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Archiv "Kriterien des Hirntodes: Stellungnahme I" (16.04.1987)

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DEUTSCHES ÄRZTEBLATT

Stellungnahme I

Die erstmals 1982 gegebenen und jetzt fortgeschriebenen Ent- scheidungshilfen zur Feststellung des Hirntodes ermöglichen eine si- chere Hirntodesdiagnostik und ha- ben sich klinisch bewährt. Dennoch bedürfen einige Empfehlungen eines kritischen Kommentares bezie- hungsweise einer Ergänzung.

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Der empfohlene Test zur Prü- fung der Atemfunktion ist trotz Vorsorge für einen ausreichenden arteriellen p0 2 gefährlich, da er in- folge der induzierten Hyperkapnie bei noch nicht Hirntoten — genauer bei noch nicht vollständiger zerebra- ler Vasoparalyse — zu einer intrakra- niellen Drucksteigerung führen muß und somit den Hirntod herbeiführen oder zumindest beschleunigen kann.

Will und kann man auf die Apnoete- stung nicht verzichten, sollte sie erst am Ende der gesamten Hirntodes- feststellung erfolgen: nach klinischer Untersuchung, Anwendung von Zu- satzuntersuchungen und Beachtung der Wartezeiten, wenn alle erhobe- nen Befunde für den schon eingetre- tenen Hirntod sprechen.

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Die zerebrale Angiographie stellt nach wie vor ein invasives und mit gut definiertem Risiko für den Untersuchten behaftetes Verfahren dar. Ihre Anwendung ist daher nur zu verantworten, wenn sich für den Patienten aus dem Angiographieer- gebnis therapeutische Konsequen- zen ergeben. Eine Angiographie zum Zwecke der Hirntodesfeststel- lung ist daher nicht erlaubt, stößt zu- mindest auf schwerste ethische und juristische Bedenken. Zu dieser Aussage muß man sich auch beken- nen, wenn in anderen europäischen Ländern die Angiographie zur Hirn- todesfeststellung gefordert wird. Ei- ne klare Stellungnahme zu diesem Problem wird in den Empfehlungen

umgangen. Statt dessen beziehen sie sich auf einen gleichsam zufällig ge- fundenen Kreislaufstillstand in den Karotiden bei aus diagnostischen Gründen durchgeführter Angiogra- phie. In einer Zeit fast stets zur Ver- fügung stehender CT-Untersuchun- gen dürfte jedoch eine Angiogra- phieindikation „zur Klärung der Art der Hirnschädigung" nur in Aus- nahmen zu stellen sein. In der Regel wird man eher davon ausgehen müs- sen, daß eine Angiographie bei Tief- komatösen kontraindiziert ist.

Offenbar betrachtet die Kom- mission das Ergebnis eines angio- graphisch nachgewiesenen Kreis- laufstillstandes im Karotisstromge- biet beidseits als ein Äquivalent für das Null-Linien-EEG. Dies ist gut nachvollziehbar. Dennoch kann die Beschränkung auf das Karotisstrom- gebiet zu dem Mißverständnis füh- ren, Vertebralis- und Karotis-Kreis- lauf seien für die Hirntodesdiagno- stik unterschiedlich zu bewerten.

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1n den Richtlinien wird unter

„Systematik der Entscheidungs- hilfen" ausgesagt, daß ein zerebra- ler Zirkulationsstillstand auch durch die zerebrale Isotopenangiographie nachgewiesen werden kann. Es wäre wünschenswert, daß diese heute auch am Krankenbett verfügbare Technik in ihrer Bedeutung stärker herausgehoben würde. Darüber hin- aus muß angesichts . der immer skep- tischer werdenden Offentlichkeit ge- prüft werden, ob nicht EEG und Isotopenangiographie als supraten- torielle und FAEP als infratentoriel- le Prüfparameter zur Hirntodesfest- stellung obligatorisch sein sollten.

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Verlaufsuntersuchungen multi- modal evozierter Potentiale er- fordern einen hohen technischen und personellen Aufwand und wer- den nur in wenigen entsprechend er- fahrenen Zentren verläßlich durch- führbar sein. Die Forderung, daß

zur Bewertung der FAEP eine pri- mär infratentorielle Läsion bezie- hungsweise zusätzlich eine Verlet- zung des Halsmarkes bei Medianus- SEPs ausgeschlossen sein muß, wird bei schweren Schädelhirnverletzun- gen, Subarachnoidalblutungen so- wie diffusen Hypoxien und Isch- ämien kaum sicher erfüllbar sein.

Wenn hinsichtlich der FAEP das schrittweise bilaterale Erlöschen der Hirnstammkurven III bis V ei- nen irreversiblen zentralen Funk- tionsausfall beweisen soll, so setzt dies eine ausschließlich periphere Generierung der Welle II beim Menschen voraus. Obgleich eigene intrakranielle Vergleichsmessungen am Menschen diese Annahme unter- stützen, kann sie auf Grund klini- scher Fallanalysen und tierexperi- menteller Befunde bisher nicht als eindeutig erwiesen gelten.

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Besonders schwierig gestaltet sich die Situation bei therapeuti- scher Anwendung eines Barbiturat- Komas Der Kommission ist unein- geschränkt zuzustimmen, wenn sie eine klinische Hirntodesfeststellung nur nach Beendigung einer Barbitu- rateinwirkung zuläßt. Abgesehen davon, daß dieser Nachweis sehr schwierig ist, da die Abklingquote im Gehirn der im Serum nicht paral- lel gehen muß, wird der ärztliche Entschluß, die Barbiturat-Therapie zu beenden, in vielen Fällen zum entscheidenden Schritt in der Hirn- todesdiagnostik.

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Die Empfehlungen fordern, daß zwei Ärzte den Hirntod feststel- len, von denen wenigstens einer über mehrjährige Erfahrung in der Intensivbehandlung von Patienten mit schwerer Hirnschädigung verfü- gen muß. Es verwundert, daß bei ei- ner so evident neurologischen Fra- gestellung nicht eine neurologische oder neurochirurgische Ausbildung zur Voraussetzung gemacht wird.

Dr. med. Gabriel Curio Prof. Dr. med. Peter Marx Neurologische Klinik und Poliklinik im Klinikum Steglitz der Freien Universität Berlin Hindenburgdamm 30

1000 Berlin 45 I>

Kriterien des Hirntodes

Zu den Entscheidungshilfen des Wissenschaftlichen Beirates der Bundesärztekammer in Heft 43/1986, Seiten 2940 bis 2946

A-1070 (62) Dt. Ärztebl. 84, Heft 16, 16. April 1987

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