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Archiv "Viren und Krebs: Fatales Wechselspiel" (03.06.2005)

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M E D I Z I N R E P O R T

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A1568 Deutsches Ärzteblatt⏐⏐Jg. 102⏐⏐Heft 22⏐⏐3. Juni 2005

dernde Gene in Tumorzellen zu aktivie- ren, minimal sei. Am DKFZ werden laut Rommelaere die so genannten au- tonomen Parvoviren eingesetzt. Sie al- lein seien dazu in der Lage, sich selbst- ständig in der Wirtszelle zu vermehren und Krebszellen abzutöten. Den Me- chanismus, der zur Zytolyse führe, habe man noch nicht abschließend erforscht.

Nach den Erkenntnissen des Virologen produziert das Parvovirus ein zelluläres Protein. Dieses zerstöre die Tumorzelle, indem es in ihren Zellzyklus direkt ein- greife, sich darin vermehre und die Herrschaft über die Zelle gewinne.

Parvoviren wirken nach Angaben von Rommelaere nur bei bestimmten Tumorarten: „Erfreulicherweise zeig- ten sie gerade bei den Krebsarten Wir- kung, bei denen die konventionellen Ansätze eine sehr begrenzte Wirkung haben, zum Beispiel bei Gliomen und Pankreastumoren.“ In präklinischen Studien habe eine signifikante Wirkung gegen diese Tumoren gezeigt werden können. Bei Mäusen habe man sogar ei- ne totale Tumorregression der Gliome über mehrere Jahre erreicht.

Bei Pankreastumorzellen habe sich ebenfalls ein zytolytischer Effekt gezeigt, hier allerdings führe eine Infektion mit dem Parvovirus nicht zu einer vollständi- gen Eliminierung des infizierten Tumor- gewebes.Daher arbeitet die Arbeitsgrup- pe um Rommelaere an Strategien, um die onkolytische Potenz dieser Viren zu verstärken. Ein Ansatz ist beispielsweise, in einen Teil des Erbguts der Parvoviren Gene einzufügen, die für die Produktion von Botenstoffen des Immunsystems – den Zytokinen – zuständig sind.

Der gewünschte Effekt ist, dass die Zytokine von den produzierenden Zel- len ausgeschüttet werden und die Ab- wehrkräfte der Patienten stimulieren.

Damit werden zwei Angriffsstrategien verfolgt: gegen die Krebszellen, die di- rekt von den gentechnisch veränderten

„rekombinanten“ Parvoviren erreicht werden, und gegen diejenigen malignen benachbarten Zellen, die nicht direkt von den Parvoviren getroffen wurden, aber von den körpereigenen Abwehr- zellen vernichtet werden. Denkbar ist es für die Forscher auch, diese Viren mit Chemotherapeutika zu kombinie- ren, um die therapeutische Wirkung zu verstärken. Ingeborg Bördlein

D

er unheilvolle Zusammenhang von Viren und Krebs konnte in der letz- ten Zeit mit neuen Befunden unter- mauert werden: So haben Wissenschaft- ler am Institut für Medizinische Virologie in Frankfurt/Main erstmals nachgewie- sen, dass Zytomegalie-Viren (CMV), die zur Herpesgruppe gehören, offensicht- lich das Wachstum von Krebszellen be- schleunigen und folglich mit dem Virus infizierte Tumorzellen schneller metasta- sieren als nicht infizierte.

Weitere wichtige experimentelle Be- funde an Zellkulturen sind, dass infi- zierte Tumorzellen unempfindlicher ge- genüber Zytostatika sind und schlech- ter darauf ansprechen als Zytomegalie- Virus-freie Zellen. Wie der Leiter des Interdisziplinären Laboratoriums für Tumor- und Virusforschung, Prof. Dr.

rer. nat. Jindrich Cinatl, erklärt, könnte diese Entdeckung der Krebstherapie

„wichtige Impulse“ verleihen.

Amerikanische Neurochirurgen und Virologen um Charles S. Cobbs und William Britt (University of Alabama in Birmingham) haben diesen von Frankfurter Virologen als „virale Onko- modulation“ bezeichneten Zusammen- hang zwischen einer Zytomegalie-In- fektion und der Aggressivität von Glio-

blastomen mittels bioptischer Analy- sen erhärtet. Sie fanden in einem hohen Prozentsatz sowohl in niedrig- als auch hochgradigen malignen Gliomen Zyto- megalie-Virusproteine und Nuklein- säuren der Herpesviren, während das umliegende „gesunde“ Gewebe virus- frei bleibt.

Wie der Virologe Prof. Dr. med. Hans Wilhelm Doerr (Universität Frank- furt/Main) dem Deutschen Ärzteblatt sagte, wiesen experimentelle Befunde an seinem Institut auf „einen Zusammen- hang zwischen Infektionen mit diesem Virus und der Entstehung des kindlichen Neuroblastoms“ hin.Auch in Kolon- und Prostatakarzinomen würden diese Vi- ruspartikel bereits nachgewiesen, wobei der Pathomechanismus der Karzinoge- nese noch nicht geklärt sei. Möglicher- weise schaukelten sich eine aktive Virus- infektion einerseits und ein durch die Tumorerkrankung geschwächtes Immun- system andererseits gegenseitig hoch, was dem Virus spezifische Persistenz in Tumorzellen ermöglichte.

Diese Erkenntnisse legen Doerr zu- folge nahe, besonders bei kindlichen Neuroblastomen und Gliomen nach Zytomegalie-Viren zu fahnden. Er geht aufgrund dieser Befunde sogar so weit zu empfehlen, in der systemischen Therapie von CMV-infizierten Tumo- ren Zytostatika und Virostatika zu kombinieren. Besonders für Kinder mit schweren Tumorleiden und begleiten- den Zytomegalie-Infektionen, die eine schlechte Prognose aufwiesen, könne dieser neue Therapieansatz vielver- sprechend sein. In folgenden Untersu- chungen wollen die deutschen und amerikanischen Arbeitsgruppen nun gemeinsam den Mechanismus der vi- ralen Onkomodulation weiter ergrün- den, mit dem Ziel, eine rasche Standar- disierung von Diagnose und Therapie bei Zytomegalie-Virus-infizierten Tu- moren zu erreichen.

Bis zu 70 Prozent der deutschen Be- völkerung sind mit dem Zytomegalie- Virus infiziert. Die Infektion verläuft oft unbemerkt. Infizierte tragen den Er- reger lebenslang in sich. Ob die Infek- tion aktiv ablaufen muss, um diesen Mechanismus in Gang zu setzen, oder ob schon virale Proteine einer latenten Infektion als virale „Onkoproteine“

wirken, wird noch untersucht. bd

Viren und Krebs

Fatales

Wechselspiel

Aktuelle Studien zur „viralen Onkomodulation“

Zytomegalie-Viren

Foto:Phototake/mauritius images

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