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Bemerkungen zu den von Sachau herausgegebenen
palm3rrenischen und edessenischen Inschriften.
Von Th. NSideke.
Sachau hat von seiner Eeise eine Anzahl sehr denkwürdiger
Inschriften mitgebracht. Wir sehen, wie ergiebig der Boden nicht
bloss Syriens, sondem auch Mesopotamiens für den kundigen und
umsichtigen Aufspürer von Inscbriften ist und können uns noch
auf sehr bedeutende Ergebnisse der Epigraphik gefasst machen,
wenn einmal eine mit grossen Mitteln ausgerüstete Expedition an
den wichtigsten alten Cultui'stätten Nachforschungen und Beobacb¬
tungen im Grossen anstellen wird.
Im Folgenden gebe ich ein paar kleine Zusätze und Berich¬
tigungen zur Deutung der von Sachau in Bd. XXXV, 728 ff. und
Bd. XXXVI, 142 ff. dieser Zeitschrift publicierten Inschriften. Es
ist allerdings kein grosses Verdienst, eine Nachlese zu halten,
wenn ein tüchtiger Mann vorher die Hauptarbeit gethan hat.
Auf der unteren der beiden vereinigten palmyr. Inschriften,
Sachau nr. 1 (Bd. XXXV tab. 1) schloss die 1. Zeile m. E. mit
KOC; SO erhalten wir zusammen mit dem Anfang der 2. Zeile
lx6a]fi(p xal dixaioig näat. Dem entspricht im palmyr. Text
n[a]ujpT fin^aitr . Das zweite Wort halte ich für sicher, nicht
aber, ob nach ursprünglicher, in Palästina üblich gebliebner Weise
nüiap oder nacb syrischer nmcp (oflSjtao) ') zu lesen. In der
Bedeutung „seine Gebühr, was [materiell] dazu gehört" kann ich
zwar das Wort nicht nacbweisen, aber wir haben es bier vrieder
mit einem Graecismus , einer Uebertragung von Sixaia zu tbun.
Es fi'agt sich nun , ob der Text der Inschrift etwa vollständig
dadurch wird , dass man , einer Vermuthung Sachau's folgend, am
Scbluss von Zeile 1 (in 1 b) einfach K[yil KOC] liest und so
das nöthige xal xoafiip gewinnt. Doch scbeint mir das kaum
j anzugehn. Nach allen Analogien war im palmyrenischen Text der
1) S. u. A. Mandäische Gramm. S. 39.
•
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Nöldeke, Sachau'« palmyrenische und edessenische Inschrifteu. 565
dreifache Name 'lovliog AvQTjXiog Zrp)6ßix>g in einheimischer
Schrift vollständig wiedergegeben ; die palmyr. Zeile ging also
ziemlich weit nach recbts , und es ist unwahrscheinlich , dass der
griech. Text lange nicht so weit gereicht hätte. Hier hat also
wohl noch etwas mehr im Griechischen gestanden.
In der 1. Zeile des griecb. Textes am Ende des 1. Fragments
ist gewiss e[/7]0[//f]C[eiV] zu lesen.
S. 73-5. Die Ableitung des Namens Npbia von t*p5 -f bia
müsste ich auch dann für höchst unwahrscheinlich halten, wenn
nicht in der Inschrift und alle 3mal bei de Vogüe 67 so gut wie
sicher Nnbna zu lesen wäre. Erklären kann ich das freilich so
wenig wie die Namen mit (S. 739), deren Deutung durch
Nt: auch nicht zu billigen sein dürfte.
Die Heranziehung von Fällen wie {iü, wirft auf die Er-
"" V
klärung von "Tan (S. 736) kaum besonderes Licht. Denn
ist kein Eigeimame, sondem Appellativ: seine Eltern oder seine
Vorfahren überhaupt trieben das Färbergewerbe (s. Martyr. 1, 15,19).
War ein Mann zu einer hervorragenden Stellung gelangt, so war
es ganz passend , ihn als ,den von den Färbern, Kameeltreibern,
Matrosen (Land III, 243, 9) u. s. w. Stammenden' zu bezeichnen.
Eine obscure 'Axfiii} hatte aber schwerlich Veranlassung, sich ibrer
Abkunft aus einer Bäckerfamilie zu rühmen; man darf also nicht
etwa vermuthen , das ^ sei hier Pluralzeicben , wie ein paar mal
auch in Palmyra N (Nt^) für n; vorkommt (ZDMG. XXIV, 100),
und es sei iTrn ma zu lesen. Wir haben hier vielmehr, wie
auch Sachau annimmt, den Eigennamen ibres Vaters.
Wichtiger als die neuen palmyrenischen Inschriften , deren
Ali uns ja schon ziemlich bekannt ist, sind noch die edessenischen,
namenthch die, welche die ältesten syrischen Handschriften an
Alter beträchtlich überragen. Was Sachau uns giebt, zeigt, wie
dringend zu wünschen ist, dass wir von diesen Monumenten noch
viel umfassendere und ganz zuverlässige Kunde erhielten.
Bd. XXXVI tab. 1 nr. 1 (S. 145). Der Name ojVfc 2aQtäov
r.
(Genitiv) ist wohl als J,LÄ zu fassen, was dem wirklich als Stammes¬
namen vorkommenden Ju,^l (fbn Doraid 187, 5) gleicbbedeutend
ist. — Zu der Absorption des n in den folgenden Zischlaut bei
.a2QjOo/ Afiuaaufiari vgl. den gleichfalls edessenischen Namen
j vA»-N\ Addai 40 (= Cureton, Anc. doc. 18). Ob es sich mit
I^QjOiw und andern Namen bei HoflFmann, Syr. Märtyrer nr. 810
ebenso verhält, wage ich nicht zu entscheiden.
666 Nöldeke, Sachau's pal/niyrenische und edessenische Inschriften.
In Nr. 2 (S. 153 sq.) lese ich lin. 5 i >rt\ \ < }..^^ij|o
also „ich . . . habe gemacht diese Säule und das Bild, das'oben
darauf steht". ^ ''^L findet sich so bei Isaac II, 220 v. 345
O)^/ )o]so >^0><^^1 «^2QjLOf ^ ^\iwO »und legt seine Hand über dein Zeicben, das an ihnen ist". Das Gewöhnlichere wäre hier ^\\ «
nj 1 V» Diese Inschrift verdiente besonders die Mühe und den
Aufwand eines Abklatsches. Allerdings kann die Uebereinstimmung
zwischen den Abzeichnungen bei Badger ') und Sachau Zweifel
daran erwecken , ob wir es in der Entzifferung dieser Inschrift
überhaupt viel weiter bringen werden ; aber man hat zu bedenken,
dass in der Nähe Einiges doch wohl deutlicher sein mag , als es
sich den beiden Beobachtern aus grosser Entfernung in gleicher
Weise darstellte.
Nr. 7 (S. 163). Zu ^, ^^^p> das ich freilich nicht für ganz
sicher halten kann, wäre zu vergleichen mm auf der Palmyr.
y y
Oxon. 1 und das arabische Jj_>U = lX;>uJ! Ibn Doraid 296.
Nr. 8 (S. 164). c^^N setze auch ich = Dies kommt
als männlicher Eigenname freilich nur in ganz mythischem Zu¬
sammenhange für einen Sohn des 'Adnän und nicht einmal in be¬
sonders guter Beglaubigung, nämlich bloss im Qämüs, vor. Abor
o£
sicher ist von derselben Wurzel der Name 'w^l _j-o Ihn Doraid
166 und Gauhari (mit Belegvers), und der Qämüs hat noch XjL*c
CJ -
und X_jl_».,«,.r . Auch ^y?:, das de Vogüe 68. 69 vorzukommen
scheint, und Motactos (^^^aä^?) Wetzstein 95 liesse sich vielleicht
hierherziehn. Ist Aiog, Eog Waddington 2160 = unserm
(und nicht etwa j_^) , so ist dies Mannes- und Weibernamen zu-
r- o 'i .
gleich , wie z. B. . Uebrigens könnte o ^.V ^ auch von
y
t^yc herkommen, vgl. Xj^Ljix. — Zur Erklärung von j^oo*. ;3
weiss ich nichts beizubringen , da das unsichere palmyr. DiBia
Mordtmann 60 nicht weiter hilft.
Zeile 3 möchte ich, faute de mieux, vorschlagen, in der
1) Da ich Badger's Buch nicht selbst benutzen konnte , hat mir Socin freundlichst eiue Durchzeichnung von dessen Copie gesandt.
Nöldeke, Sachau's palmyrenische und edessenische Inschriften. (Jß?
allerdings nicht nachweisbaren Bedeutung „o Fremder". Oder viel¬
leicbt II'Va./ ,0 Späterer" (der nach mir leben wird) ? Eine erneute
Untersuchung des Originals oder wenigstens des Abklatsches muss
entscbeiden, ob das vorletzte Zeichen, das nach der Abbildung ein
O ist, als j oder gar ^ gedeutet werden darf.
Den Satz ojSw jo)L )J jJ.V~ nehme ich ganz nach dem schon
von Payne-Smith beigebrachten \ .^lO^jlL JJ Jer. 44, 7.
50, 26, 29, also „nicht soll von ihm etwas nachbleiben", d. h.
„er soll keine Nachkommen hinterlassen". Der Uebersetzer des
jeremia hat an jenen Stellen offenbar eine echt edessenische Redens¬
art verwandt.
Bei Jo) Nyv könnte man an die Aussprache Jpij \. ; in =
Joi^ J*JD «Herr der Götter" denken. Dann wäre die Inschrift
sicher heidnisch, was übrigens auch bei der näher liegenden
Deutung als Jo^ nicht ausgeschlossen ist.
Es scheint mir nicht unmöglich , dass diese Inschrift in
8 silbigen Verszeilen abgefasst ist. Freilich müsste man dabei
annehmen, dass |j)o/ gegen die gewöhnliche Tradition, 3 silbig
wäre '); bedenklicher ist, dass Vers und Gedankenglieder mehrfach
nicht zusammenfallen würden. Für jene Annahme könnte viel¬
leicht sprechen die auffallende Weglassung des y in ^
(2 silbig) für ">\*p? ^ (3 silbig) und die Schreibung Jo^yo , welche das J , das metrisch nicht gezählt werden dürfte, einfach weglässt.
Wir könnten also abtheilen: I — |»Qjl V2 O n\ jj/
.^»^ JjA — * l-)«—^ — l-JO) J»ociO ^.o
.^lioo 0)X Jo)L JJ — jLv- -Jov^vup ^ Vi-jL JJ — jj)oJo
jo^^'yd^. Aber freilich ergeben sich im Syrischen so leicht von
selbst Wort- und Satzgruppen von bestimmter Silbenzabi, dass
wir uns hüten müssen, auf ein solches Zusammentreffen in unserer
Inschrift Gewicht zu legen.
Zu Erklärung der barbarischen griech. Inschrift 9 (S. 166)
weiss ich nichts zu geben, was über vage Vermuthungen hinaus-
1) Die beliebte Nebenform wird traditionell JjJO oder (UA 3371 aus¬
drücklich) JjjÖ gesprochen. In den syrischen und arabischen Formen des Wortes ist noch Manches dunkel.
668 Nöldeke, Sachau's palmyrenische und edessenische Inschriften.
ginge. Weiter komme ich mit nr. 10 (S. 167). Ich lese, ohne
ein einziges Zeichen anders zu deuten, als es klar dasteht — ab¬
gesehen von dem ersten A:
'Avinasv
Evdoxia fievi "y
y 'lowlov riQn
xvQiaxi
Das soll heissen : „Entschlafen ist Eudokia Sonntag den 3. Juni
8 . .". Die ungeschickte Stellung der Zabl des Monatstages und
die Constmction firjvl 'lovviov kann auf diesem Gebiet nicht be¬
fremden. Ob r/ga fiir iiftsgcf sonst vorkommt, weiss ich nicht;
die Deutung scheint mir nicht zweifelhaft. In dem grossen Y
rechts sehe ich den Anfang der Jabreszahl nach Seleucidischer
Rechnung; sie ist also aus dem 9. Jahrhundert Sei., beg. 1. Oct. 488.
Strassburg i. E.
d. I.Mai 1882.
m
Anzeigen.
Zh'e neu-aramäischen Dialekte von Urmia bis Mosul Texte
und Uebersetzung herausgegeben von Dr. Albert Socin.
Tübingen 1882 Verlag der H. Laupp'scben Buchbandlung
(XI und 224 S. in Quart, davon S. 1 — 168 autographiert).
Den Texten im aramäischen Dialect von Tür-'Abdin, welche
er mit Prym zusammen herausgegeben bat, lässt Socin jetzt Stücke
in verschiedenen Mundarten der Aramäer zwiscben dem Tigris
und dem See von Urmia folgen. Bedeutend mehr als die Hälfte
des Buchs (S. 2—119, davon S. 2—96 zugleich in syrischer und
lateinischer Schrift) ist der Sprache von Urmia gewidmet. Bekarmt-
lich ist diese von den americanischen Missionären zur Schrift¬
sprache erboben oder vielmebr zur Grundlage der neuen Schrift¬
sprache gemacht. Als ich meine neusyrische Grammatik schrieb,
war ich fast allein auf die Erzeugnisse der Urmiaer Missionspresse
angewiesen. Viva voce war mir kein neus3rrisches Wörtchen be¬
kannt geworden, und dass Stoddard's Bescbreibung der Ausspracbe
keinen vollkommenen Ersatz für eignes Hören abgebe, konnte mir
nicht verborgen bleiben. Zu spät, nachdem mein Buch schon
erschienen war, lemte ich einen aufgeweckten und in seiner Axt
gelehrten Syrer aus Urmia, den Sämmäsä (Diaconen), jetzt QäSä
(Presbyter) Giwärgis bar Hürmis (Georg, Sobn des Hormizd) kennen,
hörte von ibm, wie die Sprache klingt, und lemte Mancherlei zur
Pormenlehre und selbst Syntax, was ich aus meinen Quellen nicht
hatte erfahren oder nicht hatte richtig auffassen können. Sogar
einige schwache Versuche, neusyrisch zu sprechen, habe ich damals
unternommen. Leider habe ich keine längeren Textstücke auf¬
geschrieben , sondern nur einzelne grammatische Notizen gemacht.
Schon vorher hatten G. Hoflfmann und A. Socin in Berlin einen
anderen Nestorianer aus Urmia Audi§ü («^qa^ ') zu gründ-
1) Die Nestorianer lialten in der Aussprache dieses Namens (modern
' ' * .'v
^Audüö' , Audlsä, Odina) eine sehr alte Formation fest; die westlichen Syrer
> % 71 sprechen nach der gewöhnlichen Regel >\0<U