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Auslegungsmidraschim), sei es in der Form von Ho¬ milien oder Predigten (Homilienmidrasch)

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Academic year: 2022

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DIE FUNKTION DES ZITATES IN DER RABBINISCHEN TRADITIONSLITERATUR'

von Arnold Goldberg, Freiburg i. Br.

Die uns vorliegende rabbinische Traditionsliteratur (,,Talmud und Midrasch")

enthält kein einziges persönliches Werk. Vielmehr sind alle größeren Werke und

auch die kleineren Einheiten darin Sammlungen von einzelnen Traditionen, sei es

in Form von Aussagen zu bestunmten religionsgesetzlichen (halachischen) Fragen,

wie in der Mischna oder Tosefta, sei es in der Form von fiktiven oder echten Erörte¬

mngen, wie in der Gemara, sei es in der Form von Auslegungen, die in der Abfolge

der Schrift geordnet sind (sog. Auslegungsmidraschim), sei es in der Form von Ho¬

milien oder Predigten (Homilienmidrasch). Unabhängig von der Form der Anord¬

nung des Traditionsstöffes und von den Absichten, in denen die einzelnen Werke

und deren klemere Einheiten verfaßt wurden, haben fast alle gemeinsam, daß sie

fast ausschließlich aus einzelnen Zitaten bestehen.

Als Zitat im Kontext dieser Literatur kann man jede literarische Einheit bestim¬

men, die namentlich oder anonym eine in sich abgeschlossene oder auch nur frag¬

mentarische, verbale Äußemng wiedergibt. Diese Zitate sind weitgehend schriftlich

oder mündlich tradierten Werken entnommen, die für uns verloren sind. Sie haben

meist schon eine bestimmte literarische Form (Ma'ase, Midrasch, Gleichnis, Lehr¬

satz etc.). Diese Formen sind zugleich Gmndformen der Traditionsliteratur, wie sie uns vorliegt. Die vorliegenden Werke sind nur zu einem geringen Teil Kompendien

— oder kommentarhafte Sammlungen solcher Zitate (thematisch, nach Autoren

oder in der Abfolge der Schrift geordnet). Viehnehr stehen die Zitate oft in argu¬

mentativen, diskursiven größeren Zusammenhängen, die besonders in der diskursi¬

ven Sugya des Talmuds und in den kleinen Ausfühmngen der Homilien offensicht¬

lich sind. Die Zitate (= Gmndformen) sind hier zumeist größeren, komplexeren

Formen untergeordnet, deren sich der Redaktor bediente, um mittels der Zitate

auch, oder sogar vor allem, seiner eigenen Meinung Ausdmck zu verleihen. Der Re¬

daktor stellt oft implizierte oder ausdrückliche Fragen und antwortet dann mit

wenigstens einem oder mehreren Zitaten. Oder er stellt eine Behauptung auf, die

durch Zitat bewiesen wird, oder Zitate werden asyndetisch, tatsächlich aber in dis¬

kursiver Folge aneinandergereiht. Das Traditionsmotiv ist also nicht mehr die Wei¬

tergabe des Traditionsstoffes, die Tradition an sich. Vielmehr bedient sich der

Autor - Redaktor der komplexeren Einheiten des Zitates zum Zwecke der Mit¬

teilung seiner eigenen Meinung, wobei die Übereinstmimung dieser Meinung mit der

Tradition, d.h. der Meinung der Altvorderen oder „der Lehre" schlechthin, durch

1 Vgl. A. Goldberg, Entwurf einer formanalytischen Methode für die Exegese der rabbinisehen Traditionshteratur, Frankfurter judaistische Beiträge, Heft 5, 1977, S. 1 ff.

XX. Deutscher Orientalistentag 1977 in Erlangen

(2)

118 Arnold Goldberg

das Zitat offensichtlich zu sein scheint. Faktisch verzichtet der Redaktor der kom¬

plexeren Einheit auf die frei verfügbare Sprache, er wählt keine eigenen Worte, bil¬

det kaum Sätze. Er bedient sich statt dessen des Zitates. (Der verfügbaren Sprache hatten sich zuvor die Autoren der Zitate bedient.) Die Sprache des Zitierenden

(Redaktors) besteht also 1. aus den Zitaten; 2. aus formelhaften Elementen der

Einleitung, Fragestellung, Folgemng und 3. der vom Zitierenden gebildeten kom¬

plexeren Form.

Das Zitat erhält so in der Sprache des zitierenden Redaktors eine Funktion der Aussage, mittels des Zitates wird gesagt, was zu sagen ist, und auch eine unterge¬

ordnete Funktion der Form hn Zusammenhang der komplexeren Aussage. Das

Verständnis der rabbinisehen Literatur (nicht der einzelnen Zitate!) erfordert daher über die Kenntnis der Spraehe und der Bezugssysteme hinaus eine Kenntnis

der einfachen und komplexeren Formen, deim allein diese Formen erklären die

Zusammenhänge zwischen den oft paradoxen und für den Unkundigen absurd

gereihten Zitaten.

Als Beispiel sei hier Bereshit Rabba 62 § 2 angeführt;

„a. Und Abraham verschied und starb (in gutem Greisen tum, alt und satt; Gen 25,8).

b. R. Yehuda ben Hai sagte: Die frühen Hassidim (die Frommen) wurden durch

Krankheit der Gedärme gezüchtigt, 10 und 20 Tage lang. Um zu sagen (d.h. hier¬

aus kann man lernen): die Krankheit der Gedärme läutert (den Mensehen).

c. R. Yehuda sagte: Jeder, von dem (in der Schrift) gesagt wird: er verschied, der starb an einer Krankheit der Gedärme."

Die kurze Ausfühmng besteht aus dem Text der Schrift und zwei scheinbar

kommentierenden Zitaten — tatsächlich besteht aber kein Zusammenhang zwischen

dem 1. Zitat (b.) und Gen 25,8. Auch zwischen dem 1. und 2. Zitat besteht kein

anderer Zusammenhang als der Ausdmck „Krankheit der Gedärme". Das 2. Zitat

kann zur Interpretation von Gen 25,8 dienen, es bietet eine Worterklämng an, die

den Ausdmck „verscheiden" näher bestimmt. Der Redaktor kommt lediglich mit¬

tels dieser Zitate zu Wort. Die Reihung der Zitate ist paradox und muß umgestellt

werden: Verscheiden bedeutet Krankheit der Gedärme (R. Yehuda); Krankheit der

Gedärme ist der Tod der Frommen (R. Yehuda ben Hai); „Abraham verschied" be¬

deutet also, daß er an einer Krankheit der Gedärme, und dies heißt, den Tod der

Frommen starb (und nicht etwa den sanften Tod, den Gen 25,8 auszusagen

scheint). Der paradoxen Reihung entspricht hier die unerwartete Deutung des

Schriftverses. Das erste Zitat hat überhaupt nichts mit dem Schriftvers zu tun und

bietet aueh nichts zu dessen Verständnis. Es ist sinnvoll erst in Verbindung mit

dem zweiten Zitat. Keines der beiden Zitate könnte für sich aussagen oder bedeu¬

ten, was schließlich beide Zitate zusammen im Zusammenhang mit Gen 25,8 aus¬

sagen. Die Fortsetzung des Textes in Bereshit Rabba gibt dieser paradoxen Deutung von Gen 25,8 ihren Sinn; sie,handelt vom Tod des Frommen im allgemeinen.

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SINGEN UND EKSTATISCHE SPRACHE IN DER FRÜHEN

JÜDISCHEN MYSTIK'

von Karl-Erich Grözinger, Frankfurt aM.

Die frühen jüdischen Merkava- und Hekhalotmystiker haben eine Literatur hin¬

terlassen, die in besonderem Maße reich an Hymnen und hymnologischen Aussagen

ist, wofür bislang nur allgemeine religionsphänomenologische Erklämngen wie die

Steigemng des Numinosen, das in entsprechenden Hymnen zum Ausdmck komme

oder die Herbeifühmng der Ekstase durch rhythmische Litaneien u.ä. gegeben wur¬

den. Das Vorhandensein einer „theoretisch unterbauten Mystik des Gebetes" wird von Scholem für diese Texte geradezu bestritten.

Demgegenüber lassen m.E. aber die eigenen Aussagen der Texte ein einigermaßen

klar umrissenes sangesmystisches Konzept erkennen, das eine Art Sangespleroma

(1), einen vom Gesang durchwalteten Kosmos (2) eine hymnische unio mystica (3)

und Tendenzen einer mystischen Transfiguration des Mystikers mit starken Sanges¬

motiven (4) kennt. Damit soll nicht gesagt werden, die Merkavamystik sei Sanges¬

mystik, aber doch, daß sie eme ausgeprägte sangesmystische Komponente besitzt,

die allenthalben zum Vorschein kommt.

1. DAS HIMMLISCHE SANGESPLEROMA

Die himmlische Thronwelt, das Pleroma der Merkavamystik, ist eine Welt voller

Gesang, eine Welt, deren Zeit in gesungenen Liturgien einherschreitet und deren

Raum gleichsam aus Bausteinen des Gesanges errichtet ist. Sänger, Jubler, Lied-

schmetterer und andere mehr, die geradezu zu Hypostasen aller Arten von Gesang

geworden, sind neben Feuer und Wind unverzichtbare Requisiten des Aufbaues der

Thronwelt*, insbesondere in emem Text, in dem die hmiinlischen Hallen als inein¬

ander verschlungene Bauwerke aus singenden Thronen und aufstiebenden Sanges¬

funken erscheinen'. Damm heißt Gott schlechthin „Herrlicher in den Kammern des

Gesanges"*. Aber auch der Thron Gottes ist in Gesang gegründet, ja singt selbst zum

Ruhme Gottes', und Gott selbst ist in einen Ornat aus Gesängen gekleidet* und mit

1 Erscheint in leicht erweiterter Fassung im Joumal for the Study of Judaism, Leiden.

2 Z.B. MasHekh c.5-6 (BHM II, S. 43.45); MM Scholem § 23 (S. 112); HekhR 7,3 (BHM IH, S.89);8,4(BHM IH.S. 90).

3 MM Scholem § 6 (S. 106).

4 ebda. § 5 (S. 106).

5 MM Scholem § 32 (S. 115.116); § 4 (S. 104); HekhR 24,1 (BHM III, S. 100); 24,7 (S.102).

6 HekhR 24,1 (BHM IH, S. 101); u. vgl. G. Scholem, Jewish Gnosticism, S. 128, A 26; S. 132, A 64.

xx. Deutscher Orientalistentag 1977 In Erlangen

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