H
yaluronsäure ist ein hochmolekulares Po- lysaccharid, das aus D-Glucoronsäure- und N-Acetylglucosamin-Einheiten be- steht, die sich bis zu 50 000 Mal wie- derholen. Erstmals wurde die Subs- tanz 1934 im Glaskörper des Rinder- auges entdeckt, woher sich auch der Name (griechisch hyalos = glasartig) ableitet. Beim Menschen ist sie eben- falls Bestandteil zahlreicher Gewebe und Körperflüssigkeiten. Der größte Teil findet sich in der Haut, wobei die Ober- und Lederhaut besonders große Mengen aufweisen. Das aus Zuckerbausteinen aufgebaute Riesen- molekül liegt zudem im Bindegewebe vor und stellt damit eine wichtige Verbindung der extrazellulären Ma- trix dar. Außerdem ist es Hauptbe- standteil der Gelenkflüssigkeit und im -knorpel sowie Augapfel vorhanden.Feuchtigkeit und mehr Die he- rausragende Eigenschaft der Hya- luronsäure ist das extrem hohe Was- serbindungsvermögen des bis zu 6000fachen ihres Eigengewichts, wodurch sie vor Feuchtigkeitsverlust schützt und dem Gewebe eine hohe Druckbeständigkeit und Elastizität verleiht. Zudem sorgt sie als Füll- substanz zwischen den Zellen für das straffe Erscheinungsbild der Haut.
Hinzu kommt die besondere Visko- sität der gelartigen Substanz, welche polsternde, schützende und isolie- rende Funktionen mit sich bringt und dazu beiträgt, dass Gelenke rei- bungslos und schmerzfrei funktio- nieren. Weiterhin beeinflusst das
Polymer den Stofftransport im Kör- per, wirkt auf die Wanderung und Differenzierung von Zellen ein, mo- duliert Entzündungsreaktionen und ist in die verschiedenen Stadien der Wundheilung involviert.
Kosmetischer Faltenglätter Hya- luronsäure ist ein fester Bestandteil von Anti-Aging-Produkten. Viele apothekenexklusive Pflegepräparate enthalten die Substanz als Feuchthal- tefaktor und Faltenminimierer, wobei ihr Natriumsalz (Natriumhyaluronat) zum Einsatz kommt. Nach dem Auf-
tragen bildet das Polymer einen luft- durchlässigen Film, der die Feuch- tigkeit auf der Haut fest bindet. Da- durch können der Feuchtigkeitsge- halt erhöht und Spannungsgefühle sowie kleinere Fältchen gemindert werden. Diskutiert wird, ob es zudem möglich ist, das Riesenmolekül bei topischer Anwendung erfolgreich in die Haut einzuschleusen. Eine Auf- spaltung des Polysaccharids in klei- nere Hyaluronbruchstücke soll eine Penetration in die Haut erleichtern.
Dermaler Filler Hautärzte und plas- tische Chirurgen setzten die Zucker- verbindung vermehrt als Injektion zur Faltenunterspritzung, Aufpolste- rung und Volumenkorrektur ein. Da Hyaluronsäure nicht mehr wie früher aus Hahnenkämmen gewonnen, son- dern biotechnologisch herstellt wird, gilt sie als gut verträglich, nicht aller- gen und sicher. Um den in der Haut durch Hyaluronidasen stattfinden- dem Abbau der Füllsubstanz zu ver- ringern, wird eine chemisch modi- fizierte Hyaluronsäure injiziert. Je nach eingesetztem Verfahren und Lokalisationsstelle können sich die quervernetzten Hyaluronsäuremole- küle unterschiedlich lang (ca. zwi- schen drei und zwölf Monaten) dem enzymatischen Abbau widersetzen.
Innovative Implantattechnolo- gie Hyaluronsäure kann auch bei älteren Patienten mit einer Stimm- schwäche in die Stimmlippen inji- ziert werden, damit sich diese verdi- cken und die Stimmritze wieder ver- schließen. Bei Patienten mit Belas-
52 DIE PTA IN DER APOTHEKE | Juli 2011 | www.pta-aktuell.de
PRAXIS HYALURONSÄURE
In der Kosmetik und ästhetischen Dermatologie wird Hyaluronsäure zur
Faltenglättung eingesetzt. Auch in der Medizin findet sie erfolgreich Verwendung.
Ein riesiges Talent
Neben dem Einsatz der Hyaluron- säure bei Operationen des grauen Stars wird die Substanz vermehrt zur Linderung der Symptomatik des trockenen Auges verwendet. Die besonderen Fließeigenschaften des Polymers erlauben eine leichte Ver- teilung auf der Augenoberfläche und damit deren gute Benetzung. Auch kann durch die hohe Viskosität eine lange Verweildauer am Auge und damit eine Stabilisierung des Tränen- films erreicht werden ohne das Sehen zu beeinträchtigen. Auf diese Weise kann zudem der Tragekomfort von Kontaktlinsen verbessert wer- den. Außerdem stehen hyaluron- säurehaltige Aufbewahrungslösun- gen für Linsen zur Verfügung und es sind sogar Kontaktlinsen mit Hya- luronsäure auf dem Markt, die das Polymer kontinuierlich ans Auge abgeben.
EINSATZ IN DER OPHTHALMOLOGIE
tungsinkontinenz oder nach einer Prostatentfernung werden Hyaluron- säureimplantate in die Harnröhre ge- spritzt, um sie besser abzudichten.
Auch diese Behandlungen müssen bei Bedarf wiederholt werden.
Anwendung bei Arthrose Als Vis- kosupplementation bezeichnet man Injektion von Hyaluronsäure in de- generativ veränderte Gelenke. Am häufigsten wird das Polymer bei leichter bis mittelschwerer Kniear- throse in das betroffene Gelenk ge- spritzt, um die Fließeigenschaften der Gelenkflüssigkeit wiederherzustellen und damit Schmerzen zu reduzieren sowie die Beweglichkeit und Funk- tion des Gelenks zu verbessern. Die intraartikuläre Anwendung der Hya- luronsäure wird zudem nach Gelenk- spiegelungen des Knies durchgeführt.
Die ergänzende orale Einnahme von Nahrungsergänzungsmitteln oder bi- lanzierten Diäten mit Hyaluronsäure soll sich günstig auf den Krankheits- verlauf der Arthrose auswirken.
Befeuchtung im Hals-Nasen-Ra- chenraum Nasensprays mit Hyalu- ronsäure können die Nasenschleim- haut nachhaltig benetzen und die Heilung von Mikroläsionen fördern.
Rachensprays sollen das Gewebe be- feuchten und störende Geräusche beim Schlafen (Schnarchen) unter- drücken. Als Halsschmerztablette bildet die Substanz mit weiteren Gel- bildnern auf der Schleimhaut ein Hy- drogel, welches eine lang anhaltende Befeuchtung sicherstellt und weiteren Reizungen vorbeugt.
Förderung der Wundheilung Hyaluronsäure wird in der Wundbe- handlung verwendet, da sie den In-
formationsaustausch zwischen den Zellen modifiziert und den Nähr- stofftransport fördert. So kann sie die Wundheilung beschleunigen und ein narbenfreies Abheilen unterstützen.
Für die Therapie chronischer Wun- den stehen Produkte in unterschied- licher Form (z. B. Mikrogranulat, Spray, Faser/Kompresse) zur Verfügung.
Für ein feuchtes Scheidenmilieu Hyaluronsäure hat zudem eine aus- gleichende Wirkung auf den Feuch-
tigkeitshaushalt der Scheide und för- dert die Regeneration des Vaginalge- webes, sodass Risse und Fissuren schneller heilen können. Verschie- dene Applikationsformen (z. B. Zäpf- chen, Gel) werden zur Behandlung der vaginalen Atrophie eingesetzt.
p
Gode Meyer-Chlond, Apothekerin
DIE PTA IN DER APOTHEKE | Juli 2011 | www.pta-aktuell.de 53
© sandsun / www.iStockphoto.com