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Friedrich Rosen.

1856—1935. Ehrenmitglied der D. M. G. seit 1934.

Von Enno Littmann.

Fbikdrich Rosen verlebte seine Kindheit in Jerusalem;

er war ein Jahrzehnt seines Mannesalters als deutscher Diplo¬

mat im Nahen Osten tätig; im Fernen Osten ward seinem

Leben ein Ziel gesetzt. So war das Morgenland gewissermaßen

sein Schicksalsland. Wenn er im Vorwort zu seinem Werke

Persien in Wort und Bild von seiner langjährigen Tätigkeit

in Iran sagt: „Durch eingehende Kenntnis des Landes und

seiner Bewohner die deutschen Interessen auf politischem,

wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet zu fördern, war dort

meine vornehmste Aufgabe", so gilt dies nicht nur von seinem

Wirken in Persien, sondern von seiner ganzen Lebensarbeit,

der er sich in noch vielen anderen Ländern mit unermüd¬

lichem Eifer, großer Umsicht und reichem Erfolge widmete.

Wenigen deutschen Diplomaten ist es beschieden gewesen,

so segensreich auf politischem und zugleich auf kulturellem

Gebiete zu wirken. Wenige waren auch von Natur so poli¬

tisch, wissenschaftlich und künstlerisch dazu veranlagt wie er.

Rosen stammte aus einer lippischen Familie, und gern

verbrachte er in seinem höheren Alter die Sommer in Det¬

mold, der Stadt, in der sein Vater im Ruhestand gelebt hatte.

Sein Großvater, Friedrich Ballhorn-Rosen, beider Rechte und

der Philosophie Doktor, war Fürstlich Lippischer Kanzler

gewesen. Sein Vater, Georg Rosen, war in den preußischen

diplomatischen Dienst getreten und war als Konsulats¬

beamter, Konsul und Generalkonsul im Nahen Osten tätig.

Schon er beschäftigte sich außerhalb seiner dienstlichen

Pflichten eifrig mit orientalischen Studien; so konnte Fried¬

rich Rosen von ihm die Neigung zum diplomatischen Beruf

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392 E. Littmann, Friedrich Rosen.

und zu wissenschaftlichen Studien erben. Von seiner Mutter

aber, deren Landschaftsskizzen zum Teil in seinen Oriental

Memories veröffentlicht sind, erbte er eine künstlerische Ver¬

anlagung. Das alles verwob sich in ihm zugleich mit seinen

Lebenserfahrungen im Orient, wo er den Geist der Völker in

sich aufnahm und als Abendländer in sich verarbeitete, zu

einem einheitlichen, harmonischen Ganzen, so daß man in

ihm, namentlich in seinem höheren Alter, manchmal einen

abendländischen Weisen aus dem Morgenlande zu sehen ver¬

meinte. Er wurde am 30. August 1856 in Leipzig geboren;

doch seine Jugend verbrachte er in Jerusalem, wo sein Vater

Königl. Preußischer Konsul war. Dort lernte er als Kind

arabisch sprechen; durch einen englischen Missionarssohn,

der unfähig war eine andere Sprache als Englisch zu lernen,

kam er dazu, auch schon als vierjähriger Knabe englisch zu

sprechen. Das Englische ward ihm, da seine Mutter in London

geboren und aufgewachsen war und dann auch mit ihren

Kindern gern englisch sprach, zur zweiten Muttersprache.

Aber Rosen sagt von sich {Oriental Memories, S. 2): ,,I make

no pretension to any English literary style ; no man can write

in another language as in his own." Doch die frühzeitige

Beherrschung des Englischen ist ihm in seiner späteren amt¬

lichen Tätigkeit von sehr großem Nutzen gewesen. Wenn er

als Mann von den Spielen mit seinen Geschwistern und

Freunden in dem alten Jerusalemer Hause mit den dunklen

Gängen und den geheimnisvollen Kuppelräumen erzählte,

so konnte er das mit der Kunst arabischer Märchenerzähler

tun. Schon früh erkannte er, daß der islamische Orient über

den arabischen Orient hinausgeht, und so richtete er seine

Blicke weiter als nur auf das Arabertum, in dessen Mitte er

aufgewachsen war; hatte sich doch auch schon sein Vater

gründliche Kenntnisse des Persischen und des Türkischen

angeeignet. Für Friedrich Rosen wurde, trotzdem er Zeit

seines Lebens sein Interesse an der arabischen Literatur und

der Hauptsprache des Islams behielt, dies weitere Gebiet der

islamischen Literatur und Kultur, vor allem Persien, das

eigentliche Gebiet seiner wissenschaftlichen Studien und Ver-

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E. Littmann, Friedrich Rosen. 393

öffentlichungen. Im Jahre 1887 wurde er am Seminar für

Orientahsche Sprachen in Berlin Dozent für Hindustani, die

Hauptsprache der mohammedanischen Inder. Wie unser ge¬

meinsamer Freund F. G. Andreas, einer der kenntnisreichsten

Orientalisten, die ich je kennen gelernt habe, geriet auch

F. Rosen in Konflikt mit dem damaligen Direktor des Semi¬

nars; an diesen Konflikten trugen Andreas und Rosen nicht

die Schuld. So trat Rosen denn 1890 in den diplomatischen

Dienst über und ward für kurze Zeit dem Konsulat in Beirut,

dann für längere Zeit der Gesandtschaft in Teheran zugeteilt.

Dort konnte er so recht seine reichen Fähigkeiten entfalten.

Mit dem Neupersischen, das er im Jahre 1887 auf einem Ritt

durch Persien vom Persischen Golf bis zum Kaspischen Meer

im mündlichen Gebrauch sich aneignete und das er in seiner

modernen literarischen Form aus den Tagebüchern von

Näsireddin Schäh feststellte, war er so vertraut, daß er 1890

einen neupersischen Sprachführer unter dem Titel Shumä

Färsl härf mizänid {Sprechen Sie Persisch?) herausgab; dies

Buch erschien in englischer Bearbeitung 1898 unter dem

Titel Modern Persian Colloquial Grammar, und in dritter,

verbesserter Auflage 1925 in Berlin. In Teheran wurde er

ganz im persischen Geistesleben heimisch; er und seine

künstlerisch, vor allem musikalisch hochbegabte Frau, schufen

einen Mittelpunkt für das geistige Leben, wie es wohl selten

Diplomaten in einem fernen, dem eigenen so fremden Lande

haben schaffen können. Beide wurden auch von den Persern

freundlich und herzlich aufgenommen. Er pflegte mit den

einheimischen Gelehrten in persischer Sprache über philoso¬

phische Fragen zu disputieren. Und wenn sie bei persischen

Damen eingeladen war, so pflegten diese der Europäerin, um

der Konvention willen, zuerst einen Stuhl hinzusetzen, dann

aber nach einer Weile ihr zu sagen, sie möge es sich bequem

machen und auch auf den Kissen am Boden sitzen; denn

damals herrschten in Teheran noch die alteinheimischen

Sitten. Im Jahre 1898 richtete Rosen das Konsulat in Bagdad

ein; ein Jahr später wurde er Konsul in Jerusalem, dort, wo

sein Vater mehrere Jahrzehnte vorher das gleiche Amt be-

g 6 •

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394 E. Littmann, Friedrich Rosen.

kleidet hatte. Aber das Konsulat befand sich nicht mehr in

dem alten Hause in der inneren Stadt; ein neues Gebäude

vor dem Damaskustor war inzwischen für den deutschen

Konsul errichtet. Dort lernte ich Roskk zum ersten Male

kennen; und seither hat uns eine aufrichtige Freundschaft

verbunden. Die sprichwörtlich gewordene orientalische Gast¬

freiheit wurde in seinem Hause wirklich geübt, damals in

Jerusalem ebenso wie später in Berlin, auch in der Kriegs¬

zeit und der Nachkriegszeit, als es schwer genug war, die

eigene Familie zu versorgen; das war „hospitality and kindness

itself", wie Miß Gertrude Bell, die zu jener Zeit als Gast bei

Rosens war, in einem Briefe schrieb ( The Letters oj Gertrude

Bell, First one volume edition 1930, S. 56). Miß Bell, die

kühne und intelligente Forschungsreisende und Politikerin,

die während des Weltkrieges und nach dem Kriege eine so

wichtige Rolle in der englischen Politik im vorderen Orient

gespielt hat, ist mir nach unserem ersten Zusammentreffen

noch mehrmals in Syrien und Ägypten begegnet; bis zum

Weltkriege war sie mit dem Hause Rosen eng befreundet.

Eindrucksvolle Worte der Erinnerung an sie finden sich in

Rosen's Oriental Memories, S. 281. Diese Memories enden

mit dem Ablauf seines Jerusalemer Konsulates im Jahre 1901;

in wenigen Worten werden dort zum Schluß die gewaltigen

Umwälzungen charakterisiert, die sich im Orient nach dem

Weltkriege, vor allem durch die technischen Erfindungen und

durch den Automobilverkehr, geltend gemacht haben und

die für bedeutsamer erklärt werden als alle früheren ge¬

schichtlichen Ereignisse wie z. B. die Eroberungen durch

Alexander den Großen und die Mongolen.

Im Jahre 1901 wurde Friedrich Rosen in die politische

Abteilung des Auswärtigen Amtes berufen, und zwar zu¬

nächst als Vortragender Rat. Damit begann der zweite Ab¬

schnitt in seinem Leben. Er hatte ihn auch selbst herbei¬

gesehnt; denn es lockte ihn nicht, sein Leben als Konsul von

Jerusalem zu beschließen. Und daß die Vorsehung ihn für

größere Aufgaben bestimmt hatte, zeigte sein rascher Auf¬

stieg. Nachdem er 1904 zum Geheimen Legationsrat ernannt

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V.

m

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E. Littmann, Friedrich Rosen. 395

war, führte er 1905 die deutsche Sondergesandtschaft nach

Abessinien, um mit Kaiser Menilek einen Handelsvertrag ab¬

zuschließen. Als er damals in Addis Abeba dem Kaiser davon

erzählte, daß der Deutsche Kaiser großes Interesse an den

Ausgrabungen an Stätten des Altertums habe, schlug Menilek

vor, die Deutschen möchten auch in Aksum, der heiligen

Stadt Abessiniens, Ausgrabungen veranstalten, und er ver¬

sprach, eine deutsche Expedition dorthin in jeder Weise zu

unterstützen. So wurde die Deutsche Aksum-Expedition be¬

schlossen. Im Sommer 1905 traf ich mit Rosen in Norderney

zusammen, um mich mit ihm über meine Reise nach Abessi¬

nien, die ich im Auftrage der Universität Princeton unter¬

nehmen wollte, näher zu beraten. Die Vorbereitungen der

Deutschen Expedition waren damals noch streng geheim. Die

außerordentlich feine, vorsichtige und diplomatische Weise,

in der Rosen mich in die Pläne einweihte, um eine Kollision

zwischen der amerikanischen und der deutschen Expedition

zu vermeiden und mir die spätere Übernahme der Führung

des deutschen Unternehmens zu erleichtern, ist mir unver¬

geßlich. Auch in Abessinien, einem Lande, das ihm bis dahin

so fremd gewesen war, hatte er, wie aus gelegentlichen schrift¬

lichen und mündlichen Schilderungen hervorging, ein leb¬

haftes Interesse für das Volksleben, für Sitten und Gebräuche

und für die Volksliteratur; unter anderm ließ er sich die

Tänze der Somali vorführen und ihre Gesänge erklären. Noch

im selben Jahre riefen ihn ganz andere Pflichten. In Paris

führte er mit Rouvier die Verhandlungen über das Programm

der Algeciras-Konferenz. Dann kam er als Gesandter nach

Tanger, wo er bis 1910 bheb. Von 1910 bis 1912 war er Ge¬

sandter in Bukarest, von 1912 bis 1916 in Lissabon, von 1916

bis 1920 im Haag. Wie sehr er hier wiederum nicht nur poli¬

tische, sondern auch kulturelle Aufgaben zu erfüllen suchte,

zeigte die Tatsache, daß er sich vor seiner Abreise noch genau

über den großen Anteil der Niederländer an der Orient¬

forschung unterrichtete. Im Januar 1920 sollte er zum Bot¬

schafter in Madrid ernannt werden; doch die Ernennung kam

wegen französisch-spanischer Widerstände, die wohl auf seine

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396 E. Littmann, Friedrich Rosen.

Mitarbeit an der Algeciras-Konferenz zurückgingen, nicht zu¬

stande. Dafür wurde er aber im Mai 1921 zum Reichsminister

des Äußeren ernannt, und so hatte er die höchste Stufe er¬

reicht, die ihm in seinem Berufe zuteil werden konnte. Lange

sollte er dies hohe Amt bei dem häufigen parlamentarischen

Wechsel jener Zeit nicht bekleiden; schon im Oktober des¬

selben Jahres trat er mit dem Kabinett, dem er angehörte,

zurück. Im Ruhestande konnte er sich ganz seinen wissen¬

schaftlichen und literarischen Arbeiten widmen; winters lebte

er in Berlin, sommers meist in Detmold. Aber mehrfach

konnte man seiner Hilfe und seiner Sprachkenntnisse nicht

entbehren. So begleitete er den König Amanullah von Afgha¬

nistan auf dessen Reise durch Deutschland, und so hielt er

im Goethejahr 1932 in persischer Sprache eine Rede zur

Feier des großen Dichters; diese Rede wurde in Berlin auf

Schallplatten aufgenommen, die Platten wurden nach Teheran

geschickt. Als sie bei der dortigen Goethe-Feier erklangen,

war das Erstaunen und die Bewunderung der Perser groß.

Trotz seinem hohen Alter und trotz den Beschwerden, die

das Alter mit sich brachte, war er bis zuletzt rüstig und

frisch. An der Firdausi-Feier in Teheran 1934 konnte er zu

seinem Leidwesen nicht teilnehmen. Aber er unternahm

dennoch, im Alter von 79 Jahren, eine Reise nach China, um

seinen Sohn zu besuchen, der dort im diplomatischen Dienste

tätig ist, zur Freude des Vaters, der in ihm die dritte Gene¬

ration im diplomatischen Berufe der Familie Rosen ver¬

körpert sah. Aber am 27. November 1935 starb Friedrich

Rosen im deutschen Krankenhause zu Peking an den Folgen

eines vierzehn Tage vorher erlittenen Beinbruches.

Über die großen Verdienste, die Rosen sich als Diplomat

im Dienste des deutschen Vaterlandes erworben hat, muß

von zuständigerer Seite ein Urteil gefällt werden. Die nicht

diplomatisch Geschulten unter uns können sich ein Bild

machen von all den schwierigen politischen Aufgaben, die er

zu lösen hatte, und von der ruhigen und sachlichen Art, mit

der er das politische Geschehen anschaute und durchschaute:

dies Bild bieten seine beiden Bände Aus einem diplomatischen

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E. Littmann, Friedrich Rosen. 397

Wanderleben (I. Auswärtiges Amt — Marokko; II. Bukarest —

Lissabon). Auch seine Oriental Memories enthalten manche

politischen Betrachtungen und Ausblicke; doch in der Haupt¬

sache geben sie Schilderungen von Erlebnissen und Reisen,

von Ländern und Völkern. Er schaute alles, was er um sich

erblickte, mit offenen und verstehenden Augen an und wußte

es in ausdrucksvoller Weise darzustellen. Die guten und

schlechten Seiten der fremden Völker suchte er gerecht zu

beurteilen, und immer wieder suchte er aus dem Geschehenen

Lehren zu ziehen für das Künftige. Am Schlüsse seines

Werkes Persien in Wort und Bild fordert er von der deutschen

amtlichen Vertretung in Persien eine gründliche Kenntnis

der Sprache und der Anschauungen des Landes; den Persern

aber, die ihr Land äußerlich und innerlich ganz europäisieren

wollen, ruft er zu, ,,daß dasjenige, was ihr Land und ihre

Kultur der ganzen Welt so interessant und so wertvoll ge¬

macht hat, nicht die Nachahmung des Fremden und die Ein¬

führung von Neuerungen gewesen ist, sondern das auf ira¬

nischem Boden gewachsene Eigene und das durch Jahr¬

tausende erhaltene Alte".

Außer in seinen großen Memoirenwerken hat Rosen nur

selten über politische Dinge geschrieben, wie in seinem Bei¬

trag Deutschlands auswärtige Politik seit dem Vertrag von Ver¬

sailles (1925 in ,, Deutschland, Gegenwart und Zukunft").

Alle seine anderen Werke beschäftigen sich mit Persien, seiner

Sprache und Literatur, und zum kleineren Teile mit Hindu¬

stani. Die neupersische Sprache behandelte er in seinem oben

genannten Sprachführer. Außerdem gab er 1915 ein Buch

seines Vaters neu heraus: Elementa Persica, Persische Er¬

zählungen mit kurzer Grammatik und Glossar von Georg

Rosen, das 1843 zuerst erschienen ist und mit dem viele

deutsche Orientalisten ihre Studien des Neupersischen be¬

gonnen haben. Von der persischen Literatur zogen ihn die

Sinnsprüche des großen Gelehrten und Weltweisen 'Omar

Chaijäm immer wieder an. Auf langen Ritten durch Persien

hatte er eine Ausgabe von dessen Vierzeilern in seiner Sattel¬

tasche, und mancher Spruch wurde während des Reitens in

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398 E. Littmann, Friedrich Rosen.

deutsche Verse gebracht. In Rumänien las er der Königin

Elisabeth (Carmen Sylva), der Dichterin auf dem Königs¬

throne, einzelne Strophen von 'Omar in deutscher Sprache

vor, und sie konnte hier und da eine kleine Verbesserung im

deutschen Ausdruck vorschlagen. Seine Übersetzung der

Vierzeiler erschien in fünf Auflagen 1909—1922 in der Deut¬

schen Verlagsanstalt Stuttgart-Berlin; eine neue Ausgabe von

ihr erschien im Insel-Verlag. An der Erfassung des äußeren

und des inneren Sinnes der Vierzeiler arbeitete er immer

wieder von neuem; an der deutschen Übersetzung feilte er

mit liebevoller Ausdauer. Zur Einführung machte er den

Leser mit den wichtigsten Tatsachen aus der islamischen

Geschichte und aus dem Leben des Dichters, soweit sie

einigermaßen sicher sind, sowie mit den Echtheitsfragen be¬

kannt; mit den letzteren beschäftigte er sich in einem Auf¬

satze in der Zeitschrift unserer Gesellschaft: Zur Textjrage

der Vierzeiler Omars des Zeltmachers (NF., Bd. 5, S. 285 bis

313). Ferner veröffentlichte er eine persische Ausgabe der

Vierzeiler nach einer alten Handschrift, einmal nur in per¬

sischer Sprache mit einer persischen Einleitung, ein andermal

mit einer kurzen englischen Einleitung und einer Übersetzung

in Prosaform. Es ist bekannt, daß die Frage der Echtheit und

der Überlieferungsgeschichte der unendlich vielen Vierzeiler,

die unter dem Namen 'Omars umlaufen, sehr umstritten ist.

RosKN hat in seiner Weise neues Licht auf diese Forschungen

zu werfen versucht. Und wenn auch nur ein kleiner Bruchteil

aus der großen Vielheit sich als echt erweisen sollte, so bleibt

doch sein Urteil bestehen: ,,Sie sind und bleiben der Beitrag

eines Volkes von besonders hoher Kultur und philosophisch

dichterischer Veranlagung zum geistigen Schatze der Mensch¬

heit." Aus Sa'di's Gulistän übersetzte er ein Buch, die Sage

von Härüt und Märüt gab er in deutscher Übersetzung mit

erklärenden Anmerkungen ,, nebst anderen Dichtungen aus

dem Orient" heraus. Sein Vater hatte im Jahre 1849 eine

dichterische Wiedergabe der Verse des großen Mystikers

Dscheläl ed-Din Rümi mit zahlreichen Anmerkungen heraus¬

gegeben. Von diesem Werke besorgte der Sohn eine Neu-

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E. Littmann, Friedrich Rosen. 399

ausgäbe im Jahre 1913, mitten in seiner diplomatischen

Tätigkeit als Gesandter in Lissabon. Das Werk trug den

Titel „Mesnevi oder Doppelverse des Scheich Mewlänä Dscheläi

ed-dln Rüml. Aus dem Persischen übertragen von Georg

Rosen, mit einer Einleitung von Friedrich Rosen", und das

Motto ,,Behältniß ist das Wort, wie Wasser drin ist — sein

Sinn; der Urquell Gott von allem Sinn ist Mesnevi". In der

Einleitung gab Friedrich Rosen eine ausführliche Darstel¬

lung der persischen Mystik in ihrer Bedeutung für die per¬

sische Literatur und für das geistige Leben der Perser sowie

in ihren Beziehungen zur indischen und zur griechischen

Mystik. Dabei hob er den Unterschied zwischen dem indischen

Nirwana und dem „Entwerden" der persischen Mystiker klar

hervor. Die persische Lyrik war also sein eigentliches wissen¬

schaftliches Arbeitsfeld ; die persische Epik, von der Th. Nöl¬

deke sich mehr angezogen fühlte, war ihm zwar auch bekannt,

und er konnte auch aus ihr Geschichten anführen oder Verse

zitieren, aber eigene Forschungen darüber hat er nicht ver¬

öffentlicht. Nöldeke's Abneigung gegen die Mystik, die doch

für die islamische Geistesgeschichte von großer Bedeutung

gewesen ist, teilte er nicht; er suchte sich vielmehr in sie

einzufühlen, und wir sind ihm dankbar dafür.

Ein zusammenfassendes, allgemeinverständliches Werk

über das Land und das Volk, dem er so viel Arbeit widmete,

ist das schon mehrfach erwähnte Buch Persien in Wort und

Bild (1925). Darin schilderte er in meisterhafter Weise das

Land, die Pflanzen- und Tierwelt, die Bevölkerung, die Re¬

ligion, Wissenschaft, Kunst, Literatur, Musik, Volksbildung,

Volkskultur, Volkssitten, Volkswirtschaft, Geschichte, Politik,

Verfassung, Verwaltung, Volksvertretung, Heerwesen und

auswärtige Beziehungen.

Das Hindustani, das er zu Anfang seiner Laufbahn in

Berlin lehrte, ist in seinen Veröffentlichungen nur zweimal

vertreten. Im Jahre 1892 erschien sein „Indarsabha des Ama-

nat, Neuindisches Singspiel. Hindustani-Originaltext mit

Übersetzung und Erklärungen, Mitteilungen über das hindu-

stanische Theater, Grammatik der Frauensprache usw." Und

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400 E. Littmann, Friedrich Rosen.

1925 zeigte er, daß er die alten Studien nicht vergessen hatte,

in seinem Aufsatze Die Literaturgeschichte des Urdu {Hindu¬

stani) in Walzel's Handbuch der Literaturwissenschaft.

Mit vorbildlicher Pietät pflegte er das Erbe seines Vaters.

Seine Neuausgaben der Elementa Persica und des Mesnevi

sind bereits angeführt. Dazu kommen noch zwei Werke

anderer Art. Im Insel-Verlag erschien: Tuti Nameh {Das

Papageienbuch). Übersetzung aus dem Türkischen von Georg

Rosen. Neuausgabe mit Biographie Georg Rosens von

Friedrich Rosen. Und bei J. C. B. Mohr (Paul Siebeck) in

Tübingen erschien 1929: Georg Rosen, Juden und Phönizier.

Das antike Judentum als Missionsreligion und die Entstehung

der jüdischen Diaspora. Neu bearbeitet und erweitert von

Friedrich Rosen und D. Georg Bertram. Georg Rosen

hatte die Überzeugung gewonnen, daß die große Ausbreitung

der Juden im Altertum sich nur erklären lasse durch die

Wanderungen der stammverwandten Phönizier, die den

Grundstock der späteren jüdischen Gemeinden bildeten.

Darüber hatte er ein Manuskript verfaßt, das aber verloren

ging. Die Vorarbeiten dazu waren erhalten geblieben, und sie

gestaltete Friedrich Rosen zu dem Buche, das dem Andenken

seines Vaters geweiht war.

In Friedrich Rosen waren Diplomat und Gelehrter ver¬

einigt; vielleicht überwog in ihm der Diplomat den Gelehrten.

Es war selbstverständlich, daß die Deutsche Morgenländische

Gesellschaft ihn zu ihrem Vorsitzenden wählte; das gereichte

ihr zur Ehre, wie er Deutschland zur Ehre gereichte. Dem

dauernden Danke der Gesellschaft füge ich meinen persön¬

lichen Dank hinzu für seine mir so wertvolle Freundschaft,

für sein edles Menschentum und für alle die wissenschaftliche

Bereicherung, die ich durch ihn erfahren habe.

(13)

Bücherbesprechungen.

Adolf Grohmakn, Arabic Papyri in the Egyptian Library.

Volume I, Protocols and Legal Texts. With twenty plates.

Cairo, Egyptian Library Press, 1934. 4«. XV u. 277 S.

Dieser stattliche Band trägt die Widmung: To the August

Patron of Papyrology His Majesty Fouad the First King of

Egypt this work is humbly dedicated. Und auf S. VII wird

ausgeführt, mit welchem Eifer und Interesse König Fuad I.

die Papyrusforschung in Ägypten unterstützt und gefördert

hat. Schon in meiner Besprechung von Creswell's Muslim

Architecture (in dieser Zeitschrift, Neue Folge, Bd. XIII,

S. 341) konnte ich darauf hinweisen, daß König Fuad seit

vielen Jahren Wissenschaft und Volksbildung in seinem

Lande eifrig fördert. Nun gebührt ihm von neuem der auf¬

richtige Dank der Wissenschaft.

Die arabische Papyrologie ist, wie jeder Arabist weiß, ein

außerordentlich schwieriges Forschungsgebiet, das unend¬

liche Geduld, viele Sachkenntnisse und gründliche Vertraut¬

heit mit der arabischen Paläographie erfordert. A. Groh¬

mann, der sich seit Jahren mit der Erforschung der arabischen

Papyrusurkunden beschäftigt und dem wir bereits eine Reihe

von wichtigen Veröffentlichungen über sie verdanken, hat

sich, wie nicht anders zu erwarten war, diesen Anforderungen

durchaus gewachsen gezeigt. Da die griechische Papyrologie

die Vorläuferin und Wegbereiterin für die arabische, wie für

die demotische, gewesen ist, so sind ihre Ergebnisse eine

wichtige Hilfe für die Deutung und Auswertung der arabi¬

schen Dokumente, für die neben dem Papyrus auch Perga¬

ment und Papier als beschriebenes Material gebraucht wurde.

Das Buch des Verf. enthält 72 Texte, die in zwei Haupt¬

gruppen zerfallen: I. Protokolle (Nr. 1—36); II. Juristische

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