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Archiv "Afghanistan: Nach dem Abzug bleibt das Elend" (29.09.1988)

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DEUTSCHES

ÄRZTEBLATT

BLICK INS AUSLAN

Immer noch herrscht Krieg in Afghanistan. Auch nach dem Abkommen über den sowjeti- schen Truppenabzug vom 15.

Mai 1988 halten die Rückzugsge- fechte mit den Mudjahedin an, verstärken die Widerstands- kämpfer noch ihre Bemühungen, Stellungen und Städte von den Regierungstruppen zurückzuer- obern. Nach Angaben von Flüchtlingsvertretern hat der Krieg in mehr als acht Jahren bis zu 1,5 Millionen Tote gefordert, von fünf Millionen Heimatver- triebenen ist die Rede. Allein un- ter den drei Millionen nach Paki- stan Geflohenen sollen 60 Pro- zent Kinder und Jugendliche zwi- schen drei und 15 Jahren sein.

D

ie medizinische Versor- gungslage in den afghani- schen und pakistanischen Lagern ist primitiv und un- zureichend, wie deutsche Ärzte be- richten, die oft unter Lebensgefahr und mit militärischem Schutz der Widerstandskämpfer in das Kon- fliktgebiet reisen. Denn bis 1987 wurde jede direkte medizinische Hilfeleistung aus dem Ausland von der afghanischen Regierung be- kämpft, und auch heute noch kann nur das Internationale Rote Kreuz damit rechnen, bei seinen Einsätzen in Afghanistan nicht unter Beschuß genommen zu werden. Der deutsche Arzt Dr. Oliver Hakenberg von der Afghanistan-Nothilfe e. V. (AN) wurde noch im April dieses Jahres bei der Rückreise nach Pakistan von Kommandos überfallen.

Über die schwierige Situation der Hilfsorganisationen berichteten wir bereits in Heft 33/1987 und 51/52/1987.

Mit dem Verschwinden des Af- ghanistan-Krieges aus den Schlag- zeilen kommt für die Hilfs- und Selbsthilfeprojekte ein weiteres Pro- blem hinzu: Das Spendenaufkom- men in der deutschen Bevölkerung läßt dramatisch nach. So brauchte die Afghanistan-Nothilfe, die 1987 noch eine runde Million Mark an Spendengeldern einnahm, im ersten

Afghanistan

Nach

dem Abzug bleibt

das Elend

Ohne weitere Spenden sind die Flüchtlinge hilflos

Halbjahr 1988 ihre Rücklagen fast vollständig auf. Dabei benötigt der Verein, der 1983 gegründet wurde und rund 200 aktive Helfer vor Ort aufweisen kann (darunter aus der Bundesrepublik drei Ärzte, zwei Fa- mulatoren und eine Krankenschwe- ster), weiterhin dringend Geld für seine langfristigen Projekte in dem Krisenland.

Kampf gegen Seuchen und Unterernährung

In den Hospitälern und Lagern kämpft der Verein nicht nur gegen lebensbedrohende Kriegsverwun- dungen, sondern auch gegen „all- tägliche" Tücken wie Seuchen, Un- terernährung und mangelhafte Hy- giene. In einem Krankenhaus mit Poliklinik im pakistanischen Pesha- war, nahe der Grenze zu Afghani- stan, werden von afghanischen und deutschen Ärzten immerhin monat- lich 3000 Patienten ambulant und 140 stationär behandelt. Neben Imp- fungen und der Lebensmittelausga- be an Kinder gehört auch ein Dia- gnostik- und Therapieprogramm für Tuberkulose zum Leistungsumfang des Krankenhauses.

Darüber hinaus betreibt die Afghanistan-Nothilfe in drei paki-

stanischen Flüchtlingslagern „basic health units", die vom Krankenhaus Peshawar mitversorgt werden. Seit dem vergangenen Jahr bildet die AN in Peshawar junge afghanische Män- ner und Frauen in einjährigen Kur- sen zu Sanitätern aus. In einer Grundschule werden 50 Kinder in Lesen, Schreiben, Religion und Ge- schichte unterrichtet.

Poliklinik und Sanitäterschule existieren auch im Süden des Lan- des, in Quetta, Belutschistan. Dort fehlt dem Verein allerdings das Geld für ein Röntgengerät und ein Basis- labor; auch ein Krankenhaus müßte eingerichtet werden.

In Afghanistan selbst hat die AN seit 1984 acht medizinische Be- handlungsstationen eingerichtet, die mit je zwei einheimischen Sanitätern besetzt sind und von Pakistan aus versorgt werden. Allein 1987 konn- ten so im Landesinnern rund 230 000 Patienten behandelt wer- den. Die medizinische Versorgung wird durch kulturelle Hindernisse erschwert: Frauen dürfen nicht von Männern behandelt und nicht in ei- nem Gebäude mit ihnen unterge- bracht werden. Hinzu kommen psy- chosomatische Erkrankungen als seelische Folgen des Krieges. In schwersten Einzelfällen wurden kriegsverletzte Afghanen, meist Kinder, von der Afghanistan-Nothil- fe zur Behandlung in die Bundesre- publik gebracht. Bisher wurden da- für 68 Kinder von den deutschen Ärzten in Peshawar ausgewählt.

Möglich war das nur, weil einige we- nige deutsche Krankenhäuser die Behandlung dieser jungen Patienten kostenlos durchführten.

Für die Zukunft plant die AN den Ausbau von zwei ihrer Statio- nen in Afghanistan zu regelrechten Krankenhäusern, und auch das Krankenhaus Peshawar soll ins Land verlagert werden, wenn sich die Si- tuation entschärft hat. Seit August ist das Team in Peshawar um einen deutschen HNO-Arzt erweitert wor- den. Auch er bekommt — wie seine Kollegen — nur 200 DM Taschengeld im Monat. Der Erfolg all dieser Plä- ne wird vom Strom der Spenden ab- hängen (Spendenkonto der Afghani- stan-Nothilfe• Deutsche Bank bun- desweit 70 70). OD A-2648 (24) Dt. Ärztebl. 85, Heft 39, 29. September 1988

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