Stadt Luzern
Kinder Jugend Familie
Stadt Luzern
Kinder Jugend Familie Vorschulalter
Kasernenplatz 3, Postfach 7860 6000 Luzern 7
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Leitfaden Gefährdung von Kindern in Kitas Stadt Luzern 2020.docx
Vorgehen bei Gefährdung von Kindern
Leitfaden für Kindertagesstätten Juni 2020
AB Stadt LuzernKinder Jugend Familie
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Kinder Jugend Familie
Frühkindliche Bildung und Betreuung Kasernenplatz 3, Postfach 7860 6000 Luzern 7
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© Stadt Luzern Seite 2
Ziel und Inhalt
Dieser Leitfaden hat zum Ziel, interessierten Kindertagesstätten aufzuzeigen, wie die Gefährdung eines Kindes erkannt werden kann und wie in einem solchen Fall vorgegangen wird. Im ersten Teil beschreibt er verschiedene Begriffe und Zusammenhänge der frühkindlichen Betreuung, Förde- rung, der Früherkennung und des Kinderschutzes.
Im Weiteren orientiert er über die wichtigsten Schritte bei einer möglichen Gefährdung. Der Leitfa- den vermittelt Zusatzinformationen zur Rolle und Verantwortung und zu wichtigen Schlüsselsituati- onen. Auf den Seiten 11-12 sind hilfreiche Adressen von spezialisierten Fachstellen zu finden.
Unser Vorgehen
Eine Arbeitsgruppe mit Vertreterinnen und Vertretern von Kindertagesstätten aus der Stadt Luzern traf sich zum gemeinsamen Austausch und hielt Erfahrungen sowie Fragestellungen rund um die Gefährdung von Kindern in Kindertagesstätten fest. Diese wurden mit Experten der Fachstelle Kin- derschutz des Kantons Luzern und der Stadt Luzern bearbeitet. Daraus entstand dieser praxisori- entierte Leitfaden, der allen Kindertagesstätten zur Verfügung steht.
Dank
Wir bedanken uns bei den Kindertagesstätten Campus, Frohheim, St. Anna und Chenderloki für ihre grosse Offenheit und ihre hohe Sensibilität in diesem komplexen Thema. Wir danken ebenfalls der Fachstelle Kinderschutz für die fachliche Unterstützung und Mitarbeit.
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Inhalt
Grundlagen und Begriffe (S. 4–7)
Vorgehen im Verdachts- und Gefährdungsfall
Handeln (S. 11-12)
Weiteres Vorgehen planen
Eltern informieren
Gefährdungsmeldung einreichen
Neue Beobachtungen und Entwicklungen melden
Strafanzeige
Vernetzen (S. 10-11)
Gefährdung beurteilen mit Hilfe spezialisierter Fachstellen
Wann soll sich die Kindertagesstätte mit spezialisierten Fachstellen vernetzen?
Nur ein reflektiertes, koordiniertes Vorgehen schützt das Kind
Beobachten und dokumentieren (S. 8)
Wie geht es dem Kind? (S. 8)
Situation einschätzen (S. 8–9)
Austausch mit dem Team, der Trägerschaft
Weitere Kommunikation mit den Eltern
Fallbesprechung mit externen Fachpersonen
Bleibt ein ungutes Gefühl? Ist das Wohl des Kindes gefährdet? (S. 9)
Richtig dokumentieren
Das Wohl des Kindes ist möglicherweise gefährdet:
Wahrheitsfindung ist Sache der Behörde
Nie alleine entscheiden
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Kindeswohl
Professionelles Handeln zum Wohl des Kindes
Kindeswohlgefährdung, Risikofaktoren
Mögliche Gefährdungen und Misshandlungen
© Stadt Luzern Seite 4
Grundlagen und Begriffe
Die Erziehung, Bildung und Betreuung orien- tiert sich am Wohl des einzelnen Kindes.
Das Kindeswohl, insbesondere in den ersten Lebensjahren, ist abhängig von zwei ver- schiedenen begünstigenden Faktoren: den
Lebensumständen und dem Verhalten der ganzen Familie und den individuellen Voraussetzungen des Kindes selbst. Ziel dabei ist eine gesunde Entwicklung (= psychisch, physisch, sozial). Dazu gehören elementare Dinge wie ausreichende Ernährung, dem Wetter angemessene Kleidung und ein Dach über dem Kopf – sowie liebevolle Zuwendung, verlässliche Beziehungen, Lob, Anerken- nung, Respekt, Achtung und Schutz vor körperlicher und seelischer Gewalt.
Mitarbeitende von Kindertagesstätten müssen verschiedenen Ansprüchen gerecht werden:
Die Trägerschaften verlangen Wirtschaftlichkeit; Eltern1 machen Ansprüche geltend, damit für sie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie möglich wird; Aufsichtsorgane prüfen verschiedene bauli- che, hygienische, pädagogische und personal- sowie führungsspezifische Voraussetzungen. Auch in der frühen Förderung, Früherkennung, Integration von benachteiligten Kindern oder Kindern mit besonderen Bedürfnissen fällt der familienergänzenden Kinderbetreuung eine entscheidende Rolle zu.
Eine Kindeswohlgefährdung ist häufig ein Zusammenspiel verschiedener schwieriger und belasten- der Umstände, die dazu führen, dass sich ein Kind körperlich, psychisch, intellektuell und/oder so- zial nicht gesund entwickeln kann.
Die Summe mehrerer Belastungen und Risikofaktoren kann zu einer Überforderung der Betreu- ungspersonen führen. Überforderung wiederum kann zu einer tieferen Toleranz, zu Kontrollverlust und mangelnder oder fehlender Feinfühligkeit führen, sodass die kindlichen Bedürfnisse nicht er- fasst und adäquat befriedigt werden können.
1 Mit ‘Eltern’ sind immer auch weitere Erziehungsberechtigte gemeint
Wohl des Kindes
Das Kindeswohl steht über den Bedürfnissen der Eltern, der Betreuenden und weiterer Anspruchsgruppen.
Kindeswohl
Vertiefung
Orientierungsrahmen für frühkindliche Bildung, Betreuung und Erziehung. Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz und UNESCO Kommission
Richtiges Handeln zum Wohl des Kindes
Kindeswohlgefährdung
© Stadt Luzern Seite 5 Das schweizerische Zivilgesetzbuch (ZGB) schreibt vor, dass ab 1. Januar 2019 Mitarbeitende von Kindertagesstätten zur einer Gefährdungsmeldung verpflichtet sind, wenn der Verdacht oder konkrete Hinweise bestehen, dass die körperliche, psychische oder sexuelle Integrität eines Kindes gefährdet ist. Eine Meldung ist dann nötig, wenn diese Fachpersonen der Gefährdung nicht im Rahmen ihrer Tätigkeit Abhilfe verschaffen können.2
Unerwünschte Schwangerschaft Sehr frühe Mutterschaft
Rasche Geburtenfolge Mehrlinge
Extrem frühgeborene Kinder Sensible, reizoffene Babys
Chronisch kranke Kinder Kinder / Geschwister mit Behinderung Kinder mit Schlafstörungen Kinder mit problematischem Essverhalten Körperstrafe als Erziehungsmittel Soziale Isolation, Ausgrenzung
Häusliche Gewalt Suchtmittelabhängigkeit
Psychische Krankheit / Auffälligkeit Straffälligkeit eines Elternteils Paarkonflikte, Trennung, Scheidung Eigene Missbrauchserfahrung Unangemessen hoher Erwartungsdruck der
Eltern
Chronische Krankheit eines Elternteils (zum Beispiel postpartale Depression) Soziale und/oder emotionale
Verunsicherung der Bezugsperson
Finanzielle Schwierigkeiten (Arbeits-/Wohnsituation)
Diese Aufzählung ist nicht abschliessend. Gefährdungen ergeben sich oft durch eine Kumulation verschiedener Faktoren.
2 Gesetzestext einsehen: www.admin.ch/opc/de/federal-gazette/2017/7903.pdf
Informationen Kanton Luzern: https://kinderbetreuung.lu.ch/Angebotstypen/at_kita/rechtliche_grundlagen
Mögliche Risikofaktoren für eine Kindeswohlgefährdung
Gesetzliche Grundlage / Meldepflicht
© Stadt Luzern Seite 6 Beschreibung
Mangelnde Fürsorge und Betreuung, Verwahrlosung, akut auftretend oder sich über einen langen Zeitraum entwickelnd. Andere Lebensbereiche können intakt sein.
Mögliche Merkmale/Symptome
Plötzlicher oder schleichender Entwicklungsrückstand
Keine adäquate (nicht der Witterung angepasste) oder ungewaschene, zerschlissene Kleidung
Mangelhafte Hygiene, zum Beispiel bezüglich Haare, Zähne, Windelbereich
Nicht angemessene Versorgung mit Nahrung
Geschwister schauen oft dem Kind, da Eltern nicht zeitlich angemessen verfügbar sind
Mangelnde oder unangemessene Pflege im Krankheitsfall
Unentschuldigtes Wegbleiben
Auffälliges Beziehungsverhalten Betreuungsperson – Kind
Mangelhafter Schutz vor Gefahren wie Verletzungen, Unfällen, Krankheiten
Beschreibung
Beispiele von körperlicher Gewalt sind Schläge, Verbrennungen, Verbrühungen, Quetschungen sowie Schütteln des Kindes, gewaltsam füttern, verbrühen, verbrennen, Kind frieren lassen, geni- tale Beschneidung und andere, einmalig oder regelmässig. Körperliche Gewalt kann zu erhebli- chen Verletzungen führen.
Mögliche Merkmale/Symptome
Einmalig und ausserordentlich, gelegentlich oder systematisch:
Blaue, dunkle Flecken (Hämatome), Wunden, Schürfungen, Rötungen
Kind reagiert auf Ermahnung eingeschüchtert, schützt eventuell seinen Kopf
Kind wirkt blockiert, wenn es am Arm gehalten wird
Entwicklungsverzögerungen, Angstzustände
Manchmal Rückzug des Kindes
Schwieriges Temperament des Kindes
Beschreibung
Unter psychischer Gewalt wird die Beeinträchtigung und Schädigung der Entwicklung von Kindern verstanden. Unterformen: feindselige Ablehnung und Abwertung, ständiges Drohen, Isolieren und Korrumpieren sowie Verweigerung emotionaler Resonanz und Zuwendung.
Physische Gewalt (Körperstrafen)
Psychische/seelische Misshandlung)
Mögliche Gefährdungen und Misshandlungen
Vernachlässigung
© Stadt Luzern Seite 7 Auch massive Manipulation (z.B. wenn Kinder in Erwachsenenkonflikte wie Ehestreit oder Tren- nung unnötig stark involvieren oder instrumentalisiert werden), massive Forderungen, unangemes- sene, überzogene Erwartungen an das Kind gehören dazu. Psychische und seelische Misshand- lungsformen sind häufig mit weiteren Misshandlungsformen verbunden.
Mögliche Merkmale / Symptome
Aggressive Reaktionen der Eltern auf das Kind, keine oder wenig Reaktion auf das Kind, auf seine Fragen und Äusserungen beim Bringen und Abholen in der Kindertagesstätte
Wenig bis kein Körperkontakt, keine Aufmerksamkeit und Anerkennung, wenig Reaktion und Feinfühligkeit der Bezugsperson
Schlafstörungen
Konzentrationsstörungen
Ausgeprägte Schreckhaftigkeit
Entwicklungsrückschritte
Einnässen, einkoten (wenn medizinische Gründe ausgeschlossen werden können)
Stottern
Aggressives, impulsives Verhalten
Sozialer Rückzug
Beschreibung
Alle Handlungen einer erwachsenen Person mit Kindern zu ihrer bewussten sexuellen Erregung und Befriedigung: Berührungen zur eigenen sexuellen Befriedigung, Exhibitionismus, mit Kindern Pornos schauen, sie zum Zuschauen von Masturbation und Geschlechtsverkehr zwingen und Ge- schlechtsverkehr jeglicher Form.
Mögliche Merkmale/Symptome
Konkrete Aussagen des Kindes
Das Kind zeigt sexualisiertes Verhalten (zum Beispiel in Zeichnungen, beim Puppenspiel mit deutlich sexuellem Bezug)
Plötzliches und unerklärliches verändertes Verhalten des Kindes
Unerklärlicher sozialer Rückzug
Starkes, gesteigertes Interesse an sexuellen Themen
Distanzloses Verhalten gegenüber Bezugspersonen
Körperliche Verletzungen Sexuelle Ausbeutung
© Stadt Luzern Seite 8
Vorgehen im Verdachts- und Gefährdungsfall
Richtiges dokumentieren bei Besonderheiten hilft, Gefühle und tatsächliche Beobachtungen zu trennen und ist später von entscheidender Bedeutung, wie die Situation des Kindes und seine Ge- fährdung eingeschätzt werden müssen. Wer hat wie, wo, was, wann gesehen?
Beobachtungen zum Kind, zur Bezugsperson, zur Interaktion zwischen Bezugsperson und Kind genau beschreiben, nicht interpretieren (was habe ich gesehen, gehört?)
Aussehen von körperlichen Symptomen beim Kind mit konkreten Angaben wie Datum, Zeit, Umfang und Häufigkeit, Farbe, Form, Grösse, Charakter, Eigenschaften (keine Fotografien!) genauestens beschreiben
Aussagen des Kindes und der Eltern oder weiterer Bezugspersonen möglichst wort- getreu festhalten (auch eigene Aussagen)
Eigene Gefühle und Hypothesen klar als solche benennen
Bei ungutem Gefühl, Besonderheiten und Auffälligkeiten jeglicher Art muss in jedem Fall zusam- men mit der Leitungsperson der Kindertagesstätte die Situation reflektiert und eingeschätzt wer- den. Hierfür helfen Zusatzinformationen über die Familie und das familiäre Umfeld.
Ein gut strukturierter Austausch hilft, eigene persönliche Werte zu überprüfen, Beobachtungen von Interpretationen zu unterscheiden sowie die Rollen und Verantwortlichkeiten und das weitere Vor- gehen zu klären (z.B. angepasste Betreuung und Förderung für das Kind in der Kita oder ein El- terngespräch).
Faktor Zeit
Überstürztes Handeln kann dem Kind schaden und es zu- sätzlich
gefährden. Das gilt auch in al- len weiteren Schritten. Die Praxis zeigt jedoch, dass ins- besondere
bei Vernachlässigungen oft zu lange gewartet wird!
Beobachten und dokumentieren
Situation einschätzen
Austausch im Team und Vorgesetzten Wie geht es dem Kind?
Wahrnehmungen im Team, der Träger- schaft oder mit anderen Fachpersonen reflektieren.
© Stadt Luzern Seite 9 Geht es darum, das Verhalten und die Entwicklung des Kin-
des besser verstehen zu können, kann ein Austausch mit den Eltern weiter Klarheit bringen.
Machen Eltern dieselben Beobachtungen wie die Kitaleitenden?
Wie verhält sich das Kind zu Hause?
Teilen Eltern die Einschätzung der Kitaleitenden?
In der Arbeit mit den Eltern ist ein respektvoller, empathi- scher und transparenter Umgang von zentraler Bedeutung.
Dies gilt auch dann, wenn Meinungsverschiedenheiten, un-
terschiedliche Vorstellungen oder missfallende Verhaltensweisen den Dialog mit den Eltern er- schweren. Wenn jedoch Eltern bei Entwicklungsgefährdungen kein Problembewusstsein zeigen oder das Gespräch verweigern, wenn es nicht gelingt, gemeinsam mit den Fachstellen dem Kind Hilfe zukommen zu lassen, vernetzten Sie sich mit spezialisierten Kinderschutz-Stellen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Bei Fragen zum Entwicklungstand des Kindes (Ist das normal?) sollte das Gespräch mit speziali- sierten Stellen wie der Mütterberatung, dem Heilpädagogischen Früherziehungsdienst oder der Logopädie gesucht werden. Dies kann in anonymisierter Form geschehen, ohne den Namen des Kindes oder der Eltern zu nennen.
Vertrauen ist das Wichtigste!
Ein guter Kontakt mit den Eltern dient in erster Linie dem Interesse und dem Schutz des Kindes.
Gespräche mit Eltern dürfen das Kind nicht zusätzlich gefährden!
Weitere Kommunikation mit den Eltern
Bleibt ein ungutes Gefühl?
Könnte eine Gefährdung vorliegen? Vernetzten Sie sich mit spezialisierten Stellen für Kinderschutzfragen, um das weitere Vorgehen zu besprechen.
Wahrheitsfindung und Ermittlungen ist Sache der Behörden
Befragungen der Eltern, weiteren Erziehungsberechtigten oder anderen Ver- dächtigen (z.B. Mitarbeitende) zu Missbrauch/Misshandlung gehören nicht zu den Aufgaben der Kitaleitenden. Die Erfahrungen zeigen, dass sich der Druck auf das Kind erhöht und das Vertrauen zwischen den Mitarbeitenden der Kitaleitung und den Eltern erschüttert werden kann.
Fallbesprechung mit externen Fachpersonen
© Stadt Luzern Seite 10 Die Gefährdung eines Kindes frühzeitig zu erkennen und einzuschätzen ist schwierig und manch- mal sehr komplex. Mithilfe von spezialisierten Fachstellen kann eine mögliche Gefährdung genau analysiert werden, ohne dass die Kindertagesstätte bereits Namen von Kindern oder Eltern preis- geben müssen. Zudem können die weitere Zusammenarbeit, Verantwortlichkeiten und das weitere Vorgehen zur Entlastung der Kindertagesstätten geklärt werden.
Die Fachstelle Kinderschutz berät bereits niederschwellig in der frühen Phase einer Vermutung oder eines Verdachts (grundsätzlich auch ohne Nennung von Kindernamen). Fachpersonen wer- den unter Berücksichtigung des bereits involvierten Hilfssystems fallspezifisch angeleitet. Sie berät und begleitet Institutionen auch in längeren Prozessen, in der Gestaltung von Elterngesprächen oder Gesprächen mit Mitarbeitenden. Sehr komplexe Fragestellungen wird die Fachstelle in die kantonale Kinderschutzgruppe einbringen. Die Fachstelle kann die hilfesuchenden Institutionen beim Entscheid über eine Gefährdungsmeldung unterstützen und begleiten. Die Kindertagesstätte entscheidet letztendlich selber, ob sie die Empfehlung umsetzen wird.
Wann soll sich die Kindertagesstätte mit spezialisierten Fachstellen vernetzen?
Beobachtungen oder Aussagen eines Kindes deuten auf eine Gefährdung hin
Das Kind hat sich einer Mitarbeitenden der Kindertagesstätte anvertraut und sie gebeten zu versprechen, dass sie niemandem etwas sagt
Ein ausserordentliches oder aussergewöhnliches Ereignis mit dem Kind hat stattgefunden – eines genügt!
Es besteht der Verdacht, dass eine Mitarbeiterin/ein Mitarbeiter einen Übergriff auf ein Kind beging
Es bestehen Unsicherheiten bezüglich des weiteren Vorgehens, der Rollen und/oder der Verantwortung
Zwischen den Eltern und dem Personal ist Misstrauen entstanden. Zum Beispiel wenn Mitarbeitende befürchten, den Kontakt zu den Eltern zu verlieren und dann niemand mehr für das Kind da ist
Ein schwieriges Elterngespräch ist geplant
Die Eltern zeigen bei Entwicklungsgefährdungen kein Problembewusstsein und verweigern die Gesprächsbereitschaft
Drohungen wurden ausgesprochen. Zum Beispiel: Die Eltern setzen Mitarbeitende unter Druck: „Wenn sie etwas sagen, dann ...“
Vernetzen
Gefährdung beurteilen mit Hilfe spezialisierter Fachstellen für Kinderschutz
© Stadt Luzern Seite 11 Fachstelle Kinderschutz des Kantons Luzern
Dienststelle Soziales und Gesundheit – Fachberatung Kinderschutz Rösslimattstrasse 37, 6002 Luzern
041 228 58 96, www.disg.lu.ch/themen/Fachberatung_Kinderschutz
Vernetzung und Beratung bei bereits laufenden Kinderschutzmassnahmen:
Kinder- und Jugendschutz der Stadt Luzern Kasernenplatz 3, 6000 Luzern 7
041 208 87 00, www.kinderschutz.stadtluzern.ch
Ist ein Kind in irgendeiner Form gefährdet, muss das weitere Vorgehen genau geplant werden.
Unreflektiertes und unkoordiniertes Vorgehen kann das Kind zusätzlich gefährden. Lassen Sie sich deshalb unbedingt von der Fachstelle Kinderschutz beraten (Adresse siehe oben). Mit ihr kann besprochen werden, ob eine Gefährdungsmeldung oder andere Massnahmen angezeigt sind.
Ob und wann Eltern oder weitere Erziehungsberechtigte über die Gefährdungsmeldung informiert werden, sollte unbedingt mit einer Fachstelle abgesprochen werden. Es gibt Gründe für die Vorin- formation, und dringende Gründe, die gegen eine Vorinformation sprechen.
Wenn die Leitung der Kindertagesstätte die Eltern über ihr Vorhaben informiert, sollte sie das zu ihrem Schutz nie alleine tun. Eine Gefährdungsmeldung wird von Eltern als ein grosser, bedrohli- cher Eingriff empfunden, weshalb ihre Reaktionen nicht voraussehbar sind.
Handeln
Weiteres Vorgehen planen
Eltern informieren
Bei Verdacht auf Misshandlungen kann eine vorgängige Information der El- tern/Erziehungsberechtigen als mögliche Täter kontraproduktiv sein.
Kindertagesstätten sollten sich deshalb dringend von Fachstellen Kinder- schutz (Adressen S. 11) beraten lassen.
(Adressen S. 10–11) beraten lassen
© Stadt Luzern Seite 12 Die Dokumentationen zum Kind und seiner Entwicklung, Protokolle zur Gefährdung usw. helfen den Kindertagesstätten bei der Formulierung der Meldung. Zu beachten ist, dass Angeschuldigte das Recht haben, die eröffnete Akte einzusehen. In der Regel wird der Verfasser der Meldung für Angeschuldigte somit erkennbar. Gefährdungsmeldungen werden schriftlich verfasst und sachlich geschrieben.
Vertiefung Hilfsmittel
Gefährdungsmeldung für Kinder und Jugendliche. Formular Gefährdungsmeldung, Leitfaden für Schulen und Institutionen. Kinder- Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde und Erwachsenenschutzbehörde Stadt Luzern. Download:
www.kesb.stadtluzern.ch www.kesb.stadtluzern.ch
Meldestellen für Gefährdungen
Kindertagesstätten wenden sich an die Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde der Wohnge- meinde des Kindes. Mit der KESB kann das Vorgehen für eine Gefährdungsmeldung vorbespro- chen werden.
KESB Stadt Luzern Pilatusstrasse 22
6002 Luzern, Tel. 041 208 82 57 www.kesb.stadtluzern.ch
KESB Kreis Emmen, Gersag-Park Rüeggisingerstrasse 29
6021 Emmenbrücke, Tel. 041 268 04 25 kesb@emmen.ch
KESB Kriens-Schwarzenberg Luzernerstrasse 15
6011 Kriens, Tel. 041 329 63 91 kesb@kriens.ch
weitere KESB-Kreise:
www.kesb-lu.ch
Die Behörde wird der meldenden Stelle den Eingang der Meldung bestätigen, diese aber nicht über den Verlauf informieren. Aus diesem Grund muss die Kindertagesstätte neue Auffälligkeiten und Entwicklungen, die zu einer weiteren Verschlechterung der Situation des Kindes führen könnten, erneut der zuständigen Behörde melden.
Gefährdungsmeldung einreichen
Neue Beobachtungen und Entwicklungen melden
© Stadt Luzern Seite 13 Quellen
Brunner, Sabine /MMI: Früherkennung von Gewalt an kleinen Kindern Hrsg.: Stiftung Kinderschutz Schweiz, 2013
Kanton Luzern, Dienststelle Soziales und Gesellschaft und Dienststelle Volksschulbildung: Kindesmisshandlungen erkennen und reagieren - Merkblatt für Lehrpersonen, Schuldienste, Schulleitungen, Schulpflegen und Personen der Jugendarbeit, 2004/2013
Lips, Ulrich: Kindesmisshandlungen – Kindesschutz, Ein Leitfaden zu Früherfassung und Vorgehen in der ärztlichen Praxis. FMH und Stiftung Kinderschutz Schweiz, 2011
Orientierungsrahmen für frühkindlichen Bildung, Betreuung und Erziehung. Netzwerk Kinderbetreuung Schweiz und UNESCO Kommission, 2012, 2. Auflage
Stadt Luzern, Kindes- und Erwachsenenschutzbehörde: Leitfaden für Institutionen, Gefährdungsmeldung für Kinder und Jugendliche, Leitfaden für Schulen und Institutionen, undatiert