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Professionalisierung der vorschulischen Bildung, Erziehung und Betreuung durch professionell handelnde Lehrpersonen in der Fachschule Sozialpädagogik.

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Professionalisierung der vorschulischen Bildung, Erziehung und Be- treuung durch professionell handelnde Lehrpersonen in der Fach- schule Sozialpädagogik.

Zum Umgang mit unterrichtsstrukturierenden Modellen in der Fachschule Sozi- alpädagogik

Tobias Moock

Inhalt

1. Einleitung ... 1

2. Professionalisierung ... 3

2.1. Pädagogisch-professionelles Handeln ... 3

2.2. Theorie-Praxis-Problem ... 5

3. Das Modell „Schlüsselsituationen“ an der Fachhochschule Nordwestschweiz ... 7

4. Ausblick: Das Modell „Schlüsselsituationen“ an der Fachschule Sozialpädagogik?! ... 8

Literaturverzeichnis ... 10

Abbildungsverzeichnis ... 12

Anhang: 8 Schritte des Reflexionsmodell ... 13

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1 1. Einleitung

In den letzten Jahren wird angesichts gestiegener Anforderungen und anstehender Ver- änderungen im Bereich der vorschulischen Bildung, Erziehung und Betreuung von Mäd- chen*Jungen von unterschiedlicher Seite ein „entschiedener Professionalisierungsschub“

angemahnt (vgl. Rabe-Kleberg 2008, S. 248; siehe auch Arbeitsstab Forum Bildung 2001, S. 5; Bahr/Stadler 2015, S. 230). Die Professionalisierung könne, so schreiben Sabla und Wahne, „neben einer Akademisierung des Feldes durch die Verbesserung der vorhande- nen fachschulischen Ausbildungsgänge zum Erzieher/zur Erzieherin erreicht werden“

(Sabla/Wahne 2013, S. 208). Dass beide Wege überaus erfolgsversprechend sind, wurde zuletzt durch die Studienergebnisse von Julia Brielmaier und Günter Roth bestätigt, die aufzeigen konnten, dass die Verwendung wissenschaftlichen Wissens – für Professionen konstitutiv1 – durch sozialpädagogische Fachkräfte mit der Höhe ihres berufsqualifizie- renden Abschlusses zusammenhängt; Je höher der berufsqualifizierende Abschluss der Befragten war, desto eher gaben sie an, wissenschaftliches Wissen in ihrer Berufspraxis zu nutzen (vgl. Brielmaier/Roth 2019, S. 43).

Während der Professionalisierungsweg über die Akademisierung der Fachkräfte zuletzt vergleichsweise selten diskutiert wurde, steht die erforderliche und aktuell geforderte Qualität der Ausbildung der Fachkräfte zunehmend im Mittelpunkt (fach-)öffentlicher Debatten. Im Zusammenhang der politisch forcierten Erhöhung der Betreuungskapazitä- ten im Bereich der vorschulischen Bildung, Erziehung und Betreuung wird die erreichte Qualität der fachschulischen Ausbildung durch Vorschläge, die mit einer Absenkung der Qualifikation der Fachkräfte einhergehen2, immer wieder infrage gestellt. Die Berufsver- bände, Gewerkschaften sowie Vereinigungen, wie zum Beispiel die Deutsche Gesell- schaft für Erziehungswissenschaft verteidigen die erreichte Qualität und fordern indes weitere Anstrengungen zur Qualitätssteigerung der Ausbildung zum*zur Erzieher*in (siehe beispielsweise AGJ 2019; DGfE 2019; ver.di 2019).

1 Unter „Professionalität“ wird in der Debatte unterschiedliches verstanden: Als Konsens kann aber ange- nommen werden, dass Professionen „auf wissenschaftlichem Wissen aufgebaut“ werden und dass die wis- senschaftlichen Erkenntnisse in das jeweilige Praxisfeld einfließen sollten (vgl. Brielmaier/Roth 2019, S. 41; siehe weiterführend Kap. 2).

2 Neben der Planung zur Einführung der Ausbildung zur*zum „staatlich geprüfte*n Fachassistent*in für frühe Bildung und Erziehung“ (siehe ABBi 2019) kann beispielsweise auch die sogenannte „Positivliste“

aus Hamburg (siehe Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration 2017) genannt werden.

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2 Sofern man die Professionalisierung im elementarpädagogischen Bereich durch die Ver- besserung der fachschulischen Ausbildung zum*zur Erzieher*in angehen möchte, sind insbesondere zwei Dinge zu klären: Zum einen ist die Frage zu bearbeiten, was die Aus- zubildenden am Ende ihrer Ausbildung wissen und können müssen, um pädagogisch- professionell Handeln zu können (Inhalt). Zum anderen ist die Frage zu beantworten, wie die Schüler*innen sich dieses Wissen aneignen und die in der Berufspraxis benötigen Handlungskompetenzen erwerben können (Didaktik).

Bezugnehmend auf die dargestellte Möglichkeit zur Verbesserung der Ausbildung zum*zur Erzieher*in wird die zuletzt genannte Frage nachfolgend bearbeitet. Geleitet wird die Arbeit von der Hypothese, dass die Didaktik für sozialpädagogische Ausbildun- gen nur begrenzt mit Modellen, wie sie zum Beispiel von Holger Küls (2017) oder Eva Tov, Regula Kunz und Adi Stämpfli (2016) vorgelegt wurden, arbeiten kann. Stattdessen, so wird zu begründen sein, zielt die didaktische Frage direkt auf die (Aus-, Fort- und Weiterbildung) der Lehrpersonen selbst, die mit diesen Modellen professionell arbeiten können müssen. Denn nur so kann verhindert werden, dass Lehr-Lernprozesse von Schü- ler*innen methodisiert werden, was die Ausbildung pädagogisch-professionellen Han- delns eher behindern würde.

Nachdem in einem grundlegenden Kapitel geklärt wird, was unter professionellem Han- deln in der Sozialen Arbeit verstanden werden soll (Kapitel 2.1), wird in einem darauf aufbauenden Abschnitt das sogenannte Theorie-Praxis-Problem als Voraussetzung eines solchen Handelns skizziert (Kapitel 2.2). In Kapitel 4 wird beispielhaft das an der Fach- hochschule Nordwestschweiz entwickelte Modell „Schlüsselsituationen“ präsentiert, das, so die Autor*innen des Modells, „einen Beitrag zur individuellen Professionalisierung durch Theorie-Praxis-Relationierung“ leisten kann (Tov/Konz/Stämpfli 2016, S. 183).

Eine mögliche Adaption dieses Modells in die Fachschule für Sozialpädagogik anden- kend, wird im Ausblick auf die Grenzen und Potenziale der Verwendung solcher Modelle in der fachschulischen Ausbildung zum*zur Erzieher*in eingegangen.

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3 2. Professionalisierung

Fundiert man den Professionsbegriff anhand der in den klassischen Professionen (z.B. Theologie, Medizin, Jura) erfüllten Professionskriterien3 wird dem elementarpäda- gogischen Bereich häufig der Status als Profession aberkannt. Das wird damit begründet, dass die dort tätigen Berufsgruppen „anscheinend weder anerkannte Professionskriterien erfüllen bzw. nicht in ausreichendem Maße, noch können sie sich durch berufsspezifische Besonderheiten auszeichnen“ (Brunner 2018, S. 67). Legt man der Analyse hingegen ein professionstheoretischen Zugang zu Grunde, der auf die Strukturlogik professionellen Handelns zielt, so bietet sich den Fachkräften die Möglichkeit, sich „an eine Bestimmung von Professionalität im Hinblick auf die Hervorbringung einer bestimmten Handlungs- struktur zur Bewältigung von Handlungsproblemen im beruflichen Arbeitskontext“ an- zunähern (ebd., S. 69).

2.1. Pädagogisch-professionelles Handeln

Zur Beschreibung dessen, was pädagogisch-professionelles Handeln charakterisiert, lie- gen in den Sozialwissenschaften unterschiedliche Theorien vor (einen systematisierenden Überblick bietet Kuhn 2019, S. 373-378), aus denen sich jeweils verschiedene Modelle zur Darstellung pädagogisch-professionelle Handelns ableiten lassen. Das von Fröhlich- Gildhoff, Nentwig-Gesemann und Pietsch (2011) entwickelte Kompetenz-Modell (siehe Abb. 1) scheint für die nachfolgende Konkretisierung geeignet, da es (1.) unterschiedliche Modelle zur Beschreibung von Handlungskompetenz zusammenfasst, (2.) speziell für den Bereich der Frühpädagogik entwickelt wurde und (3.) auf dem Paradigma der Kom- petenzorientierung aufbaut, das (auch) im „Berufsbildungssystem im Europäischen Bil- dungsraum des lebenslangen Lernens“ (Karsten 2017, S. 22) mit seinen zentralen Ele- menten (z.B. Modularisierung, Gestaltung von Kompetenzbilanzen) umgesetzt wird (vgl. ebd., S. 22f.). Kompetenztheoretische Ansätze wie dieser „verorten und untersuchen Fragen pädagogischer Professionalität auf Ebene des Individuums der einzelnen Fach- kraft“ (Kuhn 2019, S. 370) und können dadurch „für die Herausforderungen und konsti- tutiven Dilemmata pädagogischen Handels sensibilisieren […], die sie in der

3 Als grundlegende Professionskriterien gelten (1.) ein hohes Maß an Autonomie, das Angehörigen einer Profession aufgrund ihres Expertenwissens zukommt, (2.). die Regelung des Zugangs durch Berufsorgani- sationen, (3.) die Ausrichtung des Handelns an systematisiertem Wissen und (4.) die Bindung an professi- onsspezifische Verhaltensregeln (vgl. Brunner 2018, S. 67).

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4 Strukturlogik pädagogischer Praxis verorten und nicht den einzelnen Individuen überant- worten“ (ebd., S. 379).

Mit dem Kompetenz-Modell von Klaus Fröhlich-Gildhoff, Iris Nentwig-Gesemann und Stefanie Pietsch (siehe Abb. 1) lässt sich pädagogisch-professionelles Handeln als Rela- tionierung von unterschiedlichen Wissenstypen (wissenschaftlich-theoretisches Wissen und implizites Erfahrungswissen) und Handlungspotenzialen (Fähigkeiten und Fertigkei- ten), die unter Einfluss unterschiedlicher Faktoren stattfindet, beschreiben (vgl. Fröhlich- Gildhoff/Nentwig-Gesemann/Pietsch 2011, S. 18). Die Fähigkeit zur Ausführung der Handlung (= Disposition) wird durch die Situationswahrnehmung und -analyse, sowie die Motivation der handelnden Person beeinflusst (vgl. ebd.). Darüber hinaus wird das pädagogisch-professionelle Handeln auch durch Werthaltungen, Einstellungen und hand- lungsleitende Orientierungen (= Haltung) beeinflusst (vgl. ebd.).

Abb. 1: Allgemeines Kompetenz-Modell (Fröhlich-Gildhoff/Nentwig-Gesemann/Pietsch 2011, S. 17)

Durch eine regelmäßige Selbstreflexion, bei der sowohl die Disposition als auch der Handlungsvollzug (= Performanz) in den Blick zu nehmen ist, kann implizites Hand- lungswissen „bewusst oder explizit gemacht“ und dadurch zum „Gegenstand des Nach- denkens, der Diskussion und des Theorie-Praxis-Vergleichs werden“ (Balluseck/Nent- wig-Gesemann 2008; zit. nach ebd., S. 14). Durch das sich so aufbauende „Reflexions- wissen“ kann die pädagogische Praxis weiterentwickelt werden.

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5 2.2. Theorie-Praxis-Problem

Im Diskurs um die Professionalisierung der Elementarpädagogik weitestgehend unum- stritten ist, dass „theoretische[s] Wissen […] mit dem praktisch-pädagogisch-professio- nellen Handeln in Verbindung“ gebracht werden muss (Schramm/Engelbracht/Bock 2018, S. 61). Auch im zuvor skizzierten Kompetenz-Modell wird dargestellt, dass unter- schiedliche Wissenstypen, Fertigkeiten und pädagogisch-praktische Arbeiten „wechsel- seitig[…] zusammenspiel[en]“ (Fröhlich-Gildhoff/Nentwig-Gesemann/Pietsch 2011, S. 18).

Diese relativ unkonkreten – Interpretationsspielräume eröffnenden – Formulierungen in Bezug auf den Modus, in dem die unterschiedlichen Wissensbestände verbunden werden, spiegeln wider, dass die Bestimmung eines solchen Modus` in der Sozialen Arbeit bis- weilen kontrovers ausgehandelt wird: So konkurrieren u.a. Überlegungen zum Theorie- Praxis-Transfer (beispielsweise Obrecht 2006) mit Modellen, die eine Relationierung (beispielsweise Dewe 2012) unterschiedlicher Wissenstypen postulieren. Bernd Dewe begründet die von ihm forcierte Idee der Relationierung unterschiedlicher Wissenstypen damit, dass Vermittlungs- und Transfervorstellungen zu kurz greifen würden, weil sie die

„Komplexität und Eigenlogik sowohl des Gegenstandsbereichs als auch der organisatio- nell eingebundenen beruflich handelnden Akteure [nicht] berücksichtigen“ (ebd., S. 111).

An anderer Stelle wird von einem bestehenden Konsens gesprochen, der darin bestehen würde, dass „kein einfacher Wissenstransfer von wissenschaftlichem Wissen auf prakti- sche Problemstellung stattfinden kann“ und man stattdessen „von einer autonomen, se- lektiven und das Wissen transformierenden Nutzung wissenschaftlichen Wissens durch die Praxis auszugehen“ (Rüegger/Becker-Lenz/Gautschi 2018, S. 56) habe. Da die unter- schiedlichen Positionen im Rahmen dieser Arbeit weder in angemessener Weise darge- stellt und somit auch nicht diskutiert werden können, wird sich nachfolgend auf die Idee der „Relationierung“ von Wissen und Können nach Bernd Dewe bezogen. Diese pragma- tische Lösung bietet sich auch deshalb an, weil die Autor*innen des Modells „Schlüssel- situationen“, mit dem im weiteren Verlauf der Arbeit weitergearbeitet werden soll, eben- falls vom Modus der Relationierung ausgehen (siehe Hollenstein/Kunz 2019, S. 7).

Wenn man von der Relationierung von Theorie und Praxis spricht, dann ist bereits gesagt, dass sich dadurch sowohl die Theorie als auch Praxis verändert. Professionen, so formu- liert Dewe, „bilden gewissermaßen eine Institutionalisierungsform der Relationierung von Theorie und Praxis, in der wissenschaftliche Wissensbestände praktisch-

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6 kommunikativ in den Prozess der alltäglichen Organisation des Handelns und der Lösung hier auftretender Probleme fallbezogen kontextualisiert werden“ (Dewe 2009, S. 56).

Die Schüler*innen der Fachschule Sozialpädagogik finden in ihren Praktika und in der Berufstätigkeit als Erzieher*innen keinen „luftleeren Raum“ vor, den sie auf Basis unter- schiedlicher Wissenstypen frei gestalten können; Vielmehr treten sie in „die bereits kol- lektiv erwirtschafteten ‚fallbezogenen Lösungen‘ ein, ohne ihre Rationalität ex ante ken- nen oder im Vorhinein nachvollziehen zu müssen“ (Dewe 2012, S. 111). Die Aufgabe der (zukünftigen) Fachkraft besteht dementsprechend darin, an der bereits existierenden Praxis in zurückhaltender Art und Weise teilzunehmen und Routinen, die problematisch geworden sind, durch Reflexion zu verändern um dadurch Professionswissen aufzubauen (vgl. Dewe 2009, S. 56). Professionalität bemisst sich dementsprechend am Kriterium des Professionswissens – pädagogisch-professionelle Fachkräfte wissen, was sie tun (vgl.

ebd.).

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7 3. Das Modell „Schlüsselsituationen“ an der Fachhochschule Nordwestschweiz Mit dem Modell „Schlüsselsituationen“, das im Studienjahr 2013/14 an der Fachhoch- schule Nordwestschweiz „im Kontext eines Projekts zur Weiterentwicklung des Bachelor Studiums“ (Hollenstein/Kunz 2019, S. 7) eingeführt wurde, wird versucht, die Professi- onalisierung der Studierenden durch die Rekonstruktion ihres handlungsleitenden Wis- sens, ihrer Fähigkeiten und Haltungen anhand von Situationen aus der Berufspraxis zu begünstigen (vgl. Korthaus 2019, S. 75). Das didaktische Konzept in einem prägnanten Satz beschreibend lässt sich sagen, dass die Lehrenden und Studierenden neues Wissen in der gemeinsamen Arbeit an Fällen erschließen und auf je spezifische Situationen be- ziehen. Mit dem Konzept wird das Ziel verfolgt, „über das Aushandeln und Erarbeiten von fachlich begründeten Handlungsoptionen professionelle Haltungen und Identitäten entwickeln zu können“ (ebd., S. 76).

Das einführende Modul, in dem es darum geht, „dass die Studierenden sich ihrer bereits vorhandenen Orientierungen und Haltungen bewusst werden, die ihr Handeln schon bei der Bearbeitung eines ersten Falles – meist unbewusst – steuern“ (ebd.), gliedert sich in drei Schritte respektive Phasen (zur nachfolgenden Darstellung vgl. ebd., S. 75-77): In der ersten Phase bearbeiten die Studierenden einen Fall in Kleingruppen. Sie bekommen dazu den Auftrag zu bestimmen, was in der vorliegenden Situation zu tun ist. Dabei sollen sie weder Hilfsmittel benutzen noch bekommen sie methodische Vorgaben durch die Lehrpersonen. In der abschließenden Reflexion sollen die Studierenden erkennen, welche Heuristiken und Orientierungen sich in ihrer Handlungsplanung widerspiegeln. Nachdem den Studierenden das von Eva Tov, Regula Kunz und Adi Stämpfli entwickelte Reflexi- onsmodell mit seinen acht Reflexionsschritten (siehe Anhang) vorgestellt wurde, bear- beiten sie in der zweiten Phase einen weiteren Fall. Dabei werden sie angehalten, die Reflexionsschritte als Methode zur Bearbeitung des Falls zu nutzen. Parallel zur Arbeit am Fall wird der Reflexionsprozess und der Wissensaufbau durch die studentischen Kleingruppen dokumentiert und diskutiert. Die Lehrperson gibt den Studierendengruppen regelmäßig Feedback und begleitet so den Lernprozess. Im dritten Schritt entwickeln die Studierenden formulieren die Gruppen ein Thema aus dem zuvor bearbeiteten Fall und entwickeln eine entsprechende Fragestellung. Durch die Bearbeitung der Fragestellung kann das Wissen vertieft und nochmals konkretisiert werden. Diese Phase schließt mit einer schriftlichen Theoriearbeit ab, die dazu dient, das neu gewonnenes Wissen an die jeweilige Schlüsselsituation zurückbinden.

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8 4. Ausblick: Das Modell „Schlüsselsituationen“ an der Fachschule Sozialpädago- gik?!

Möchte man dieses Konzept auf die fachschulische Ausbildung zum*zur Erzieher*in übertragen, dann ist insbesondere der Einfluss der institutionalisierten Regeln der sich unterscheidenden Bildungseinrichtungen zu beachten. Denn das Modell ist an einer Schweizer Fachhochschule entwickelt und erprobt; die personellen, zeitlichen, örtlichen, curricularen und strukturellen und Lehrvoraussetzungen sind nicht die gleichen wie an Fachschulen in den deutschen Bundesländern. Bevor man sich der Klärung der daraus resultierenden Konsequenzen widmet, ist zunächst zu beantworten, ob ein solches Vor- haben überhaupt zweckdienlich im Sinne eines Beitrags zur Professionalisierung resp.

zum Auf- und Ausbau von Professionswissen der in der vorschulischen Bildung, Erzie- hung und Betreuung tätigen Fachpersonen ist.

Folgt man dem in Kapitel 2 beschriebenen Verständnis von pädagogisch-professionellem Handeln mit seinem zentralen Element des Theorie-Praxis-Problems, das von den Fach- kräften abverlangt routinierte Handlungen in Bezug auf ihre problematischen Aspekte zu reflektieren, scheint die Umsetzung des Konzepts „Schlüsselsituationen“ in der Fach- schule Sozialpädagogik zur Verbesserung der vorschulischen Bildung, Erziehung und Betreuung beitragen zu können. Allerdings ist einschränkend darauf hinzuweisen, dass

„die Lösung des Theorie-Praxis-Problems dem/der einzelnen Professionellen“

(hier: Lehrpersonen) obliegt, die durch unterrichtsstrukturierende Konzepte „allerdings methodisch angeleitet und dadurch unterstützt“ (Sommerfeld 2006, S. 299) werden kön- nen. Damit ist klar, dass (auch) das Modell „Schlüsselsituationen“ mit seinen acht Schrit- ten (siehe Anhang) nicht als ‚Anleitung‘ für berufliches Handeln verstanden und entspre- chend in Lehr-Lernarrangements realisiert werden sollte. Würde so durch Lehrpersonen vorgegangen werden, kann in Anlehnung an Rüegger, Becker-Lenz und Gautschi von einer „Methodisierung des Handelns“ (Rüegger/Becker-Lenz/Gautschi 2018, S. 57) ge- sprochen werden, die an der nicht-standardisierbarkeit von Lehr-/Lernsituationen und so- zialpädagogischer Interaktion scheitern muss. Folglich verweist die durch die fachschu- lische Ausbildung geforderte Professionalisierung der vorschulischen Bildung, Erzie- hung und Betreuung auf die Professionalität der Lehrpersonen und somit indirekt auch auf die Ausbildung der Lehrpersonen an den bisweilen sehr wenigen Universitätsstandor- ten für das Lehramt an berufsbildenden Schulen mit der Fachrichtung Sozialpädagogik.

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9 Sowohl über die Ausbildung der Erzieher*innen als auch über die Lehrpersonen in den Fachschulen wissen wir aktuell jedoch nur relativ wenig. Ursula Rabe-Kleberg konsta- tiert, dass „Informationen über Inhalte und Formen der Ausbildung, über Bildungsmilieus an […] Fachschulen, auch über die Lehrenden und AusbilderInnen zu zukünftigen Erzie- herInnen […] rar und eher verstreut, zudem wissenschaftlich und systematisch nahezu vollständig unbeachtet“ seien (Rabe-Kleberg 2008, S. 240). Hier besteht also dringender Bedarf an empirischen und systematisierenden Studien, die diese Felder erhellen und so- mit zur Schärfung didaktischer Konzepte beitragen.

Des Weiteren ist die Professionalisierung der vorschulischen Bildung, Erziehung und Be- treuung auf weitere Forschungen über Kindertageseinrichtungen angewiesen. Denn nur wenn wissenschaftliche Wissensbestände existieren, können diese von den Schüler*innen während der Ausbildung sowie von den Erzieher*innen in der Berufspraxis überhaupt fallbezogen kontextualisiert werden um problematische Routinen zu verändern. Auch wenn die Forschung in diesem Bereich „in den letzten Jahren erheblich zugenommen hat“, liegt bisweilen kaum „Wissen darüber [vor], was in den Institutionen der Tagesein- richtungen für Kinder vor Ort eigentlich genau passiert und wie sich pädagogisches Han- deln generiert“ (Hoffmann 2015, S. 13).

Lüneburg, 15.03.2020

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10 Literaturverzeichnis

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Behörde für Arbeit, Soziales, Familie und Integration (2017): Erziehungspersonal in Kitas und der Ganztägigen Bildung und Betreuung an Schulen („Positivliste“), Stand:

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DGfE – Deutsche Gesellschaft für Erziehungswissenschaft (2019): Stellungnahme der DGfE-Sektion ‚Sozialpädagogik und Pädagogik der frühen Kindheit‘ und des

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11 Studientags Pädagogik der Kindheit zu der von der KMK geplanten Ausbildung

„staatlich geprüfte*r Fachassistent*in für frühe Bildung und Erziehung“, 30.11.2019, [online]https://www.dgfe.de/fileadmin/OrdnerRedakteure/Sektionen/Sek08_Soz- Paed/PFK/2019_Stellungnahme_Fachassistentin_PdfK_Studiengangstag.pdf [07.02.2020, 14:53Uhr].

Fröhlich-Gildhoff, Klaus/Nentwig-Gesemann, Iris/Pietsch, Stefanie (2011): Kompetenz- orientierung in der Qualifizierung frühpädagogischer Fachkräfte. Eine Expertise der Weiterbildungsinitiative Frühpädagogische Fachkräfte (WIFF), München: Deutsches Jugendinstitut e.V.

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Korthaus, Achim (2019): Kasuistik zu Studienbeginn. Ein situativer Zugang mit „Schlüs- selsituationen“ der Sozialen Arbeit, in: Hollenstein, Lea/Kunz, Regula (Hrsg.): Kasu- istik in der Sozialen Arbeit. An Fällen lernen in Praxis und Hochschule, Opladen/Ber- lin/Toronto: Barbara Budrich, S. 75-97.

Kuhn, Melanie (2019): Profession und Professionalität. Gegenstandskonstitutionen und analytische Perspektiven klassischer Professionstheorien und Theorien professionel- len Handelns, in: Dietrich, Cornelie/Stenger, Ursula/Stieve, Claus (Hrsg.): Theoreti- sche Zugänge zur Pädagogik der frühen Kindheit. Eine kritische Vergewisserung, Weinheim/Basel, Beltz Juventa, S. 368-383.

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12 An Fällen lernen in Praxis und Hochschule, Opladen/Berlin/Toronto: Barbara Bud- rich, S. 53-71.

Sabla, Kim-Patrick/Wahne, Tilmann (2013): Lehren und Lernen in der Elementarpäda- gogik, in: Focali, Ergin/Kimmerle, Christoph/Naumann, Gabriela (Hrsg.): Zukunft. Er- ziehen. Grundlagen, Perspektiven, Kontroversen der sozialpädagogischen Ausbil- dung, Berlin: dohrmannVerlag.berlin, S. 208-220.

Schramm, Kathrin/Engelbracht, Mischa/Bock, Karin (2018): Vom Theorie-Praxis-Ver- hältnis zum Fallverstehen und wieder zurück. Auf der Suche nach Kasuistischem, All- gemeinem und Konkretem im Horizont des Alltäglichen, in: Wesenberg, Sandra/Bock, Karin/Schröer, Wolfgang (Hrsg.): Verstehen: eine sozialpädagogische Herausforde- rung, Weinheim und Basel: Beltz Juventa, S. 60-76.

Sommerfeld, Peter (2006): Das Theorie-Praxis-Problem, in: Schmocker, Beat (Hrsg.):

Liebe, Macht und Erkenntnis. Silvia Staub-Bernasconi und das Spannungsfeld Sozia- ler Arbeit, Luzern: interact, S. 289-312.

Tov, Eva/Kunz, Regula/Stämpfli, Adi (2016): Schlüsselsituationen der Sozialen Arbeit.

Professionalität durch Wissen, Reflexion und Diskurs im Communities of Practice, 2.

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(Ganztagsfinanzierungsgesetz – GaFG), Berlin, 05.11.2019, [online] https://sozialear- beit.verdi.de/++file++5dc9709516c542085fe3970b/download/20191104_ver.di_Stel- lungnahme_Referentenentwurf_Sondervermögen.pdf [07.03.2020, 13:24Uhr].

Verein Netzwerk Schlüsselsituationen Soziale Arbeit (o.J.): Ansatz, [online] https://schlu- esselsituationen.net/ansatz/ [14.03.2020, 14:09Uhr].

Abbildungsverzeichnis

Abb. 1: Allgemeines Kompetenz-Modell (Fröhlich-Gildhoff/Nentwig-

Gesemann/Pietsch 2011, S. 17) ... 4 Abb. 2: 8 Schritte des Reflexionsmodell (Verein Netzwerk Schlüsselsituationen Soziale Arbeit o.J.) ... 13

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Anhang: 8 Schritte des Reflexionsmodell

Abb. 2: 8 Schritte des Reflexionsmodell (Verein Netzwerk Schlüsselsituationen Soziale Arbeit o.J.)

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