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P 82 ,-..-6 ...

A k z e p ta n z . und- A k z e p t e b i l i t ä t '- d e r i n f o r m a t i o n s t e q ] ^ '•

von

Mei. no 1£ Die r-k es.-5 und ü

Voikeri; von. Thienen

Überarbeitete; 'und: erweiterte -'-Passung, eines .Beitrages für., das Wissen.schaf tsinagazin der Technischen Universität. Berlin,

Heft, 1 , Bd. 2,-'Berlin j ? 8 2 , S. 12 - 15

(2)

Zusammenfassung

In dem Beitrag wird zunächst zwischen Akzeptanz- und Akzepta­

bilitätskriterien unterschieden, die zur Behandlung neuer

technischer Entwicklungs- und Anwendungsformen allgemein immer häufiger herangezogen werden. Daran anschließend werden bis­

herige Ergebnisse der Akzeptanzforschung im Hinblick auf den informationstechnischen Wandel resümiert. Anknüpfend an eine Darstellung grundlegender methodischer Probleme der Akzeptanz­

forschung wird versucht, Forschungsfelder für eine Sozialwissen­

schaft aufzuzeigen, die das Wechselverhältnis zwischen sozia­

len und technischen Systemen stärker als bisher aus der Per­

spektive gruppenspezifisch ausgebildeter Zielorientierungen analysiert. Dabei wird insbesondere auf Forschungsangsätze ab­

gestellt, die die Bedingungen für eine kontrollierte und un­

abhängige Nutzung der Informationstechnologien verbessern können

(3)

In den letzten Jahren war im Zusammenhang mit der Entwicklung und vor allem Anwendung von neuen Technologien der Begriff

"Akzeptanz" immer häufiger zu hören und zu lesen. In der Re­

gel wird unter diesem Begriff eine zu einem bestimmten Zeit­

punkt festzustellende und sich in bestimmten Meinungs- und Verhaltensformen äußernde Einstellung meist größerer gesell­

schaftlicher Gruppen gegenüber einzelnen Technologien ver­

standen. Wenn z.B. von fehlender Akzeptanz in Bereichen der Energiepolitik die Rede ist, so wird dabei in der Regel auf ein empirisch (ohne direkten Wertbezug) feststellbares Kri­

tik- und Protestverhalten durch bestimmte soziale Gruppen verwiesen, ohne daß damit die Gründe für dieses Verhalten bezeich­

net würden. Auch ohne genaue Kenntnis dieser Gründe ist politisch das bloße Wissen um die Akzeptanz einer Sache oder Maßnahme von Bedeu­

tung; soll dagegen die Akzeptanz verändert werden, bedarf es umsetzbarer Informationen über die jeweiligen Bedingungen ihres Zustandekommens. 1)

Von der Akzeptanz zu unterscheiden ist "Akzept ab t l i - t ä tOb und unter welchen Umständen die Anwendung einer Technologie akzeptabel ist, ist offensichtlich nicht ohne einen Rückbe­

zug auf Werte und Ziele zu bestimmen; auch kann sowohl indi­

viduell wie durch Gruppen über Akzeptabilität befunden werden.

Der Zusammenhang zwischen Akzeptanz und Akzeptabilität ist nicht immer.eindeutig. Zwar ist im allgemeinen zunächst zu unterstellen, daß die Akzeptanz einer politischen Maßnahme bei einer Gruppe abhängig ist von Akzeptabilitätserwägungen über diese Maßnahme durch die Gruppe. Gerade in der politi­

schen und wissenschaftlichen Diskussion über die Ursachen der Kontroversen über die Nutzung der Kernenergie wird dieser Zusammenhang aber bisweilen bestritten. So besagt die "Stell­

vertreterhypothese" , daß fehlende Akzeptanz für die Anwendung der Kerntechnologie nicht auf deren "rationaler" Bewertung durch ihre Gegner beruhe. Vielmehr gründe gerade der Wider­

stand gegen die Kernkraft auf einer allgemeineren Unzufrieden­

heit mit gesellschaftlichen Entwicklungstendenzen, für die Art und Umfang der Nutzung dieser Energietechnologie zwar als

(4)

Symbol stehen, die prinzipiell aber auch andere Politikfelder hätte umfassen können. 2)

Möglichkeiten und Grenzen der Voraussage

Gerade in Erkenntnis der in den letzten Jahren zunehmend in den Mittelpunkt öffentlicher Diskussion gerückten Vor- und Nachteile technischer Innovationen und ihrer Anwendung hat auch die Forderung nach frühzeitiger Einbeziehung von Ak- zeptabilitäts- und Akzeptanzkriterien in technologiepolitische Planungsprozesse an Gewicht gewonnen. Dies gilt auch und be­

sonders für die Informationstechnologien, von deren massen­

hafter Verbreitung in den nächsten Jahrzehnten erhebliche Auswirkungen im Arbeits- und Freizeitbereich, in Wirtschaft und politischem Verwaltungssystem vermutet werden.

Nun sind verläßliche Prognosen hinsichtlich der künftigen Ak­

zeptanz von Informationstechnologien schon deshalb besonders schwierig, weil

- der Entwicklungsprozeß dafür relevanter Basistechnologien selbst noch nicht abgeschlossen ist, insbesondere aber - die künftigen konkreten Nutzungsformen noch vielfach zu

ungeklärt sind, um hieran anknüpfend auch nur einigermaßen begründete Aussagen über die wahrscheinliche Akzeptanz von

Informationstechnologien treffen zu können. Dies gilt umso mehr, als die Akzeptanz eines Sachverhalts, wie oben gesagt,- nicht allein gegenstandsbestimmt ist, sondern auch durch die jeweiligen (politischen, wirtschaftlichen, sozial­

psychologischen) Rahmenbedingungen bei der Nutzung einer Technologie entscheidend geprägt wird. 3)

Angesichts dieser immer wieder festgestellten Umbruchsituation an deren Anfang nicht nur die Industrieländer im Hinblick auf die mannigfaltigen Einsatzmöglichkeiten und -notwendigkeiten der Informationstechnologien erst stehen, sind wissenschaft­

lich redliche Vorhersagen über ihre künftige Akzeptanz kaum

(5)

3

möglich. Dies ist auch dann der Fall, wenn zwischen diesen viel­

fältigen, ganz unterschiedliche Lebens- und Handlungsbereiche betreffenden Anwendungsgebieten unterschieden wird und so beispielsweise allein die Folgen eines durch Automatisierung stark veränderten Arbeitsmarktes betrachtet werden sollen.

Leichter möglich sind wegen ihres Wertbezuges dagegen Aussagen zur Akzeptabilität der neuen Technologien. Auch wenn es bei der Darstellung ihrer künftigen Einsatzmöglichkeiten meist nur um mehr oder weniger komplexe potentielle Nutzungsobjekte geht, ist hier bei ausgewiesenen subjektiven Wertmaßstäben eine aus heutiger Sicht stimmige Entwicklung von Akzeptabi­

litätskriterien künftiger Anwendungsszenarien möglich und als Versuch zur Vermeidung von negativen Wirkungen sicher auch sinnvoll. Tatsächlich behandelt der allergrößte Teil der ent­

sprechenden wissenschaftlichen Literatur - wie z.B. auch der jüngste Bericht zu diesem Thema an den Club of Rome 4) - vor allem solche Akzeptabilitätsgesichtspunkte; bei der Formu­

lierung künftiger Akzeptanzentwicklungen wird, wenn sie über­

haupt erörtert werden, eher bewußt vorsichtig verfahren.

Untersuchungen zur Akzeptanz von Informationstechnologien Im übrigen gilt natürlich, daß auch die Ergebnisse bereits abgeschlossener oder noch laufender Forschungen zur Akzeptanz von Informationstechnologien nur begrenzt Prognosen künftiger Entwicklungslinien zulassen. Dies hängt zum einen mit dem be­

reits erwähnten Umstand gerade erst in der Frühphase sich befindender weitreichender Veränderungen zusammen; es ist zum anderen auf den vielfach noch im Hinblick auf das ganze Anwendungsspektrum der neuen Technologien und ihre potentielle Wirkungstiefe uneinheitlichen Forschungszugriff (in Methode und Theorie) zurückzuführen. Gleichwohl verdienen solche For­

schungsergebnisse Aufmerksamkeit, skizzieren sie doch immer­

hin hinsichtlich einer Technikentwicklung "Stimmungsbilder", die zumindest kurz- bis mittelfristig Einstellungen und Ver­

halten gesellschaftlicher Gruppen aller Voraussicht nach mit-

(6)

bestimmen werden.

Erwähnenswert sind hier zunächst allgemeine Umfragen, die als Meinungsbefragungen oder Einstellungsuntersuchungen zum tech­

nischen Wandel auch wahrgenommene Konsequenzen der weiteren Anwendung der Mikroelektronik thematisieren. Als ein Beispiel kann hier eine Umfrage der Europäischen Gemeinschaften von 1979 angeführt werden, die erhebliche Besorgnisse der europäischen Bevölkerung über durch Automatisierung im Produktions- und Dienstleistungssektor verursachte Arbeitsplatzverluste zeigt.

Darüber hinaus wird in dieser Untersuchung für die Bundesre­

publik Deutschland ein sehr distanziertes bis kritisches Ver­

hältnis zum weiteren Ausbau der elektronischen Datenverarbei- tung in der Verwaltung festgestellt. 7 Noch deutlicher treten Befürchtungen, der weitergehende Einsatz der neuen Techno­

logien werde zu mehr Bürokratie und politischer Kontrolle führen, in der jüngst veröffentlichten Shell-Jugend-Studie zutage: 57% der Befragten glauben bestimmt oder halten es für wahrscheinlich, daß in der Zukunft "Menschen durch Com­

puter total kontrolliert (werden)".7)

Insgesamt können die Ergebnisse solcher als Teil der Akzeptan forschung zu betrachtenden Einstellungsuntersuchungen so be­

wertet werden, daß die von der Anwendung der Mikroelektronik in Wirtschaft und öffentlicher Verwaltung ausgehenden Folgen neben denen der Kernkraft heute in der Bevölkerung als die gravierendsten und steuerungsbedürftigsten angesehen werden.

Über solche eher generelle Einstellungsmuster erfassende’n Umfragen hinaus sind in den westlichen Industriestaaten und hier auch in der Bundesrepublik eine Vielzahl von Einzelun­

tersuchungen durchgeführt worden, die spezielle Anwendungs­

fälle der Mikroelektronik bzw. mit ihrer Entwicklung verbun­

dener Technologien und ihre Wirkungen auf Nutzer- und Adresse- tenseite analysieren. Hervorzuheben sind in diesem Zusammen­

hang vor allem

1. sozialwissenschaftliche Begleit- und Wirkungsstudien zum

(7)

Einsatz computerunterstützter Produktions- und Konstruk- tionsverfahren;

2. Untersuchungen zu zentralisierten und automatisierten Metho­

den der Textbe- und -Verarbeitung in Büro und Verwaltung;

3. Wirkungsanalysen von Pilotprojekten zur Erprobung neuer

g Kommunikationstechnologien (Kabelfernsehen, Bildschirmtext).

Ad 1 und 2: Zusammenfassend kann bis heute festgestellt werden, daß die Einführung neuer informationsverarbeitender und -spei­

chernder Technologien auf dem Arbeitssektor noch abseits von ihren möglichen oder faktischen Arbeitsmarkt-Wirkungen in der Tat erhebliche Probleme mit sich bringen kann. Diese sind zum Teil auf eine noch ungenügende Anpassung dieser Technolo­

gien an ergonomische Erfordernisse zurückzuführen; auf Dauer schwerwiegender dürften die von der Anwendung der Mikroelek­

tronik ausgehenden arbeitsorganisatorischen Wirkungen auf die berufliche Qualifikationsstruktur, die Arbeitsinhalte, das System der betrieblichen Entscheidungskompetenzen sowie die Interaktions- und Kommunikationsstrukturen in Betrieb und Ver­

waltung sein. Dem ist gegenüberzustellen, daß die bisher auf­

getretenen Akzeptanzprobleme insbesondere im Bürosektor (bei der Anwendung von Informationstechnologien (zum Teil) auch auf eine unzureichende Vermittlung der durch sie gegebenen arbeits­

technischen Möglichkeiten zurückzuführen sind und darüber hinaus die Chancen zur Erhaltung und Schaffung autonomer Arbeitsfelder unter Nutzung der Mikroelektronik bei weitem nicht ausgeschöpft scheinen. Für den Produktionsbereich dürfen grundsätzlich die

( durch Automatisierung und Roboterisierung) stattfindenden Entlastungseffekte von repetitiv-monotonen und umweltbelasten­

den (Hitze, Lärm etc.) Arbeitsinhalten nicht übersehen werden.

Ad 3: Noch vielfach ungeklärt sind die Auswirkungen einer ver­

stärkten Anwendung neuer Informationstechnologien im privaten Sektor, sei es infolge eines quantitativ erhöhten .

Informationsangebots, sei es aufgrund neuer Möglich­

keiten der Kommunikation sowie Informationsverarbeitung und -speicherung.9 Aus wirtschaftlicher Sicht war und ist es nicht

(8)

unüblich, Akzeptanzfragen primär nach Maßstäben von Angebot und Nachfrage abzuhandeln. Demgegenüber bestehen in gesell­

schaftspolitischer Perspektive aus der bisherigen Erfahrung privater Nutzung von Kommunikationstechnologien gute Gründe, der Entwicklung von Akzeptabilttätskriterien und ihrer em­

pirischen Überprüfung für die weitere informationstechnische Zukunft im Privatsektor verstärkt Aufmerksamkeit zu schenken.

Dabei markieren im Hinblick auf die bei der Nutzung neuer In­

formationstechnologien zu beachtenden Wirkungskomplexe die zum Teil negativen Auswirkungen des Fernsehens auf familiäre Kommunikationsstruktruen eine mögliche Entwicklungslinie10) ; eine andere wird durch die - entgegen manchen Befürchtungen zu beobachtende - Zunahme interpersonaler Kommunikations- und Interaktionsformen via Telefon bezeichnet 1 1). Pauschale Aussagen von einer zunehmenden Anonymisierung und Vereinzelung informationstechnisch beeinflußter Kleingruppen, Thesen von der zunehmenden Versachlichung und Entpersonalisierung zwischenmenschlicher Beziehungen auch im privat-familiaren Bereich bedürfen jeweils genauerer empirischer Überprüfung;

dies empfiehlt sich insbesondere vor dem Hintergrund offen­

barer, auch die politische Willensbildung prägender Gruppen­

bildungen, deren Ziel u.a. (im Widerspruch zu den der Mikro­

elektronik zugesprochenen Wirkungen) die Wiederbelebung oder Herstellung individualitätsfördernder Formen der Kommunika­

tion ist. Einer um objektive Erkenntnisse bemühten Sozial­

wissenschaft wird es in diesem Zusammenhang nicht darum

gehen, vorgeblich kaum noch zu kontrollierende und zu steuern­

de eigendynamische Entwicklungsprozesse lediglich zu konstatie­

ren; gerade der Nachweis der Abhängigkeit der Anwendung neuer Technologien von individuellen und gruppenmäßigen Entschei­

dungen schafft umgekehrt auch Freiräume für einen gezielten technischen Wandel.

Felder weiterer Forschung

Insbesondere auch für den zuletzt gestreiften Einsatzbereich

(9)

der Mikroelektronik - den privaten Sektor - gilt, daß auf der Grundlage schnell entworfener und durch Begeisterung’ für ihre Möglichkeiten getragener Anwendungsmodelie (das "Heim- terminal", das zugleich Arbeitsstätte ist) sich bisweilen

(vor-)schnelle und allzu spekulative Vorstellungen von einer total computerisierten und in ihrer Folge völlig veränderten Sozialstruktur anschließen. Zwar kann begründet angenommen werden, daß sich die kurz- und mittelfristigen Probleme struk­

turbedingter Arbeitslosigkeit im Zusammenhang mit der Anwen­

dung der Mikroelektronik im Produktions- und Dienstleistungs­

bereich noch verschärfen werden; selbst hier aber sind Tempo und Richtung nach den heutigen Daten keineswegs so eindeutig, daß gerade vor dem Hintergrund der nicht zu leugnenden posi­

tiven Aspekte der Nutzung von Informationstechnologien ab­

schließende Bewertungen- möglich sind, über Akzeptanz und Akzeptabilität der Informationstechnologien schon heute ab­

schließend befinden zu wollen, heißt oft, unter Absehung von Kosten- und Nachfragebedingungen im öffentlichen wie privaten Bereich selbstläuferische Entwicklungsprozesse anzunehmen, denen gegenüber individuelle wie gesellschaftliche Kontroll­

möglichkeiten und Anwendungsrestriktionen unterschätzt zu werden drohen.

Zu Recht ist darauf verwiesen worden, daß eine angemessene Ausarbeitung von Akzeptabilitätskriterien im Informationssek­

tor gegenwärtig auch dadurch erschwert wird, daß abseits von der Basistechnologie "Mikroelektronik" und ihrer wahrschein­

lichen Weiterentwicklung über die künftigen Software-Angebote und ihre Nutzungsformen sehr wenig ausgesagt werden kann, sich gerade hier aber die mit dem Wandel und Ausbau vielfältiger Informationssysteme verbundenen potentiellen gesellschaftli- chen Veränderungen oft überhaupt erst materialisieren 1 2): Es sei hier in diesem Zusammenhang daran erinnert, daß bei­

spielsweise die in den 60er Jahren intensiver geführte Dis­

kussion um die Vor- und Nachteile der Kulturindustrie sich primär auf die bestimmten Produktionsverhältnissen zugeord­

nete Verbreitung bestimmter Informationsinhalte unter spezi­

fischen öffentlichen und privaten Rezeptionsbedingungen kon­

(10)

zentrierte und die dabei genutzten technischen Medien selbst weniger als ein notwendig zu problematisierender Faktor an­

gesehen wurden. Nicht der Fernseher für sich, 'sondern Fern­

sehprogramme und Rezeptionsbedingungen, nicht der Schallplatte spieler für sich, sondern Form und Inhalt seiner Nutzung wur- den zum Anlaß von Kritik. 1 3)

Die Diskussion um die Zukunft der Informationstechnologien und der von ihnen ausgehenden gesellschaftlichen Auswirkungen leidet aus sozialwissenschaftlicher Perspektive vielfach noch unter einer eigentümlich fixierten Konzentration auf tech­

nische und ökonomische Kategorien unter weitgehender Absehung von der Tatsache, daß diese Kategorien erst in genauerer Kennt nis. sozialer Eintrittsbedingungen ihre je spezifische Bedeu­

tung für den einzelnen wie soziale Gruppen erlangen: Dabei würde beispielsweise der historische Vergleich arbeitsmarkt­

bedingter unterschiedlicher sozialer Konfliktpotentiale bei unterschiedlichen gesellschaftlichen Niveaus materieller Be­

dürfnisbefriedigung und Verteilung und bei unterschiedlichen Strukturen der Arbeitsverteilung selbst es durchaus nahelegen, den geseZZsckaft Ziehen Rahmenbedingungen dev Anwendung von InfovmationstechnoZogien mehr als bisher Aufmerksamkeit zu schenken. Über die bloße Feststellung von Folgelasten und Folgenutzen dem informationstechnologischen Fortschritt oft kontroll- und eingriffsunfähig•ausgesetzter gesellschaftli­

cher Verhältnisse hinaus wäre es gerade als Chance der So­

zialwissenschaften zu begreifen, Bedingungen und Möglich­

keiten eines rationalen Umgangs mit neuen Technologien - und das heißt dann vielfach mit der entsprechenden Software - auf allen gesellschaftlichen Ebenen (bis in die Kleingruppen und bis zum Individuum hin) genauer als bisher zu analysieren.

Eine Sozialwissenschaft, die bisweilen schon im Ansatz einen - vielleicht durch ökonomische Zwänge bedingten - weitgehend unbeeinflussbaren technischen Wandel voraussetzt und mögliche funktionale Relationen sozialer Systeme zu diesem technischen Wandel oftmals nurmehr in mühsam positiv besetzten Anpassungs­

kategorien erfassen kann, verliert leicht die schon existen­

ten und möglicherweise zu verstärkenden Steuerungs- und Kon­

(11)

trollpotentiale aus dem Blick, die die vielfältigen Nutzungs­

formen und den Nutzungsumfang insbesondere auch der Informationstechno­

logien qualitativ wie quantitativ mitbestimmen können und vielleicht auch mitbestimmen werden. In diesem Sinne wäre bei der Ana­

lyse von Akzeptabilitätskriterien der Mikroelektronik wesent­

lich stärker als bisher zu untersuchen, welche Bedingungen

eine technisch sachgerechte und zugleich psychosozial möglichst technikunabhängige Nutzung der neuen Technologien fördern. 1 4)

Auch wenn, wofür heute einige Anzeichen sprechen, Anwendungsum­

fang und -tempo der Mikroelektronik kurz- und mittelfristig nicht die noch vor fünf Jahren vermuteten Ausmaße annehmen, darf umgekehrt natürlich nicht darauf verzichtet werden, die

laufenden Forschungsanstrengungen zur Sozialverträglichkeit unterschiedlicher Nutzungsformen der Informationstechnologien fortzuführen und sie dort, wo bislang zuwenig getan wurde, zu verstärken. Abschließend seien in Verfolgung der vorherigen Überlegungen deshalb einige Vorschläge für weitere Forschung

zur Akzeptabilität und Akzeptanz der Informationstechnolo­

gien gemacht:

1. Nicht ganz zu Unrecht diskutieren einige kritische Beob­

achter des informationstechnischen Wandlungs- und Anwendungs­

prozesses die heute vorherrschende Rolle der Sozialwissen­

schaften in dieser Entwicklung. Ist es nicht zu aufwendig und vielleicht auch oft zu spät, die spezifischen Wirkungskompo­

nenten einer neuen Technologie auf das jeweilige soziale System erst mit deren Einführung zu untersuchen? Sollte nicht der um­

gekehrte Weg der Bestimmung des Bedarfs nach neuen Technologien aufgrund von systematischen Untersuchungen feststellbarer mensch licher Bedürfnisse eingeschlagen werden? 1 5) Diese Sichtweise gewinnt sicherlich noch an Kraft angesichts der Beobachtung, daß beispielsweise das in den Kommunikationswissenschaften schon vorhandene Wissen um die komplexen Funktionen menschli­

cher Kommunikation in Kleingruppen für die Folgenabschätzung einer möglichen weiteren Technisierung der Informationshand­

habung noch zu wenig systematisch ausgewertet ist. Die erhöht die Gefahr, negative Wirkungen von Prozessen, welche die

(12)

I

vielfältigen Leistungen menschlicher Kommunikation zu einfach in solche eines technisch handhabbaren Informationsaustausches übersetzen wollen, erst dann zu erkennen, wenn es bereits

zu einer breiten Anwendung der neuen Technologie gekommen ist.

So richtig es also wäre, abrufbare Kenntnisse für die Wirkungs­

analyse der Informationstechnologien umfassender als bisher zu nutzen, so darf umgekehrt der aus der Planungstheorie be­

kannte Tatbestand prognostisch nicht voll erkennbarer Bedürf­

nisverfehlung neu eingeführter Sachverhalte nicht übersehen werden. 2****7 Dieser Tatbestand meint den (auch im Alltagsleben

immer wieder erfahrbaren) Umstand, daß oft erst nach Neuein­

führung eines bestimmten Systems funktionaler Beziehungen (z.B. der Errichtung reinen Erholungszielen dienender Wohn­

siedlungen am Stadtrand) die vielfältigen Leistungen in Art und Umfang richtig deutlich werden, die das abgelöste System

(frühere Stadtzentren, in denen sich Arbeits-, Freizeit- und Handelsfunktionen vielfältig mischten) geboten hat. Ob nicht also beispielsweise beim Umgang mit dem elektronischen Heim­

informationszentrum vielfältige Vorteile der bisherigen Lebens­

führung (notwendige Ortswechsel zum Einkauf, Gespräche mit Nachbarn etc.) erst in ihrem vollen Umfang bewußt werden, kann vorweg kaum bestimmt werden. In diesem Sinn wird die sozial­

wissenschaftliche Begleitforschung auch weiterhin eine not- wendige Wissensquelle darstellen. 17)

2. Anders als bei den Energietechnologien sind gegenwärtig

keine Tendenzen erkennbar, daß bei den Informationstechnologien ein vohandenes öffentliches Bewußtsein um ihre Ambivalenz schon ihre prinzipielle Nutzung zur Disposition stellen würde. Dies erklärt sich wohl vor allem mit der größeren Anwendungsbreite der Mikroelektronik - sie kann für kostengünstige und effekti­

ve Umwelttechnologien genauso eingesetzt werden wie zu einer den Freiheitsspielraum des einzelnen bedrohenden Kontrolle.

Auf der Akzeptanzebene sind dann aber erhebliche Verschiebungs­

effekte wahrscheinlich, wenn die "Ursache" wahrgenommener ne­

gativer Entwicklungen - also etwa die Automatisierung als Bedingungsfaktor von Arbeitslosigkeit - als wenig beeinfluß-

(13)

bar erlebt wird. Solche Verschiebungseffekte können sich noch stärker als bisher darin äußern, daß Arbeitsmarktprobleme po­

litisiert werden; sie können sich aber auch in Formen abwei- chenden Verhaltens in der Freizeit- und Privatsphäre zeigen. 1 8)

So ist es nur konsequent, wenn in diesem Zusammenhang in der Literatur von der Notwendigkeit lebenslangen Lernens und

Umlernens die Rede ist 1 9) ; es verwundert jedoch die Selbstver- städnlichkeit, mit der dies gelegentlich geschieht. Unabhän­

gig davon, ob sich nun informationstechnologisch bedingte Ak­

zeptanzprobleme konkret gegenüber einer (Berufs-)Bildungspo­

litik ergeben, die dauerhafte Berufsausübung nicht mehr garan­

tieren kann und gleichwohl intensiviert wird: die von unter­

schiedlichsten Nutzungsformen der Mikroelektronik potentiell ausgehenden WirkungsZusammenhänge legen es jedenfalls dringend nahe, ihnen in der Wirkungsforschung größere Aufmerksamkeit als bisher zu schenken.

3. Gerade der Umstand, daß bei umfassender Anwendung der In­

formationstechnologien wichtige Nebenwirkungen in großem Um­

fang nicht auszuschließen sind, sollte Anlaß sein, bisherige und potentielle Instrumente zur Kontrolle und Steuerung des technischen Fortschritts in diesem Bereich auf ihre Wirksam­

keit genauer als bisher zu untersuchen. Der Begriff des "In­

struments" wäre dabei weit zu fassen: Strategien einer Steuerung auf betrieblicher, regionaler und staatlicher Ebene wären da­

bei ebenso zu analysieren wie Maßnahmen, die auf Individual­

ebene einen kritischen, aber auch sachverständigen Umgang mit den neuen Technologien fördern könnten. Aus Akzeptabilitäts­

und wahrscheinlich auch Akzeptanzgründen wird sich darüber hinaus eine solche Instrumentenforschung nicht nur pragmatisch an Zielen der Vermeidung negativer Effekte definieren dürfen.

Die mit den Informationstechnologien verbundene Chance, lang­

fristige gesellschaftliche Ziele (z.B. sinkender Energiever­

brauch Befreiung, von monotoner Arbeit, verbesserte großräumige Kcmmunika- tionsbedingungen) zu realisieren, lassen sich gerade durch den Ausbau ei­

ner entsprechenden Instrumentenforschung deutlicher herausarbeiten.

(14)

I z.

Literatur

1) vgl. Dierkes, M./ von Thienen, V.: Die Akzeptanzkrise der Forschungs- und Technologiepolitik: Bietet der Science- Court eine Lösung? In: Wirtschaft und Wissenschaft 4/1977 2) Friedrichs, G./ Loeben, M. : Die Akzeptanzproblematik der Kernenergie. Konsequenzen des großtechnischen Einsatzes der Kernenergie in der Bundesrepublik Deutschland, Teil V., Karlsruhe 1979

3) Oldemeyer, E.: Zum Problem der Umwertung von Werten. In:

Ropohl, G. (Hrsg.): Maßstäbe der Technikbewertung. Düssel­

dorf 1979, S. 11-65

4) Friedrichs, G./ Schaff, A. (Hrsg.): Auf Gedeih und Verderb.

Mikroelektronik und Gesellschaft. Wien 1982

5) vgl. dazu auch: Reese, J. et al.: Gefahren der informations technologischen Entwicklung. Frankfurt/ New York 1979.

Bessant, J.R. et al.: The Impact of Microelectronics.

London 1981. Berting, J./ Mills, S.C./ Wintersberger, H.

(Hrsg.): The Socio-Economic Impact of Microelectronics.

Oxford, New York, Toronto, Sydney, Paris, Frankfurt 1980 t

6) The European Public's Attitudes to Scientific and Techni­

cal Development. Commission of the European Communities.

Brüssel 1979. Hinsichtlich der Folgen einer vermehrten Anwendung von neuen Systemen der Informationsspeicherung und -Verarbeitung in der Verwaltung vgl. die klare Dar­

stellung bei Grimmer, K . : Die Automation und das Verhältnis der Verwaltung zum Bürger. In: Die öffentliche Verwaltung,

35. J g . , Heft 7/ 1982, S. 257-265

7) Jugend '81. Jugendwerk der Deutschen Shell. Bd. 3, Hamburg 1981

8) Einen instruktiven Überblick über diese Einzeluntersuchunge findet man in: Informationstechnologie und Beschäftigung.

Eine Übersicht über internationale Studien. Herausgegeben vom Bundesminister für Forschung und Technologie. Düssel­

dorf, Wien 1980

9) vgl. Reese et al., a.a.O.

10) Hackforth, J . : Massenmedien und ihre Wirkungen. Göttingen 1976

11) vgl. Nora, S./ Mine, A . : Die Informatisierung der Gesell­

schaft. Frankfurt/ New York 1979

12) Ide, T.R. : The Information Revolution. In: Berting/Mills/

Wintersberger, a.a.O., S. 35-41

(15)

I —>

13) - Adorno, T.W.: Kulturkritik und Gesellschaft. In: ders.:

Prismen. Frankfurt 1969, S. 7-31.

Adorno, T.W.: Prolog zum Fernsehen und Fernsehen als Ideo­

logie. In: ders.: Eingriffe. 6. Aufl., Frankfurt 1970, S. 69-98

14) Ansätze hierzu bei: Kubicek, H./ Reese, J.: Soziale In­

formationstechnologie. Ein Konzept zur Steuerung des tech­

nischen Wandels auf sozialpolitischer Basis. In: Kruede- ner, J.V./ Schubert, K.V. (Hrsg.): Technikfolgen und sozialer Wandel. Köln 1981, S. 145-160

15) vgl. Szepläbi, N.: Sozialwissenschaftliche Technologie­

forschung. In: Janshen, D ./ Keck, 0./ Webler, W.D. (Hrsg.):

Technischer und sozialer Wandel. Schriften des Wissenschafts Zentrums Berlin. Königstein/Ts. 1981, S. 101-119

16) Tenbrock, F.H.: Zur Kritik der planenden Vernunft. Frei­

burg, München 1972

17) Zur Begleitforschung vgl.: Dierkes, M . : Möglichkeiten der Technologiefolgenabschätzung. In: Schlaffke, W./ Vogel, 0.

(Hrsg.): Industriegesellschaft und technologische Heraus­

forderung. Köln 1981, S. -327-346

Paschen, H./ Bechmann, G./ Wingert, B.: Funktion und Lei­

stungsfähigkeit des Technology Assessment (TA) im Rahmen der Technologiepolitik. In: Kruedener/Schubert, a.a.0., S. 57-82

18) vgl. Berting, J . : The application of microeletronics:

Some social and political consequences. In: Berting/ Mills/

Wintersberger, a.a.0., S. 247-258

19) vgl. etwa King, A . : Einleitung: Eine neue industrielle

Revolution oder bloß eine neue Technologie? In: Friedrichs/

Schaff, a.a.0., S. 11-47. Maaß, E . : Mikroelektronik als Schlüsseltechnologie. Unveröffentlichtes Manuskript, Bonn

1982

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