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Unzulässiger Asylantrag aufgrund vorheriger Gewährung internationalen und subsidiären Schutzes in Italien

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VG München, Urteil v. 25.10.2016 – M 12 K 16.32038 Titel:

Unzulässiger Asylantrag aufgrund vorheriger Gewährung internationalen und subsidiären Schutzes in Italien

Normenketten:

VwGO § 86, § 113 Abs. 1

AsylG § 1 Abs. 1 Nr. 2, § 13 Abs. 2 S. 2, § 26a, § 31 Abs. 4, § 34 Abs. 1 S. 1, § 34a GG Art. 16a Abs. 2 S. 1

Dublin III-VO Art. 17 Abs. 1 EMRK Art. 3

AufenthG § 60 Abs. 5, Abs. 7 Leitsätze:

1. Hat ein Ausländer bereits einen Schutzstatus erhalten, ist nicht auf systemische Mängel im Asylverfahren bzw. der Aufnahmebedingungen abzustellen, sondern darauf, ob der gebotene Inhalt des Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder

erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedsstaat iSv Art. 4, 19 Abs. 2 GRCh bzw. Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (vgl. VG Düsseldorf BeckRS 2014, 5882; VG Aachen BeckRS 2015, 43130).

(redaktioneller Leitsatz)

2. In Italien sind Ausländer, die dort als Flüchtlinge anerkannt worden sind oder subsidiären Schutz erhalten haben, italienischen Staatsangehörigen gleichgestellt, d.h. es wird grundsätzlich von ihnen erwartet, dass sie selbst für ihren Lebensunterhalt und ihre Unterbringung sorgen, was nicht menschenrechtswidrig ist. (redaktioneller Leitsatz)

Schlagworte:

Abschiebung, Italien, internationaler Schutz, Selbsteintrittsrecht, sicherer Drittstaat, Eritrea, systemische Mängel, unmenschliche Behandlung, Abschiebungsverbot

Tenor

I.

Die Klage wird abgewiesen.

II.

Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III.

Die Kostenentscheidung ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch

Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger ist - nach eigenen Angaben - ein am ... geborener eritreischer Staatsangehöriger. Er reiste am ...

November 2015 ins Bundesgebiet ein (Bl. 7 der Behördenakte - BA) und beantragte am 24. März 2016 Asyl (Bl. 13 BA).

Zur Begründung des Asylantrages trug der Kläger am 11. April 2014 im Wesentlichen vor: Er sei nach Deutschland gekommen, weil er kein schönes Leben in Italien gehabt habe. Er habe auf der Straße schlafen müssen. Deutschland sei von Anfang an sein Ziel gewesen (Bl. 68 BA.

Für den Kläger hat sich ein Dublin-Treffer ergeben (ITAG0...; Bl 44 BA). Die Beklagte bat am 24. Mai 2016 die italienischen Behörden, den Kläger zurück zu nehmen (Bl. 44 ff. BA).

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Mit Schreiben vom 25. Mai 2016 teilte das italienische Innenministerium mit, dass der Kläger in Italien ein Asylverfahren durchgeführt hat und er dort internationalen Schutz erhalten hat (Bl.53 BA).

Am 4. Juli 2016 wurde der Kläger zur Bestimmung des zuständigen Mitgliedsstaates angehört (Bl. 67 BA).

Der Kläger erklärte, er wolle nicht nach Italien zurück. Er habe vor vier Monaten in Deutschland eine Ausbildung begonnen (Bl. 68 BA).

Mit Bescheid vom 27. Juli 2016 wurde der Antrag des Klägers als unzulässig abgelehnt (Nr.1), er wurde aufgefordert, die Bundesrepublik Deutschland zu verlassen; die Abschiebung nach Italien wurde angedroht.

Es wurde festgestellt, dass der Kläger nicht nach Eritrea abgeschoben werden darf (Nr. 2). Das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot wurde auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet (Nr.3).

Der Bescheid wurde dem Kläger am 1. August 2016 mit Postzustellungsurkunde zugestellt (Bl.93 BA).

Am ... August 2016 hat die Prozessbevollmächtigte des Klägers beim Bayerischen Verwaltungsgericht München Klage erhoben mit dem Antrag,

den Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge vom 27. Juli 2016 in Nr.1, Nr.2 Satz 1 bis 3 und Nr.3 aufzuheben.

Die Beklagte beantragte am 30. August 2016 die Klage abzuweisen.

Die Klage wurde am ... August 2016 im Wesentlichen wie folgt begründet: Der Kläger habe in Italien schlechte Lebensbedingungen vorgefunden. Italiener hätten die hilflosen Flüchtlinge gequält. Italienische Behörden hätten keine Zeit für den Kläger gehabt. Der Kläger sei von anderen Flüchtlingen vor Drogen- und Schwarzgeldgeschäften sowie der organisierten Kriminalität gewarnt worden. Den Kläger würden in Italien schwere Menschenrechtsverletzungen gem. Art. 3 EMRK erwarten. In Italien seien systemische Mängel gegeben. In Italien seien die Lebensbedingungen für Menschen mit internationalem Schutz nicht zumutbar.

Auf die Klagebegründung vom ... August 2016 und die beigefügten Unterlagen wird im Übrigen verwiesen.

Mit Beschluss vom 5. Oktober 2016 wurde der Rechtsstreit zur Entscheidung auf den Einzelrichter übertragen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichts- und der vorgelegten Behördenakte verwiesen.

Entscheidungsgründe

Über die Verwaltungsstreitsache konnte aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 25. Oktober 2016 entschieden werden, obwohl außer des Klägers und seiner Prozessbevollmächtigten kein Beteiligter zur mündlichen Verhandlung erschieden ist. Die Parteien wurden ordnungsgemäß zur mündlichen Verhandlung geladen und in der Ladung darauf hingewiesen, dass auch ohne sie verhandelt und entschieden werden kann, § 102 Abs. 2 VwGO.

Verfahrensgegenstand ist der Bescheid der Beklagten vom 27. Juli 2016, mit dem der Asylantrag als unzulässig abgelehnt (Nr.1), die Abschiebung nach Italien angedroht (Nr.2), ein Abschiebungsverbot hinsichtlich Eritrea festgestellt (Nr.2) und das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung befristet wurde (Nr.3). „Drittstaatsbescheide“ nach § 26a, § 31 Abs. 4 AsylG können mit der isolierten Anfechtungsklage angefochten werden (OVG Saarland, B. v. 23.3.2016 - 2 A 38/16 - juris, Rn. 15 ff.; OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 19.5.2016 - 13 A 1490/13.A - juris, Rn. 22 f.).

Die Ablehnung des Asylantrags als unzulässig (Nr. 1 des Bescheides) findet seine Rechtsgrundlage in Art.

16a Abs. 2 GG, § 26a AsylG und § 31 Abs. 4 AsylG, nachdem dem Kläger in Italien internationaler und subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist (Bl. 54 BA).

Nach Art. 16a Abs. 2 Satz 1 GG kann sich auf das in dessen Absatz 1 gewährleistete Asylgrundrecht nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften oder aus einem sicheren Drittstaat einreist, in dem die Anwendung des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge - GFK - vom 28. Juli 1951 (BGBl 1953 II. S.560) und der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten - EMRK - vom 4. November 1950 (BGBl 1952 II S.953) sichergestellt ist (BVerfG v. 14. 5.

(3)

1996 - 2 BvR 1938/93 - juris). Ausgehend hiervon wird eine Anwendung des Art. 16a Abs. 2 GG und der §§

26a, 31 Abs. 4 AsylG nicht durch die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 vom 26. Juni 2013 (nachfolgend Dublin III VO) verdrängt, denn diese Verordnung findet auf Asylbewerber, die in Deutschland einen Asylantrag stellen, nachdem ihnen in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union - hier in Italien -

internationaler und subsidiärer Schutz im Sinne der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 zuerkannt worden ist, keine Anwendung. Dies ergibt sich daraus, dass das in dieser Verordnung geregelte Verfahren zur Bestimmung des für eine Bearbeitung eines Antrags auf internationalen Schutz zuständigen Mitgliedsstaates nach Art. 20 Dublin III VO nur eingeleitet wird, sobald in einem Mitgliedstaat erstmals ein Antrag auf internationalen Schutz gestellt wird, über den noch nicht endgültig entschieden wurde (Funke-Kaiser in Gemeinschaftskommentar zum Asylverfahrensgesetz, § 27a Rn. 34). Daran fehlt es indessen, wenn der Ausländer bereits in einem anderen Mitgliedsstaat der Europäischen Union einen Asylantrag gestellt und dort internationalen oder subsidiären Schutz erhalten hat (BVerwG, U. v. 17.6.2014 - 10 C 7/13; BayVGH, B. v. 12.1.2015 - 20 ZB 14.30091; VG Trier, B. v. 14. 7.

2014 -5 L 1226/14.TR; OVG Nordrhein-Westfalen, B. v. 21.9.2016 - 13 A 1503/16.A; OVG Nordrhein- Westfalen, U. v. 19.5.2016 - 13 A 1490/123.A; alle juris)

Von daher stehen europarechtliche Bestimmungen einer Anwendung von § 26a AsylG nicht entgegen und ist von vornherein kein Raum für die Ausübung des Selbsteintrittsrechts des Art. 17 Abs. 1 Dublin III VO.

Der Asylantrag wurde zu Recht gem. § 26a AsylG abgelehnt, weil der Kläger aus Italien, einem

Mitgliedsstaat der Europäischen Union, und damit aus einem sicheren Drittstaat eingereist ist, § 26 Abs. 2 AsylG. Der Sinn des § 26a AsylG besteht darin, bei einer Einreise aus einem sicheren Drittstaat die Berufung auf das Asylgrundrecht - und damit zugleich die sachliche Prüfung der bezüglich des

Herkunftslandes geltend gemachter Verfolgungsgründe - auszuschließen (BVerfG v. 14. 5. 1996 - 2 BvR 1938/93 u. a., BVerfGE 94, 49ff. = NVwZ 1996, 700,702). Darüber hinaus lässt die Drittstaatenregelung nach dem ihr zugrundeliegenden Konzept der normativen Vergewisserung über die Sicherheit im Drittstaat nicht nur die Berufung auf das Asylgrundrecht, sondern auch auf die Rechtspositionen nach § 60 Abs. 1 (jetzt: § 3 AsylG) und § 60 Abs. 2 bis 7 AufenthG (jetzt: § 4 AsylG, § 60 Abs.5 AufenthG; § 60 Abs. 7 Satz 1 AufenthG) im Hinblick auf den sicheren Rechtsstaat entfallen (so BVerfG v. 14. 5. 1996, a. a. O.).

Der Kläger hat mit seinem Asylantrag die Anerkennung als Asylberechtigter sowie internationalen Schutz beantragt, § 13 Abs. 2 AsylG; eine Beschränkung des Asylantrags auf nur internationalen Schutz ist nicht erfolgt, § 13 Abs. 2 Satz 2 AsylG. Die Ablehnung des Antrags nach § 26a AsylG erfolgte daher zu Recht.

Eine Entscheidung „nur nach § 26a AsylG“ und damit auch nach § 31 Abs. 4 AsylG kommt nicht in Betracht, wenn eine Rückführung in den sicheren Drittstaat nicht möglich ist (Hailbronner, Ausländerrecht, AsylG, B 2,

§ 31 Rn. 82). Diese Voraussetzung ist aber vorliegend nicht gegeben, eine Rückführung nach Italien ist möglich (vgl. Schreiben der italienischen Behörden vom 25.5.2016, Bl. 53 der Behördenakte).

Die Abschiebung des Klägers nach Italien ist auch grundsätzlich durchführbar. Da es sich bei Italien um einen sicheren Drittstaat handelt, ist aufgrund der vom Bundesverfassungsgericht zu eben dieser

Drittstaatenregelung entwickelten Konzepts der normativen Vergewisserung davon auszugehen, dass dort die Anwendung der Genfer Flüchtlingskonvention als auch der Europäischen Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten sichergestellt ist (vgl. grundsätzlich BVerwG, U. v. 14.5.1996 - 2 BvR 1938/93 - juris).

Gegen die Abschiebung kann eingewandt werden, dass eine Ausnahmesituation vorliegt, in welcher der Drittstaat selbst gegen den Schutzsuchenden zu Maßnahmen politischer Verfolgung oder unmenschlicher Behandlung (Art. 3 EMRK) greift und daher zum Verfolgerstaat wird. In seltenen Ausnahmefällen kann sich schließlich aus allgemein bekannten oder im Einzelfall offen zutage tretenden Umständen ergeben, dass der Drittstaat sich von seinen generell einzuhaltenden Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der EMRK löst und einem bestimmten Ausländer Schutz dadurch verweigert, dass er sich seiner ohne Prüfung des Schutzgesuchs entledigt (Hailbronner, a. a. O., Rn. 84).

Ein solcher Ausnahmefall liegt im Fall des Klägers nicht vor. Er hat in Italien internationalen Schutz erhalten, so dass er in sein Heimatland Eritrea nicht abgeschoben wird. Er hat auch bereits 2 Jahre und 5 Monate in Italien gelebt.

Ein Ausnahmefall liegt auch nicht deshalb vor, weil den Kläger in Italien schwere

Menschenrechtsverletzungen erwarten würden. Ein Ausländer, der in einen Drittstaat zurückgewiesen

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werden soll, kann den Schutz der Bundesrepublik Deutschland vor einer politischen Verfolgung oder sonstigen schwerwiegenden Beeinträchtigungen in seinem Herkunftsstaat grundsätzlich nicht mit der Begründung einfordern, für ihn bestehe in dem betreffenden Drittstaat keine Sicherheit, weil dort in seinem Einzelfall - trotz normativer Vergewisserung - die Verpflichtungen aus der Genfer Flüchtlingskonvention und der Europäischen Menschenrechtskonvention nicht erfüllt würden. Der Ausländer ist mithin mit einer Behauptung ausgeschlossen, in seinem Fall werde der Drittstaat - entgegen seiner sonstigen Praxis - Schutz verweigern (BVerfG, U. v. 14. 5. 1996 - 2 BvR 1938/93 - juris). Die Sonderfälle im Sinne der

Rechtsprechung des BVerfG entsprechen inhaltlich den systemischen Mängeln im Sinne der Ausführungen in den Urteilen des Europäischen Gerichtshofs von 21. Dezember 2011 - C 411/10 und C 493/10 und vom 10. Dezember 2013 - C 394/12, wonach ein Asylbewerber einer Abschiebung in einen anderen

Mitgliedsstaat der Europäischen Union nur damit entgegentreten kann, dass er systemische Mängel des Asylverfahrens und der Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in diesem Mitgliedsstaat geltend macht, die ernsthafte und durch Tatsachen bestätigte Gründe für die Annahme darstellen, dass er tatsächlich Gefahr läuft, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union ausgesetzt zu werden und die zugunsten des Mitgliedsstaates streitende Vermutung, dass die Behandlung der Asylbewerber in jedem einzelnen Mitgliedsstaat der Europäischen Union in Einklang mit den Erfordernissen der Charta sowie mit der Genfer

Flüchtlingskonvention und der EMRK steht, widerlegt ist (VG Augsburg, B. v. 3. 12. 2014 - Au 7 S 14.50321 - juris).

Systemische Mängel, die einer Überstellung nach Italien entgegenstehen könnten, sind nach den dem Gericht vorliegenden Erkenntnissen bei der Durchführung von Asylverfahren, Behandlung von

Asylbewerbern und anerkannten Schutzberechtigten in Italien nicht gegeben.

Dem gemeinsamen Europäischen Asylsystem, zu dem insbesondere die Dublin-Verordnungen gehören, liegt die Vermutung zugrunde, dass jeder Asylbewerber in jedem Mitgliedsstaat gemäß den Anforderungen der Charta der Grundrechte der Europäischen Union (Abl. C 83/389 v. 30. März 2010, des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge v. 28. Juli 1951 (BGBl. II 1953, S.559) sowie der Europäischen Konvention der Menschenrechte und Grundfreiheiten v. 4. November 1950 (BGBl. II 1952, S.685 in der Fassung der Bekanntmachung v. 20. Oktober 2010 (BGBl. II S.1198) behandelt wird. Es gilt daher die Vermutung, dass Asylbewerbern in jedem Mitgliedsstaat eine Behandlung entsprechend den Erfordernissen der Charta, der Genfer Flüchtlingskonvention - GFK - und der Europäischen Menschenrechtskonvention - EMRK - zukommt.

Die diesem „Prinzip des gegenseitigen Vertrauens“ (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011 - C - 411/10 und C - 493/10, NVwZ 2012, S.417 und juris; U. v. 14. November 2013 - C - 4/11, NVwZ 2014, S.129 und juris) bzw.

dem „Konzept der normativen Vergewisserung“ (BVerfG, U. v. 14. Mai 1996 - 2 BvR 1938/93 und 2315/93, BverfGE 94, Seite 49 = NJW 1996, S,1665 und juris) zugrunde liegende Vermutung ist jedoch dann als widerlegt zu betrachten, wenn den Mitgliedsstaaten „nicht unbekannt sein kann“, also ernsthaft zu

befürchten ist, dass dem Asylverfahren einschließlich seiner Aufnahmebedingungen in einem Mitgliedsstaat derart grundlegende, systemische Mängel anhaften, dass für dorthin überstellte Asylbewerber die Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung im Sinne von Art. 4 GR-Charta ausgesetzt zu werden (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013, a. a. O.). In einem solchen Fall ist die Prüfung anhand der Zuständigkeitskriterien der Dublin-Verordnungen fortzuführen, um

festzustellen, ob anhand der weiteren Kriterien ein anderer Mitgliedsstaat als für die Prüfung des

Asylantrags bestimmt werden kann; ist zu befürchten, dass durch ein unangemessen langes Verfahren eine Situation, in der Grundrechte des Asylbewerbers verletzt werden, verschlimmert wird, muss der

angegangene Mitgliedsstaat selbst prüfen (EuGH, U. v. 21. Dezember 2011, a. a. O.; U. v. 14. November 2013, a. a. O.).

Hat ein Ausländer - wie hier - bereits einen Schutzstatus erhalten, ist nicht auf systemische Mängel im Asylverfahren bzw. der Aufnahmebedingungen abzustellen, sondern darauf, ob der gebotene Inhalt des jeweiligen Schutzstatus hinreichend eingehalten wird oder ein Verstoß gegen die GFK vorliegt bzw. für den Inhaber des Schutzstatus eine tatsächliche Gefahr besteht, einer unmenschlichen oder erniedrigenden Behandlung in dem ersuchten Mitgliedsstaat im Sinne von Art. 4, 19 Abs. 2 Grundrechte-Charta bzw. dem inhaltsgleichen Art. 3 EMRK ausgesetzt zu sein (VG Düsseldorf, B. v. 6.11.2014 - 17 L 2289/14.A - juris; VG Aachen, B. v. 5. 3. 2015 -8 L 739/14.A - juris ). Das Kriterium der systemischen Mängel hat Bedeutung für die Gefahrenprognose im Rahmen der Art. 4 Grundrechte-Charta bzw. Art. 3 EMRK.

(5)

Die Auslegung der Tatbestandsmerkmale des Art. 4 GR-Charta ist gem. Art. 52 Abs. 3 Satz 1 GR-Charta einschließlich der Erläuterungen hierzu (ABl. C 303/17 v. 14. Dezember 2007) i. V. m. Art. 6 Abs. 1 Satz 3 EUV v. 7. Februar 1992 (ABl. C 191, S.1), zuletzt geändert durch Art. 1 des Vertrages von Lissabon vom 13. Dezember 2007 (Abl. C 306, S.1, ber. Abl. 2008 C 111, S. 56 und Abl.2009 C 290, S.1) an Art. 3 EMRK auszurichten. Nach der Rechtsprechung des EGMR (Urteil v. 21. Januar 2011 -30696/09, EuGRZ 2011, 243) ist eine Behandlung dann unmenschlich, wenn sie absichtlich über Stunden erfolgt und entweder tatsächliche körperliche Verletzungen oder schwere körperliche oder seelische Leiden verursacht. Als erniedrigend ist eine Behandlung dann anzusehen, wenn sie eine Person demütigt oder herabwürdigt oder fehlenden Respekt für ihre Menschenwürde zeigt oder diese herabmindert oder wenn sie Gefühle der Furcht, Angst oder Unterlegenheit hervorruft, die geeignet sind, den moralischen oder psychischen Widerstand der Person zu treffen.

Die Behandlung/Misshandlung muss dabei, um in den Schutzbereich des Art. 3 EMRK zu fallen, einen Mindestgrad an Schwere erreichen. Dessen Beurteilung ist allerdings relativ, hängt also von den Umständen des Falles ab, insb. von der Dauer der Behandlung und ihrer physischen und psychischen Auswirkungen sowie mitunter auch vom Geschlecht, Alter und Gesundheitszustand des Opfers. Art. 3 EMRK kann allerdings nicht in dem Sinne ausgelegt werden, dass er die Vertragsparteien verpflichtete, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen. Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21. Januar 2011, a. a. O.; B. v. 2. April 2013 - 27725/10 - Mohammed Hussein u. a. gegen die Niederlande und Italien, ZAR 2013, S.336 und juris).

Gleichwohl sind die in der Richtlinie 2013/33/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2014 zur Festlegung von Normen für die Aufnahme von Personen, die internationalen Schutz beantragen - Aufnahmerichtlinie - (Abl. L 180 S. 96) genannten Mindeststandards für die Aufnahme von Asylsuchenden in den Mitgliedsstaaten zu berücksichtigen. Asylsuchende werden in einem Mitgliedsstaat unmenschlich oder erniedrigend behandelt, wenn ihnen nicht die Leistungen der Daseinsvorsorge gewährt werden, die ihnen nach der Aufnahmerichtlinie zustehen. Ihnen müssen während der Dauer des Asylverfahrens die notwendigen Mittel zur Verfügung stehen, mit denen sie die elementaren Bedürfnisse (wie z. B. Unterkunft, Nahrungsaufnahme und Hygienebedürfnisse) in zumutbarer Weise befriedigen können. Als Maßstab sind die Art 17 und 18 der Aufnahmerichtlinie mit den dort geregelten zeitlich beschränkten

Einschränkungsmöglichkeiten bei vorübergehenden Unterbringungsengpässen und der Verpflichtung, auch in diesen Fällen die Grundbedürfnisse zu decken, heranzuziehen (OVG Nordrhein-Westfalen, U. v. 7. März 2014 - 1 a 21/12.A - juris; VGH Baden-Württemberg, U. v. 16. April 2014 - A 11 S 1721/13, InfAuslR 2014, 293 und juris).

Der Inhalt des internationalen Flüchtlingsstatus wird unionsrechtlich vorgegeben durch die Regelungen in Art. 20 bis 35 der Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes. Es gelten einheitliche Vorgaben etwa für die Erteilung des Aufenthaltstitels (Art. 24) und der Reisedokumente (Art. 25 Abs.1).

Einem anerkannten Schutzberechtigten stehen hinsichtlich des Zugangs zur Beschäftigung (Art. 26), zur Bildung (Art. 27), zum Erhalt von Sozialleistungen (Art. 29) und medizinischer Versorgung (Art. 30) dieselben Rechte wie den jeweiligen Staatsangehörigen zu.

Der Kläger, der bereits internationalen Schutz in Italien genießt, hat dort ein Aufenthaltsrecht und hat dieselben Rechte wie italienische Staatsangehörige (Stellungnahme des Auswärtigen Amtes an das VG Freiburg vom 11. 7. 2012). Nach den vorliegenden Erkenntnissen sind in Italien Ausländer, die dort als Flüchtlinge anerkannt worden sind oder subsidiären Schutz erhalten haben, italienischen

Staatsangehörigen gleichgestellt, d. h. es wird grundsätzlich von ihnen erwartet, dass sie selbst für ihren Lebensunterhalt und ihre Unterbringung sorgen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Asylverfahren und Aufnahmebedingungen in Italien, Oktober 2013, 5.4.1.). Dies ist nicht menschenrechtswidrig. Art. 3 EMRK verpflichtet die Vertragsstaaten nicht, jedermann in ihrem Hoheitsgebiet mit einer Wohnung zu versorgen.

Auch begründet Art. 3 EMRK keine allgemeine Verpflichtung, Flüchtlingen finanzielle Unterstützung zu gewähren oder ihnen einen bestimmten Lebensstandard zu ermöglichen (EGMR, U. v. 21.1.2011 - 30696/09 (M.S.S,), EUGRZ 2011, 243; Rn. 249). Personen mit Schutzstatus haben grundsätzlich keinen Zugang zu den Unterkünften für Dublin-rücküberstellte Asylsuchende. Schutzberechtigte können auch nicht

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in den italienischen Erstaufnahmezentren unterkommen (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Italien:

Aufnahmebedingungen, Oktober 2013, 5.2). Der Kläger muss sich selbst um Unterkunft kümmern, es gibt grundsätzlich keine staatlichen Hilfeleistungen. Das „Sistema di protezione per richiedenti asilo e rifugiati“

(SPRAR) bildet das Zweitaufnahmesystem in Italien. Es ist ein Netzwerk von Unterkünften, das auf einer Zusammenarbeit zwischen dem Innenministerium, den Gemeinden und verschiedenen

Nichtregierungsorganisationen (NGO) basiert. Die SPRAR - Projekte umfassen nicht nur eine Wohnmöglichkeit, sondern ein intensives, individualisiertes Integrationsprojekt mit Sprachkursen, Berufsbildung, Unterstützung bei der Arbeitssuche etc. Zugang zum SPRAR haben Asylsuchende und Schutzberechtigte. Im September 2013 erließ das italienische Innenministerium ein Dekret, wonach die SPRAR-Kapazität auf 16000 Plätze erhöht werden sollte; im Zeitpunkt der Reise der Schweizerischen Flüchtlingshilfe waren ab dem Jahr 2014 5000 Plätze vorgesehen. 150 der Plätze sind für Personen mit psychischen Problemen vorgesehen. Die SPRAR- Projekte arbeiten eng mit spezialisierten Psychiatern des öffentlichen Gesundheitssystems sowie mit NGO´s zusammen. Laut UNHCR ist es schwierig, einen der Plätze bei SPRAR zu erhalten, da es eine lange Warteliste gibt (Schweizerische Flüchtlingshilfe, Oktober 2013, 5.2.1). Nach Gewährung des Schutzstatus sind die lokalen Behörden für die Unterstützung der Personen zuständig. Dabei gibt es in Italien riesige Unterschiede zwischen den Regionen. Die Situation ist in den Regionen Norditaliens besser als in Süditalien. Kirchliche und andere NGO´s bieten zusätzlich zu den gemeindlichen Zentren Notschlafstellen an (Schweizerische Flüchtlingshilfe, a. a. O., 4.3.2.). Der Kläger hat aber freien Zugang zum Arbeitsmarkt und kostenfreien Zugang zu allen öffentlichen medizinischen Leistungen wie alle Italiener auch (Arzt, Zahnarzt, Krankenhaus; Auskunft des Auswärtigen Amtes vom 15.

11. 2012 an das VG Gießen; Auskunft des Auswärtigen Amtes an das VG Freiburg v. 11. 7. 2012). Es gibt staatliche Arbeitsvermittlungen auf regionaler Ebene. Wie hoch die Chance ist, auf dem Arbeitsmarkt tatsächlich eine Arbeit zu finden, hängt vom Einzelfall ab (Qualifikation, Eigenmotivation, Einsatz der Person, Unterstützung durch die Community; vgl. Auswärtiges Amt v. 21. 1. 2013 an das OVG Sachsen- Anhalt). Anerkannte Asylbewerber und Flüchtlinge können von Hilfsorganisationen (z. B. Caritas, CIR - Consiglio Italiano per i Rifugati) Unterstützung bekommen (Auswärtiges Amt v. 21. 1. 2013).

Generell reicht die drohende Zurückweisung in ein Land, in dem die eigene wirtschaftliche Situation schlechter sein wird als in dem ausweisenden Vertragsstaat nicht aus, die Schwelle einer unmenschlichen Behandlung, wie sie von Art. 3 EMRK verboten wird, zu überschreiten (EGMR, B. v. 2.4.2013 - 27724/10- juris). Dies folgt daraus, dass Art. 3 EMRK im Kern ein Abwehrrecht gegen unwürdiges Staatsverhalten im Sinne eines strukturellen Versagens bei dem durch ihn zu gewährleistenden materiellen Mindestniveau und weniger ein individuelles Leistungsrecht einzelner Kläger auf bestimmte materielle Lebens - und

Sozialbedingungen (VG Düsseldorf, B. v. 15.4.2013 - 17 L 660/13.A - juris Rn. 43). Der Kläger muss sich nach alledem auf die in Italien für alle italienischen Staatsangehörigen geltenden Versorgungsstandards verweisen lassen, auch wenn diese dem Niveau der Bundesrepublik Deutschland nicht entsprechen mögen.

Immerhin hat er nach eigenen Angaben bereits über 2 Jahre in Italien leben können. Es ist davon auszugehen, dass anerkannte Flüchtlinge in Italien in den Genuss der in den Art. 20 bis 35 dieser Qualifikationsrichtlinie genannten Rechte kommen. Die zurückkehrenden Flüchtlinge sind zudem nicht gänzlich sich selbst überlassen. Am Flughafen in Rom könne sich Rückkehrer von

Nichtregierungsorganisationen (NGOs) beraten lassen (vgl. Auswärtiges Amt an OVG NRW, 23, Februar 2016, S.5). Dort erfahren sie auch, welche Questura für sie zuständig ist. Diese wird informiert und der Flüchtling erhält ein Bahnticket, um dorthin zu gelangen Schweizerische Flüchtlingshilfe, April 2016, S.5).

Für anerkannte Asylbewerber ist die Gemeinde zuständig, in der sie ihren Asylantrag gestellt haben (vgl.

OVG NRW, U. v. 19.5.2016, a. a. O.).

Die Androhung der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat gemäß § 34 Abs. 1 Satz 1 AsylG ist nicht zu beanstanden (Nr. 2 des Bescheides). Die Beklagte kann statt der möglichen Abschiebungsanordnung bei der Abschiebung in einen sicheren Drittstaat gem. § 26a i. V. m. § 34a AsylG eine Abschiebungsandrohung gem. § 34, 38 AsylG mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach dem unanfechtbaren Abschluss des

Asylverfahrens als Rechtsgrundlage für die Aufenthaltsbeendigung des Klägers wählen (VG Augsburg, U. v.

28.4.2015 - AU 2 K 15.30058; VG Bayreuth, U. v. 15.6.2015 - B 3 K 15.30132; beide juris). Die

Ausreiseaufforderung und Abschiebungsandrohung ist im Verhältnis zur Abschiebungsanordnung gem. § 34a AsylG ein milderes Mittel.

Das in § 34a AsylG normierte Erfordernis, dass die Anordnung einer Abschiebung in einen sicheren Drittstaat deren rechtliche und tatsächliche Durchführbarkeit voraussetzt (siehe dazu BayVGH, B. v.

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12.3.2014 - 10 CE 14.427 - juris), ist ersichtlich der Zielsetzung der Sonderregelung geschuldet, wonach eine Rückführung in „allernächster Zeit“ nach Erlass der Abschiebungsanordnung erfolgen soll, was bei einer Abschiebungsandrohung gem. § 34, 38 AsylG mit einer Ausreisefrist von 30 Tagen nach

unanfechtbarem Abschluss des Asylverfahrens gerade nicht der Fall ist

§ 34a AsylG ist auch tatbestandsmäßig erfüllt, da die Abschiebung durchgeführt werden kann. Italien ist bereit, den Kläger zu übernehmen (vgl. Schreiben des italienischen Innenministeriums vom 25.5.2016).

Unerheblich ist, dass die italienischen Behörden im Rahmen des Dublin-Abkommens kontaktiert wurden.

Aus dem Schreiben des italienischen Innenministeriums ist eindeutig ersichtlich, dass die Überstellung des Klägers durch Absprache mit der Polizei erfolgen soll.

Die Androhung der Abschiebung erweist sich nicht deshalb als rechtswidrig, weil der Bescheid nicht die in § 31 Abs. 3 AsylG n. F. (AsylG vom 31.7.2016, gültig ab 6.8.2016,FNA 26-7) vorgesehene Feststellung zu Abschiebungsverboten nach § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG enthält. Nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO

unterliegt der Verwaltungsakt der gerichtlichen Aufhebung, soweit er rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist. Darin kommt die Verpflichtung der Gerichte zum Ausdruck, zu prüfen, ob ein angefochtener Verwaltungsakt mit dem objektiven Recht in Einklang steht und falls nicht, ob er den Kläger in seinen Rechten verletzt. Bei dieser Prüfung haben die Verwaltungsgerichte alle einschlägigen

Rechtsvorschriften zu prüfen und - nach Maßgabe der Sachaufklärungspflicht gem. § 86 VwGO - alle rechtserheblichen Tatsachen zu berücksichtigen, gleichgültig, ob die Normen und Tatsachen von der erlassenden Behörde zur Begründung des Verwaltungsaktes angeführt worden sind oder nicht (BVerwGE 153, 234-246, Rn.48). Das Gericht ist verpflichtet, alle für die Entscheidung maßgebenden tatsächlichen Voraussetzungen in vollem Umfang spruchreif zu machen und sodann in der Sache abschließend zu entscheiden (BVerwG, U. v. 10.2.1998 - 9 C 28/97; B. v. 8.12.2000 - 9 B 426/00 - jeweils juris). Auch beim Fehlen der Feststellung zu § 31 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. AsylG ist daher der Verwaltungsakt nicht aufzuheben und an die Beklagte zur erneuten Entscheidung zurückzuverweisen; der Verwaltungsakt ist nur dann rechtswidrig, wenn die Abschiebungsverbote tatsächlich vorliegen. Hingegen reicht es nicht aus, dass sie von der Behörde lediglich nicht geprüft wurden (VG Schwerin, U. v. 26.9.2016 - 16 A 1757/15 As - juris; VG Potsdam, B. v. 11.10.2016 - 5 L 387/16.A - juris).

Gem. § 31 Abs. 3 Satz 1 2.Alt. AsylG n. F. ist in Entscheidungen über unzulässige Asylanträge

festzustellen, ob die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 oder 7 AufenthG vorliegen. Davon kann abgesehen werden, wenn der Ausländer als Asylberechtigter anerkannt wird oder ihm internationaler Schutz im Sinne des § 1 Abs. 1 Nr. 2 AsylG zuerkannt wird. Fraglich ist vorliegend, ob ein Absehen in Betracht kommt, weil der Kläger in Italien internationalen Schutz zuerkannt bekommen hat, § 31 Abs. 3 Satz 2 AsylG. Dies kann dahingestellt bleiben, da jedenfalls die Voraussetzungen des § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG nicht vorliegen.

Ein gem. § 31 Abs. 3 Satz 1 2. Alt. AsylG n. F. zu prüfendes Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 5 oder Abs. 7 Satz 1 AufenthG ist vorliegend nicht gegeben.

Nach § 60 Abs. 5 AufenthG darf ein Ausländer nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (EMRK) vom 4. November 1950 ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist. Nach Art. 2 Abs. 1 Satz 1 EMRK ist das Recht jedes Menschen auf Leben gesetzlich geschützt. Nach Art. 3 EMRK darf niemand der Folter oder unmenschlichen

Behandlung unterworfen werden. Die Annahme eines Abschiebungsverbotes nach § 60 Abs. 5 AufenthG setzt jedoch voraus, dass ernsthafte Gründe für die Annahme bestehen, dass der Abgeschobene im aufnehmenden Land einer solchen verbotenen Behandlung unterworfen wird (vgl. BVerwG, Urteil vom 17.

Oktober 1995 - 9 C 15/95 - NVwZ 1996, 476). Insoweit ergibt sich bereits aus den obigen Ausführungen zu Asylverfahren und den Aufnahmebedingungen für Asylbewerber in Italien, dass keine beachtliche

Wahrscheinlichkeit für den Kläger besteht, im Falle einer Rückkehr nach Italien einer solchen menschenrechtswidrigen Behandlung ausgesetzt zu werden.

Ein Abschiebungsverbot nach § 60 Abs. 7 AufenthG ist ebenfalls zu verneinen, da für den Kläger bei einer Rückkehr nach Italien keine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit im Sinne dieser Vorschrift besteht (vgl. oben). Inlandsbezogene Vollstreckungshindernisse sind ebenfalls nicht ersichtlich und könnten allenfalls im rahmen der Vollstreckung der Abschiebungsandrohung geltend gemacht werden.

Soweit sich der Kläger mit seiner Klage gegen die im angefochtenen Bescheid ausgesprochene Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbotes auf 12Monate ab dem Tag der Abschiebung wendet,

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hat die Klage ebenfalls keinen Erfolg. Die Beklagte war nach § 11 Abs. 2 Satz 3 i. V. m. § 75 Nr. 12 AufenthG zur Entscheidung über die Befristung des gesetzlichen Einreise- und Aufenthaltsverbots (§ 11 Abs. 1 AufenthG) berufen. Die Entscheidung, das gesetzliche Einreise- und Aufenthaltsverbot auf 12 Monate ab dem Tag der Abschiebung zu befristen, ist auch ermessensfehlerfrei innerhalb der von § 11 Abs.

3 Satz 2 und 3 AufenthG aufgezeigten gesetzlichen Grenzen getroffen worden. Das Vorliegen besonderer Umstände ist vom Kläger weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Klage war daher mit der Kostenfolge des § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Gerichtskosten werden nicht erhoben, § 83b AsylG.

Die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung folgt aus § 167 VwGO i. V. m. §§ 708 ff. ZPO.

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