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Daniel Richter "Die Frau; Rock'n'Roll; Tod - Nein Danke" - [Rezension]

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Academic year: 2022

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D A N I E L RICHTER „DIE FRAU; R O C K ' N ' R O L L ; T O D ­ NEIN D A N K E "

Waren es zuvor bei Daniel Richter Ausstellungstitel wie

„17 Jahre Nasenbluten", die politischen Aktivismus suggerierten, sind solche Bezüge nun in die Malerei ge­

wandert. Seine neuen Bilder bei Contemporary Fine Arts unter dem deutbaren Titel „Die Frau; Rock'n'Roll;

Tod ­ Nein Danke" sind figurativ: Szenen von Festnah­

men und Rangeleien im gateriesprengenden Museums­

format und in einer schrofferen Malweise als gewohnt, gleichwohl ähnlich detailbesessen.

Noch in den frühen achtziger Jahren erhitzten sich die Gemüter an der Frage, wie Gegenwartsgeschichte mit Malerei zu vereinbaren sei. Daniel Richter scheint diese Frage auf seine Weise neu aufzurollen. Besetzt er damit eine Stelle, die in Bezug auf Historienmalerei und im Anschluss an Jörg Immendorff oder auch Bernhard Heisig frei zu sein scheint? Und wie ist die mitaus­

gestellte Fotografie zu verstehen, auf der sich Daniel Richter in Untersicht und mit herausforderndem Gestus und Blick vor weichgezeichnetem Hintergrund selbst inszeniert und eine provozierende Schlägerhaltung in eine selbstgewisse Pose transformiert?

SUSANNE VON FALKENHAUSEN

Ist Malerei bereits politisch, wenn sie erstens figu­

rativ und wenn zweitens ihre Themen, so schwer sie auch im Bild zu identifizieren sind, dem Fun­

dus aktueller Zeitungsfotos entnommen sind? Für Richters Malerei seit ihrer „Wende" zur Figuration scheint es diesbezüglich einen Konsens zu geben

­ eine offenbar beglückende Konstellation hat sich für ihre Rezeption hergestellt: Die Reintegration der figurativen Malerei in den aktuellsten Horizont der Kunst, dazu eine Art kunstkonservativer Wert­

schöpfung über die Verdichtung anerkannt meister­

licher Malweisen, von Edouard Manet bis Gerhard Richter, kombiniert mit einer diffusen Kategorie des Politischen (z. B. bei Stephan Schmidt­Wulffen im Katalog zur Ausstellung), bietet alles, was ein gutes deutsches Kritiker­ wie Konsumentengewis­

sen braucht. Deutsch, weil die Kulturberichterstat­

tung (z.B. im Stern, Nr. 40, 28.9.2000, zu den Räu­

schen neuer deutscher Malerei) Richter, ganz in der bekannten Tradition des deutschen Sonderwe­

ges, den auch die Berliner Ausstellung „Das XX.

Jahrhundert ­ Die Gewalt der Kunst" stark gemacht hat, gerne einreiht in die Reihe der wilden Männer der Malerei von Corinth über den Expressionismus zu Baselitz und den Neuen Wilden. Mit Expressio­

nismus jedoch hat diese Malerei meines Erachtens nichts zu tun, und den Segen des Politischen wür­

de ich ihr auch nicht erteilen. Wozu auch? Was hat die Malerei davon, was der Kunstapparat, was die Politik? Überhaupt, welche Politik bitte?

Machen etwa das Großformat und die Themen Richters Bilder zu einer postmodernen Aktualisie­

rung des Historienbildes? Und ginge mit einer sol­

chen Einordnung zwangsläufig die Zuordnung zu einer (wieder) politisch gewordenen Malerei einher?

Aber die Bilder taugen nicht dazu, in die Dichoto­

Originalveröffentlichung in: Texte zur Kunst 10 (2000), Nr. 40, S. 79-80

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& 5

Daniel Richter

mie von Politik versus Ästhetik eingestellt zu wer­

den, denn zuallererst sind sie Malerei um der Ma­

lerei willen: In großer Dichte ist das Repertoire malerischer Techniken der letzten beiden Jahrhun­

derte zusammengeführt. Vom wilden Chaos wollte ich hier nicht sprechen, eher von der Lust an Kön­

ner­ und Kennerschaft. Allerdings hat sich das For­

men­/Formelrepertoire mit der Einführung der Figur verändert, gleichsam erneuert mit Bezügen zu Ensor, Manet und Bonnard, also zu Malern des

19. Jahrhunderts. Anfügen möchte ich als persönli­

che Assoziation Leon Golub, zumindest für „Tua­

nus", und als fernes, ironiefreies Echo den Sigmar Polke der sechziger Jahre. Geblieben aus der Ab­

straktion sind die Verweise auf Jackson Pollock, Gerhard Richter, US­amerikanische Postabstraktion und Albert Oehlen. Angesichts der hohen Akzep­

tanz dieser „Meister" und ihrer Malweisen könnte man so weit gehen zu behaupten, dass Richter eine postmoderne Variante der „Belle Peinture" be­

treibt. Da aber heute die moralisch­ästhetische Un­

terscheidung zwischen Akademie und Avantgarde ad acta gelegt ist, aufgelöst in Fragen künstlerischer Strategien, kann ihm das nicht zum Vorwurf ge­

macht werden.

Aber wie steht es nun um die politische Wirk­

samkeit dieser Bilder? Ich hatte Leon Golub als eine potentielle Verbindung genannt. Golub hat einen spezifischen Stil des großen Formats entwickelt, der die Tradition des Freskos anklingen lässt und damit Monumentalität als Effekt produziert. Betrachten wir Monumentalität als Bestandteil einer Rhetorik des Politischen, was in der Malerei unter anderem durch stilistische Homogenität erzeugt wird, dann können wir sagen, Richter ist, dem Großformat zum Trotz, eben nicht monumental, denn er mon­

tiert die Verfahren und Stilfloskeln der klassischen Malerei (plus ein paar aktuelle, gefiltert durch die Visualität von Fotografie, computergeneriertem Bild und Video) in einer coolen Strategie des Über­

flusses. (Politische?) Kunst für die sammelnde Er­

bengeneration?

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