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Archiv "Hermann Hesse: Autor der Selbstverwirklichung" (16.08.2002)

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A

A2208 Deutsches Ärzteblatt½½½½Jg. 99½½½½Heft 33½½½½16. August 2002

H

ermann Hesse (1877–

1962), der ganzen Gene- rationen von jungen Menschen auf den eigenen Weg half, beschloss mit zwölf Jahren, „entweder ein Dichter oder gar nichts zu werden“.

Der Vater, ein pietistischer Missionar, bestand nach der Lateinschule auf dem Besuch des evangelisch-theologischen Seminars in Maulbronn, wo er sich auf das Studium der Theo- logie vorbereiten sollte. Nach- dem er dort wegen depressiver Zustände geflohen war, kam er in verschiedene Schulan- stalten, eine Mechanikerlehre und schließlich 1895 nach Tü- bingen, jedoch nicht als Stu- dent am Stift, sondern als Lehrling in der Heckenhauer- schen Buchhandlung. Nach elf Stunden erschöpfender Arbeit las er Werke aller wichtigen Dichter. Er begann selbst Ge- dichte zu schreiben, und mit 22 Jahren veröffentlichte er „Ro- mantische Lieder. Eine Stun- de hinter Mitternacht“. Für immer mehr Zeitschriften schrieb er Rezensionen und Artikel.

Nach vier Jahren wurde Hesse Buchhändler in der Reichschen Buchhandlung in Basel, in deren Verlag im Jahr 1901 „Hinterlassene Schriften und Gedichte von Hermann Lauscher“ erschien. Auch in dieser Zeit, in die der Tod der Mutter fiel, litt er an Depres- sionen. Mit „Peter Camen- zind“, 1904 bei S. Fischer er- schienen, begann sein großer Ruhm. Er heiratete Maria Bernoulli und zog als freier Schriftsteller nach Gaien-

hofen am Bodensee. Doch durch die Familie mit drei Söhnen fühlte er sich bald ein- geengt. Dieser Enge versuchte er durch große Reisen (1911 bis nach Indien) zu entfliehen.

In rascher Folge erschie- nen seine Bücher „Unterm Rad“, „Gertrud“, „Roßhal- de“ und „Knulp“. „O Freun- de, nicht diese Töne!“ war sei- ne Antwort auf den Ersten Weltkrieg. Er arbeitete in der Kriegsgefangenenfürsorge und wandte sich öffentlich ge- gen den Wahnsinn des Krie- ges. 1916 wurde er durch schwere Schicksalsschläge (seine Frau erkrankte an Schizophrenie) behandlungs- bedürftig und lernte bei Dr.

Lang, einem Schüler von C. G.

Jung, die Psychoanalyse ken- nen. Nach 60 Sitzungen war er fähig, den „Demian“ zu schreiben. „Das Leben der Menschen ist ein Weg zu sich selber hin“, heißt es im Ge- leitwort. Dieses Buch wurde enthusiastisch aufgenommen.

Allein übersiedelte Hesse nach Montagnola, einem Dorf im Tessin. Er begann zu malen und schrieb „Klingsors letzter Sommer“. Erst nach einer erneuten Krise der Un- produktivität, in der er von Jung selbst behandelt wurde, folgte 1922 „Siddhartha“ und später der „Steppenwolf“.

Für einige Jahre war er mit Ruth Wenger verheiratet.

Ab 1923 litt er an rheumati- schen Beschwerden, Gicht und Ischias; von da an wurden jährliche Kuren notwendig.

Im „Kurgast“ schildert er dies

in humorig-tiefsinniger Weise:

„. . . je steifer unsere Gebeine werden, desto dringender be- dürfen wir einer elastischen, zweiseitigen, bipolaren Den- kungsart“. 1929 erstellte er ei- ne „Bibliothek der Weltlitera- tur“. Als die Nazis an Einfluss gewannen, trat er aus der Preußischen Akademie der Künste aus. Um 1933 begann die intensive Freundschaft mit Thomas Mann. „Zukunfts- sichtig und zukunftsempfind- lich“ nannte dieser Hesses Werk. Während seiner dritten Ehe mit Ninon Dolbin schrieb er „Narziß und Goldmund“, die „Morgenlandfahrt“ und 1943 das „Glasperlenspiel“, den Höhepunkt seines Wer- kes. Das war seine Antwort auf den Krieg. Hesse sagte deutlich, er sei lieber Opfer als Täter. Mit „Späte Prosa. Brie- fe“ beendete er im Jahr 1951 im Wesentlichen sein Schaf- fen. Bei Suhrkamp, dem Be- wahrer des S. Fischer Verlages, erschienen „Gesammelte Dich- tungen“ (sechs Bände), da- nach „Gesammelte Schriften“

(sieben Bände). In den letzten Jahren litt Hermann Hesse, ohne davon zu wissen, an Leukämie. Am 9. August 1962 starb er im Schlaf an einer Ge- hirnblutung.

Viele Ehrungen waren ihm zuteil geworden, bis hin zum Nobelpreis im Jahr 1946. In Amerika wurde er in den 60er-Jahren zum Kultautor.

Inzwischen sind mehr als hundert Millionen Bücher in aller Welt erschienen, damit ist er der meistgelesene deutschsprachige Autor des 20. Jahrhunderts. Maja Rehbein

Bis zum Herbst erscheint im Suhrkamp-Verlag die erste vollständige Hermann-Hesse-Ausgabe in 20 Bänden mit vielen bisher unveröffentlichten

Texten. Der Nachlass des Dichters befindet sich mit Handschriften, Büchern, Aquarellen und Tonaufnahmen im Marbacher Deutschen Literatur-

archiv und in Bern. Bis 31. August lädt Calw zum Hermann-Hesse- Festival 2002 mit mehr als hundert Veranstaltungen ein (www.hesse.de).

Informationen: Stadtverwaltung Calw, Kultur und Tourismus, Markt- brücke 1, 75365 Calw, Telefon: 0 70 51/96 88-10, www.calw.de;

Tourismus Marketing GmbH Baden Württemberg, Esslinger Straße 8, 70182 Stuttgart, Telefon: 07 11/2 38 58-0. Unter hesse@suhrkamp.de

kann das Hesse-Magazin bestellt werden.

Foto:Suhrkamp Verlag

Hermann Hesse

Autor der

Selbstverwirklichung

Im Hesse-Gedenkjahr erinnern zahlreiche Ver- anstaltungen an den meistgelesenen deutsch- sprachigen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts.

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