Spektrum der Woche Aufsätze • Notizen Sch riftste I ler-Ärzte
Lore Kippenberger mit ihrem Pro- sastück „Pappa doof": Ist er denn so doof, dieser Pappa, der seine dreizehn kleinen Italianos beauf- sichtigt, während er Mamma auf Brotverdienst schickt? — Der Alt- präsident, jetzt Ehrenpräsident Heinz Schauwecker, mit seinem Sinn für dramatische Wirkung, las
„Der Schwur des Ali Ben Hisar":
wie Ali eine symbolische Handlung blitzschnell und unvermutet in ei- nen Totschlag verwandelt um des Schwures willen, den er getan hat.
Auch dies voller hintergründiger Deutungsmöglichkeiten. — Anne- liese Leugermann, nachdenklich und tiefsinnig, mit „Fragen":
„Willst du etwa die Wahrheit su- chen?! Finden?! Selbst sein?// Das hast du dir noch nie zuge- traut! ...Schleppst ja doch der Ge- nerationen Genenschmuggel/ mit dir herum —/ Hast genug zu tun, daraus ein Gesicht zu machen!"
Zuletzt der Stuttgarter Kollege Christoph Lippelt, „besonders ly- risch" (Bolte) mit „Versöhnung":
„wenn das widerstrebende Lied/
die Hingabe nicht mehr verwei- gert ... Dann wird die Frage/ nach der Wunde/ aussprechbar"// „Ge- krümmt über den Schierlingsbe- cher": „Das Siebensiegel sprang über uns/ Das Losungswort fiel".//
„Oktober": „Was hilft's/ Wenn die Diele nicht trägt/ und die Stiege endet/ kurz vor dem Stern/ ein bes- seres Haus/ wirst du nicht finden".
Außerdem liest man in der Informa- tionszeitschrift „göttingen im mai 74": „Am Sonntagvormittag führt ,Der fröhliche Hainberg' Ärzte, un- ter ihnen Helmut Jebens, Hamburg;
Gerhard Jörgensen, Göttingen;
Günter Neumann, Böblingen; Willy E. Pfeiffer, Rangendingen; Walter Picard, Rodenbach; Karl Schwie- tert, Hamburg; Michael Soeder, Reutlingen; Gerhard Vescovi, Böb- lingen, sowie die Göttinger Schriftsteller Adolf Grieser und Wilhelm Kutschbach zu einer hei- ter-satirischen Matinee zusammen.
Moderatoren dieser Gemein- schaftsveranstaltung sind Adolf Grieser und Gerhard Jörgensen, beide Göttingen. Ein Sketch aus
der Feder von Gerhard Vescovi mit dem Titel ,Die Verleihung der
Karl-Friedrich-Fürchtegott-Wilhelm- Bunz-Medaille an den Praktiker Dr. Schneuzle` als Persiflage der herkömmlichen Laudationes in Ärztekreisen wird u. a. zei- gen, daß sich Ärzte keineswegs schämen, sich als ,Spötter in Weiß' selbst zu karikieren. Das las- sen auch andere Persiflagen, An- eck-Doten`„Biedermannsmienen`
usw. erkennen wie etwa die nach- folgende ,Spruchbeißheit: „Pro me ipso" von Gerhard Jörgensen:
,Manche Ärzte singen, schreiben, dichten./ Warum auch nicht?/ Wer wollte sie darob richten?! Insge- heim aber lob ich mir doch,/ ja preis ich hoch/die ärztliche Schwei- gepflicht!' — ‚Ärzte und Autoren müssen mehr können als Kranken- geschichten schreiben. Es bleibt die Frage, ob sie den Menschen besser kennen als ihre nichtärztli- chen Schriftstellerkollegen. Sehen
Arzt — und Poet dazu
Heinz Schauwecker, Berching in der Oberpfalz, im DEUTSCHEN ÄRZTEBLATT in Heft 41/1969 („Nir- gends schmecken die Wasser so gut wie aus den Brunnen der Hei- mat") eingehend gewürdigt zu sei- nem 75. Geburtstag, vollendet am 11. Oktober das 80. Lebensjahr.
Das Erstaunliche ist, wie er noch neuen sprachlichen Ausdruck fin- det. Und immer ist er der nachdenk- liche Nach-Denkliche.
Edith Engelke
die dritte seite
jedes ding hat,
je nachdem man es betrachtet, seine andre seite —
ob's der große mond nun ist, fern und hoch am himmel, oder nur ein kleines blatt, das der wind vom baum in den schoß geweht dir hat.
sie ihn nackter oder nüchterner?
Wissen sie mehr von seiner Not?
Wahrscheinlich nicht. Sie leisten ihren Beitrag wie jeder andere, der versucht, das Unbeschreibliche zu beschreiben.' (Michael Soeder 1972)"
Zum Schluß sei noch der Wechsel im Präsidentenamt des Bundesver- verbandes Deutscher Schriftstel- ler-Ärzte berichtet: Der verdiente Heinz Schauwecker, der am 11.
Oktober 1974 sein achtzigstes Le- bensjahr vollendet, stellte das Amt des Präsidenten aus Altersgründen zur Verfügung. Sein Nachfolger wurde Professor Gerhard Jörgen- sen, der sich mit der Ausrichtung dieser Tagung so vorteilhaft ein- führte.
Anschrift der Verfasserin:
Dr. med. Edith Engelke 23 Kiel
Reventlouallee 25 b
aber weißt du, ob es nicht noch eine weitere — eine dritte hat — dir wie mir
nicht bewußt samt unsrer zeit — die aus Gottes sicht und seiner ewigkeit?
zerbrochener spiegel
in einem spiegel sah ich mich als bestimmten einzigen menschen.
Irgendwer warf einen stein
und aus hundert splittern sahen mit hundert spiegelbilder von mir an.
und nicht eines war wie das andere — gänzlich gleich
keines. heinz schauwecker
Heinz Schauwecker zum Achtzigsten
DEUTSCHES ÄRZTEBLATT Heft 41 vom 10. Oktober 1974 2977