmel des Brabman sind sie zu finden
2,11,28 = 4 4 5 . 5,49,3 = 19 1 9, und sogar der Palast des strengen
Todesgottes, Y.ama, ertönt vom Gesang und Tanz der Apsaras
2,8,38 = 349.
Das Verhältniss der Apsaras zu den alten Göttem wurde
dann späterhin, als einerseits Qiva, andererseits Vishnu alle anderen
Himmelsmächte zurückgedrängt hatten, auch auf diese übertragen.
Sie erscheinen im Gefolge des Qiva 3,231,44 = 14557. 14,8,5 =
184, sie preisen in himmlischen Tacten dessen Thaten 13.14,40i
= 995, Unter den vielen Namen des Qiva findet sich auch Ap-
saroganasevita, der von den Schaaren der Apsaras verehrte, 13,17,U7
= 1230. Auch im Gefolge seines Sohnes, des Kriegsgottes Skanda,
finden wir die Apsaras 3,231,26 = 14539. Ganz auf dieselbe
Weise werden sie auch, wie alle Götter, zu dienenden Wesen im
Gefolge des Vishnu 19,14160 und seiner Mutter Aditi 19,6970;
sie verherrhchen das berühmte Pest des menschgewordenen Vishnu,
des Krishna, in Dväravati 19,8452.
Zu diesen oberen Göttem stehen die Apsaras meist nur in
dienendem Verbältnisse; nur der Anhang deutet ein Liebesverbält¬
niss des Indra mit Rambhä an 19,11250, und fünf Apsaras heissen
1,216,1(1 = 7853 die Geliebten des Kubera. Die eigentlichen Lieb-
HoÜzmann, die Apearai nach dem Mahähhärata. 635
haber der Apsaras aber haben wir unter den niederen Göttem
und unter den Menschen zu suchen. Eine von ihnen heisst
Arunapriyä, die Gehebte des Amna, des Gottes der Morgenröthe
19,12470. Eine andere, Rambhä, ist die Prau des Nalakübara,
eines Sohnes des Kubera 3,280,60 = 16152. Aber die unzertrenn-
hchen Begleiter und Gespielen der Apsaras sind die Gandharva,
die Musiker des Himmels; beide Namen gehören zusammen wie
Satyrn und Nymphen, Nereiden und Tritonen; stets begleiten die
Gandharva die Tänze und Spiele der Apsaras mit Musik und
Tanz, oft halten beide ihre Zusammenkünfte auf der Erde, wie
sie auch im Himmel unzertrennlich sind. So kommt z. B. 3,240,22
= 14870 dem Könige Duryodhana, der in den Wald Draitavana
eindringen will, ein Gandharva entgegen und wamt ihn: Unser
König ist hierher gekommen, um an den Teichen des Waldes mit
den Apsaras zu spielen, entferne dich. Nach 1,65,« = 2556 sind
die Apsaras die Schwestem der Gandharva; aber auch als die
Geliebten derselben treten sie auf, und wenn sie auch nirgends
direet, wie im Atharvaveda, deren Frauen genannt werden, so
wird doch 5,117,16 = 3975 die Ebe des Ürnäyu, eines Gandharva,
mit Menakä, und die des Tumbura, ebenfalls eines Gandharva-
Fürsten, mit Rambhä glücklich gepriesen, und ein dritter Gan¬
dharva, Vi9vävasu, ist von ebenderselben Menakä Vater der Pra¬
madvarä 1,8,6 = 943.
Eben solche Liebesbündnisse scbliessen die Apsaras mit den
Königen und Helden der Erde. Viele Sterbliche werden uns als
Kinder irdischer Könige und himmlischer Apsaras genannt; die
indiscben Mahäräja führten ihren Stammbaum so geme auf eine
Apsaras zurück , wie die römiseben Cäsaren auf die genetrix
Aeneadum. Besonders ist es die Dynastie der Mondskinder, welche
mehrere Apsaras als Stammmütter verehrt. Gleich der Stifter
der Mondsdynastie , Purüravas , der indische Prometheus , ist be¬
rühmt durch seinen Lieheshandel mit Urvasi, mit deren Hilfe
er das Peuer von der Welt der Gandharva auf die Erde bringt
1,75,2s = 3148; beide gelten als Muster eines beglückten Liebes¬
paares 1,44,10=1811. 5,117,14 = 3973. Ibre Geschichte wird
uns ausführlicher nur in einer sehr späten Fassung erzählt 19,1^363.
Der älteste der sechs Söhne des Purüravas und der Urvasi, Ayus,
ist Vater des Nahusha, welcher, an des entwichenen Indra Stelle
zum König der Götter geweiht, mit den Apsaras in dem Lufthaine
Nandana wandelt 5,ll,i3 = 354. Sein Sohn Yayäti zieht, nachdem
er die Regierang seinem Sobne Püra hinterlassen , mit Vi^väci
im Haine Nandana, in der Stadt Alakä, auf dem Berge Mera und
im Walde Caitraratha umher 1,75,48 = 3 1 72. 1,85,9 = 3 5 08.
19,1636. Zwei seiner Nachkommen, Raudracva und Manasyu,
zeugen ibre Stammhalter mit Apsaras, der erstere mit Ghfitäci
den Riceyu, der andere mit Miprake^i den Anvagbhänu, 1,94,8 =
3698. 19,1658. Die Mutter des Bharata femer, Qakuntalä, ist
636 Holtzmann, die Apsaras nach dem Mahabharata.
zwar nicht selbst eine Apsaras , wie in der Brähmana - Literatur,
aber die Tochter einer solchen, der Menakä imd des Vigvämitra
1,72,11 = 2947. Femer ist Satyavati, die zweite Gemahlin des
Qäntanu, ebenfalls ein Apsaras-Kind, die Tochter des Königs Upa¬
ricara und der Adrikä l,63,ti6 = 2395. Auch die dem Hause
der Kaurava so nahe stehenden Helden Drona und Kripa haben
Apsaras zu Müttern, der erstere als Sohn des Brahmanen Bhärad¬
väja und der Ghritäci 1,130,S3 = 5102. 1,166,2 = 6329, der
andere als Sohn des Qaradvat und der Jänapadi 1,130,6 = 5076,
wenn auch in der jetzigen Redaetion diese beiden Genealogien,
etymologischen Grillen zu Liebe, auf geschmacklose Weise ver¬
dunkelt sind. Auch brahmanische Geschlechter verschmähten es
nicht , sich der Abkunft von einer ■Apsaras zu rühmen ; ein Ur¬
enkel des Bhrigu, Ruru, ist ein Sohn der Nymphe Ghritäci und
des Pramati 1,8,2 = 940. 13,30,64 = 2004. Nach dem HarivamQa
sind ferner Apsaras-Kinder : Kälayavana, der Sohn des Gärgya und
der Gopäli 1960; Divodäsa und Ahalyä, die Kinder des Badhrasvan
und der Menakä 1783.
Aber alle diese Bündnisse der Apsaras sind nur vorüber¬
gehende, sie halten sich durch dieselben nicht gebunden, es giebt
für sie weder Gatten- noch Mutteriiflichten, Wie ihre Verbindungen mit den Gandharva nur ganz lose sind, so dass , Gandharva-Ehe"
der Name für formlos eingegangene und beliebig wieder abge¬
brochene Verbindungen zwischen Mann und Frau wurde, so sind
auch ihre Liebesbündnisse mit sterblichen Menschen meistens nur
von kurzer Dauer, Ohne sich lange zu weigern, lassen sie sich
von Indra auf die Erde schicken , um einen Heiligen , der gerade
dem Götterkönig bange macht, zur Sinnlichkeit zu verführen und
so seine Busse und Heiligkeit fmchtlos zu machen; ist ihnen dies
gelungen, so kehren sie wieder in den Himmel des Götterkönigs
zurück. Solcher Verführungsgeschichten erzählt uns das Mahä¬
bhärata mehrere ; auf ihnen hauptsächlich bemhte die Stellung und
Verwendung der Apsaras im alten Epos. Meistens verführen sie
im Auftrage des Indra. zuweilen auch aus eigenem Antriebe. Die
Verführten mögen im alten Epos vorzugsweise Könige und Helden
gewesen sein, deren Verführung durch die Apsaras, auf Anstiften
der Götter, einen wesentlichen Theil der epischen Maschinerie ge¬
bildet baben mag. Späterhin traten aber an deren SteUe meist
Priester und Büsser. Diesen verleiht fortgesetzte Bussübung über¬
natürliche Kräfte, vermöge welcher der Mensch selbst den Göttern
geiUhrlich werden kann. In solchen Fällen schickt daher Indra
bald eine bald mehrere Apsaras zu dem büssenden Heiligen , um
ihn zu verführen; denn Sinnlichkeit zerstört das Verdienst der
Busse und diese muss von neuem begonnen werden.
Der Plan der Apsaras gelingt in manchen Fällen, in andem
nicht. Ja über die Geschichte des Trisiras liegen uns in dieser
Beziehung verschiedenartige Berichte vor. Beim Anbhcke der Busse
Holtzmann, die Apsaras nach dem Mahäbhärata. 637
des Triciras, wird 5,9,7 = 2^3 erzählt, geräth Indra in grossen
Schrecken ; er fürchtet, an ihn die Herrschaft über die Dreiwelt zu verlieren, luid sucht ihn zur Sinnenlust zu verleiten. Er versammelt die Apsaras und spricht zu ihnen: , Rasch verlocket diesen Trisiras,
dass er dem Liebesgenusse sich ergebe; mit Schönheit geschmückt
und mit entzückenden Kränzen, in verführerischen Gewändern, mit
allen Liebeskünsten verleitet ihn; denn ich selbst bin zu schwach,
meiner Furcht abzuhelfen". Sogleich erklären die Apsaras sich
bereit; aber umsonst bieten sie alle ihre Kräfte auf, umsonst zeigen
sie ihm die vollständige Schönheit ihrer Glieder, der Büsser be¬
zwingt seine Sinne, wie der Ocean das stets zuströmende Wasser
bezwingt. Da kehren die Apsaras zu Indra zmück und reden ihn
mit gefalteten Händen an: „Nicht kann er aus seiner Standhaftig¬
keit gebracht werden; was befiehlst du sonst, Seliger?" Da ent¬
lässt Indra die Apsaras dankend und sinnt auf andere Mittel, den
Triciras unschädlich zu machen.
Dagegen nach einer anderen, in Prosa geschriebenen Passung
derselben Sage 12,342,.'!2 = 13211 erreicht Indra sein Ziel; Triciras,
oder wie er hier heisst, Visvarüpa, vrird verführt. Nach einiger
Zeit wollen die Apsaras wieder fort, wo sie hergekommen sind.
Er will sie zurückhalten : „Wohin wollet ibr gehen ? Bleibet noch
eine Weile bei mir, es wird euch zum Heile gereichen". Sie sagen :
„Wir sind Götterfrauen (devastriyas), wir umgeben dienend den
starken Gott, den Indra, der die Wünsche verleiht", und verlassen
den zornigen Büsser, welcher von neuem dem Indra nachstellt.
Berühmt waren die Verführungsgeschichten des Vi^vämitra,
der, mehrmals in seiner Busse gestört, sie immer wieder von neuem
aufnimmt. Sein Abenteuer mit Menakä wird 1,71,20 = 29 1 4 er¬
zäblt : Die schönste der Apsaras , Menakä , erhält von Indra den
Auftrag, den büssenden Vicvämitra zu verführen: „Damit jener mich
nicht stürze , gehe , störe seine Busse und verschaffe mir wieder ungestörte Ruhe". Sie sträubt sich zuerst, weil sie den Fluch des
Heiligen fürchtet, willigt aber dann doch ein und bittet nur, ibr
den Liebesgott Käma und den Windgott Vä3ra mitzusenden. Sie
spielt vor der Zelle des Büssers und der Windgott weht ihr das
mondfarbige Gewand ab; so sieht sie der Heilige, vrie sie nach
dem Kleide hascht, und er ruft sie zu sich. Sie folgt ihm gerne
und sie leben mit einander lange Zeit, als ob es nur ein Tag
wäre. Nachdem aber Menakä ein Kind, die berühmte Qakuntalä,
geboren, kehrt sie rasch zu Indra's Himmel zurück. — Die berühmte
Geschichte , wie späterhin , als Vigvämitra einen neuen Schatz an
Busse angesammelt, die Nymphe Rambhä ihn verführen soll, aber
durch den Fluch des gewitzigten Heiligen in einen Stein verwandelt
wird , findet sich im Mahäbhärata nicht erzählt ; eine kurze Er¬
wähnung steht 13,3,u = 191: „durch den Fluch des Visvamitra
wurde die hochgeehrte Apsaras, der Fünfzopf weil sie seiner Busse
Störung bereitete, in einen Felsen verwandelt''.
638 Holtzmann, die Apsaras nach dem Mahähhärata.
Auch unter den „Weibern", welche 1,209,12= 7630 auf Befehl
der Götter die büssenden Asura-Brüder Sunda und Upasunda zu
verführen suchen, sind gewiss Apsaras zu verstehen. Da die bereits
vorhandenen dazu nicht im Stande sind, erschaffen die Götter, mit
Hilfe des Vicvakarman, eine neue, die Tilöttamä, von solcher Schön¬
heit, dass Indra tausend Augen erhält und Qiva vier Köpfe, um
sie genau sehen zu können. Als diese , mit einem rothen Kleide
geschmückt, Blumen sammelnd, den Brüdern vor Augen kommt,
streiten sie wüthend um ihren Besitz und bringen zuletzt sich selbst
gegenseitig um's Leben 1,212,9 = 7719. Zwar wird in dieser
Erzählung Tilöttamä nicht ausdrücklich als Apsaras bezeichnet,
aber wohl an andem Stellen, z. ^B. 1,65,49 = 2557, wo sie als
Tochter des Ka^yapa und der Kapilä aufgeführt vnrd.
Ohne dass von einem Auftrage des Indra die Eede ist, wird
1,216,17 = 7854 erzählt, wie fünf Apsaras es versuchen, einen
frommen Büsser, dessen Name nicht genannt wird, zu verführen.
Aber der Versuch misslingt und der erzürnte Heilige verflucht sie,
hundert Jabre lang als Crocodile zu leben. Sie entschuldigen sich,
Liebe und Jugendübermuth habe sie verführt; Prauen dürfe man
nicht am Leben strafen, Wohlwollen gegen alle Welt sei die Pflicht
der Brahmanen. Der Heilige darf sein Wort nicht zurücknehmen,
aber er beschränkt den Pluch : wenn ein Tugendhafter sie aus dem
Teiche herausziehe, würden sie auch vor der Zeit ihre frühere
Gestalt wieder erhalten; die Teiche aber, in welchen sie als Croco¬
dile leben würden, sollten ihnen zu Ehren heilige Badeplätze unter
dem Namen der Näritirtha werden. Mit diesem Bescheide ent¬
femen die Apsaras sich traurig; es begegnet ihnen Närada und
tröstet sie : sie sollten sich in fünf Teichen im Südlande verbergen,
dort werde Arjuna sie erlösen. So geschieht es; sie leben als
Crocodile, bis Arjuna in jene Gegend kommt. Er fragt, waram
sich nirgends fromme Büsser blicken lassen, und hört von den
gefährlichen Crocodilen, Trotzdem badet er in einem der Teiche
und wird von einem Crocodil am Arme gepackt, aber er fasst das
Thier fest und steigt mit ihm an das Land , wo dasselbe alsbald
sich in eine Apsaras zurückverwandelt. Diese erzählt ihre Geschichte und Arjuna befreit auch ihre vier Gefährtinnen; sie kehren alsbald in den Himmel zurück.
Ausführlich wird 3,45,i = 1800 der vergebliche, ebenfalls von
Indra angestiftete Versuch der UrvaQi geschildert, den in Amarävati
zu Besuche anwesenden Arjuna zu verführen. (Das Nähere bei
Bopp, Arjuna's Reise zu Indra's Himmel.) Es ist ganz unklar,
was den Indra zu diesem Versuche bewegen soll; Arjuna ist sein
Preund, sogar sein Sobn, der Gott hat keine Gefahr von ihm zu
befürchten. Doch ist andererseits die Erzählung in dem frischen
Tone der ächten epischen Stücke gehalten. Ein alter Text liegt
wohl zu Grande; vielleicht wurde zur Verherrlichung des Arjuna
sein Name an die Stelle eines anderen untergeschoben, etwa des
IloUzmann, die Apsaras nach dem Mahäbhärata. 639
Kar^a, nach dessen Ohrringen und Panzer Indra lüstern war. —
Die verschmähte Apsaras flucht dem Aijuna, er solle zum Eunuchen
werden. Der Pluch erfüllt sich insofem, als Arjuna späterhin,
wie im vierten Buche erzählt wird, ein Jahr lang am Hofe des
Königs Viräta, als tanzender Eunuch verkleidet, leben muss. Aber
das ganze vierte Buch ist offenbar ein sehr spätes Einschiebsel
und ebenso alle Stellen, welche auf dasselbe Bezug nehmen.
Ausser diesen ausführhcheren Verführungsgeschichten enthält
das Mahäbhärata noch einige Andeutungen über andere ähnlichen
Inhalts, die aber nicht näher ausgeführt werden. So versucht
1,130,1! = 5076 auf Befehl des Indra eine, sonst nie genannte,
Apsaras Namens Jänapadi den büssenden Helden Qaradvat, den
Vater des Kripa; Bogen und Pfeil fallen ihm bei ihrem Anbhcke
aus den zitternden Händen. Dass Kripa der Sohn dieser Apsaras
war, geht aus dem Zusammenhange hervor, wird aber nicht deutlich
gesagt, weü Kripa zu den Peinden des vergötterten Krishna gehörte.
Ebenfalls nicht weiter ausgeführt ist die Versuchung des Dadhica
durch Alambushä 9,51,7 = 2931, auf Befehl des Indra, die des
Vibhändaka durch UrvaQi 3,110,35 = 10002, die des Vyäsa durch
Ghritäci 12,324,2 = 12188.
Dass diese Verführungsversuche für die Apsaras nicht ohne
grosse Gefahr waren, geht aus dem Gesagten hervor; sie wurden
gelegentlich durch den Pluch der erzürnten Büsser in Crocodüe
oder Steine verwandelt. Auch sonst finden sich Beispiele von
verwandelten Apsaras. Nach 1,63,58 = 2388 wurde Adrikä durch
den Pluch des Brabman zum Pische ; ein Grund, warum Brabman
flucht, vrird nicht angegeben. Sie darf aber ihre frühere Gestalt wieder annehmen, sobald sie ein Menscbenpaar geboren. Auf wunder¬
liche "Weise wird sie nun durch den König Uparicara Mutter des
Matsya und der Satyavati und kehrt dann, von dem Pluche erlöst,
in den Himmel zurück. Auf ähnliche Weise wird 3,110,36 = 10004
eine Apsaras von Brabman in eine Gazelle verwandelt, aber weder
Grund der Verwandlung noch Name der Apsaras wird angegeben.
Sie soU so lange verwandelt bleiben, bis sie einem Heiligen das
Leben gegeben. Sie wird dann, auf gleiche wnnderliche Weise,
Mutter des Rishyacringa und kehrt in ihren früheren Zustand
zurück. Eigentlich ist aber wohl Rishyacringa der Sohn der Urvaci
und des von ihr verführten Vibhändaka.
Zu unterscheiden von diesen Verwandlungen durch fremden
Machtspmch sind solche, welche die Apsaras selbst mit sich vor¬
nehmen. Ihre Pähigkeit, jede beliebige Gestalt anzunehmen, wird
in der vedischen Literatur hervorgehoben, im Mahäbhärata ist kaum
davon die Rede. Doch verwandelt sich Ghfitäci in einen Papageien
12,324,4 = 12190, wo der Name des Sohnes des Vyäsa (Quka d. h.
Papagei) erklärt werden soll. Im Harivaipca erscheint eine Apsaras
als Hirtin 1960, eine andere erhält das Beiwort Kämarüpini 10002,
d. h. die nach Gefallen Gestalten annehmen kann.
640 Holtzmann, die Apaartu nach dem Mahäbhärata.
Uebrigens zeigen bei allen diesen Verführungs- und Liebes¬
geschichten die Apsaras dieselben Characterzüge. Ganz besonders
hervorgehoben wird die rücksichtslose Kaltblütigkeit, womit sie
jedesmal ihr neugeborenes Kind verlassen. Auf dem Himavat bringt
Menakä die Qakuntalä zur Welt l,72,io = 2946 und lässt sie in
dem menschenleeren, von Löwen und Tigern durchstreiften Walde
zurück, worüber Qakuntalä später sich bitter beklagt 1,74,70 = 3057:
,Auf dem Himavat gebar mich Menakä und verliess mich, die böse
Mutter, wie einer Andem Kind'. Dieselbe Menakä lässt ein zweites
Kind, die neugeborene Pramadvarä „ohne Mitleid und ohne Scham'
in der Wildniss am Ufer emes Plusses liegen 1,8,7 = 944. Eben
so wenig binden sie sich an Gatten oder an Geliebte. Als Arjima
den Liebesanträgen der Urvasi mit der Bemerkung auszuweichen
sucht, er verehre in ihr eine Stammmutter seines Geschlechtes,
entgegnet sie ihm, dies bekümmere sie gar nicht; „denn", sagt sie 3,46,42 = 1858, „wir Apsaras sind frei in der Liebe". (Das hier gebrauchte Wort anävfita, eigentlich: ungewählt, bedeutet ungebunden
in Beziehung auf Ehe und Liebe, vgl. 1,122,4 = 4719. 1,122,14 =
4729. 3,307,15= 17112.) Auch gegen die Götter, an deren Hofe
sie sich aufhielten, sind sie gleichgiltig. Wenn Indra gestürzt ist,
ziehen sie mit Nahusha im Paradiese umher 5,11,13 = 354 oder
tanzen vor Hiranyakasipu, als dieser sich des Himmels bemächtigt hat 19,12691.
Die Präge nach dem Aufenthalte der Apsaras ist der Haupt¬
sache nach durch das Vorhergegangene schon beantwortet. Nach
der epischen Vorstellung ist ihr ständiger Aufenthalt in der Welt
des Indra. Dort wandeha sie in^ den Hainen und Wäldem der
Götter 1,216,15 = 7853, dort führen sie im Palaste des Indra ihre
Tänze auf 14,10,2? = 282, dort haben sie ihre goldenen Paläste
an der Gaögä des Himmels 13,80,5 = 3789, dort wandeln sie an
den Seen und Teichen des Himmels im Verein mit frommen Ver¬
storbenen 3,186,7 = 12721. Der Ausdruck „Welt der Apsaras und
Gandharva" 3,24,7 = 925. 13,79,22 = 3779 ist also nicht zu genau
zu nehmen. Besonders geme wandeln sie im Götterhaine Nandana
3,168,44= 120 3 5. 13,25,45 = 1731. Von Nahusha, der das Reich
des Indra erworben, heisst es 5,11,13 = 354: „von Apsaras und
Göttermädchen umgeben, lustwandelte er in Nandana und den
anderen Parken (udyäna) und Lustwäldchen (upavana) der Götter,
auf den Bergen Kailäsa, Himavat, Mandara, Qveta, Sahya, Mahendra,
Malaya, an den Meeren und Strömen', Einige dieser Berge sind
mythisch; so der Kailäsa und Mandara. Am Kailäsa zeigen sich
die Apsaras auch 12,332,15= 12591; sie erscheinen dort im Ge¬
folge des Kubera 3,159,26 = 11653; dort schaut Ash^ävakra, der
den Kubera besucht, ihren Tänzen zu 13.19,44 = 1424. Auch der
Mandara wird öfters als ein beliebter Wohnsitz der Apsaras ge¬
nannt 1,18,2 = 1113. 3,42,48 = 1741. 7,80,33 = 2852. Die andem
in der oben angeführten Aufzählung genannten Berge, mit Aus-
HoUzmann, die Apsaras nach dem MaMbhärata. 641
nähme des Qveta, gehören der vsrirkhchen Geographie an. Der
Mahendra, die heutigen Ostghats, wird als Sitz der Apsaras auch
5,176,31 = 6054 erwähnt; der Malaya, die Westghats, ist der
ständige Sitz der Urvasi und der Pürvacitti 12,332,21 = 12597.
Noch häufiger finden sich die Apsaras in den Schneegebirgen des
Nordens. Auf dem Himavat ist der von Apsaras und Gandharva
besuchte Spielplatz der Götter und der von Apsaras erfüUte Lust¬
hain des Kubera 3,153,8 = 11358. 1,20,11 = 4649. 13,140,3 =
6340. 3,108,10= 9929. 3,178,6 = 12368. Speziell ist der Berg
Munjavat ein Sitz der Apsaras 14,8,5 = 184. Auch der Berg
Gandhamädana, welcher nach 3,160,4 = 11664 ebenfalls noch zum
Himavat gerechnet wird, ist von Apsaras bewohnt, welche dort
gern ihre Tänze aufführen 3,159,18 = 11645. 3,146,24 = 11092.
3,158,12 = 11623. 3,143,6 = 10968, besonders auch der dort ge¬
legene Lotusteich mit dem Walde Saugandhika, einem Besitzthum
des Kubera, 3,154,5 = 11372. Der Berg Meru endlich ist eben¬
falls von Apsaras bevölkert 6,6,i8 = 213. 1,85,9 = 3508.
Neben hohen Bergen sind auch die Ufer reizender Plüsse ein
Lieblingsaufenthalt der Apsaras ; vor allen anderen die der heiligen
Gangä. In Gaügädvära am Abhänge des Himavat wohnen sie
geme 12,284,4 = 10276; dort badet Ghritäci und wird von Bhära¬
dväja erblickt 1,130,33 = 5102. Sie spielen am Ufer der Mandä-
kini, eines Armes der Gaügä 12,333,17 = 12624, an der Mündung
der Yamunä in die Gangä 3,85,72 = 8215, an dem heiligen Bade¬
platze in Kurakshetra 3,83,6 = 5076. Aber auch sonst findet sich
der Zusatz „von Apsaras und Gandharva besucht" fast regelmässig
bei der Beschreibung schöner Plüsse, z. B. der Käveri 3,85,22 =
8164, oder heiligen Wallfahrtsorte, z. B. des in Pushkara 3,82,22
= 4064. Jener Zusatz wird zuletzt zum gewohnheitsmässigen
Ausdmcke, um die Heiligkeit und Schönheit einer Gegend zu
bezeichnen, z. B. bei Beschreibung einer unbekannten Insel im
Weltmeere 1,27,8= 1311.
Die späteren Bücher des Mahäbhärata und die zahlreichen
Einschiebsel in den älteren wissen mit den Apsaras nicht viel an¬
zufangen; das Ansehen dieser himmlischen Nymphen sinkt immer
mehr, je mehr die naive Heldenpoesie von der emsten Priester¬
weisheit verdrängt wird. Die einzelnen Individuen verschwinden,
die Apsaras treten nur noch collective auf und werden nur noch
als Decoration verwendet. Es ist nämlich Eigenheit des späteren
Puranenstiles, die Apsaras bei allen wichtigen Ereignissen auf der
Erde als Zuschauer erscheinen zu lassen; ist die Gelegenheit eine
freudige, so singen und tanzen sie dazu. Die tanzenden Apsaras
gehören dann zu dem ganzen Apparate, welchen die spätere Poesie
bei solchen Gelegenheiten unabänderlich spielen lässt: himmlischer
PaukenschaU, Blumenregen, Wohlgerüche, Stimmen vom Himmel
herab u. s. w. Auf diese Art wird z. B. die Geburt des Arjvma
durch das Erscheinen tanzender und singender Apsaras gefeiert
642 Holtzmann, die Apsarat nach dem Mahäbhärata.
1,123,60 = 4816. Ebenso verherrlichen sie die Hochzeit der
Draupadi 1,187,7 = 7011 und tanzen bei der Geburt des Quka
zum Gesänge der Gandharva 12,324,14=12200 u. dgl. Das Vor¬
bild dieser Anschauung gaben vielleicht alte Stellen wie 8,37,52
= 4424; bei dem letzten Kampfe zwischen Karna und Arjuna
erscheinen mit den anderen Göttem auch die Apsaras, im Luft¬
räume schwebend, und nehmen Partei für Arjuna. — In gleicher
Weise betheüigen sie sich bei wicbtigen Ereignissen in der Götter¬
welt. Sie nehmen Antheil an dem Operfeste des Daksha 12,284,7
= 10279, sie singen und tanzen zu der Musik der Gandharva bei
der Einweihung des Skanda zum Götterfeldherm 3,229,39 = 14440. '
9,45,7 = 2509. 9,46,59 = 2677, sie schauen zu bei dem Kampfe
des Pradyumna mit den Söhnen des Qambara, überschütten den
Sieger mit Blumen und feiem den Sieg durch üire Tänze 19,9259.
9328. 9446 u. s. w.
Die freundschaftlichen Beziehungen zwischen den Kriegem der
Erde und den Apsaras des Himmels hören auch nach dem Tode
der ersteren nicht auf: die Krieger, welche den Himmel erreichen,
werden dort von singenden und tanzenden Apsaras empfangen, wie
Yayäti 5,123,4 = 4100. Ein Jäger, der ein gefährliches Raubthier
erlegt hat, wird in den Himmel abgeholt in einem Wagen, welchen
singende Apsaras umgeben 8,69,43 = 3445. Ueber den Heldentod
des jungen Abhimanyu trösten sich seine Verwandten 11,20,26 =
593: jetzt erfreut er seine Seele, im Paradiese lustwandelnd mit
den Apsaras. Im Anschlüsse an solche Vorstellungen kam es in
späterer Zeit auf, den Umgang mit den himmlischen Apsaras als
eine der Belohnungen hinzustellen, welche zunächst den tapferen
Helden, dann aber auch den frommen Büsser und den freigebigen
Spender im Paradiese erwarten. Dem Helden, welcher in der
Schlacht gefallen ist, sagt Indra 12,89,46 = 3655, laufen Tausende
der schönsten Apsaras entgegen und rafen: sei du mein Gatte.
Eifrigen Wallfahrern wird in Aussicht gestellt, dass sie einst mit
den Apsaras im Götterhaine Nandana lustwandeln werden 13,25,10
= 16 9 7 . 23 = 17 1 0. 28 = 17 1 5. 45 = 1731. Dieselbe Belohnung
wird denen versprochen, welche eifrig gefastet haben 13,107,18 =
5222. Wer hier unten reichlich Almosen gespendet hat, der er¬
hält nach dem Tode seinen Aufenhalt an der Gangä des Himmels
angewiesen, wo die goldenen Paläste der Apsaras sind, wo die
schönen Göttermädchen zu Tausenden ihn mit himmlischer Musik
und lieblichem Gesänge erfreuen und durch ihr heiteres Lachen
ihn aus dem Schlafe wecken 13,79,26 = 3783. 80,5 = 3789,
Stellen, welche an Mohammeds Himmel erinnem.
An die Spiele der Gandharva und Apsaras knüpfte man
später die Entstehung des Dramas an; das Schauspiel sei eine
Erfindung dieser himmlischen Künstler. Im Mahäbhärata ist noch
nicht von einer Darstellung, nur von einem Besingen der Thaten
der Götter und Helden die Rede; z. B. 3,148,20 = 11220 besmgen
HoÜzmann, die Apsaras nach dem Mahäbhärata. 643
die Apsaras und die Gandharva auf dem Himavat die Thaten des
Häma, des Sohnes des DaQaratha. Dagegen im Haiivam(;a finden
sich eigenthche dramatische Vorstellungen erwähnt. Zu dem
grossen Feste, welches Krishna in Dväravati giebt, lässt er auch
die Apsaras aus den Palästen des Indra und des Kubera kommen;
sie singen und tanzen, aber sie führen auch theatralische Panto¬
mimen (abhinaya) auf imd stellen in solchen alle Thate^i der
Brüder Kj-islina vmd Räma dar 8386. 8453. Eben solche Panto¬
mimen mit Musik und Tanz führen die Gandharva und Apsaras
auf vor Qiva und Umä im Walde Sarvatuka 9900. (Ein voll¬
ständiges Drama, welches die Verfluchung des Rävana durch Nala¬
kübara zum Gegenstande hat und in welchem auch Rambhä auftritt,
wird 8694 bescbrieben; aber die Darsteller sind hier wirkliche
Schauspieler, beziehungsweise als solche verkleidete Prinzen.)
Von einem Kultus der Apsaras findet sich im Mahäbhärata
keine Spur; nur ihnen geweihte Wallfahrtsorte finden sich erwähnt.
Ganz im Süden Indiens liegen die fünf Teiche, Näritirtha genannt,
1,217,11 = 7871, fünf Apsaras geweiht; ihre Namen sind Vargä,
Saurabheyi, Latä, Budbudä und Samici. Femer hat Urvasi ihr
eigenes tirtha 13,25,46 = 1732. 3,84,157 = 8135. Das 3,82,8i =
5023 genannte tirtha der Mädchen (kumärikänäm) des Indra ist
vielleicht ein drittes den Apsaras heiliges tirtha, vielleicht aber auch mit dem erstgenannten identisch.
In den alten epischen Sagen spielten die Apsaras eine be¬
deutende Rolle; geme sang man von den reizenden und verführe¬
rischen Nymphen des Indra. Aber dem Emste der späteren Welt¬
anschauung waren sie anstössig; das ausgebildete brahmanische
System hätte das Ahdenken an sie wohl heber ganz vertilgt. Da
dies nicht anging, mussten sie sich wenigstens soweit in die aske¬
tische Anschauungsweise der späteren Zeit einfügen, dass angegeben
wurde, auch sie hätten ihre Schönheit nur vorausgegangener Busse
und tugendhaftem Wandel zu danken 5,44,21 = 1704. Uebrigens
nehmen die späteren Stücke eine immer animosere Stellung gegen
die Apsaras ein. Eine derselben, Pancacüdä, wird kurzweg
puipscali, d. h. meretrix, gescholten 13,'38,2 2203. Nach 12,282,43
= 10185 sind die Apsaras unheilig, indem die Schuld des Brab¬
manenmordes auf ihnen ruht. Aus dem Körper des getödteten
Vfitra sei nämlich Brahmavadhyä, die Verkörperung des Brabmanen¬
mordes, entstanden ; dieses Wesen will Brahmanen tilgen, er beruft
deshalb die Apsaras und bittet sie, ein Viertel des Wesens der
Brahmavadhyä in sich aufzunehmen. Sie gehen darauf ein, die
drei anderen Bestandtheile werden von dem Feuer, dem Wasser
und der Pflanzenwelt absorbiert. Man sieht hier deutlich die
Animosität gegen die Apsaras ; die ältere Bearbeitung dieser Sage
nennt sie gar nicht, sondem ganz allgemein die Weiber 5,13, i9
= 419. — Zu welcher Unbedeutsamkeit späterhin, in der Zeit
der Classiker, die Apsaras herabsanken, davon ist der Umstand
4 5
644 Holtzmann, die Apsaras nach dem MahdbMrata.
ein merkwürdiger Beweis, dass die indischen Grammatiker das Wort
Apsaras unter den Nominibus anführen, von welchen sich nur der
Plural vorfinde. Auch der Schohast Nllakantha bemerkt zu 3,46,4i
= 1857, der Singular des Wortes sei ärsha, veraltet.
In der Veda-Literatur wird an den Apsaras besonders hervor¬
gehoben ihre Liebe zum Würfelspiele und ihr geistverwirrender,
Wuth. und Tollheit bringender, oft tödtlicher Einfluss auf die
Menschen; es sind ,die unheimlichen, unfriedhchen Nebelgestalten
der Elfen, Spukgeister, welche im schattigen Dunkel des Waldes
ihr Wesen treiben' (A. Weber Indische Studien XIE, 135, wel¬
cher hier den Namen Apsaras als „gestaltlos" deutet, von psaras
= rupa. Dazu passt der Apsaras-Name Arüpä 1,65,« in B. ; C.
2554 hat Anüpä). Aber das Epos zeigt auch hier seine Selbständig¬
keit; es weiss nichts von der physikahsch-elementaren Seite der
Apsaras, nach welcher sie, wie man sagt, ursprünglich Wasserdämpfe bedeuten (Budbudä, Wasserblase, heisst eine von ihnen 1,216,20=*
7858). Vielmehr hat auch hier wieder das Epos seine eigene,
anthropomorphistische Mythologie. Das Vorbild zu den Apsaras
des Epos sind die frei lebenden (anävrita), kunsterfahrenen Hetären,
welche die Höfe der Reichen (Kubera) und Mächtigen (Indra) be¬
suchen und im Vereine mit fahrenden Sängem (Gandharva) mit
Spiel, Gesang und Tanz erfreuen, auch durch ihre Reize und ihre
Bildung auf das Leben der Höfe einen mächtigen Einfluss aus¬
üben. Jene andere, unheimliche Seite ihres Wesens aber ist im
Epos gänzlich ignoriert. Sie rauben freüich dem Sterblichen, der
sie erblickt, Sinn und Verstand (cetobudhimanoharäs 3,43,32 =
1787), aber nur durch die Macht ihrer Schönheit; ihr verderblicher
Einfluss ist nirgends angedeutet, nur 3,220,39 =■. 14493 wird die
Mutter der Apsaras als ein unheimliches, Kinder raubendes Gespenst angeführt.
Es wird auch hier wieder deuthch, dass das Epos sich, wie
eine eigene Sprache, so auch eine eigene Mythologie schuf, eine
anthropomorphistische, zu der sie das Material allerdings aus der
älteren, die Naturkräfte symbolisierenden Mjrthologie bezog, aber
dasselbe frei nach ihren Kräften umgestaltete. Bei den Indem
kam es zwischen diesen beiden Systemen zu keinem Ausgleiche,
bei den Griechen dagegen hat die neuere Mythologie der epischen
Dichter die alte gänzlich zurückgedrängt, und in diesem Sinne ist
es ganz richtig, was Herodot sagt, dass Homer und Hesiod den
Hellenen die Götter gegeben.
4 5
645
Näsir Chusrau's Rüsanäinäma {»-A-l ^^l-i^^J) oder
Buch der Erleuchtung,
in Text und Uebersetzung, nebst Noten und kritisch-
biographischem Appendix.
Von
Prof. Dr. Hermann Eth«.
I.
Schon vor sieben Jahren führten mich meine Porschangen
auf dem Gebiete der frühesten Epoche neupersischer Literatur zu
einem eingehenderen Studium der Werke des ältesten persischen
Didaktikers, Abü Mu'in Näsir bin Cbusrau oder schlechtweg Näsir
Cbusrau genannt, der in mancher Beziehung merkwürdigsten Pigur
unter den Koryphäen persischer Poesie. Da sich neuerdings das
Interesse für diesen räthselhaften Mann auch in Frankreich zu
regen beginnt, wie die werthvolle „Note sur Näi;ir ibn Khosroü*
von M. E. Fagnan (im Joumal asiatique, VII Serie, tome 13 no. 1
pp. 164—168) und die von diesem Gelehrten beabsichtigte Heraus¬
gabe des Sa'ädatnäma, sowie die von M. Schefer angekündigte
Uebersetzung des Safamäma (beides Werke unseres Autors) be¬
weisen, so glaube ich diese sehr willkommenen Bestrebungen nur
fördern zu können, wenn ich mit der Veröffentlichung des um¬
fangreichsten Matnawi von Näsir, des Rüsanäinäma, nicht länger
zurückhalte, und zugleich die Gelegenheit benutze, einige von
M. Fagnan angeregte Punkte zu erledigen, soweit meine bisherigen
Untersuchungen mir Material dazu geliefert. Eine eingehendere
Darstellung des Lebenslaufes sowohl wie der ganz eigenartigen
religiös-philosophischen Anschauungen vmseres Dichters, mit Be¬
legen aus seinen übrigen poetischen und prosaischen Erzeugnissen,
spare ich mir bis zum Schlüsse dieser Arbeit auf, wenn der voll¬
ständige Text des Matnawi den Fachgenossen vorliegen wird —
hier sollen vorläufig nur einige der wiebtigsten Daten über die
Bd. XXXIU. 42