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Gemeinsames Papier zur Situation des Fachkräftemangels in den Kommunen Handlungsmöglichkeiten und -empfehlungen

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R 178/2021 - Anlage

Gemeinsames Papier

zur Situation des Fachkräftemangels in den Kommunen Handlungsmöglichkeiten und -empfehlungen

(September 2021)

Effiziente Verwaltungen und moderne Daseinsvorsorge sorgen vor Ort für hohe Lebensquali- tät, Stabilität und gute Rahmenbedingungen für wirtschaftliche Prosperität.

Der Fachkräftemangel stellt die Kommunen angesichts des demografischen Wandels, der fort- schreitenden Digitalisierung und sich verändernder Aufgaben bundesweit in vielen Bereichen der öffentlichen Verwaltungen und der kommunalen Unternehmen vor große Herausforde- rungen. Die kommunalen Spitzenverbände, der Verband kommunaler Unternehmen und die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände erarbeiten seit langem Möglichkeiten, wie man dem Fachkräftemangel gezielt begegnen kann.

Mit diesem Positionspapier wollen die kommunalen Spitzenverbände, die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) und der Verband der kommunalen Unternehmen (VKU), Kommunen und kommunalen Unternehmen Handlungsempfehlungen und -möglich- keiten zum Umgang mit dem Fachkräftemangel im kommunalen öffentlichen Dienst aufzei- gen.

1. Ausgangssituation

Nach einer aktuellen Prognose wird im Laufe der nächsten zehn Jahre jede/jeder dritte Be- schäftigte im öffentlichen Dienst in den Ruhestand treten. Da es zugleich an Nachwuchs man- gelt, wird dieser Prognose zufolge bis zum Jahr 2030 eine Personallücke von ca. 731.000 Be- schäftigten entstehen. Damit vergrößert sich die Personallücke von heute knapp 4% auf fast 16% aller Beschäftigten; es kommt also zu einer Vervierfachung.1

1 https://www.mckinsey.de

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Der demografische Wandel wirkt sich bei den Zahlen der Bewerberinnen und Bewerber in al- len Bereichen aus. Wie eine Umfrage gezeigt hat, sind die deutlichsten Auswirkungen aber aktuell bei den technischen Beschäftigungsgruppen der Ingenieur/innen, Techniker/innen /Meister, bei den Erzieher/innen sowie insbesondere bei den IT-Fachkräften zu erwarten.2

Die Kommunen und ihre Einrichtungen werden in wenigen Jahren vielfach in digitalen Prozes- sen ihre Aufgaben erledigen und in weiten Bereichen ihre Dienstleistungen digital anbieten.

Als Beispiel soll das Onlinezugangsgesetz (OZG) genannt werden, das vorschreibt, dass alle Verwaltungsleistungen des Bundes und der Länder und damit auch der Kommunen als Teil der Länder in Deutschland bis 2022 auch digital angeboten werden müssen. Die Praxis zeigt, dass die kommunalen Unternehmen und Verwaltungen auf die Digitalisierung mit betrieblichen und dienstlichen Regelungen reagieren und sich damit die notwendige Flexibilität für sparten- bezogene Regelungen erhalten. Ein weitergehender Handlungsbedarf zur Änderung oder Er- gänzung der rechtlichen Rahmenbedingungen wird nicht gesehen.

Die Digitalisierung wird den Arbeitsalltag für die Beschäftigten weiterhin verändern, Tätigkei- ten und Anforderungsprofile an das Personal müssen neu definiert werden, bestehendes Per- sonal ausreichend und professionell qualifiziert werden. Bereits heute ist es problematisch, IT-Spezialisten, Ingenieurinnen und Ingenieure und weitere Fachkräfte zu finden, die in der Zukunft Prozesse digitalisieren, optimieren und professionalisieren sollen. Zugleich wird damit der Wettbewerb um Personal mit der privaten Wirtschaft noch verstärkt.

Allerdings geht es nicht nur um die Rekrutierung und Anwerbung von Fachkräften auf dem Arbeitsmarkt, das Augenmerk muss auch auf die bereits bei den Kommunen und ihren Unter- nehmen Beschäftigten gerichtet werden. Langjähriger Wissenstransfer und die dauerhafte Weiterbildung, gerade auf Grund der Digitalisierung, müssen noch stärker in den Fokus ge- nommen werden.

2. Handlungsempfehlungen und -möglichkeiten

Gerade in den Krisen der letzten Jahre – angefangen mit der Finanz- und Wirtschaftskrise ab 2008, über den starken Zustrom von Flüchtlingen in den Jahren 2015 und 2016 bis hin zur aktuellen Corona-Pandemie - zeigt sich der Wert funktionsfähiger kommunaler Verwaltungen und Unternehmen, auch als Erbringer von verschiedenen Leistungen der Daseinsvorsorge und als Betreiber kritischer Infrastrukturen. Verantwortung für das Zusammenleben vor Ort zu übernehmen, wird von der Bevölkerung wertgeschätzt. So zeigt eine aktuelle Umfrage, dass es sich nach der Einschätzung von fast zwei Drittel der Befragten bewährt hat, über die Maß- nahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie auf kommunaler Ebene zu entscheiden.3 Auch die kommunalen Unternehmen genießen bei 75 Prozent der Deutschen Vertrauen oder großes Vertrauen.4 Hierin liegt ein Zuwachs von acht Prozent gegenüber den Umfragewerten vor der Corona-Pandemie und damit der höchste Zuwachs aller abgefragten Institutionen.

Ziel muss es sein, die positive Wahrnehmung der Tätigkeit der Kommunen und der kommu- nalen Unternehmen weiter zu stärken und auch die positiven Aspekte einer Tätigkeit im öf- fentlichen Dienst noch deutlicher herauszustellen. Hinzukommen muss eine Diskussion über

2 https://www.innovatorsclub.de/aktuelles

3 Civey auf Veranlassung des DLT

4 https://www.kommunal.de/kommunale-unternehmen-beliebt

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verbesserte Rahmenbedingungen, die dazu beitragen können, auf die spezifische Situation im öffentlichen Dienst mit seinen unterschiedlichen Sparten einzugehen.

2.1 Wahrnehmung und Bewerbung der Kommunen und der kommunalen Unterneh- men als attraktive Arbeitgeber verbessern

Die Kommunen und ihre Unternehmen haben in den letzten Jahren durch regionale und lokale Imagekampagnen Anstrengungen unternommen, die Wahrnehmung des öffentlichen Diens- tes zu verbessern, um so im Wettbewerb um die besten Kräfte punkten zu können. Kernbot- schaft dieser Kampagnen ist es, die Attraktivität der Kommunen und ihrer kommunalen Un- ternehmen als Arbeitgeber herauszustellen. Dies ist sowohl für dringend benötigte neue Fach- und Nachwuchskräfte als auch für das Bestandspersonal relevant.

 Vielfalt der Aufgaben

Es ist wichtig, frühzeitig in Schulen, Universitäten und Fachhochschulen oder auf Job-Messen für eine Tätigkeit in Kommunen mit ihren vielfältigen Tätigkeitsbereichen und Berufsbildern zu werben. Potenziellen Bewerberinnen und Bewerbern ist häufig gar nicht bewusst, wie viele unterschiedliche Aufgabenbereiche, Ausbildungsmöglichkeiten und Tätigkeitsfelder die kom- munalen Verwaltungen und die kommunalen Unternehmen zu bieten haben. Kaum ein ande- rer Arbeitgeber bietet so vielfältige Arbeitsbereiche wie eine Kommune. Die Möglichkeiten reichen von der klassischen Verwaltung über Bereiche wie das Bauwesen, IT-Abteilungen, Friedhofswesen, Bäderbetriebe, Wasserwerke, Stadtreinigung, Energie und Wärmeversor- gung, Telekommunikation, kommunale Bibliotheken, Kultur, Umwelt, Sport, öffentlicher Nah- verkehr, kommunale Kliniken und Pflegeeinrichtungen, bis hin zur kommunalen Forstwirt- schaft und Mobilitätsanbietern. Es werden ebenso Geomatiker/-innen benötigt wie Kfz-Me- chatroniker/-innen für Nutzfahrzeugtechnik, Köche und Köchinnen, medizinische Fachange- stellte und Tierpfleger/-innen in der Fachrichtung Zoo.

 Arbeit für unser Gemeinwesen

Viele - gerade junge - Menschen suchen nach einer sinnhaften und sinnstiftenden Tätigkeit, von der auch das Gemeinwesen profitiert. Das gilt in Zeiten von Krisen mehr denn je. Hier sind die kommunalen Tätigkeitsfelder ungeschlagen. Die Arbeit in einer öffentlichen Verwaltung und bei kommunalen Unternehmen trägt in allen Bereichen dazu bei, das Leben in der Kom- mune für die gesamte Gesellschaft lebenswert, sicher und zukunftsfähig zu gestalten. Dieser Aspekt wird durch die kommunale Unterstützung und das Zusammenspiel mit ehrenamtlicher Tätigkeit und Freiwilligendiensten noch verstärkt. Auch durch den Beitrag der Beschäftigten im öffentlichen Dienst wird ein gutes Zusammenleben vor Ort in der Stadt möglich.

 Gute Rahmenbedingungen

Die guten Rahmenbedingungen im kommunalen öffentlichen Dienst müssen deutlicher her- vorgehoben und kommuniziert werden. Positive Aspekte dabei sind insbesondere Chancen- gleichheit, hohe Tarifbindung, Diversität, die Vereinbarkeit von Familie und Beruf, flexible Ar- beitszeitmodelle und Weiter- und Fortbildungsmöglichkeiten, aber auch die Innovationskraft kommunaler Unternehmen mit modernsten Arbeitsmitteln und -bedingungen. Zunehmend erscheint jungen Menschen außerdem die Möglichkeit der Verbeamtung attraktiv. Auch der

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lokale Fokus ist ein Asset, denn Ortswechsel aufgrund von Betriebsverlagerungen, Unterneh- mensschließungen etc. können im kommunalen öffentlichen Dienst nahezu ausgeschlossen werden. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im kommunalen Dienst arbeiten dort, wo sie zuhause sind. Ihr Arbeitsplatz ist sicher! Dies gilt umso mehr in Krisenzeiten, wie aktuell der Corona-Pandemie.

Auch die hohe Tarifbindung und die Wahrung eines transparenten und nicht beliebigen Rechtsrahmens bei der Arbeit für die öffentlichen Einrichtungen, auf die sich alle Menschen in der Kommune verlassen können, kann und sollte ein Attraktivitätsmerkmal sein. Das Bild, sich mit dem Arbeitgeber Kommune und ihren Unternehmen zu identifizieren, die gerechte und an einheitliche Vorgaben gebundene und gerade keine willkürlichen Entscheidungen trifft, sondern sich an einem klaren Wertesystem orientiert, sollte klarer und positiver gezeich- net sein.

 Moderne Arbeitsplätze

Bei aller Werbung für die Attraktivität der Kommunen und der kommunalen Unternehmen als potenzielle Arbeitgeberinnen muss die Authentizität gewahrt bleiben. Viele Kommunen sind bereits weit vorangekommen auf dem Weg zu modernen, zukunftsfähigen und attraktiven Arbeitsplätzen. Ein modernes Arbeitsumfeld und moderne Arbeitsinstrumente, insbesondere mit modernen Möbeln und technisch zeitgemäßer Ausrüstung ausgestattete Büros, helle Räume und eine angenehme Aufenthaltskultur sind unabdingbare Grundvoraussetzungen für eine Imagekampagne, die aber nicht nur auf dem Papier stehen dürfen. Agile Arbeitsformen, flache Hierarchien und eine gelebte Kultur der Wertschätzung gewinnen massiv an Bedeu- tung.

 Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die Sicherstellung der Vereinbarkeit von Familie und Beruf ist eine der Stärken der Kommunen und ihrer Unternehmen als Arbeitgeber. Gerade für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter mit klei- neren Kindern ist das Angebot von Betreuungsplätzen von hoher Bedeutung. Sie sorgen nicht nur für eine Attraktivitätssteigerung des öffentlichen Dienstes für Berufseinsteigerinnen und -einsteiger, sondern ermöglichen auch eine frühere Rückkehr aus der Elternzeit.

Auch die Pflege betreuungs- und unterstützungsbedürftiger Angehöriger gewinnt angesichts des demografischen Wandels zunehmend an Bedeutung. Dem tragen die kommunalen Arbeit- geber z.B. durch flexible Arbeitszeitmodelle Rechnung.

Es besteht eine Vielzahl an Möglichkeiten zur Arbeitszeitflexibilisierung im öffentlichen Dienst.

So sind Gleitzeitregelungen in vielen Verwaltungen Standard. Beschäftigte können über die vereinbarte Arbeitszeit hinaus geleistete Stunden oder Zuschläge in zahlreichen Konstellatio- nen auch auf einem Arbeitszeitkonto gutschreiben. Arbeitszeiten und freie Zeiten können die Beschäftigten über zahlreiche Arbeitszeitmodelle besser ihren persönlichen Bedürfnissen an- passen.

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2.2 Attraktive Arbeitsbedingungen

2020 sind im Tarifbereich der VKA rund 2,3 Millionen Beschäftigte tätig, davon rund 98.000 Auszubildende. Für diese Personen weisen die Tarifverträge des kommunalen öffentlichen Dienstes ein flexibles Tarifrecht aus, das auf die spezifischen Verhältnisse des öffentlichen Dienstes mit seinen verschiedenen Sparten eingeht.

 Qualifizierung

Aufgrund der beschriebenen weitreichenden gesellschaftlichen Veränderungen, wie sie etwa durch die Digitalisierung vorangetrieben werden, muss der öffentliche Dienst weiter in die Aus- und Weiterbildung investieren. Größere Spielräume sind notwendig u. a. um durch Fort- und Weiterbildung Zusatzqualifikationen zu erwerben oder sich höher zu qualifizieren.

Umfangreiche Regelungen zur Qualifizierung haben die Tarifvertragsparteien bereits mit der Vereinbarung des TVöD geschaffen. So wurde der Anspruch von Beschäftigten auf Entwick- lungs-/Qualifizierungsgespräche festgeschrieben und die Kostenübernahme für durch den Ar- beitgeber veranlasste Qualifizierungsmaßnahmen geregelt. Werden solche Qualifizierungs- maßnahmen von den Beschäftigten in Anspruch genommen, zählt dies als Arbeitszeit.

2018 hat die Mitgliederversammlung der VKA beschlossen, den Mitgliedsverbänden auf Län- derebene freizustellen, zur effizienten Personalgewinnung bei der Eingruppierung zum Erfor- dernis der ersten und/oder zweiten Prüfung modifizierte Regelungen (Richtlinien) zu beschlie- ßen.

Um die Berufsausbildung attraktiver zu gestalten und den aktuellen Markterfordernissen an- zupassen, ist am 1. August 2020 der Tarifvertrag für Studierende in ausbildungsintegrierten dualen Studiengängen im öffentlichen Dienst im Bereich der kommunalen Arbeitgeberver- bände (TVSöD) in Kraft getreten. Das ausbildungsintegrierte duale Studium gliedert sich in ei- nen Ausbildungsteil und einen Studienteil, die beide jeweils dem Erreichen der entsprechen- den Abschlussqualifikation - Abschluss eines Ausbildungsberufs im Bereich des Berufsbil- dungsgesetzes, der Pflege oder der Gesundheitsberufe mit einem Bachelor - dienen.

 Entgelte

Eine weitere Aufgabe besteht darin, die oberen Entgeltgruppen zu stärken. Eine grundlegende Reform der Eingruppierungsregelungen hat es mit der im Januar 2017 in Kraft getretenen Ent- geltordnung der VKA gegeben. Für viele Beschäftigte ergeben sich damit deutliche Verbesse- rungen, neben der Pflege insbesondere auch in der allgemeinen Verwaltung. Im Ergebnis der Tarifrunde 2018 sind zudem die Tabellenentgelte der Entgeltgruppen 9b bis 12 mit Blick auf die Fachkräftegewinnung überproportional gestiegen. Besonders ausgeprägt waren die Erhö- hungen in den Entgeltgruppen 10 und 11, in der die Berufsgruppen Ingenieure und IT-Beschäf- tigte eingruppiert sind.

Tatsächlich sind die Tarifsteigerungen im öffentlichen Dienst im Allgemeinen seit 2009 höher als in der Gesamtwirtschaft und auch deutlich über der Entwicklung der Verbraucherpreise, d.h. die Beschäftigten im öffentlichen Dienst haben deutlich spürbare Reallohnzuwächse er- fahren.

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 Arbeitgeberrichtlinien

Darüber hinaus können zusätzlich Anreize, wie z.B. durch die Vorweggewährung von Stufen auch durch übertarifliche Zulagen auf der Grundlage von Arbeitgeberrichtlinien der VKA ge- schaffen und bei Bedarf zur Gewinnung und Bindung von Fachkräften offensiv eingebracht werden:

 Nach der Arbeitgeberrichtlinie der VKA zur Gewinnung und zur Bindung von Fachkräf- ten, insbesondere auf dem Gebiet der Informationstechnik und von Ingenieuren (Fach- kräfte-Richtlinie) vom 11. November 2011 in der Fassung vom 17. April 2018, die am 19. September 2020 verlängert wurde, kann an Beschäftigte ab der EG 9a im begrün- deten Einzelfall eine Zulage von bis zu monatlich 1.000 Euro monatlich gezahlt werden.

 Die Richtlinie über eine Arbeitsmarktzulage vom 21. November 2008 sieht die Mög- lichkeit der Zahlung einer widerruflichen Zulage in Höhe von bis zu 20 Prozent der Stufe 2 der jeweiligen Entgeltgruppe vor, die Zulage kann folglich Beträge von bis zu 1.000 Euro monatlich erreichen.

Als Vorteil einer Beschäftigung bei Kommunen oder kommunaler Unternehmen kann auf die hohe Tarifbindung verwiesen werden. Sie sorgt für Entgeltgleichheit im öffentlichen Dienst.

 Öffnung der Entgeltumwandlung und alternative Entgeltanreize

In der Tarifeinigung vom 25. Oktober 2020 konnte die seit langen Jahren von der VKA gefor- derte Möglichkeit der Nettolohnoptimierung durch Öffnung der Entgeltumwandlung für das Fahrrad-/E-Bikeleasing geschaffen werden. Damit besteht die Möglichkeit, die Entgeltum- wandlung einzelvertraglich für das Leasen von Fahrrädern/E-Bikes zu nutzen. Zur weiteren Steigerung der Arbeitgeberattraktivität kann zukünftig alternativ zur Leistungszulage und zur Leistungsprämie (§ 18 Absatz 4 Satz 1 TVöD) das in § 18 Absatz 3 TVöD vereinbarte Budget durch Betriebs- oder einvernehmliche Dienstvereinbarung ganz oder teilweise für alternative Entgeltanreize verwendet werden. Das Budget kann für zahlreiche Maßnahmen zur Verbesse- rung der Arbeitsplatzattraktivität, der Gesundheitsförderung und der Nachhaltigkeit einge- setzt werden (z.B. für Zuschüsse für Fitnessstudios, Sonderzahlungen, Fahrkostenzuschüsse für ÖPNV/Job-Ticket, Sachbezüge, Kita-Zuschüsse oder Wertgutscheine). Mit diesen Regelun- gen sind weitere Anreize für potentielle Bewerberinnen und Bewerber geschaffen worden. Sie sind auch für das Bestandpersonal eine gute Motivation, bei ihrem Arbeitgeber zu bleiben.

Diese Maßnahmen haben gleichzeitig eine Vorbildwirkung des öffentlichen Dienstes, um dem Klimawandel auf kommunaler Ebene mit unterstützenden Maßnahmen zu begegnen.

 Betriebliche Altersversorgung

Auch die Einkommenssituation im Alter ist für junge Leute verstärkt ein bedeutendes Thema.

Betriebliche Altersvorsorgeregelungen werden daher zunehmend zu einem wesentlichen Kri- terium bei der Wahl des Arbeitsplatzes. Die Zusatzversorgung des öffentlichen Dienstes bietet hier eine attraktive zusätzliche Altersversorgung.

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 Planungssicherheit

Zu den weiteren Punkten, die für eine Beschäftigung im öffentlichen Dienst angeführt werden können, zählt u. a. die Planungssicherheit, die die Beschäftigung im öffentlichen Dienst auf kommunaler Ebene bietet. Ein Gutachten des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung hat ergeben, dass der öffentliche Dienst der Kommunen weitaus weniger befristete Arbeits- verhältnisse aufweist als es etwa auf Bundesebene der Fall ist.5 Zudem spielen Leiharbeitsver- hältnisse und Werkverträge im öffentlichen Dienst eine weitaus geringere Rolle als in der Pri- vatwirtschaft.6

2.3 Chancen der Digitalisierung nutzen

Viele Arbeitsplätze in den Verwaltungen werden sich zukünftig nachhaltig verändern, wobei es nicht ausreicht analoge Prozesse 1:1 ins Digitale zu übertragen. Vielmehr sind kluge

„Übersetzungen“ nötig. Dazu besteht hoher Qualifizierungsbedarf für das städtische Perso- nal.

Die Motivation zur Digitalisierung in den Kommunen ist hoch. Die Kommunen haben wäh- rend des Pandemiegeschehens gezeigt, wozu sie in der Lage sind. Flexible und schnelle Lö- sungen wurden geschaffen und Personal, Wissen und Erfahrung zielgenau und bedarfsge- recht eingesetzt.

Viele Kommunen bilden auch bereits selbst Verwaltungsinformatikerinnen und -informatiker mit zwei Schwerpunkten „Technik“ und „Verwaltung“ aus. Sie sollen „Mittler“ zwischen Technik und Verwaltung sein und den Digitalisierungswandel befördern. Gerade für junge Menschen wird hier ein attraktives zukunftsfestes Tätigkeitsfeld geboten.

Die Kommunen sind bereit für die Umsetzung der Digitalisierung. Die Finanzierung - von technischer Ausstattung über E-Akte, Dokumentenmanagementsystemen bis hin zur Einfüh- rung neuer medienbruchfreier Verfahren – angesichts knapper Kassen stellt allerdings eine erhebliche Hürde dar. Die im Konjunkturpaket des Bundes für die Umsetzung des OZG einge- plante Summe von 3 Mrd. Euro ist ein wichtiger Beitrag, der auch tatsächlich bei den Kom- munen ankommen muss.

Die VKA hat eine Arbeitsgruppe unter Einbindung der kommunalen Spitzenverbände einge- richtet, die sich mit der Digitalisierung der Arbeitswelt befasst und über zukunfts- und rechts- sichere Modelle und die Herausforderungen berät sowie Handlungsempfehlungen erarbeiten will.

 Moderne Ansprache

Mit einer modernen Ansprache auch über Kanäle wie Facebook, Twitter oder andere Social Media Kanäle, kann die Aufmerksamkeit junger Leute gezielt auf die Kommune und ihre Un- ternehmen als potenzielle Arbeitgeber gelenkt werden. Dabei sollten allerdings die klassi- schen Maßnahmen des Personal-Marketings nicht vernachlässigt werden. Auch das äußere

5 IAB-Forschungsbericht, 12/2015: Befristete Beschäftigung im öffentlichen Dienst / Entwicklung, Motive und rechtliche Umsetzung

6 Ebenda

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und innere Erscheinungsbild der Stellenanzeigen sollte gut durchdacht, der Zeit gemäß ange- passt werden und nicht zu bürokratisch gestaltet sein, da dies auf potenzielle Bewerberinnen und Bewerber eher abschreckend wirken kann.

Mit einem modernen digitalen Bewerbungsmanagement werden zudem nicht nur mögliche Bewerberinnen und Bewerber besser angesprochen, sondern es können auch Bewerbungs- prozesse verkürzt werden. Viel zu oft dauern die bisherigen Prozesse so lange, dass die Be- werberinnen und Bewerber im Verfahren auf anderweitige Stellenangebote zurückgreifen.

 Neue Arbeitszeitmodelle/Mobiles Arbeiten

Zu den Errungenschaften durch Digitalisierung gehören unter anderem neue, flexible und at- traktive Arbeitszeitmodelle, die den öffentlichen Dienst für Nachwuchskräfte, aber natürlich auch für das Bestandspersonal, attraktiv machen, Bindungswirkung haben und schnellere und synergetische Arbeitsprozesse ermöglichen.

Eine Umfrage der VKA hat gezeigt, dass z.B. Dienst- und Betriebsvereinbarungen mit Regelun- gen zu flexiblem und mobilem Arbeiten sehr weit verbreitet sind. Insbesondere für junge Men- schen ist es mittlerweile selbstverständlich, dass sie ihre Arbeitsleistung, dort wo das geht, unabhängig von einem stationären Arbeitsplatz, flexibel und mobil erbringen können. Die An- nahme, dass solche Themen am besten auf betrieblicher Ebene geregelt werden können, hat sich damit bestätigt. Auch die Corona Pandemie zeigt, dass die kommunalen Unternehmen und die Verwaltungen in ihren relevanten Bereichen durch unterschiedliche Modelle der mo- bilen Arbeit auf Krisensituationen reagieren können.

2.4 Personal stärken

 Gesundheitsmanagement

Ein gut aufgestelltes Gesundheitsmanagement und entsprechende Angebote tragen dazu bei, die Leistungsfähigkeit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter bis zum Eintritt in den Ruhestand zu erhalten und einem hohen Krankenstand entgegenzuwirken. Motivierte, gut ausgebildete und gesunde Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind unverzichtbare Voraussetzung einer leis- tungsfähigen, bürgerorientierten Kommunalverwaltung. Es sind daher nicht nur die Mitarbei- terinnen und Mitarbeiter, die ein ureigenes Interesse daran haben (sollten), gesund zu blei- ben. Auch die Kommunen und ihre Unternehmen als Arbeitgeber profitieren von der Gesund- heit ihrer Beschäftigten. Hinzu kommt, dass der Personalkörper in den Verwaltungen und Un- ternehmen zunehmend älter wird, während zeitgleich die Anforderungen an die Mitarbeite- rinnen und Mitarbeiter, etwa durch neue Informationstechnologien und komplexer werdende Aufgaben wachsen. Zu diesen Entwicklungen kann das Gesundheitsmanagement ein Gegen- gewicht sein.

 Schutz vor Bedrohung und Gewalt

Der in den letzten Jahren gestiegenen Bedrohung von Gewalt gegenüber Beschäftigten in Öf- fentlichkeitsämtern muss ebenfalls mit präventiven und repressiven Maßnahmen begegnet werden, um die Beschäftigten zu stärken. Um die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu schüt-

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zen, werden diese schon heute entsprechend geschult, entsprechende bauliche Veränderun- gen in den kommunalen Liegenschaften vorgenommen und für die Beschäftigten im Außen- dienst Schutzkleidung besorgt. Angriffe, ob körperlicher oder verbaler Art, werden durch die Kommunen konsequent zur Anzeige gebracht. Allerdings dürfen diese Verfahren nicht wie so oft, wegen mangelnden öffentlichen Interesses eingestellt werden. Es muss klar sein, dass Be- schäftigte sich unterstützt und gestärkt in ihren Persönlichkeitsrechten fühlen. Gewalt gegen Beschäftigte des öffentlichen Dienstes ist kein Kavaliersdelikt!

 Kultur der Anerkennung

Es muss eine Anerkennungs- und Wertschätzungskultur gepflegt werden, die den langjährig Beschäftigten vermittelt, wichtige Wissensträgerinnen und -träger zu sein, die im Dialog mit neuen Beschäftigten einen Wissenstransfer für die zukünftige Arbeit gewährleisten.

Wünsche langjährig Beschäftigter, nach Erreichen der Altersgrenze noch weiter für die Kom- mune tätig sein zu wollen, sollten in beiderseitigem Interesse wohlwollend geprüft werden.

Diese Kultur der Anerkennung sollte auch von der Gesellschaft getragen werden. Gerade die Corona-Pandemie hat gezeigt, wie wichtig die Beschäftigten im öffentlichen Dienst sind.

 Veränderungen ermöglichen

Auch Möglichkeiten, innerhalb der Verwaltung auf andere Stellen zu wechseln oder auch die Möglichkeiten von Qualifizierungsangeboten und Fortbildungen für Führungspositionen tra- gen zu mehr Arbeitszufriedenheit, Motivation und Identifikation mit der Kommune als Arbeit- geber bei. Breiter aufgestellte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sind durch ihre größere Viel- fältigkeit ein Gewinn für die Kommune.

Letztlich sind zufriedene Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter die beste Werbung für den öffent- lichen Dienst in den Kommunen!

2.5 Kooperationen nutzen

Viel stärker als bisher sollten zwischen den Kommunen und den kommunalen Unternehmen Kooperationen insbesondere bei der Aus- und Weiterbildung gesucht werden. Durch einen Austausch von Auszubildenden oder durch Praktika erhalten die Beschäftigten hilfreiche Ein- blicke in den Aufgabenbereich, die Organisation und die Arbeitsweise der jeweiligen Koope- rationspartner und gewinnen ein noch besseres Bild von der Vielfalt und Attraktivität des öf- fentlichen Dienstes.

Auch im Bereich der Personalgewinnung bieten sich Kooperationen an, um vorhandene Res- sourcen effektiv zu nutzen. Das gilt nicht zuletzt mit Blick auf eine enge Zusammenarbeit zwi- schen Landkreisen und ihren kreisangehörigen Kommunen in diesem Handlungsfeld. Dabei können auch gemeinsame Strategien zur Fachkräftegewinnung entwickelt und umgesetzt werden, um so die Wettbewerbsposition auf dem Arbeitsmarkt zu verbessern. Mögliche Ko- operationspartner können auch Zweckverbände oder sondergesetzliche Verbände sein.

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3. Fazit

Die kommenden Jahre stellen die öffentlichen Arbeitgeber vor große Herausforderungen. Der demografische Wandel, die Digitalisierung und immer neue Aufgabenbereiche lassen die Nachfrage nach Fachkräften steigen. Die stete Weiterbildung der eigenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ist eine wichtige Voraussetzung. Sie wird aber nicht ausreichen, um diesen Herausforderungen gewachsen zu sein. Die öffentlichen Arbeitgeber müssen daher noch stär- ker als jetzt schon um neue Auszubildende, aber auch um gut qualifizierte Seiteneinsteiger werben. Dabei stehen sie in Konkurrenz zu privaten Arbeitgebern, die im Ruf stehen, höhere Gehälter zu bieten, und dies teilweise auch tun. Umso wichtiger ist es, im Wettbewerb um die besten Köpfe die besonderen Stärken des öffentlichen Dienstes aktiv herauszustellen, wie sie in diesem Leitfaden zusammengefasst sind. Neben diesen handfesten Vorteilen darf schließ- lich eines nicht in den Hintergrund treten: Der öffentliche Dienst ist Dienst für die Allgemein- heit!

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