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Der Kyoto-Prozess

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Academic year: 2021

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KyotoProzess_Jan05_MB.doc, 17.01.2005, mb

Tutorat zur Vorlesung “Einführung in die Politikwissenschaft”

Der Kyoto-Prozess

1. Einführung – Die Klimaänderung

Seit der industriellen Revolution hat aufgrund menschlicher Aktivitäten (besonders durch das

Verbrennen fossiler Brennstoffe) die Konzentration von Treibhausgasen in der Atmosphäre zugenom- men. Der natürliche Treibhauseffekt, der das Leben in der Erdatmosphäre erst ermöglicht, hat sich da- durch verstärkt. Bis heute hat sich die Erdatmosphäre um 0.4 bis 0.8°C erwärmt (IPCC, 2001). Bis ins Jahr 2100 wird aufgrund von Modellrechnungen eine weitere Zunahme um 1.4 bis 5.8°C erwartet (IPCC, 2001). Weitere Merkmale der Klimaänderung sind Änderungen der Niederschlagsmuster, der Wolkendecke, der Bodenfeuchtigkeit, Meeresspiegelanstieg etc.

Je nach Region hat die Klimaänderung unterschiedliche Auswirkungen:

-> Extremereignisse wie z.B. Hitzewellen, Überschwemmungen, Stürme, Lawinen, Dürren etc.

-> Auswirkungen auf Ökosysteme wie z.B. Alpine Systeme (Gletscher und Permafrost), Marine Systeme (Korallenriffe), Mangrovenwälder, Arktische Regionen etc. Allgemein wird in den meisten Ökosystemen mit einer veränderten Artenzusammensetzung und einer Verschiebung der Wachstumsperioden ge- rechnet.

-> Auswirkungen auf sozialer und ökonomischer Ebene wie z.B. Wasserversorgung, Landwirtschaft, Nahrungsmittelversorgung, menschliche Gesundheit, Tourismus, Versicherungen etc.

2. Meilensteine – wie es zum Kyoto-Protokoll kam bis heute

1992 fand in Rio der Erdgipfel zu Umwelt und Entwicklung statt. Es wurden 5 Dokumente verabschie- det

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. Eines davon ist die Klimarahmenkonvention, das Grundlagendokument für den internationalen Klimaschutz. Nachdem die Konvention von 50 Ländern ratifiziert worden war, trat sie im Frühling 1994 in Kraft.

1995, ein Jahr später, fand die erste „Conference of the Parties“ (COP) statt, die Konferenz der Vertrags- parteien der Klimarahmenkonvention. Seither findet jährlich eine solche Konferenz statt, mit dem Ziel, die Absichtserklärungen der Konvention in verbindliche Ziele umzusetzen.

1997 an der 3. COP in Kyoto wurde das Kyoto-Protokoll verabschiedet (mit verbindlichen Reduktionszie- len für Industrieländer). An den nachfolgenden COPs wurde die Umsetzung des Kyoto-Protokolls im Detail geregelt. Besonders wichtig sind dabei die Vereinbarungen von Marrakesch von 2001.

2001 haben sich die USA aus dem Prozess zurückgezogen und begannen die Verhandlungen zu boy- kottieren, mit dem Ziel, das Zustandekommen des Kyoto-Protokolls zu verhindern. Im November 2004 haben nun dank der Ratifikation des Protokolls durch Russland genügend Länder das Dokument unter- schrieben, sodass es im Februar 2005 in Kraft treten wird.

3. Das Vertragswerk

Das Vertragswerk besteht aus der Klimarahmenkonvention sowie dem Kyoto-Protokoll.

Die Klimarahmenkonvention ist seit 1994 in Kraft und wurde bis heute von 189 Ländern ratifiziert. Sie bildet die Grundlage für die weiteren Verhandlungen und enthält eine Absichtserklärung, mit welcher sich die unterzeichneten Statten zum Klimaschutz verpflichten. Die wichtigsten beiden Artikel sind:

Art.2: Verhinderung gefährlicher Klimawandel

Stabilisierung der Treibhausgaskonzentrationen auf einem Niveau, auf dem eine gefährliche anthro- pogene Störung des Klimasystems verhindert wird. Ein solches Niveau sollte innerhalb eines Zeitraums erreicht werden, der ausreicht, damit sich die Ökosysteme auf natürliche Weise den Klimaänderungen

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Die 5 Dokumente von Rio sind: Klimarahmenkonvention (UNFCCC United Nations Framework Convention on

Climate Change), Deklaration von Rio über Umwelt und Entwicklung, Aganda 21, Artenschutzkonvention, Waldde-

klaration.

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anpassen können, die Nahrungsmittelerzeugung nicht bedroht wird und die wirtschaftliche Entwick- lung auf nachhaltige Weise fortgeführt werden kann.

Art.4.2: Selbstverpflichtung der Staaten zu einer Stabilisierung der Emissionen auf dem 1990-Level bis 2000.

Das Kyoto-Protokoll wird 2005 in Kraft treten. Bis heute wurde es von 132 Ländern ratifiziert, wovon 34 Industrieländer mit Reduktionsverpflichtungen sind. Das Protokoll ist ein Dokument, welches im Rah- men der Klimarahmenkonvention entstanden ist. Der wichtigste Artikel im Kyoto-Protokoll ist Art.3: Verpflichtung der Industrieländer

Die Industrieländer verpflichten sich, ihre gesamten Treibhausgas- Emissionen innerhalb des Ver- pflichtungszeitraumes 2008 bis 2012 um mindestens 5% unter das Niveau von 1990 zu senken.

Die Verpflichtungen gelten für 6 Kategorien von Treibhausgasen (CO2, CH4, N2O, H-FKW, FKW, SF6).

4. Die Akteure an den Klimaverhandlungen

Die Klimaverhandlungen finden statt im Rahmen der Klimarahmenkonvention. D.h. alle Staaten, die das Klimarahmenabkommen ratifiziert haben, können sich aktiv an den Verhandlungen beteiligen, ob sie nun das Kyoto-Protokoll unterschrieben haben oder nicht.

Die Länder der Klimarahmenkonvention haben sich für die Verhandlungen in Gruppen formiert:

Group of 77 (G77): Zusammenschluss von ca. 132 Entwicklungsländern, die die Interessen der Entwick- lungsländer vertreten: Entwicklungsländer sind oft von der Klimaänderung betroffene Staaten, die selbst wenig zur Klimaänderung beigetragen haben. Innerhalb der G77 gibt es verschiedene Unter- gruppen, mit eigenen Positionen:

African Union: Zusammenschluss der afrikanischen Staaten, mit dem Ziel die afrikanische Position zu- stärken. Die afrikanischen Länder gehören zu den Hauptleidtragenden, da sie durch die Folgen der Kli- maänderung sehr verletzlich sind.

AOSIS (Alliance of Small Island States): 43 tiefliegende und kleine Inselstaaten, die durch den Meeres- spiegelanstieg existentiell bedroht werden. Sehr aktive Gruppe, die ihre Interessen in die Verhandlun- gen einbringt und immer wieder Vorschläge für weitere Reduktionsziele macht.

Least Developed Countries (LDC), die ca. 50 ärmsten Länder der Welt, die sich - im Verhältnis zu ihren Mitteln - sehr aktiv am Verhandlungsprozess beteiligen. Da diese Länder sehr verletzlich sind, liegt es in ihrem Interesse, von den Industrieländern möglichst hohe Ausgleichszahlungen für die Auswirkun- gen der Klimaänderungen zu erhalten.

Die 3 Riesen, Brasilien, China und Indien. Sie sind keine offizielle Gruppe, werden aber oft zusammen genannt. Sie sind die drei mächtigsten Verhandlungspartner von Seiten der Entwicklungsländer, da am bevölkerungsreichsten und mit grossem Entwicklungspotential.

Von den G77 sind 11 Staaten Mitglieder der OPEC

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, die zum Teil sehr einflussreich sind, wie z.B. die Ver- einten Arabischen Emirate, Saudi Arabien, Qatar oder Nigeria. Sie haben eine andere Position als die restlichen G77-Länder: Sie wollen für den abnehmenden Erdöl-Konsum entschädigt werden.

Die EU-Staaten sind die eigentlichen Promotoren der Verhandlungen. Ohne sie wäre das Kyoto- Protokoll evtl. gar nicht zustande gekommen. Als diejenigen Industrieländer, die ihre Verpflichtungen wahrnehmen, übernehmen sie eine wichtige Leader-Position.

Die Umbrella Gruppe ist eine lose Koalition von Industrieländern, die nicht in der EU sind. Es gibt keine formale Liste, wer dazugehört. Meist sind es jedoch Australien, Kanada, Island, Japan, Neuseeland, Norwegen, Russland, Ukraine und USA.

Die Umweltintegritätsgruppe besteht aus der Schweiz, Mexiko und Südkorea. Sie ist die einzige Grup- pe, welcher sowohl Industrie- als auch Entwicklungsländer angehören.

Nicht staatliche Akteure, so genannte Beobachter, sind:

- Umwelt-NGOs (WWF, Greenpeace etc.)

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OPEC: Organizations of the Petroleum Exporting Countries (Öl-exportierende Staaten)

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KyotoProzess_Jan05_MB.doc, 17.01.2005, mb - Unternehmens-NGOs (Shell, Enron etc.)

- Forschungs-NGOs (Universitäten und Forschungsanstalten) - Medien

- Organisationen aus dem Bereich der UNO (als wichtigste der IPCC

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) - Zwischenstaatliche Organisationen (z.B. Weltbank, IEA

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, Rotes Kreuz etc.)

5. Fazit

-> Zeitfaktor: Seit die Klimaänderung zum ersten Mal international diskutiert wurde (70er Jahre) bis das Kyoto-Protokoll in Kraft tritt, hat es fast 30 Jahre gedauert.

-> komplexe Strukturen und Organisationen: Es gibt zahlreiche Foren und Konferenzen, an welchen internationale Umweltverträge ausgehandelt werden.

-> Wechselbeziehung Wissenschaft – internat. Politik: Wissenschaftliche Erkenntnisse bilden die Grundlage, ob und wie über Klimaänderung auf internationaler Ebene diskutiert wird.

-> typische Vertragstruktur im Bereich internationaler Verhandlungen (Möglichkeit zur Unterzeich- nung von Teilabkommen): Die Klimarahmenkonvention bildet den Rahmen für alle weiteren Klimaver- handlungen. Das Kyoto-Protokoll ist ein erster Vertrag mit verbindlichen Zielen innerhalb dieses Rah- mens. Es besteht die Möglichkeit, weitere Protokolle innerhalb des Rahmens zu verabschieden.

-> Die Ratifikation des Kyoto-Protokolls ist zwar psychologisch wichtig, trotzdem aber nur ein ganz kleiner Anfang im internationalen Kampf gegen die Klimaänderung.

Globale Emissionen müssen in spätestens 20 Jahren wieder sinken. Ohne Emissionseinschränkungen für die Entwicklungsländer und ohne drastische Emissionsreduktionen im Norden (60%-80% CO2- Reduktionen gegenüber 1990 für Industrieländer bis 2050) geht es nicht. Aber...

- erste Priorität der Entwicklungsländer ist wirtschaftliche Entwicklung.

- der Norden scheint momentan zu drastischen Emissionsreduktionen nicht bereit zu sein – zumal in wirtschaftlichen schwierigen Zeiten.

- die Entwicklungsländer pochen zu Recht darauf, dass die historische Schuld für den Klimawandel beim Norden liegt und die pro Kopf Emissionen immer noch sehr viel höher sind.

-> Die brennende Frage: Wie kann die Welt einen Ausweg aus dieser Patt-Situation finden?

Literatur

IPCC: Climate Change 2001: Synthesis Report. Contribution of Working Groups I, II and III to the Third Assessment Report of the Intergovernmental Panel on Climate Change. Cambridge and New York:

Cambridge University Press. 2001.

Über Kioto hinaus denken: Klimaschutzstrategien für das 21. Jahrhundert. Sondergutachten des wis- senschaftlichen Beirats der Bundesregierung für globale Umweltfragen (WBGU), 2003. Verfügbar auf http://www.wbgu.de

Das Kyoto-Protokoll – Internationale Klimapolitik für das 21. Jahrhundert. Von Sebastian Oberthür and Hermann Ott. Leske + Budrich, Opladen, 2000.

United Nations Framework on Climate Change: The First Ten Years. Climate Change Secretariat, Bonn, Germany, 2004. Verfügbar auf http://unfccc.int/essential_background/ background_publications_

htmlpdf/items/2625.php

“On Behalf of My Delegation...” A Survival Guide for Developing Country Climate Negotiators. By Joyee- ta Gupta. 2000. http://cckn.net/delegation.htm

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IPCC: Intergovernmental Panel on Climate Change, ein internationales, wissenschaftliches Experten-Panel, wel- ches die klimarelevanten, wissenschaftlichen Grundlagen für die Politiker bzw. die internationalen Klimaverhand- lungen liefert.

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IEA: International Energy Agency

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