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Archiv "Von Menschen und Pilzen: Zur Entwicklung der Penicillinherstellung in Deutschland" (21.04.1995)

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Von Menschen und Pilzen

VVolfgang Forthl Zur Entwicklung cer

Dietmar Gericke 2 Penici linherste lung in Deutsch anc

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m die Jahrhundertwende hatte Deutschland bei der Auf- klärung der Ursachen von In- fektionskrankheiten und der daraus abzuleitenden Therapie die Nase vorn. Im internationalen Kon- zert der Forscher hatten die deut- schen Mikrobiologen, allen voran Robert Koch, einen wohlklingenden Namen, und Paul Ehrlich hat bereits 1891 mit der Anwendung des damals neuen Farbstoffes Methylenblau bei der Malaria den Grundstein der Che- motherapie gelegt, deren Gebäude konsequent mit der Anwendung von Salvarsan zur Behandlung der Syphi- lis einen wichtigen Abschnitt erreich- te. Das Konzept der Differentialfär- bung, das Paul Ehrlich ja die eigentli- che Idee zur Anwendung von Chemi- kalien zu einer selektiven Toxizität und zum Abtöten von Mikroorganis- men im Wirtsorganismüs eingab, läßt sich bis weit in die 30er Jahre unseres Jahrhunderts verfolgen. Heute wird die Verallgemeinerung des Ehrlich- schen Konzepts „Selektive Toxizität"

genannt (Albert 1985). Alle Chemo- therapeutika, die damals auf den Markt kamen, waren von Farbstoffen abgeleitet oder zeigten auffallend chemische Ähnlichkeit zu Farbstof- fen. Das gilt auch für die in den ehe- maligen IG-Farbenfabriken, die heu- te Bayer AG heißen, synthetisierten Sulfonamide und insbesondere das Prontosil®, über dessen antibakteriel- le Wirkung Gerhard Domagk 1935 berichtete. Diese Entdeckung wurde 1939 mit dem Nobel-Preis ausgezeich- net. Nicht von ungefähr trug Pronto- sil® die Azo-Gruppe von Farbstoffen in sich.

Das viele Licht, das in dieser Ge- schichte auf die deutsche Forschung fällt, war aber schon zum Zeitpunkt der Einführung des Prontosils® mit sehr viel Schatten verbunden. Es blieb den Franzosen (Traouöl et al.

1935; Fourneau et al. 1936) und vor al- len Dingen den Angelsachsen (Fildes

Wie ist es zu verstehen, daß das „Insti- tut", wie das Institut für Mikrobiologie, eine Gemeinschaftsgründung der Fir- men K. Zeiss, Jena, und der renom- mierten Glasschmelze Schott & Gen. in Jena im internen Sprachgebrauch ge- nannt wurde, sich mit der Herstellung und Erfassung der Wirkung von Penicil- lin beschäftigte? Die verschlungenen Wege, die die Antibiotikaforschung im damaligen Deutschen Reich genom- men hat und die die Grundlagen dafür abgegeben haben, daß in den Nachfol- gestaaten nach dem Krieg ein schneller Anschluß an die internationale Entwick- lung möglich wurde, lohnt der Auf- zeichnung.

1940; Woods 1940) vorbehalten, den Wirkungsmechanismus der Sulfon- amide vernünftig zu deuten. Dabei können sich Zeitgenossen von heute den Hinweis nicht verkneifen, daß hier ein ganz besonders eindrucksvol- les Beispiel dafür vorliegt, daß unter Umständen, nämlich bei ausschließli- cher Anwendung von In-vitro-Me- thoden, wichtige Zusammenhänge nicht hätten erkannt werden können:

Domagk bestand immer auf dem Tierversuch, nämlich dem kurativen Versuch an den mit Aronson-Strepto- kokken-Stämmen infizierten Mäusen, um die therapeutische Wirksamkeit von Prontosil® nachzuweisen. In vitro, nur in der Bakterienkultur, hät- te er mit Prontosil® keine Wirkung gesehen. Das allerdings hätte ihn

1 Walther-Straub-Institut für Pharmakologie und Toxikologie (Vorstand: Prof. Dr. med.

Wolfgang Forth) der Ludwig-Maximilians-Uni- versität München

2 em. Prof. Dr. med., München

schon auf die Idee bringen können, daß die Körperpassagen, nämlich die Aktivierung des Sulfonamidanteils aus der Vorstufe (prodrug) des 2',4'- Diaminoazobenzol-N4-sulfonamid, eine wichtige Voraussetzung für die Wirkung der Stoffklasse ist.

Schatten fallen dann im weiteren Verlauf der Entwicklung von Chemo- und Antibiotikatherapie in Deutsch- land während der Kriegszeiten. Wenn man heute durch die Bibliotheken un- serer Institute geht, sieht man, wie sich Geschichte auf spätere Genera- tionen auswirken muß: die Jahrgänge unserer wichtigen Zeitschriften wer- den lediglich ein bißchen dünner und für manche gibt es gar keinen Jahr- gang 1945. Das ist alles, was sich in der wissenschaftlichen Welt heute faßbar aus jenen katastrophalen Jahren auch für die deutsche Forschung, ihre Per- sönlichkeiten und ihren Erfolg nie- derzuschlagen scheint. Nachzutragen, ist daß die Kriegschirurgie mit der Verfügbarkeit von Sulfonamiden sich ganz wesentlich von derjenigen im Er- sten Weltkrieg unterschied. Trotzdem blieben, wie wir noch sehen werden, einige Wünsche offen.

Sir Alexander Fleming hat 1928 offensichtlich die aus der Luft auf eine Bakterienkulturplatte gekommene Verunreinigung mit einer Schimmel- pilzkolonie (Abbildung 1), die sich später als Penicillium notatum her- ausstellte, beobachtet und beschrie- ben (9, 10, 11). Das kam nicht von un- gefähr. Der Begriff der Antibiose war als Allelopathie in der Botanik fest verankert (21) und geisterte bereits in jener Zeit auch durch die medizini- sche Literatur (27), und man war sich allgemein über den „chemischen Krieg" (22), den die Natur unter ihren Spezies austrug, sehr wohl im klaren.

Was in England darüber bekannt war, bei Selwyne (29) nachzulesen, ist nicht eben wenig. Fleming hat dann auch das Penicillin benannt, aller- dings damals mehr als Inhaltsstoff mit

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antibiotischer Wirkung, der aus den Penicillinkulturen zu filtrieren war, denn als Stoff, wie er heute chemisch rein dargestellt und seiner Struktur nach beschrieben werden kann. Ho- ward Florey, Ernest Boris Chain, der in Berlin geborene Sohn russischer Auswanderer, und ihre Mitarbeiter im sogenannten „Oxford Kreis" ha- ben sich Ende der dreißiger, Anfang der vierziger Jahre des Problems er- neut angenommen, ganz eindeutig auch unter dem Aspekt kriegswichti- ger Forschung. Das anscheinend un- lösbare Problem der Isolation des wirksamen Prinzips aus Penicillium notatum konnte überraschend schnell geklärt werden (8). Fleming, Florey und Chain wurden für ihre Leistun- gen 1945 mit dem Nobel-Preis ausge- zeichnet.

In Folge der Kriegseinwirkungen wurden einige Forschungsprojekte von England in die damals befreunde- ten, aber noch nicht in der Kriegsalli- anz mit England verbundenen Verei- nigten Staaten verlegt, heute sicher- lich nicht zu Unrecht als Teil der be- sonderen Beziehungen zwischen die- sen beiden angelsächsischen Ländern anzusehen. Auch die Entwicklung der Atomforschung ist so von England, das sich sehr viel früher diesem Pro- blem zuwandte als die USA, in die Vereinigten Staaten abgewandert.

Vielleicht wird die Geschichtsschrei- bung dereinst Licht in den Ablauf der Verhandlungen zwischen Großbritan- nien und den USA bringen, die im so- genannten Leih- und Pachtvertrag 1940 gipfelten. Roosevelt und Churchill waren darin vor allem bemüht, die Zahlungsfähigkeit und die Rückzahlung der USA-Hilfen durch Großbritannien sicherzustel- len. Die Rolle, die dabei die künftige ökonomische Nutzung aussichtsrei- cher Forschungsprojekte spielte, ist vorab pure Spekulation, indes keine völlig abwegige: hier gibt es heute offene Rechnungen (21 a). Frau I.

Pieroth (1992) hat die verdienstvolle Aufgabe der Darstellung der Proble- matik im damaligen Deutschen Reich in einer Dissertation der Universität Regensburg vorgelegt. Einen Teil- aspekt, nämlich die hervorragenden Leistungen der Vorgängereinrichtun- gen der Firma Jenapharm in Jena hat Forth (14) beleuchtet.

Abbildung 1: Penicillium notatum (oben) und Repro- duktion der Original-Nährbodenplatte (unten), an der Sir A. Fleming 1928 die antibiotische Wirkung von Penicillin-Stämmen erkannte. Rund um den Pe- nicillium-Cluster sind die Staphylokokkenkolonien verkümmert oder fehlen ganz (10)

Wie wir heute wissen, ist diese Entwicklung keineswegs an den deut- schen Forschern vorbeigegangen. Am 7. August 1943 erschien in der Klini- schen Wochenschrift in den Übersich- ten ein Beitrag von Manfred Kiese, der sich mit der „Chemotherapie mit antibakteriellen Stoffen aus niederen Pilzen und Bakterien" befaßte. Es er- scheint verwunderlich, daß Manfred Kiese eine ziemlich lückenlose Litera- turübersicht der englischen Arbeiten bis 1942 geben konnte, was jedoch da- • mit zusammenhängt, daß über das neutrale Ausland, beispielsweise über die Schweiz oder Schweden, die engli-

sche Literatur verfolgt werden konn- te. Verwunderlich ist im Grunde ei- gentlich nur die Tatsache, daß die englischen Forscher das eindeutig als kriegswichtig eingestufte Objekt ihres Interesses so ausführlich publizieren konnten. Es war mittlerweile auch den Deutschen klar geworden, daß die in Kriegszeiten zu befürchtenden Infektionen, insbesondere Wundin- fektionen, und vor allem der so ge- fürchtete Gasbrand, mit Sulfonami- den nicht so elegant beherrscht wer- den konnten, wie man sich das an- fänglich versprach. Vielleicht denkt der eine oder andere Leser dieser Zei- len auch darüber nach, wie es wohl kommen konnte, daß weder die Engländer noch die Amerikaner in den frühen Entwicklungsstadien Pa- tente für Penicillin angemeldet ha- ben. Erst in der zweiten Kriegshälfte sind dann insbesondere amerikani- sche Patente für bestimmte Aspekte der Penicillinherstellung erteilt wor- den. Die Verfasser sind allerdings nicht davon überzeugt, daß in Kriegs- zeiten eine Patentanmeldung die Kriegsgegner wechselseitig davon ab- gehalten hätte, Forschungen und Ent- wicklungen auf diesen dann geschütz- ten Gebieten etwa nicht zu betreiben.

Kurz, während in Amerika inner- halb von drei Jahren die industrielle Großproduktion von Penicillin ent- wickelt wurde — und das bedeutete in der Nachkriegszeit auch Gewinne für die Produzenten —, war man im dama- ligen kontinentalen Mitteleuropa nicht etwa untätig. Hier sei angefügt, daß 1946 die Jahresproduktion an Pe- nicillin in den USA 27 500 Milliarden Oxford-Einheiten betrug (18).

Die Entwicklung

von Penicillin bei den I.G.

Farben, Hoechst

Die Entwicklung der Penicillin- herstellung bei • den I.G. Farben, Hoechst ist kürzlich dargestellt wor- den (4). Ein Zeitzeuge, der damals verantwortliche Chemiker der Firma Hoechst, Heinz Oeppinger (Abbil- dung 2), hatte über schwedische Freunde die Publikation des Oxford- Kreises in die Hand bekommen. Der Werksleiter Carl Ludwig Lauten- schläger beauftragte Oeppinger und A-1164 (48) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 16, 21. April 1995

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den Arzt und Chemiker Rudolf Fuss- gänger (Abbildung 3) im Frühjahr 1942 damit, Penicillin-Präparate zu entwickeln. Fussgänger war seinerzeit Leiter des chemotherapeutischen La- bors der I.G. Farben, das bis zur Übernahme der Macht durch die Na- tionalsozialisten unter der Leitung von Robert Schnitzer stand. Er konn- te 1938 in die USA auswandern und hat die chemotherapeutische For- schung der Firma Hoffmann-La Roche in Nutley/N.J. übernommen.

Andere an Penicillin interessierte

Forschergruppen im damaligen Deutschen Reich

Fast gleichzeitig mit Oeppinger und Fussgänger haben sich Mitte Mai 1942 Konrad Bernhauer (Abbildung 4) am Vierjahresplan-Institut für en- zymatische Chemie in Prag und Hans Knöll (Abbildung 5) am Institut für Mikrobiologie in Jena mit Penicillin befaßt. Das Institut für Mikrobiologie in Jena war eine gemeinsame Grün- dung der Firmen Carl Zeiss und Schott & Gen.*)

Hier wird man ein wenig ausho- len müssen, warum ausgerechnet in Jena eine derartige Forschungsrich- tung verfolgt wurde. Möglicherweise hängt das Ganze mit dem Glasherstel- ler Schott & Gen. zusammen, der zunächst an der Entwicklung von Glasfritten zur Erzeugung keimarmer Filtrate (20) später auch an der Ent- wicklung von Kulturgefäßen wie für Pilze, interessiert war. Daraus hat sich übrigens in der Nachkriegszeit ein lebhafter Tauschhandel zwischen Schott und der Chemie Grünenthal entwickelt, wie Zeitzeugen zu berich- ten wissen. Einem Gerücht zufolge

*) Die wechselvolle Geschichte des Instituts geht aus seiner wiederholten Umbenen- nung hervor: 1944 Institut für Mikrobiologie (innerbetrieblich Schott-Zeiss-Institut ab- gekürzt MIBIO genannt); 1956 Institut für Mikrobiologie und experimentelle Thera- pie der Deutschen Akademie der Wissen- schaften Berlin; 1970 ZIMET (Zentralinsti- tut für Mikrobiologie und experimentelle Therapie); daraus wurde auf Vorschlag des Wissenschaftsrates gebildet: IMB = Institut für Molekulare Biotechnologie e.V. (Blaue Liste Institut) und HKI = Hans Knöll Insti- tut für Naturstoff-Forschung e.V. (20)

Abbildung 2: Dr. Heinz Oeppinger (1900 bis 1977) trat am 4. April 1927 in Hoechst ein. Im Mai 1942 be- gann er gemeinsam mit Rudolf Fussgänger (1901 bis 1975), Theodor Wegmann, drei Laboranten und zwölf Arbeitern und Arbeiterinnen auf Veranlassung des Werksleiters, Prof. Carl Ludwig Lautenschläger, mit den Versuchen zur Herstellung von Penicillin. Die Arbeiten, die unter den Kriegsverhältnissen außeror- dentlich schwierig durchzuführen waren, führten im Jahr 1943 zu den ersten kleinen Betriebsansätzen.

1944 war unabhängig von Forschungen in den USA die Produktionsreife erreicht, und es konnten schon mehrere Ampullen mit je 20 000 Einheiten herge- stellt werden

(23) wurden die damaligen billigen Glassorten mit einem hohen Arsen- gehalt für die niedrigen Ausbeuten der Pilzkulturen verantwortlich ge- macht. Nach Einführung der Duran®- Gläser soll das Problem leichter hand- habbar gewesen sein. Außerdem spielte für die anfänglich benutzte Oberflächenkultur auch die Form und Herstellung der Kulturgefäße ei- ne wichtige Rolle. Allerdings soll nicht verschwiegen werden, daß im Zuge der Verfolgung „privater" For- schungsintentionen, die Knöll von der Fa. Schott & Gen. zugestanden wur- den, sein Interesse der Erforschung und Therapie von Krebskrankheiten galt, bei der er sich etwas von Penicil- lin versprach.

Eine vierte Gruppe befaßte sich bei der Firma E. Merck, Darmstadt, unter Leitung von Theodor Moll ebenfalls mit der Entwicklung von Pe-

nicillin. Nach seinem und seiner Mit- arbeiter Tod am 12. Dezember 1944 durch einen Bombenvolltreffer auf sein Labor war diese Forschungsrich- tung bei Merck allerdings beendet.

Um diese Zeit hat sich der Staat offensichtlich nicht allzusehr um die Penicillinforschung gekümmert (26).

Aus persönlicher Initiative haben die wenigen Forschergruppen Penicillin- bildende Stämme ausgetauscht, so ka- men auch Bernhauersche Stämme aus Prag zu Hoechst. Die Wertbestim- mung, die Fussgänger mit einem Sta- phylokokkenstamm erarbeitet und als Hoechst-Einheit bezeichnet hat, erwies sich nach dem Kriege als nahe- zu identisch mit der in den USA und England geltenden Oxford-Einheit.

Derselbe Staphylokokkenstamm ist offensichtlich auch von Knöll benutzt worden, der ihn kurzerhand als SG 511 (Schott & Gen.) bezeichnet hat, so ist er auch in die Literatur einge- gangen. Hier ist anzumerken, daß von Zeit zu Zeit Beutepenicillin aus an- gelsächsischen Heeresbeständen ver- fügbar war und zu Prüfungen heran- gezogen werden konnte.

Weshalb Manfred Kiese mit sei- ner schon erwähnten Übersicht einen Ausflug in die Chemotherapie unter- nommen hat, ist weder aus seinen wis- senschaftlichen Interessen noch aus seiner Zugehörigkeit zum Heubner- schen Institut für Pharmakologie und Toxikologie in Berlin erklärlich.

Erst ab Mitte 1944 scheint es den staatlichen Stellen gedämmert zu ha- ben, daß die Penicillinforschung eine außerordentlich kriegswichtige Ent- wicklung darstellte. Jetzt versuchten sie, die getrennt verlaufenden An- strengungen um eine Penicillinerzeu- gung zu koordinieren und zu fördern.

Dazu wurde die Konferenz aller da- mit befaßten Stellen am 2. Oktober 1944 nach Babelsberg einberufen.

Über die Koordinationsmängel, ja die Zerfahrenheit der biologischen, bio- chemischen und pharmakologischen Forschung in diesen Jahren hat Pieroth (1992) wichtige Details aufge- spürt.

Von allen Teilnehmern konnten lediglich Oeppinger und Bernhauer ein in Ampullen abgefülltes gelblich gefärbtes Penicillinpulver vorzeigen.

Die Präparate stammten aus Ober- flächenkulturen, deren Ausbeute mit

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zehn Millionen Einheiten im Monat außerordentlich bescheiden war. Die Produktionsstämme der Firma in Hoechst kamen übrigens von Bern- hauer aus Prag (P208 und P209) und lieferten ab Mitte 1944 Penicillin aus Submerskulturen.

Zur Zeit der Konferenz von Ba- belsberg standen bereits Wundpuder und Injektionsware für klinische Prü- fungen zur Verfügung.

Auch Hans Knöll verfügte in je- ner Zeit schon über anwendbares Pe- nicillin (4); auch ein erster „Therapie- versuch" scheint schon vorgelegen zu haben, allerdings ein Einzelfall. Knöll war wohl 1944 in der Lage, Penicillin in technischem Maßstab herzustellen.

Es gehört nicht viel Phantasie dazu, sich vorzustellen, wie 1944 jede nen- nenswerte industrielle Produktions- stätte in Schutt und Asche gelegt wur- de und in den wenigen Monaten bis zum Kriegsende 1945 sicherlich alle Beteiligten und Interessenten unter dem Druck der Geschehnisse ganz andere Sorgen hatten, als sich der Pe- nicillinforschung zu widmen.

Der Aufbau der Penicillinproduktion in Deutschland und seinen

Besatzungszonen

nach Kriegsende

An dieser Stelle muß nach dem Ende auch vom Wiederanfang im ehemaligen Deutschen Reich gespro- chen werden, und dabei sollen vor al- len Dingen die angelsächsischen Be- satzungsmächte dankend erwähnt werden. Als das Zusammenleben von Besatzern und Besetzten nicht mehr unter dem akuten Druck der vom Krieg geprägten Emotionen, bei- spielsweise dem Fraternisierungsver- bot, stand, griffen sie an der einen oder anderen Stelle hilf- und segens- reich ein. Vor allen Dingen, wenn Kinderleben von Infektionen bedroht war, stellten sie lebensrettendes Peni- cillin zur Verfügung.

Die Franzosen und Russen taten sich in dieser Hinsicht deshalb schwe- rer, weil sie selbst gar nicht über jenes Wundermittel verfügten, mit dem so- gar eine bakterielle Meningitis geheilt werden konnte.

Abbildung 3: Dr. med. Dr. phil. nat. Rudolf Fussgän- ger (1901-1975), war Leiter des Chemotherapeuti- schen Labors der Hoechst AG, in dem außer den er- sten Penicillinpräparaten die ganze Palette der Anti- biotika bis zum ersten i.v. anwendbaren Tetrazyklin, dem Reverin, entwickelt wurden. (Bildnachweis:

Prof. Dr. Rolf Fußgänger, Medizinische Universitäts- klinik, Ulm)

Die Amerikaner waren zunächst überrascht, wie weit man in Frankfurt bei der Firma Hoechst eigentlich schon gekommen war, und wollten, daß die Produktion schnell wieder aufgenommen und ausgebaut wurde.

Ende 1945 bis Mitte 1946 wurden al- lerdings alle Aktivitäten gestoppt.

Anfang 1947 zeigte sich eine Locke- rung, aber erst 1948, als ein Lizenzver- trag zwischen Merck Raway/N.J., USA, und der Firma Hoechst abge- schlossen wurde, konnte an die Er- richtung einer Großproduktion ge- dacht werden. Diese Entwicklung ist ganz eindeutig auch von finanziellen Überlegungen der zuständigen Besat- zungsmacht beeinflußt worden (26).

Am 4. August 1950 begann bei den Farbwerken Hoechst, vormals Mei- ster Lucius Brüning, die Monatspro- duktion von 400 Milliarden-Einhei- ten, das war 1 600mal soviel, wie im Sommer 1945 produziert wurde. Der erste Penicillin-Wundpuder der Fir- ma Hoechst war 1946 im Handel ver- fügbar, die erste Injektionsware „Pe- nicillin G Hoechst" 1949. Seit 1944 er- folgten Erprobungen des selbstpro- duzierten Penicillins, die allerdings angesichts dessen, was wir heute un-

ter der Bezeichnung verstehen, noch nicht als „klinische Prüfungen" be- zeichnet werden sollten. Die erste of- fizielle Penicillin-Injektion eines Hoechster Präparates wurde von Frau Dr. Wegmann, der Frau eines Mitarbeiters von Heinz Oeppinger, im Krankenhaus Edenkoben vorge- nommen (vorher, nämlich 1943, hat Fussgängers damals sechsjähriger Sohn Rolf sechs Tage lang je 1 000 H.E. Hoechster Penicillin einer unge- klärten Infektion wegen bekommen — heute würde man vielleicht vermuten, daß eine „Lyme disease" bestand).

In der britischen Besatzungszone gab es zwei Produzenten, einmal die am 18. Juni 1946 gegründete Penicil- lingesellschaft, die später den Namen ihres Geschäftsführers Gerhard Dau- elsberg annahm. Sie konnte sich auf die Kenntnisse des Instituts für Mi- krobiologie von Prof. J. Bürger, Göt- tingen, stützen. Unter abenteuerli- chen Verhältnissen wurde im alten Schützenhaus in Göttingen eine Pro- duktion in Gang gebracht. Um die Autoklaven sterilisieren zu können, wurde gespannter Wasserdampf in ei- ner alten Schmalspurlokomotive er- zeugt.

Einer der damaligen Mitarbeiter, der Windaus-Schüler Ernst Dietzel, wurde später auf einem Umweg über die Firma Hoechst AG Leiter. der Behring-Werke in Marburg/ Lahn.

Die zweite aktive Firma war die Chemie Grünenthal. In ihrem ersten Domizil im „Kupferhof" in Aachen/

Stolberg (Rhld.) baute der junge dy- namische Chemiker und Mediziner Heinrich Mückter (Abbildung 6) zwi- schen 1946 und 1950 eine eigene Sub- mersanlage auf, die im Dezember 1950 zehn Milliarden Einheiten pro- duzierte. Die ersten Präparate waren

„PS-Augensalbe" und „PS-Salbe", beide Penicillin-Sulfonamid-Kombi- nationen, die ab Oktober 1948 ver- kauft wurden. Im Februar 1948 hatte der nordrhein-westfälische Wirt- schaftsminister das Forschungspermit der britischen Militärverwaltung durch die Genehmigung zur Produk- tion von 100 Millionen Oxford-Ein- heiten im Monat erweitert. Im Jahre 1949 kam das erste Injektionspräpa- rat der Firma Grünenthal auf den Markt. 1950 wurde mit „Oricillin", ei- nem Procain-Penicillin, eine orale A-1168 (52) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 16, 21. April 1995

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Darreichungsform angeboten. Mit den zehn Milliarden Oxford-Einhei- ten im Monat, die Heinrich Mückter ab Dezember 1950 liefern konnte, war natürlich nur ein Teil des Bedarfs der damaligen sogenannten „Trizo- ne", nämlich der amerikanischen, bri- tischen und französischen Besat- zungszone Deutschlands, die sich spä- ter zur Bundesrepublik zusammen- schlossen, zu decken. Das konnten die 400 Milliarden Oxford-Einheiten von Heinz Oeppinger mit der damals größ- ten europäischen Penicillinprodukti- on der Firma Hoechst (Tabelle 1).

Im Bereich der französischen Be- satzungszone gab es während des Krieges keine nennenswerten Versu- che zur Penicillinherstellung, und dementsprechend hat sich auch nach dem Krieg dort keine Produktions- stätte etabliert.

Erwähnenswert ist noch das Schicksal des Werkes Elberfeld der früheren I.G. Farben, das nach der Entflechtung des Konzerns als die Firma Bayer AG firmierte, in denen ja die Wiege der Sulfonamide, sowohl der Chemie, F. Mietzsch und J. Klarer, als auch der Erkennung ihrer thera- peutischen Wirkung durch Gerhard Domagk nach, stand. Es mögen wirt- schaftliche Gründe gewesen sein, weshalb man sich um Penicillin ei- gentlich nur wenig kümmerte, der Handel mit den Sulfonamiden war ra- sant verlaufen und der Umsatz beein- druckend. Ernst Auhagen, einer der maßgeblichen Männer in Elberfeld, wird im Dezember 1945 wie folgt zi- tiert: „Bevor die Möglichkeiten erör- tert werden, die für eine Weiterbearbei-

Abbildung 4: Prof. Dr. Konrad Bernhauer (1900- 1975) von 1938-1945 Professor für Biochemie, ver- trat 1937 zunächst den Lehrstuhl für Biochemie der Deutschen Technischen Hochschule Prag und wurde 1938 regelrecht berufen (ordentlicher Professor seit 1940). Er war gleichzeitig Vorstand des Biochemi- schen Instituts

tung des Penicillingebietes verbleiben, muß vorausgeschickt werden, daß eine nennenswerte Produktion, sei es auch nur für eine breitere klinische Prüfung, unter den heutigen Verhältnissen als undurchführbar gelten muß und außer Diskussion bleibt". In diese Entschei- dung war wohl auch Domagk mitein- bezogen, der, wer verstünde das nicht, immer den Vergleich und die Lei- stungsfähigkeit des verfügbaren oral anwendbaren Sulfonamids vor Augen hatte (4, 20, 26). Dementsprechend spielte Elberfeld auch in der unmittel-

baren Nachkriegszeit auf diesem Ge- biet keine besondere Rolle, nachdem es zu einem Hauptstützpunkt der Fir- ma Bayer aus der Liquidation der I.G.

Farben hervorgegangen war. Das hin- derte Bayer später nicht, beispiels- weise mit oral anwendbarem Penicil- lin V als erste auf dem deutschen Markt zu erscheinen.

Ein großer Teil Deutschlands stand damals unter sowjetischer Besatzung, und die sowjetische Militäradministration Deutschland (SMAD) mit Sitz in Berlin-Karlshorst war die alles entscheidende Stelle. Bei der „Auslagerung" der Firmen Carl Zeiss und Schott & Gen. von Jena ins Territorium der amerikanischen Be- satzungsmacht hat sich Hans Knöll zum Verbleib in Jena entschieden.

Dann wurde eine Demontage des In- stituts für Mikrobiologie in Jena, des- sen Leiter Knöll war, als Reparation für die Sowjetunion ins Auge gefaßt.

Damit wären alle Erfahrungen, die Knöll seit 1942 hatte sammeln können und die ja auch schon zu einem Wund- puder und zur klinischen Prüfung von Injektionsware geführt hatten, ver- nichtet worden. Knöll habe die De- montage im letzten Moment dadurch verhindern können, daß der Besat- zungsmacht die Errichtung einer ver- gleichbaren leistungsfähigen Anlage in der damaligen UdSSR angeboten wurde (4). Am 1. Januar 1950 wurde sein Institut in den VEB Jenapharm umgewandelt, nicht zuletzt deshalb, weil die SMAD darauf bestand:

„wenn Sie Penicillin machen können, dann müssen Sie es auch produzie- ren" (20).

Die Firma besteht auch heute noch nach der Wiedervereinigung in Jena. Wie gering die Produktion dort war, läßt sich aus den Zahlen ersehen:

im Jahre 1948 standen für die gesamte sowjetische Besatzungszone, die vom 7. Oktober 1949 an die DDR war, 4,5 Milliarden Oxford-Einheiten zur Ver- fügung. Bei einem heute rück- blickend geschätzten Monatsbedarf von 20 Milliarden Oxford-Einheiten wurde 1948 in Jena eine Submersanla- ge in Betrieb genommen, und die er- sten zehn Milliarden Injektionsware konnten im Oktober 1949 ausgeliefert werden. Es dauerte aber noch bis zum Jahreswechsel 1950/51, ehe durch den VEB Jenapharm der Penicillinbedarf Tabelle: Penicillin-Anbieter im Bereich der Bundesre ublik Deutschland, die in der Raten

Liste 1949 aufgeführt worden waren (in alphabetischer Reihenfolge)

1. Boehringer C.F. & Söhne GmbH, Mannheim Waldhof, Sandhofer Straße 2. Chemie Grünenthal GmbH, Pharmazeutische Präparate, Stolberg im

Rheinland

3. Diplomycin-Gesellschaft, Sturm & Co KG mbH, chemisch- pharmazeutische Fabrik, Hamburg

4. Farbwerke Hoechst, Frankfurt/M.-Hoechst 5. Hageda A. G, Berlin NW 21, Alt Moabit

6. Lessopharm GmbH, Pharmazeutische Fabrik, Bronzell/Fulda 7. Penicillin-Gesellschaft Dauelsberg & Co, Pharmazeutische Fabrik,

Göttingen

8. Schering AG, Berlin N65, Müllerstraße

9. Weimer, Fabrik chemisch-pharmakologisch-kosmetische Präparate, Rastatt, Bahnhofstraße

10. Dr. Winzer, chemisch-pharmazeutische Fabrik, Konstanz, Mainaustraße

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der damaligen DDR gedeckt werden konnte. Hans Knöll erhielt zusammen mit seinem Mitarbeiter Dr. Willi Köhler 1952 den Nationalpreis Ersten Klasse, wurde dann aber 1970 mit 57 Jahren vorzeitig pensioniert. Er starb 1978 im Kreiskrankenhaus Stralsund.

In der DDR stellten außer VEB Jenapharm die Biopharma, Langen- hennersdorf, Lessing & Co., Erfurt, und der VEB Madaus in Radebeul bei Dresden Penicilline her. Diese Fir- men nahmen aber die Produktion erst nach der VEB Jenapharm auf und nutzten dessen Erfahrungen.

Eine ganz besondere Rolle spiel- te die Schering AG, die damals in Berlin drei Standorte hatte, nämlich in der Müllerstraße, in Adlershof und in Charlottenburg. Die beiden erstge- nannten Werke lagen zunächst im so- wjetischen, die Müllerstraße dann später im französischen Besatzungs- sektor. Charlottenburg gehörte zum britischen Besatzungssektor der Stadt Berlin. Schering sah sich so mit den Wünschen aller vier Besatzungs- mächte konfrontriert. In Adlershof sollte für die Sowjets Penicillin produ- ziert werden. Das Werk wurde aber enteignet, ehe es zunächst in Ober- flächen- (1946/47), später dann in Submerskultur (1948) eine geregelte Produktion vorweisen konnte.

Die Engländer unterstützten da- gegen Schering in Charlottenburg nachhaltig, so daß 1946/47 Injektions- penicillin ausgeliefert werden konnte.

Es durfte nur gegen Quittung abgege- ben werden und wurde jeweils im Panzerschrank aufbewahrt (26).

Es ist aber hinzuzufügen, daß Schering schon während des Krieges in den staatlich initiierten Verband der Penicillinforschung einbezogen worden ist. Einige Penicillinstämme stammten vom Institut für Milchwirt- schaft in Kiel, ein anderer von Herrn Prof. Dr. Rostock, dem damaligen Koordinator der Forschungen auf diesem Gebiet (Penicillin AG des Amtes für Medizinische Wissenschaft und Forschung) und der Babelsberger Konferenz am 2. Oktober 1944 (26).

Wie stabil das injizierte Penicillin war, konnte man schon in Kieses (22) Übersicht nachlesen. Die Engländer machten in Oxford bei den ersten Körperpassagen von der Rückgewin- nung des Penicillins aus dem Urin der

Abbildung 5: Prof. Dr. Hans Knöll (1913-1978) war Ende der dreißiger, Anfang der vierziger Jahre als Mikrobiologe Mitarbeiter der Firma Schott & Gen, Je- na, und seit 1944 Leiter eines Stiftungsinstituts, das seine Firma und die Firma Carl Zeiss begründeten.

Dort würde unter seiner Leitung 1942 Penicillin in technischem Maßstab hergestellt. Die Produktion konnte wegen des nahen Kriegsendes nicht mehr aufgenommen werden (Frau Dr. D. Hübler, Leiterin Dokumentation/Information, gebührt Dank für die Publikation der Firma Jenapharm)

Oxford Police, deren einschlägig er- krankte Mitglieder mit Penicillin be- handelt wurden (31), Gebrauch. So- wohl in den Militärlazaretten der amerikanischen wie der britischen Besatzungsarmee wurden so große Urinmengen gesammelt, daß sich ei- ne Regeneration des Penicillins unter den damaligen Verhältnissen lohnte.

Die Besatzer nahmen es aber genau:

das bei Schering regenerierte Penicil- lin mußte entsprechend der jeweils gelieferten Urinmenge wieder in den entsprechenden Besatzungssektor zu- rückgegeben werden. Das Schering- Regenerat-Penicillin deckte in den letzten Monaten des Jahres 1947 im- merhin ein Drittel des Berliner Be- darfs, das heißt des Bedarfs der Besat- zungstruppen, wo es in der Hauptsa- che zur Behandlung der veneral di- seases angewendet wurde. Mit dem steigenden Penicillinangebot nach der Normalisierung sowohl in der DDR wie in der 1948 gegründeten Bundesrepublik Deutschland trat das sogenannte Regenerierungsverfah- ren als nicht mehr konkurrenzfähig immer mehr in den Hintergrund.

Schering gab damals die Produktion von Penicillin auf. Auch die Göttin- ger Penicillingesellschaft beschäftigte sich anfänglich mit der Gewinnung von Regenerat-Penicillin aus dem Urin behandelter Patienten und Pati- entinnen.

Übrigens kostete Penicillin 1950 als Bulk-Ware, also vor der Abfüllung in Injektionsflaschen, 1,70 DM pro ei- ne Million Einheiten. Der Preis stürz- te mit dem wachsenden Angebot aus dem In- und Ausland bis 1960 auf sie- ben Pfennige für dieselbe Menge.

Erst nach dem Preissturz des Penicil- lins wurden die sehr aufwendigen Me- thoden der Regenerierung von Peni- cillin als nicht konkurrenzfähig aufge- geben. Außerdem stieß die Versor- gung mit Importen im Laufe der Jah- re auf weniger Widerstände, wobei die verfügbaren Devisen zu Beginn der Nachkriegszeit ein nicht zu über- sehendes Hindernis darstellten.

Die Entwicklung

der säurestabilen, oral anwendbaren Penicilline in Österreich

Zunächst waren die Penicilline für die parenterale Anwendung ge- dacht, weil sich sehr rasch herausstell- te, daß Penicillin die Säurepassage des Magens nicht übersteht. Zwar hatte Otto Behrens 1948 erstmalig Phenoxymethyl-Penicillin, das später Penicillin V genannt wurde, als Kali- umsalz beschrieben. Die Bedeutung der Säurefestigkeit hatte er aber of- fenbar nicht erkannt. Das blieb einem Team der Biochemie in Kundl, Ernst Brandt und Hans Margreiter (Abbil- dung 7), vorbehalten, die zusammen mit M. Giovanini 1953 darüber be- richteten. Diese Arbeiten müssen im Zusammenhang mit der am 3. Okto- ber 1946 in Innsbruck gegründeten Biochemie in Kundl/Inn genannt wer- den. Das erste Team dieser Firma, nämlich Richard Brunner, der im Krieg in Prag bei Bernhauer gearbei- tet hatte, sowie Stefan Kropaczy und der französische Capitain Michel Rambaud, begann seine Arbeiten im Bürgerlichen Brauhaus in Innsbruck.

Die Laborausrüstung wurde aus Treibstofftanks der ehemaligen deut- Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 16, 21. April 1995 (57) A-1171

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schen Wehrmacht erstellt, die Rohr- leitungen einem ausgebrannten Inns- brucker Cafd entnommen und die Kühlmaschine, Baujahr 1912, gehörte zum Inventar der Brauerei. Dieses Team konnte bereits 1948 ein Injek- tionspräparat anbieten. Dann, um die Jahreswende 1951/52, hatte Brandt, der vor wenigen Monaten seinen 75.

Geburtstag in Innsbruck feierte, zur Verhütung von äußerst unerwünsch- ten Sekundärinfektionen die Kultur- lösung mit Phenoxyethanol versetzt.

Das Ergebnis war überraschend:

nicht nur das Wachstum der Penicil- lin-bildenden Pilze nahm ungeheuer zu, auch das Produkt war ein Vielfa- ches der Kulturen ohne Phenoxyetha- nolzusatz — und die Krone: das Pro- dukt war wirksam und offensichtlich säurestabil.

Auch diese Feststellung ist einer Zufallsbeobachtung im Labor zu ver- danken. Es ist zwar immer schwierig, im nachhinein denjenigen festzustel- len, in dessen Kopf der Funke entzün- det wurde. Man tut deshalb gut daran, die Beobachtung als Teamarbeit der Forscher Brandt und Margreiter zu bezeichnen, zumal die Darstellungen der Vorgänge, die dann zum säurefe- sten Penicillin V führten, nicht so sehr voneinander abweichen (Brandi 1991;

Koenig 1984). Damals gab es noch keine Spülküchen, in denen die For- scher moderner Laboratorien die ge- brauchten Reagenzgläser, Kolben und sonstiges Laborgerät aus Glas zur Reinigung abgeben konnten. So stell- te Margreiter später beim Reinigen der Kolben, denen Phenoxyethanol zur Verhinderung einer Sekundärin- fektion der Pilzkulturen zugesetzt worden war, einen weißlichen Nieder- schlag fest, wenn die Gläser mit Säure gespült wurden; Das war schwerlich mit der Bildung des üblichen säurein- stabilen Penicillins G zu vereinbaren, wenn nämlich der Nachweis gelang, daß dieser Niederschlag die antibioti- schen Eigenschaften von Penicillin aufwies; und dieser Nachweis gelang.

Damit war die Sensation perfekt, denn alle bisherigen Penicilline waren säureempfindlich, wurden also durch die Magensäure zerstört, sie waren oral nicht anwendbar. Das galt für Pe- nicillin als Tabletten oder Kombina- tionen, wie beispielsweise Penifen (Penicillin + Surfen). Erst durch Peni-

Abbildung 6: Dr. Heinrich Mückter (1914-1987) übernahm 1946 die Forschungsleitung der neu ge- gründeten Chemie Grünenthal GmbH in Stolberg (jetzt Aachen). Mückter hat seine pharmakologische Ausbildung bei W. Schulemann, Bonn, absolviert.

Während des Krieges arbeitete er unter der Leitung von H. Eyer an der Entwicklung einer Fleckfieber- Vakzine. (Mit freundlicher Erlaubnis von Frau H.

Mückter)

cillin V der Firma Kundl begann der eigentliche Siegeszug des oral an- wendbaren Penicillins um die Welt.

Das V bedeutete firmenintern sowohl

„vertraulich" als auch „victory".

Die nachfolgende Entwicklung soll hier kurz skizziert werden, weil sie beispielhaft für die angelsächsi- sche Fairness im Umgang mit den Nachfolgestaaten des damaligen Deutschen Reiches ist.

Koenig (24) beschreibt die Vor- gänge ausführlich. Schon bei der An- meldung des Patentes für Penicillin V machten die beratenden Patentan- wälte in Wien geltend, daß hier in den USA ältere Rechte ins Feld geführt werden könnten. Es ist außerdem in- teressant nachzulesen, wie der öster- reichische „Oberste Sanitätsrat", des- sen damaliger Präsident Prof. Dr. L.

Arzt, der Biochemie Kundl zunächst einmal riet, möglichst schleunigst aus dem Geschäft der Penicillinprodukti- on auszusteigen. Zugegebenermaßen war die volkswirtschaftliche Entschei- dung nicht einfach zu treffen: Penicil- lin gab es auf dem Weltmarkt sicher- lich im Vergleich zu den damaligen Produktionskosten in Österreich billi- ger. Auf der anderen Seite stand die

Biochemie Kundl durch kluge „me too"-Forschungen kurz vor dem Durchbruch. Dafür waren aber wie- derum Investitionen notwendig, die in einer Fabrik, die ihrer Arbeitsrich- tung nach bei der Begehung durch den Obersten Sanitätsrat nicht von ei- ner Brauerei unterschieden werden konnte, nicht so ohne weiteres zu er- halten waren.

Nur wer die Geschichte der Bio- chemie Kundi damals kannte, wußte um die Verbindung des Brauereiwe- sens mit der Gärungsbiochemie, die für das Know-how im Umgang mit Pilzkulturen im Oberflächen- und Submersverfahren halt eine wichtige Voraussetzung waren. Es war, kurz gesagt, eine weitblickende Entschei- dung, daß sich die Wiener Zentral- behörden für das Unternehmen in Kundl und gegen die Weltmarktlage entschieden haben. Ein Vorgang, den wir für außerordentlich beispielhaft, auch unter den Gesichtspunkten der modernen Entscheidungsfindungen in unserem Vaterland, halten. Daß da- bei für die Biochemie Kundl Auflagen hinsichtlich der Produktionsstätten, der ökonomischen wie wissenschaftli- chen Gestaltung des Werkes erlassen wurden, sei nur beiläufig erwähnt.

Wichtig ist in diesem Zusammenhang, daß sich die obersten Behörden der damaligen Republik Österreich für die Beibehaltung der Forschungsrich- tung und der Produktionsstätte in Kundl/Tirol entschieden haben.

Der Patentanwalt Dr. Kassler in Wien (24) wies die Firma darauf hin, daß 1949 für Penicillin V ein Stoffpa- tent der Firma Eli Lilly/Indianapo- lis/USA erteilt wurde. Dies allerdings betraf das Kaliumsalz der Penicillin- V-Säure, die in Kundl gefunden und bearbeitet wurde.

Derlei Streitigkeiten lassen sich nur in gegenseitigem Einvernehmen lösen, was dann auch in intensiven Verhandlungen erzielt wurde, die durch Vermittlung des Amerikaners De Seume eingeleitet wurden, der da- mals der Firma Abbott Ltd./Chicago als Repräsentant für den europäi- schen Markt angehörte. Die Verhand- lungen wurden durch ein Treffen im Hotel Nazionale in Rom begonnen, die schließlich dann zu einer Ausspra- che mit den Verantwortlichen der Fir- ma Eli Lilly/Indianapolis geführt ha-

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ben. Die Amerikaner, die ja im Besitz des Stoffpatentes waren, erkannten mit anderen Worten die wesentlichen Leistungen der Österreicher für die Anwendung des zur Frage stehenden Stoffes an. Es soll nicht verschwiegen werden, daß im nachhinein beim Ab- stecken der Einflüsse auf den ver- schiedenen Märkten das Problem des Kaliumsalzes von Penicillin V und der in Kundl produzierten freien Säure noch einmal eine besondere Rolle spielen sollte, die die beiden Firmen in entgegensetzte Lager der Marktin- teressen führte. Am 15. November 1953 begann in Österreich und am 15.

September 1954 in USA das Patent für Penicillin V, das Phenoxymethyl- Penicillin, mit einer vorgesehenen Laufzeit von 18 Jahren.

Die Biochemie Kundl machte sich wieder bemerkbar, als nämlich ein Patent über die Herstellung von in Wasser schwerlöslichen, besonders für die orale Therapie geeignete Salze des Penicillins mit organischen Basen, das Dibenzylethylendiaminsalz von Penicillin G der Firma Wyeth/ USA für W. Elias erteilt wurde (26).

Auch hier machten die Firma Kundl und ihre Forscher Brunner, Margreiter und Riedl Gebrauch von der freien Säure, die sich als soge- nanntes DBED-Salz mit Penicillin V herstellen und zu einem oralen Kin- dersirup verarbeiten ließ.

Wiederum wurde in engem Kon- takt mit der Firma Wyeth/USA die Zusammenarbeit mit einem gemein- samen Patent begonnen (Koenig 1984).

Die Geschichte soll nicht enden ohne den Verweis darauf, daß alle Be- u iligten dann auch akademischen täten an den österreichischen Uni- versitäten, sei es in Wien oder in Inns- bruck erfahren haben. Es waren schließlich ihre Arbeiten, die das Land, von dem seit dem Ende des Er- sten Weltkrieges und der unseligen Besetzung 1938 durch die deutschen Truppen wenigstens auf dem Gebiet der chemischen und pharmazeuti- schen Wissenschaften nicht mehr sehr viel gesprochen wurde, ein internatio- nales Niveau erreichen ließ. Die Ein- zelheiten der akademischen Karrie- ren sind bei Koenig (26) verzeichnet.

Dieser kleine Überblick über die Penicillinherstellung im damals auf

Abbildung 7: Im Hintergrund Ernst Brand! (geb.

1919) und im Vordergrund Hans Margreiter (1929 bis 1968). Die Beobachtung der beiden Forscher, daß ein säurestabiles Penicillin gebildet wird, wenn die Inkubationstanks mit Phenoxyethanol versetzt wer- den, ist etwa so hoch zu veranschlagen, wie die Deu- tung des Hemmhofes durch Penicillium not. für Sta- phylokokken in Abbildung 1. Sie waren die Wegbe- reiter der oralen Anwendung von Penicillinen, die bis dato nur parnteral gegeben werden konnten.

(Fotonachweis: Biochemie GmbH/Kundl/Tirol)

diesem Gebiet unter deutschem Ein- fluß stehenden Kontinental-Europa ist selbstverständlich unvollständig.

Wir wissen beispielsweise nichts über die Schweizer Firmen und deren An- strengungen, Penicillin zu produzie- ren. Vielleicht ist aber unser Beitrag ein Anlaß dafür, daß unsere Schwei- zer Kollegen und Freunde einmal in ihre Archive blicken, um herauszufin- den, wie die Geschichte damals bei ih- nen verlaufen ist.

Es liegt uns fern, jenes gründlich mißverstandene Wort vom Krieg als dem Vater aller Dinge, das kein gerin- gerer als Gottfried Benn sehr viel ele- ganter und plausibler mit dem „Wi- derstreit" der Meinungen und An- sichten als dem Vater aller Dinge in- terpretiert hat (6), hier wiederbele- ben zu wollen.

Doch geht kein Weg an der Ein- sicht vorbei, daß in England Penicillin eben unter den dringenden Bedürf- nissen der Verwundeten auf den Schlachtfeldern, auch auf größtes In- teresse stieß und deshalb als „kriegs- wichtig" eingestuft und die Forschung und Entwicklung dazu mit der höch-

sten Priorität ausgestattet wurde. Es ist interessant, wie bei zunächst florie- rendem Markt diese Entwicklung an der Firma Bayer, einem der Nachfol- ger der I.G. Farben, der sich mit den Sulfonamiden beschäftigte, zunächst vorbeiging.

So kann auch mit anderen Wor- ten eine ausschließlich am Markt ori- entierte Firmenpolitik zur Verlangsa- mung von Entwicklungen führen.

Wir dürfen dennoch getrost in die *Zukunft sehen, denn allenthalben und allerorten gab es Menschen, die sich, und sei es nur aus Neugier, neuen Entwicklungen und neuen Ideen zu- wenden.

Auch das Zeitalter der Antibioti- ka und Chemotherapeutika ist kei- neswegs am Ende angekommen.

Unsere Einstellung zu diesen Präparaten ist nüchterner und reali- stischer geworden. Wir erwarten heu- te nicht mehr die große „Therapia magna sterilisans", sondern im geziel- ten Einsatz derartiger Verbindungen Hilfe und Schutz bei lebensbedrohli- chen Infektionskrankheiten. So hatte die Tuberkulose, wie viele andere In- fektionskrankheiten, ihre Schrecken verloren; die Erkrankungshäufigkeit nimmt in den letzten Jahren aller- dings wieder zu (17).

Es ist gegenwärtig immer noch zu früh, die Rolle der Antibiotika gegen- über derjenigen der Chemotherapeu- tika in der Behandlung der Infekti- onskrankheiten abschließend würdi- gen zu wollen.

Die Chemotherapie wird aber dabei sicherlich nicht schlecht ab- schneiden, wie die Geschichte der Tu- berkulose lehrt, die ganz wesentlich mit den wissenschaftlichen Leistun- gen von Gerhard Domagk und dem I.G. Farben-Nachfolger Bayer AG verbunden ist.

Wir sind jedoch sicher, daß auch die neuen Infektionskrankheiten in absehbarer Zeit beherrscht und ein- gedämmt werden können. Auch wenn alte Infektionskrankheiten wie- derkehren, so haben wir doch die Mit- tel dafür entwickelt, wie derartigen Erregern zu begegnen ist.

Allerdings immer nur unter der Voraussetzung, daß die Forschungs- und Produktionsstätten für derartige Verbindung.en arbeitsfähig gehalten werden.

A-1174 (60) Deutsches Ärzteblatt 92, Heft 16, 21. April 1995

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Allen denen, die die Anwendung von synthetischen Verbindungen in der modernen Medizin verteufeln wollen, soll mit auf den Weg gegeben werden, daß die wirksamsten Verbin- dungen eben aus dem „chemischen Krieg" (22) stammen, den die Pilze sich mit anderen Mikroorganismen auf dieser Welt liefern. Unsere Anti- biotika damals und heute stammen von da her und nicht etwa primär aus der chemischen Retorte.

Nachbetrachtungen

Zum 50. Jahrestag des Endes des Zweiten Weltkrieges sind Betrach- tungen der Szene im Deutschen Reich nicht unproblematisch. Die Entwick- lung der Penicillinproduktion in den damaligen Zeiten ist kein Versuch der Rechtfertigung, wie wohl keiner der Leser unterstellen wird.

Es gab aber auch in jenen Zeiten der Existenz des Deutschen Reiches, in dessen Namen so unendlich viel Leid über die Welt und insbesondere über unsere europäischen Nachbarn gebracht wurde, eine Alltagsarbeit, die sich in der wissenschaftlich orien- tierten Medizin nicht zuletzt auch an der Versorgung und der Wiederher- stellung der Kriegsopfer im weitesten Wortsinn orientieren mußte.

Das war der Alltag in unseren Kliniken, Universitäten und in den Forschungsstätten der Industrie.

Daß es daneben auch den unsäg- lichen Mißbrauch des Wissens zur Vernichtung von Leben gab, soll hier weder geleugnet noch verniedlicht werden. Er war indes nicht das allge- meine erklärte Arbeitsziel der dama- ligen Beschäftigten in diesen Arbeits- stätten, die der offiziellen Versorgung mit Nachrichten durch Fach- und Ta- geszeitungen und den Rundfunk aus- gesetzt waren.

Es braucht hier nicht wiederholt zu werden, daß viele der Ungeheuer- lichkeiten selbst den interessierten Mitgliedern unserer damaligen Ge- sellschaft nicht bekannt waren oder mit Verweis auf kriegswichtige Ent- wicklungen hinter dem Schleier des Geheimnisses verborgen bleiben mußten.

Wir meinen allerdings, daß die Deutschen die Lehre gerade aus die-

sem Kapitel ihrer Geschichte in der Zwischenzeit gezogen haben.

Die Geschichte der Entwicklung des Penicillins wird als Fortschritt für die Menschheit für immer mit dem Namen von Fleming und der Oxford- Gruppe unter der Leitung von Chain und Florey verbunden bleiben. Die Beiträge aus dem deutschsprachigen Raum auf diesem Gebiet sind margi- nal. Doch waren sie unter dem Aspekt einer entwickelten Industrie- gesellschaft, wie sie das Deutsche Reich in jenen Jahren darstellte, nicht unerwartet.

Es war ein Segen, daß aus diesen Vorarbeiten die Penicillinproduktion nach dem Kriege in den Besatzungs- zonen, die das damalige Deutsche Reich ablösten, so schnell aufgenom- men werden konnte.

Es war eine Sternstunde für Österreich, daß seine Forscher in der Biochemie Kundl/Tirol den Anschluß an die Weltspitze der Entwicklung durch die Einführung von Penicillin V zur oralen Therapie gewinnen konn- ten. Natürlich darf der Dank nicht an den verantwortlichen politischen Gremien Österreichs vorbeigehen, die diese Entscheidung, wahrschein- lich entgegen der Meinung vieler Ex- perten, getroffen haben.

Nachdenklich macht das Zögern der damaligen I.G. Farbenfabriken, die ihre Überlegungen zur Teilnahme an der Forschung und Entwicklung von Penicillin offenbar unter dem Ge- sichtspunkt der ökonomischen Op- portunität getroffen haben.

Und das angesichts der damals schon bekannten Tatsache, daß das Sulfonamid Prontosil offensichtlich nicht das Optimum, nicht einmal in der Stoffklasse der Sulfonamide dar- stellt. Domagk und Auhagen, die Wortführer dieses Teils der damaligen I.G. Farben-Industrie, sind heutzuta- ge rückblickend längst rehabilitiert.

Sie haben offenbar die Nachteile des zunächst nur parenteral verabfolg- baren Penicillins überbewertet.

Nachteilig war vor allem die hohe Injektionsfrequenz, die durch die ra- sche Elimination nötig wurde.

Sie sind dann später als erste mit der Biochemie Kundl/Tirol in ein Li- zenzabkommen eingetreten (24), als das oral einsetzbare Penicillin V in greifbarer Nähe lag.

Hochachtung verdient die Bio- chemie Kundl/Tirol für die weit- blickende Entscheidung der Fort- führung von Forschung und Entwick- lung auf dem Gebiet des Penicillins V entgegen so vieler Bessermeinenden.

Man muß sich heute vergegenwärti- gen, daß diese Entscheidung zu einem Zeitpunkt getroffen wurde, als auf dem Weltmarkt Penicillin G sicher- lich zu sehr viel billigeren Preisen hät- te eingekauft werden können, als zu dieser Zeit es in der Eigenproduktion hergestellt wurde.

Beiläufig, der Schwarzmarktwert von Penicillin war im Wien der Nach- kriegszeit nicht unerheblich und ein lebensgefährliches Geschäft oben- drein (19).

Dies ist ein eindrucksvolles Lehr- beispiel dafür, daß punktuelle Ent- scheidungen auf dem Gebiet der Ko- sten in der so wichtigen Gesundheits- für- und Vorsorge nicht immer unter den Gesichtspunkten der aktuellen Kassenlage, sondern immer auch un- ter dem Einbezug ihrer volkswirt- schaftlichen Bedeutung getroffen werden müssen.

Zitierweise dieses Beitrags:

Dt Ärzteb11995,92: A-1163-1176 [Heft 16]

Die Zahlen in Klammern beziehen sich auf das Literaturverzeichnis im Sonderdruck, anzufordern über die Verfasser.

Anschrift für die Verfasser:

Prof. Dr. med. Wolfgang Forth Vorstand des

Walther-Straub-Instituts

für Pharmakologie und Toxikologie der Ludwig-Maximilians-

Universität München Nußbaumstraße 26 80336 München

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