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Archiv "Interview mit Dr. med. Daniel Frank, Orthopäde und Unfallchirurg: Den Spieß umgedreht" (27.05.2011)

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Deutsches Ärzteblatt

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Jg. 108

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Heft 21

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27. Mai 2011 A 1147 ten das akzeptieren, selbst wenn sie

deswegen selbst Honorarärzte ein- stellen müssen, weiß Schäfer zu be- richten: „Wenn Sie dem Betreffen- den keine Erlaubnis geben, geht er ganz.“ Ein besseres Gehalt? „Mehr Geld würde trotzdem bedeuten, dass die Kollegen ihre Dienste machen müssen.“ Heute sei aber die Freizeit- orientierung größer als früher. Be- quemlichkeit? Nein, meint Schäfer, häufig gehe es darum, sich um die Familie zu kümmern: „Ich habe mich vielleicht ein bisschen wenig um meine Kinder gekümmert.“

Prof. Dr. med. Hans-Joerg Oes- tern, bis vor kurzem Chefarzt der Klinik für Unfallchirurgie, Ortho- pädie und Neurotraumatologie am Allgemeinen Krankenhaus Celle, konnte als Honorarärzte erfahrene Kollegen gewinnen, in erster Linie für die Notaufnahme: „Das hat zu einer erheblichen Entlastung für die Mitarbeiter geführt.“ Ohne Hono- rarärzte hätte es sonst Probleme ge- geben, das Arbeitszeitgesetz einzu- halten, sagt Oestern und ergänzt, so hätten manche Kollegen auch häu- figer als vorher operative Eingriffe durchführen können. Zudem über- nähmen die Honorarärzte Dienste zu unbeliebten Zeiten.

Aber die unterschiedliche Hono- rierung sorgte für Konflikte: „Es ist ein Unterschied wie Tag und Nacht, was den Verdienst angeht. Das schafft Diskussionen.“ Eine Gegen- maßnahme bestand darin, den Mit- arbeitern ein höheres Gehalt zu zahlen , wenn die Arbeitsbelastung hoch war, weil Stellen unbesetzt blieben. Zum Bleiben waren Hono- rarärzte nicht zu bewegen, sagt Oestern: „Wenn sie einmal auf den Geschmack gekommen sind, wol- len sie sich nicht mehr an eine Klinik binden.“

„Unter den gegebenen Voraus- setzungen sind Honorarärzte un - verzichtbar, um bestehende Ver - sorgungsengpässe oder -spitzen in Klinik und Praxis zu überbrücken“, betonen die ärztlichen Spitzen - organisationen abschließend. Um die Kontinuität der Patientenversor- gung zu wahren, dürfe ihr Einsatz ein zuträgliches Maß jedoch nicht

übersteigen. ■

Jens Flintrop, Sabine Rieser

Den Spieß umgedreht

Der Erste Vizepräsident der Deutschen Gesellschaft für Orthopädie und Unfallchirurgie sorgt sich um die Qualität der Versorgung, wenn immer mehr Honorarärzte tätig sind.

Herr Dr. Frank, wie erklären Sie sich, dass immer mehr Ärztinnen und Ärzte honorarärztlich tätig sein wollen?

Frank: Im Grunde ist das eine Fol- ge unseres eigenen ärztlichen Han- delns in der Vergangenheit. Der me- dizinische Fortschritt und das DRG-System haben zu einem Wan- del der stationären Behandlung ge- führt: Es wird mehr operiert, der Anteil der konservativen Leistun-

gen ist rückläufig. Wer seinen Fach- arzt in der Tasche hat, kann deshalb in der Regel gut operieren, ist aber eher unzureichend auf die Praxis - tätigkeit vorbereitet. Doch gleich- zeitig ist der Job in der Klinik zu- nehmend unattraktiver geworden.

Aber nun hat sich der Arbeitsmarkt verändert.

Frank: So ist es. Wir haben in der Vergangenheit klaglos viele Über- stunden abgeleistet. Auf diese Art wurde die ärztliche Arbeitszeit ent- wertet, ein angemessenes Honorar nicht mit ausreichendem Nach-

druck gefordert und deshalb auch nicht gezahlt. Nun hat sich der Ar- beitsmarkt gedreht zu einem Nach- fragemarkt. Uns gehen Leistungs- träger verloren, weil sie unter ande- rem als Honorarärzte vermeintlich bessere Arbeitsbedingungen und ein besseres Auskommen finden.

Wie zeigt sich das konkret?

Frank: Viele Kliniken können ih- ren Operationsbetrieb nur noch mit Honorarärzten aufrechterhalten, vor allem in der Anästhesie. Es gibt auch Anästhesisten, die ihre Stelle in der Klinik reduzieren und im Nachbarkrankenhaus als Honorar- arzt arbeiten. Die eigene Klinik muss dann ebenfalls einen Honorar- arzt anheuern. Manche Oberärzte wollen berechtigterweise mehr ver- dienen als nur ein Tarifgehalt. Und sie suchen eine Alternative zu einer Stelle mit regelmäßigen Nacht- und Wochenenddiensten.

Und die Kliniken? Sind Honorarärzte für sie nur Lückenfüller?

Frank: Manche Krankenhäuser mit freien Kapazitäten stellen für sie Operationssäle und Betten zur Ver- fügung oder erweitern mit deren Hilfe ihr Spektrum. Dann erbringt eine Allgemeinchirurgie auch Hüft- und Kniegelenkoperationen.

Was heißt das für die Versorgung?

Frank: Ich sorge mich schon dar - um, dass auf Dauer Qualität und Versorgungssicherheit infrage ge- stellt werden. Stellen Sie sich mal regelmäßig auf andere Narkose - geräte ein, wenn sie die Klinik tage- oder wochenweise wechseln. Man

INTERVIEW

mit Dr. med. Daniel Frank, Orthopäde und Unfallchirurg

Erfahrene Kollegen seien wichtige Leis-

tungsträger, ob als angestellte Klinik- oder als Honorar - ärzte, sagt Daniel Frank. Doch manches Arrangement dient nicht der guten

Versorgung . Foto: DGOOC

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27. Mai 2011 Chirurgie verankert ist, können Ab-

teilungen mit einem chirurgischen Versorgungsauftrag auch orthopä - dische und unfallchirurgische Be- handlungen abrechnen. Das ist so- wohl unter dem Aspekt der unkon- trollierten Mengenausweitung als auch der Qualität inakzeptabel.

Abteilungen, zu denen schlechte Hono- rarärzte stoßen, sollten es merken.

Frank: Einen fachfremden Arzt in Bezug auf seine Fähigkeiten und Leistungen einzuschätzen, ist schwierig. Manche Honorarärzte werden von Verwaltungsleitern ein- gestellt, ohne dass der Chefarzt hin- zugezogen wird. Das ist auch des- halb problematisch, weil die Wei- terbildungsordnung lediglich eine Mindestzahl von zehn Endoprothe- sen vorschreibt. Das reicht nicht, um später eigenverantwortlich Hüf- ten und Kniegelenke zu operieren.

Die Bezahlung der Honorarärzte ist auch ein heißes Eisen.

Frank: Das Institut für das Entgelt- system im Krankenhaus kalkuliert

55 Euro pro Stunde für die ärztliche Arbeit. Dafür bekommen sie keinen Honorararzt. 100 bis 125 Euro wä- ren angemessen, aber auch dafür ist ein geeigneter Kollege schwer zu bekommen. Und wie wollen sie ih- rem Oberarzt klarmachen, dass sei- ne Leistung mit 55 Euro pro Stunde angemessen bewertet ist, wenn im Nachbarsaal der Honorararzt für ein Mehrfaches operiert? Das stört den sozialen Frieden und fördert die Abkehr vom Krankenhaus.

Lehnt Ihre Fachgesellschaft im Grunde den Einsatz von Honorarärzten ab?

Frank: Nein, wir sind keine ge- schlossene Gesellschaft, die solche Kollegen nicht will. Erfahrene Ope- rateure sind wichtige Leistungsträ- ger, auch als Honorarärzte.

Aber zu welchen Konditionen sollten sie arbeiten?

Frank: Wir müssen durch Quali- tätsvorgaben dafür sorgen, dass das Ergebnis stimmt. Vorstellbar sind Endoprothesenzentren, so wie es Darm- oder Brustzentren gibt. Hier würden die Vorgaben für die Leis- tungserbringung klar definiert, so- wohl in Bezug auf die handelnden Personen als auch in Bezug auf die Strukturen.

Hilft das Endoprothesenregister, das vor kurzem begonnen wurde?

Frank: Es wird im Fall von Hüft- und Kniegelenkoperationen klare Aussagen zur Leistungsstärke ge- ben. Allerdings werden relevante Ergebnisse erst in einigen Jahren zur Verfügung stehen. Dann wird der, der heute gesündigt hat, aber in Erklärungsnot geraten.

Welche Entwicklung scheint Ihnen möglich in Bezug auf die Honorarärzte?

Frank: Ich hoffe, dass nicht durch immer mehr Honorarärzte die Hauptabteilungen verschwinden und mehr und mehr Organ- oder sonstige Spezialisten eingesetzt werden. Wer hält sonst die Abtei- lung zusammen, wer bildet aus?

Auch Belegärzte leiden unter den Honorarärzten. So dürfen sie in Bayern nur noch an einer Klinik tä- tig sein. Honorarärzte sind völlig frei.

Viele Ärzte sind mit ihrer Bezahlung unzufrieden und arbeiten auch deshalb als Honorararzt. Wie kann man als Chefarzt darauf reagieren?

Frank: Das ist nicht einfach. Gene- rell wird auf Grundlage des gelten- den Tarifvertrags bezahlt. Wenn Sie versuchen, für einen erfahrenen Mitarbeiter ein zusätzliches, leis- tungsgerechtes Einkommen zu ver- einbaren, um ihre Wertschätzung auch finanziell auszudrücken, muss die Personalvertretung zustimmen.

Die Klinikleitungen fürchten, dass auch andere Kollegen eine solche Regelung verlangen. Es gibt den- noch Möglichkeiten, die Entloh- nung anzuheben. Man muss aber sagen, dass Geld nicht den höchsten Stellenwert hat. Mit einem guten Arbeitsklima können sie viel mehr

erreichen. ■

Das Interview führte Sabine Rieser.

kann eine ärztliche Leistung nicht einfach so von einem aufs andere Haus transportieren.

Die Anästhesisten argumentieren, gera- de sie könnten relativ gut in unter- schiedlichen Häusern arbeiten, weil Geräte und Verfahren weitgehend stan- dardisiert seien.

Frank: Das sehe ich anders, erst recht für mein Fachgebiet. Es gibt sicherlich sehr gute Operateure un- ter den Honorarärzten, zum Bei- spiel erfahrene Oberärzte. Wenn al- lerdings jemand nur im Rahmen seiner Weiterbildung Hüft- und Knieendoprothesen operiert hat und danach lange Zeit nicht mehr, fehlt ihm die Erfahrung. In unserem Fachgebiet muss man mit unter- schiedlichen Implantaten umgehen können und sich fortwährend mit neuen Verfahren auseinandersetzen.

Wie kommt es, dass Honorarärzte auch in Ihrem Bereich so begehrt sind?

Frank: Es gab immer Wartelisten für Endoprothesenoperationen. Freie Kapazitäten und relativ hohe Erlöse

veranlassen viele Kliniken, Leis- tungen aus dem Gebiet Orthopädie/

Unfallchirurgie anzubieten. Oft bie- ten auch niedergelassene Ärzte ih- ren Patienten an, sie selbst zu ope- rieren. Manche Kliniken nutzen solche Angebote, um Mindestmen- gen nachweisen zu können. Andere Abteilungen beschäftigen Honorar- ärzte, um das eigene Leistungs- spektrum zu erweitern. Dabei spielt auch eine Rolle, dass man so eine umfassendere Weiterbildungsbe- fugnis erhält und Stellen attraktiver gestalten kann. Allerdings werden Honorarärzte in der Regel verpflich- tet, ihre Leistungen höchstpersön- lich zu erbringen. Ausbildungs- funktion haben diese Operationen also nur sehr bedingt.

Fällt das den Kostenträgern nicht auf?

Frank: Da die Orthopädie/Unfall- chirurgie als Fach im Gebiet der

Eine Mindestzahl von zehn Endoprothesen in der

Weiterbildung reicht nicht, um später eigenverantwortlich Hüften und Kniegelenke zu operieren.

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