Fachbeitrag
Sterben Medizinerinnen früher als andere Frauen?
Bettina v. Volkmann, Dr. Monika Sieverding, Berlin
„Ärztinnen sterben deutlich früher"
[6, 19] war das Fazit einer Untersu
chung von 1978, in der das Sterbe
alter der Ärztinnen und Ärzte der Ärztekammern Hessen und Berlin zwischen 1964 und 1976 ausge
wertet wurde. Es fiel die Häufung jüngerer Sterbealter der Ärztinnen sowohl im Vergleich zu Ärzten als auch im Vergleich zu der weibli
chen Gesamtbevölkerung
1auf. Die Ursache hierfür wurde vornehmlich in der „Doppelbelastung (der Ärz
tin) durch Beruf und Haushalt" und der „Zerrissenheit" zwischen diesen Aufgabenbereichen vermutet [19].
Die hier vorliegende Untersuchung hatte das Ziel, die weitere Entwick
lung des Sterbealters von Ärztinnen seit 1976 zu überprüfen. Dabei zeigte sich, daß weniger die Alters
verteilung der verstorbenen, als vielmehr die der lebenden Ärztin
nen ungewöhnlich ist. Da die abso
lute Zahl von Frauen im ärztlichen Beruf erst nach dem 2. Weltkrieg deutlich zunahm [11, 19], sind älte
re und alte Ärztinnen in der Ge
samtgruppe der Ärztinnen unterre
präsentiert, ein Phänomen, das zum Zeitpunkt der Erhebung von Falck und Thiels noch deutlicher ausge
prägt war als heute. Der stark von dem der Bundesbevölkerung abwei
chende Altersaufbau der Ärztinnen läßt jedenfalls den direkten Ver
gleich der unstandardisierten Häu
figkeitsverteilung des Sterbealters mit den Daten der weiblichen
Durchschnittsbevölkerung nicht zu.
Die Abschätzung des Einflusses der spezifischen Altersaufbauten auf die Häufigkeitsverteilung des Sterbeal
ters wurde durch Berechnung der zu erwartenden Häufigkeitsvertei
lung des Sterbealters von Ärztinnen und Ärzten unter Voraussetzung normaler Sterblichkeit ermöglicht.
Von dieser zu erwartenden Häufig
keitsverteilung weicht die tatsächli
che Häufigkeitsverteilung nur unwe
sentlich ab, weshalb die These einer früheren Sterblichkeit von Ärztinnen zurückgewiesen wird.
Vor gut 13 Jahren erschien in der
„Medizinischen Klinik" das Ergebnis einer Untersuchung des Sterbealters von Ärztinnen und Ärzten der Ärz
tekammern Hessen und Berlin zwi
schen 1964 1976 [6]. Dabei wur
den aus den regelmäßig in den Mit
teilungsblättern der Ärztekammern [2, 3] erscheinenden Traueranzei
gen durchschnittliche geschlechts
und kammerspezifische Sterbealter berechnet und deren Häufigkeits
verteilung, in Fünfjahresgruppen ge
ordnet, graphisch dargestellt
2. Sämtliche Berechnungen zum Ster
bealter wurden mit Daten der Ge
samtbevölkerung [17] verglichen.
Bei dem Vergleich des Sterbealters der Ärztinnen und Ärzte mit dem Sterbealter der weiblichen und männlichen Normalbevölkerung fiel bei den verstorbenen Ärztinnen, nicht aber bei den Ärzten, eine rela
tive Häufung jüngerer Sterbealter
auf. Das durchschnittliche Sterbeal
ter der Ärztinnen lag in beiden Kammern weit unter dem der Ge
samtbevölkerung
3.
„Medizinerinnen sterben deutlich früher" als Frauen insgesamt und als ihre männlichen Kollegen, interpretier
ten Falck und Thiels die Ergebnisse [6, 19]. Zwar verwiesen die Autorinnen auf den Einfluß, den der Altersaufbau der Ärzteschaft auf die Verteilung des Sterbealters hat, überprüften diesen je
doch nicht. Stattdessen argumentierten sie, daß „das Auseinanderklaffen des Sterbealters der Ärztinnen und der Le
benserwartung der Frauen der bundes
deutschen Gesamtbevölkerung nicht ausschließlich mit statistischen Män
geln erklärt werden" könne [6, S.
1142]. „ D i e Doppelbelastung durch Beruf und Haushalt und die Zerrissen
heit zwischen zwei Aufgabenberei
chen stellen (...) offensichtlich eine Überlastung dar" [6]. Gestützt wurde diese Begründung durch die Tatsache, daß 88 % der erwerbstätigen Ärztin
nen mehr als 40 h pro W o c h e arbeiten und gleichzeitig 79 % der verheirate
ten Ärztinnen zudem im Haus lebende Kinder zu versorgen haben [11]. Da
her, so Falck und Thiels, „kann man kaum vermuten, daß ausreichend Er
holung gewährleistet ist" [6].
Die These von der Kurzlebigkeit der Ärztin wurde in der Folge vielerorts verbreitet [5, 9, 16, 22] und auch heu
te noch argumentativ eingesetzt [12].
In einem Lehrbuch für Medizinstudie
rende [22] wurde beispielsweise unter Bezugnahme auf die Veröffentlichung von Falck und Thiels der Beruf der Ärztin als unter Umständen „lebensbe
drohlicher Streß" beschrieben.
Eine Aktualisierung der mittlerweile 15 Jahre zurückliegenden Berechnungen von Thiels sowie eine erneute Suche nach möglichen Ursachen erscheint auch deshalb erforderlich, weil sich zwischenzeitlich die Rolle der Frau
Entsprechend des U n t e r s u c h u n g s z e i t r a u m e s b e z i e h e n sich d i e A n g a b e n zur „ G e s a m t b e v ö l k e r u n g " b z w . „ B u n d e s b e v ö l k e r u n g " im f o l g e n d e n auf die B e v ö l k e r u n g der alten B u n d e s l ä n d e r .
D i e S t i c h p r o b e der Berliner Ä r z t e k a m m e r u m f a ß t e 131 v e r s t o r b e n e Ä r z t i n n e n u n d 7 1 0 verstorbene Ärzte. Im Bereich der Ä r z t e k a m m e r Hessen verstar
ben i m selben Z e i t r a u m 1 28 Ä r z t i n n e n u n d 1211 Ä r z t e .
Ä r z t i n n e n Hessen 5 8 , 9 Jahre; Ä r z t i n n e n Berlin 61,5 Jahre. Ä r z t e Hessen 67,1 Jahre; Ä r z t e Berlin 6 5 , 9 Jahre.
42
p s y c h o m e d 6, 4 2 4 6 (1994)Berliner Ärztinnen 77-89
6 -
LffiBL
1
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 5 - 6 9 7 5 - 7 9 8 5 - 8 9 9 0 Sterbealter in Jahren
— Frauen BRD 7 7 - 9 0
• Berliner Ärztinnen
Berliner Arzte 77-89
20 H
» 10
6
2 5 2 9 3 5 3 9 4 5 4 9 5 5 5 9 6 5 6 9 7 5 7 9 8 5 8 9 9 0
u
Sterbealter in Jahren
— Männer BRD 7 7 9 0
• Berliner Ärzte
Hessische Ärztinnen 77-90
rT
3 -
2 -
2 5 2 9 3 5 3 9 4 5 4 9 5 5 5 9 6 5 6 9 7 5 7 9 8 5 8 9 9 0 Sterbealter in Jahren
Frauen BRD 7 7 9 0 Hessische Ärztinnen
Hessische Ärzte 77-90
« 10
2 5 2 9 3 5 3 9 4 5 4 9 5 5 5 9 6 5 6 9 7 5 7 9 8 5 8 9 9 0 Sterbealter in Jahren
Männer BRD 7 7 9 0 Hessische Ärzte
Abbildung 1: Häufigkeitsverteilung des Sterbealters der Ärztekammern Berlin und Hessen 1977 1990 12, 31 im Vergleich mit der Häufigkeitsverteilung des Sterbealters der Bundesbe
völkerung 1977 1990 [17]. Berliner Ärztinnen n = 217; Berliner Ärzte n = 654; hessische Ärztinnen n = 245; hessische Ärzte n = 1445.
weiter verändert hat [14, 18] und ge
sundheitsrelevante Aspekte weiblicher Erwerbstätigkeit in den letzten Jahren eingehend untersucht wurden [7, 8, 10, 13, 15, 20].
Darstellung der Untersuchung
Zunächst wurde die Berechnung der Häufigkeitsverteilung des Sterbealters nach der methodischen Vorgehenswei
se von Thiels [19] für den Zeitraum 1977 1990 wiederholt. Die Stichpro
be der Berliner Ärztekammer umfaßte 217 verstorbene Ärztinnen und 654
verstorbene Ärzte. Im Bereich der Ärz
tekammer Hessen verstarben im selben Zeitraum 245 Ärztinnen und 1445 Ärzte.
W i e die Ergebnisse (Abb. 1) veran
schaulichen, weichen die Darstellun
gen der Häufigkeitsverteilung des Ster
bealters in dem neueren Zeitraum we
der für die Ärztinnen noch für die Ärz
te derart auffällig w i e in der Vorunter
suchung [19] von denen der Gesamt
bevölkerung ab.
Die Suche nach den Ursachen der damaligen Diskrepanz in den Häu
figkeitsverteilungen des Sterbealters (vor allem der Ärztinnen), bzw. der nun zu beobachtenden Angleichung an die Daten der Bundesbevölkerung
in dem jüngeren Untersuchungszeit
raum schloß neben einem möglichen W a n d e l der damals als verursachend angesehenen Lebens und Arbeitsbe
dingungen der Ärztinnen auch eine Überprüfung der Aussagekraft des ver
wendeten Verfahrens ein.
Die Häufigkeitsverteilung des Sterbeal
ters ergibt sich aus der prozentualen altersspezifischen Sterblichkeit und der altersspezifischen Zusammensetzung einer Gruppe Lebender, d.h. ihrem Al
tersaufbau. W e i c h e n zwei Stichproben in der Häufigkeitsverteilung ihrer Ster
bealter voneinander ab, so unterschei
den sie sich ebenfalls entweder a) hin
sichtlich ihrer altersspezifischen Sterb
lichkeit, b) in der Zusammensetzung ihres Altersaufbaus oder c) in beidem.
U m mittels Häufigkeitsverteilung des Sterbealters oder durchschnittlichem Sterbealter eine Aussage über die Le
benserwartung machen zu können, müssen daher die Altersaufbauten bei
der Stichproben identisch sein oder es muß eine Altersstandardisierung vorge
nommen werden.
Bevor also aus der abweichenden Dar
stellung der Häufigkeitsverteilung des Sterbealters der Ärztinnen Schlüsse auf ihre individuelle Sterblichkeit oder Le
benserwartung gezogen werden kön
nen, muß überprüft werden, ob die Al
tersaufbauten mit denjenigen der Ge
samtbevölkerung vergleichbar sind.
Der Altersaufbau der Ärzteschaft
Es ist davon auszugehen, daß der Al
tersaufbau der Ärztinnen von dem der Frauen insgesamt (siehe Abb. 2a, 2b) abweicht, da zu Beginn des Jahrhun
derts nur wenige Frauen zum Medizin
studium zugelassen wurden. 1909 im
matrikulierten sich in Deutschland le
diglich 86 Studentinnen an der medizi
nischen Fakultät, 1933 studierten be
reits 5.000 Frauen Medizin, 1989 wa
ren es knapp 40.000 [11, 17].
U m den Einfluß des abweichenden Al
tersaufbaus der Ärztinnen auf die be
obachtete Auffälligkeit der Häufigkeits
verteilung ihrer Sterbealter abschätzen
zu können, wurde versucht, Daten
über die Altersstruktur der Ärzte und
Ärztinnen zu erhalten. Leider wurde
16- 14- 12- 10
1 9 6 6 - 7 5
16 14 12 g i < H
3
"t<Ü 8
•o 5? 6
4 2
1 9 8 6 - 8 9
2529 3539 4549 5559 6569 757985
Alter in Jahren
25: 29 3539 4549 5559 6569 7579 8589 90 Alter in Jahren
Frauen
1 9 6 6 - 7 5
1 9 8 6 - 8 9
2529 3539 4549 5559 6569 7579858 Alter in Jahren
25 29 3539 4549 5559 6569 757985
Alter in Jahren
Männer
Abbildung 2a: Altersstruktur der Männer und Frauen der Bundesrepublik [17], über mehrere Jahre gemittelt.
die Dokumentation der Altersstruktur der Ärzteschaft bis auf wenige Jahrgän
ge nur äußerst lückenhaft geführt. Im
merhin gelang die Darstellung eines differenzierten Altersaufbaus (nicht gröber als in Fünfjahresgruppen geglie
dert) der BÄK für die Jahre 1961, 1968, 1972 [4] und der Ärztekammer Hessen für die Jahre 1 9 6 1 , 1 9 6 8 , 1 989 (siehe exemplarisch Abb. 2b).
Die Gegenüberstellung der ge
schlechtsspezifischen Altersaufbauten Bundesbevölkerung/Ärzteschaft (Abb.
2a und b) illustriert die enormen Un
terschiede, welche bei den Ärztinnen noch ausgeprägter sind als bei den Ärzten. Zwar hat auch die Zahl der Ärzte in den letzten Jahrzehnten über
proportional zugenommen; gerade die älteren Jahrgänge der Ärzte waren aber schon immer besser besetzt. Da der Zustrom der Neuapprobierten anhält, ist der Altersaufbau der Ärzteschaft heute dem der Gesamtbevölkerung wesentlich ähnlicher als noch vor 30 Jahren.
Vergleich der zu erwarten
den mit der tatsächlichen Häufigkeitsverteilung des Sterbealters
Da die Altersstruktur der Ärztinnen und wenn auch weniger ausgeprägt
der Ärzte nicht mit der Altersstruktur der Gesamtbevölkerung vergleichbar ist, ist eine Altersstandardisierung not
wendig, um die Sterblichkeit beider Gruppen überhaupt vergleichen zu können. Die Berechnung standardi
sierter Sterbeziffern
4von Ärztinnen und Ärzten ist aufgrund des unzurei
chend existierenden Datenmaterials nicht möglich. O b die damals gefun
dene Häufigkeitsverteilung des Sterbe
alters vornehmlich durch den stark dif
ferierenden Altersaufbau bedingt ist, oder ob die Verschiebung darüber hin
aus durch ein tatsächliches Abweichen
der Sterblichkeit verursacht wurde, soll durch folgende Methode abgeschätzt werden:
Unter Zugrundelegung der ge
schlechts und altersspezifischen Ster
bequotienten der Gesamtbevölkerung des jeweiligen Jahres [17] wird mittels Multiplikation des entsprechenden Al
tersaufbaus der Ärztinnen und Ärzte die zu erwartende Häufigkeitsvertei
lung der Sterbealter der Ärzte und Ärz
tinnen in Hessen berechnet
5.
Diese Darstellungen (Abb. 3) zeigen exemplarisch, wie die relative Vertei
lung des Sterbealters der Ärzte und Ärztinnen hätte aussehen müssen, wä
re ihre altersspezifische Sterblichkeit der der Gesamtbevölkerung vergleich
bar gewesen. Bei dem Vergleich der zu erwartenden Häufigkeitsverteilung des Sterbealters mit der tatsächlichen Häufigkeitsverteilung des Sterbealters zeigt sich eine recht gute Übereinstim
mung. Es wird deutlich, daß die Häu
Die Sterbeziffer gibt die Verstorbenen pro definierter Anzahl Lebender (in der Regel pro 1.000 oder pro 10.000) gleichen Alters und Geschlechts an.
Da durch Definition der Ausgangsmenge eine Standardisierung erfolgte, sind unterschiedlich große und unterschiedlich strukturierte Stichproben an
hand ihrer Sterbeziffern direkt vergleichbar.
Diese Operation wurde entsprechend der vorhandenen Altersaufbauten für die Ärztekammer Hessen der Jahre 1968, 1989 sowie für den Gesamtbe
reich der Bundesärztekammer der Jahre 1 961 und 1968 durchgeführt. In der vorliegenden Veröffentlichung sollen exemplarisch die Berechnungen auf der Grundlage des Altersaufbaus Hessen 1 968 vorgelegt werden. Die Ergebnisse der übrigen Berechnungen sind vergleichbar.
4 4 psychomed 6, 4246 (1994)
Fachbeitrag
1961
26 -A 2 4 -
1968 1989
C K -
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 0 Alter in J a h r e n
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 5 - 6 9 7 5 - 7 9 8 5 - 8 9 90 Alter in J a h r e n
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 5 - 6 9 7 5 - 7 9 8 5 - 8 9 90 Alter in J a h r e n
Ärztinnen
1961 1968
i
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 0 Alter in J a h r e n
10 -
4 -
1989
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 5 - 6 9 7 5 - 7 9 85- Alter in J a h r e n
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 5 - 6 9 7 5 - 7 9 8 5 - 8 9 9 0 Alter in J a h r e n
Arzte
Abbildung 2b Altersstruktur der Ärztekammer Hessen. 1961: Ärzte n = 6345, Ärztinnen n = 1355; 1968: Ärzte n = 7257, Ärztinnen n = 1833;
1989: Ärzte n = 20113, Ärztinnen n = 9121. Der schwarze Balken illustriert die Verschiebung einer gleichbleibenden Teilgruppe im Laufe der Zeit, der Altersaufbau 1961 faßt die über 60jährigen zusammen. Der Altersaufbau 1989 wurde 1991 nachträglich erstellt. Quelle: Ärztekammer Hessen.
fung jüngerer Sterbealter, besonders
der Ärztinnen, durch die Überreprä
sentation der jüngeren Altersgruppen in ihrem spezifischen Altersaufbau er
klärt werden kann. Der geringe Um
fang der Stichproben, sowie die nicht exakt übereinstimmenden Erhebungs
zeiträume
6erlauben keine Interpre
tation der geringfügigen Abweichun
gen. Ungewöhnlich im ersten Erhe
bungszeitraum (1964 1976) ist dem
nach nicht die Altersverteilung der Ver
storbenen, sondern die Altersverteilung der Gesamtgruppe der Ärztinnen.
Daß die Häufigkeitsverteilung des Ster
bealters der Ärztinnen im zweiten Er
hebungszeitraum (1977 1990) auch ohne Altersstandardisierung unauffälli
ger erscheint, ist durch die zunehmen
de Angleichung des Altersaufbaus an den der Frauen insgesamt bedingt.
Ebenso wird verständlich, daß die Häufigkeitsverteilung des Sterbealters der Ärzte, deren Altersaufbau bereits
vor 20 Jahren dem der Männer insge
samt ähnlicher war, schon damals nicht so auffällige Abweichungen zeig
te.
Diskussion
Der Vergleich der zu erwartenden mit der tatsächlichen Häufigkeitsverteilung des Sterbealters der Ärztinnen und
Während die Altersaufbauten und damit die zu erwartende Häufigkeitsverteilung des Sterbealters nur für einzelne Jahre existieren, wurde die tatsächli
che Häufigkeitsverteilung über einen Zeitraum von 1 2 Jahren erhoben, was wegen des geringen Umfangs der Stichprobe auch notwendig ist.
45
Fachbeitrag
fem n
2 5 - 2 9 3 5 - 3 9 4 5 - 4 9 5 5 - 5 9 6 5 - 6 9 7 5 - 7 9 >85 Sterbealter in Jahren
I I Zu erwartende Hv. d. Sta.
Ärztinnen Hessen 1968
— Tatsächliche Hv. d. Sta.
Ärztinnen Hessen 6 4 7 6
24-
1 6 - 1 4 - 12
f 10
2 5 2 9 3 5 3 9 4 5 4 9 5 5 5 9 6 5 6 9 7 5 7 9 > 8 5 Sterbealter in Jahren
Zu erwartende Hv Ärzte Hessen 1968 Tatsächliche Hv. d. Sta Ärzte Hessen 6 4 7 6
Sta.
Abbildung 3 Vergleich tatsächlicher Häufigkeitsverteilung des Sterbealters (Ärzte n = 1211, Ärztinnen n = 128) [191 mit zu erwartender Häufigkeitsverteilung des Sterbealters bei voraus
gesetzter „Normalsterblichkeit". Berechnet aus dem Altersaufbau der Ärzteschaft Hessen 1968 und der altersspezifischen Sterblichkeit der Bundesbevölkerung [17].
Ä r z t e u n t e r E i n b e z i e h u n g ihrer s p e z i f i s c h e n A l t e r s s t r u k t u r e r g a b , d a ß d i e t a t s ä c h l i c h e H ä u f i g k e i t s v e r t e i l u n g des Sterbealters d e r Ä r z t i n n e n k e i n e s w e g s a u f e i n e e r h ö h t e S t e r b l i c h k e i t h i n w e i s t , s o n d e r n d e m P r o d u k t ihres A l t e r s a u f baus u n d e i n e r , d e r w e i b l i c h e n G e s a m t b e v ö l k e r u n g v e r g l e i c h b a r e n Sterb
l i c h k e i t e n t s p r i c h t .
D i e B e r e c h n u n g des d u r c h s c h n i t t l i c h e n Sterbealters ( w i e sie v o n Falck u n d Thiels d u r c h g e f ü h r t w u r d e ) ist o h ne v o r h e r i g e A l t e r s s t a n d a r d i s i e r u n g k e i n s i n n v o l l e s m a t h e m a t i s c h e s V e r f a h r e n u n d w u r d e d a h e r für d e n j ü n g e ren Z e i t r a u m n i c h t w i e d e r h o l t . A u f g r u n d d e r g e r i n g e n G e s a m t z a h l V e r s t o r b e n e r i n n e r h a l b e i n e s Jahres w a r e i n e B e r e c h n u n g s t a n d a r d i s i e r t e r Ster
b e z i f f e r n n i c h t m ö g l i c h . D e r E i n f l u ß des a b w e i c h e n d e n A l t e r s a u f b a u s k o n n t e j e d o c h m i t d e m v o r h a n d e n e n D a t e n m a t e r i a l e x e m p l a r i s c h g e z e i g t w e r d e n .
Es b e s t e h t d a h e r k e i n A n h a l t f ü r e i n e g e r i n g e r e L e b e n s e r w a r t u n g v o n Ä r z t i n n e n . D i e Ergebnisse w e r d e n d u r c h ei
ne n e u e S t u d i e aus d e r S c h w e i z be
stätigt [1, 2 1 ] . D o r t z e i g t e d i e B e r e c h n u n g v o n Ü b e r l e b e n s k u r v e n S c h w e i zer Ä r z t i n n e n , d a ß d i e s e sogar e i n e et
w a s l ä n g e r e L e b e n s e r w a r t u n g h a b e n als S c h w e i z e r F r a u e n i n s g e s a m t .
D r . M o n i k a S i e v e r d i n g B e t t i n a v. V o l k m a n n Freie U n i v e r s i t ä t B e r l i n
Institut für M e d i z i n i s c h e P s y c h o l o g i e H a b e l s c h w e r d t e r A l l e e 4 5
1 4 1 9 5 B e r l i n
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