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I 056/2006 FIN 7. Juni 2006 47C
Interpellation 1229 Vaquin, Moutier (CVP)
Aellen, Tavannes (PSA) Zuber, Moutier (PSA)
Weitere Unterschriften: 0 Eingereicht am: 25.01.2006
Quellenbesteuerung
Da sich die öffentlichen Gebietskörperschaften in einer schwierigen finanziellen Situation befinden, ist es unabdingbar, dass sie die ihnen zustehenden Steuereinnahmen einziehen können. Unabhängig von den Anstrengungen der Inkassobehörden, muss festgestellt werden, dass die Steuerausstände gross sind und die öffentlichen Haushalte zusätzlich stark belasten.
Bundesrat Hans-Rudolf Merz hat vor kurzem im Nationalrat als Antwort auf einen parlamentarischen Vorstoss von Nationalrat Didier Berberat gesagt, dass in der Bundesgesetzgebung nichts gegen eine Erhebung der Kantons- und Gemeindesteuern an der Quelle spreche.
Die Kantone Neuenburg und Waadt haben bereits ihre Absicht bekundet, die Quellenbesteuerung einzuführen.
Der Regierungsrat wird um die Beantwortung folgender Fragen gebeten:
1. Denkt er, dass die Einführung einer Quellensteuer eine Lösung sein könnte, um die grossen Ausfälle beim Steuerinkasso zu vermeiden?
2. Welches sind die Vor- und Nachteile einer Quellenbesteuerung (allfällige Zusatzkosten, Arbeitgeberentschädigungen für die Erhebung der Quellensteuer usw.)?
3. Ist er bereit, die Einführung eines solchen Systems zu unterstützen?
Antwort des Regierungsrates Frage 1
Denkt er (der Regierungsrat), dass die Einführung einer Quellensteuer eine Lösung sein könnte, grosse Ausfälle beim Steuerinkasso zu vermeiden?
Zunächst ist festzuhalten, dass die Einführung einer (generellen) Quellensteuer – wie sie im Besonderen für ausländische Arbeitnehmende ohne Niederlassungsbewilligung bereits gegeben ist – nicht zulässig ist. Das Bundesrecht – namentlich das Bundesgesetz vom 14.
Dezember 1990 über die direkte Bundessteuer (DBG; SR 642.11) sowie das Bundesgesetz vom 14. Dezember 1990 über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (StHG; SR 642.14) – steht dem entgegen.
2
Bundesrat Merz hat dazu im Rahmen der Beantwortung einer entsprechenden Anfrage im Nationalrat zusammengefasst Folgendes festgehalten1:
Der Bundesrat habe anfangs 2005 seine Absicht bekundet, grundlegende langfristige Reformen des Steuersystems anzugehen und verschiedene Reformoptionen zu untersuchen. Auf der Basis dieser Untersuchungen sei in einem nachfolgenden Schritt auch die Möglichkeit der Einführung alternativer Bezugssysteme wie etwa einer Quellensteuer zu prüfen2.
Von der Einführung einer Quellensteuer als Ersatz eines ordentlichen Veranlagungs- und Bezugsverfahrens unter Einbezug der gesamten Einkommen und des Vermögens zu unterscheiden sei der blosse Bezug von Steuern für das Erwerbseinkommen an der Quelle (Lohnabzugssteuer). Den Kantonen stehe es grundsätzlich frei, eine „obligatorische Vorauszahlung“ an der Quelle vorzusehen. Der Nutzen sei aus Sicht des Steuerinkassos indessen fraglich, weil die Inkassoverluste sehr klein seien und bei einer Erhebung an der Quelle ebenfalls vorkommen könnten.
Aus spezifisch bernischer Sicht kann dazu festgehalten werden, dass bei der heute bestehenden Quellensteuer ingesamt zwar etwas weniger Steuerausfälle als bei der Einkommens- und Vermögenssteuer zu verzeichnen sind. Zu Steuerausfällen kommt es jedoch auch regelmässig bei der Quellensteuer – insbesondere durch Fehlverhalten von Arbeitgebern mit den abgezogenen Quellensteuerbeträgen (Lohnabzug ohne oder mit verspäteter Weiterleitung). Die strafrechtlichen Sanktionsmassnahmen sind ausserdem beschränkt. Insbesondere wird aber der Bürger auch nicht bereits mit dem Lohnabzug durch den Arbeitgeber befreit, sondern trägt auch für die Ablieferung das Risiko. Die Steuerausfälle würden zwar mit der Einführung eines generellen Steuerbezuges an der Quelle etwas vermindert, aber keineswegs aufgehoben. Das Abschreibungsverhältnis der verschiedenen Steuerarten (inkl. Erlass) zeigt folgendes Bild: In den Steuerjahren 1998 – 2003 machten Abschreibungen und Erlasse bei den bernischen Einkommens- und Vermögenssteuern pro Steuerjahr zwischen 1,16 bis 2,04%, bei der Quellensteuer
zwischen 0,31 bis
0,9 % der bis Ende 2005 fakturierten Beträge aus. Der Abschreibungsbedarf hält sich somit bei beiden Kategorien in vertretbaren Grenzen.
Damit kann zusammenfassend festgehalten werden, dass sich durch die Einführung einer Quellensteuer im oben beschriebenen Sinn die Ausfälle beim Steuerinkasso insgesamt nicht massgeblich reduzieren würden.
Frage 2
Welches sind die Vor- und Nachteile einer Quellenbesteuerung (allfällige Zusatzkosten, Arbeitgeberentschädigungen für die Erhebung der Quellensteuer usw.)?
Illustrativ zur allgemeinen Beantwortung dieser Frage ist die Stellungnahme des Bundesrates vom 30. September 2005 zum Postulat Zisyadis Josef vom 16. Juni 2005 (05.3330): „Quellensteuer“.3
Aus spezifisch bernischer Sicht ist als gewichtiger Nachteil der zusätzliche administrative Aufwand für den Arbeitgeber, welcher eine Inkassoprovision in der Höhe des Mehraufwandes nach sich ziehen würde, zu betrachten. Dies würde der Absicht des
105.1126 – Anfrage Berberat Didier vom 29.9.05, Vereinbarkeit einer Quellensteuer mit dem StHG und dem DBG (http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2005/d_gesch_20051126.htm)
205.3330 – Postulat Zisyadis Josef vom 16.6.05, Quellensteuer
(http://www.parlament.ch/afs/data/d/gesch/2005/d_gesch_20053330.htm )
3Vgl. FN 2
3
Kantons und des Bundes, Unternehmen von administrativem Aufwand zu entlasten, klar widersprechen. Auch angesichts der Widerstände der Wirtschaft gegenüber dem vergleichsweise wenig Mehraufwand auslösenden neuen Lohnausweis erscheint die Einführung einer generellen Quellensteuer als unangemessen. Ausserdem würde auch bei der Verwaltung ein wesentlicher administrativer Mehraufwand ausgelöst, welcher die möglichen Vorteile wieder wett-machen würde.
Weitere Nachteile ergeben sich schliesslich im Zusammenhang mit dem Datenschutz. Der Arbeitgeber erhielte mit dem Steuerbezug an der Quelle Aufschluss über die Vermögensverhältnisse der Angestellten, was eine Verletzung des Steuergeheimnisses darstellen würde. Bei Zweiverdienerehepaaren würde sich ausserdem der administrative Aufwand unverhältnismässig erhöhen, da eine Koordination zwischen verschiedenen Arbeitgebern notwendig würde.
Frage 3
Ist er (der Regierungsrat) bereit, die Einführung eines solchen Systems zu unterstützen?
Aus den genannten Gründen hält der Regierungsrat sowohl die Einführung einer generellen Quellensteuer als auch die Einführung einer obligatorischen Vorauszahlung an der Quelle zum heutigen Zeitpunkt für unverhältnismässig. Für steuerpflichtige Personen mit Zahlungsschwierigkeiten besteht abgesehen davon bereits heute die Möglichkeit, ihre Steuerschuld in mehr als den üblichen drei jährlichen Raten zu begleichen. Mit der geplanten kantonalen Steuergesetz-Revision 2008 soll ausserdem die Möglichkeit von Vorauszahlungen geschaffen werden. Arbeitnehmende, welche das wünschen, können mit dem Arbeitgeber individuelle Vereinbarungen über die Bezahlung der Steuern durch den Arbeitgeber treffen. Zusätzlich werden weitere Möglichkeiten mit Finanzinstituten abgeklärt.
An den Grossen Rat