A 148 Deutsches Ärzteblatt
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Jg. 110|
Heft 4|
25. Januar 2013KREBSFORSCHUNG
Dreidimensionales Prostatamodell
In Deutschland erkranken nach An- gaben der Deutschen Krebshilfe jährlich 67 600 Männer neu an ei- nem Prostatakarzinom. Die klini- sche Forschung beschäftigt sich vor allem mit dem Verlauf der Krank- heit, der sich in bestimmten Blut- werten widerspiegelt (prognosti- sche Marker wie dem PSA-Wert).
Die Mechanismen beim normalen, gesunden Prostatawachstum sowie bei einer Krebserkrankung sind ver- gleichsweise wenig untersucht. Um Entstehung und Verlauf der Erkran- kung besser untersuchen zu kön- nen, entwickelt Dr. Friederike J.
Gruhl vom Institut für Mikrostruk- turtechnik am Karlsruher Institut für Technologie ein dreidimensio- nales Modell der Prostata. Ziel ist es, damit die natürlichen Prozesse in vitro nachbilden zu können.
Hierzu wird ein biomimetisches System aufgebaut. Materialgrund- lage für das Modell sind Hydrogele
aus künstlichen und natürlichen Molekülketten (Polymeren), zwi- schen denen Wasser eingeschlossen ist. Sie lassen sich zu dreidimensio- nalen Strukturen aufbauen, deren mechanische Eigenschaften dem von Zellgewebe sehr ähnlich sind.
Das neue Modell soll künftig als Analyseplattform für die zellbiolo- gische Krebsforschung dienen, ins- besondere zur Untersuchung der
Hydrogel mit hoher Porendichte unter dem Rasterelektronen - mikroskop
Foto: KIT
molekularen Regulationsmechanis- men bei der Tumorentwicklung.
Mit dem Modell sollen sowohl gesunde Zellen des Drüsengewebes (Epithelzellen) als auch solche, die Krebs hervorrufen können, kulti- viert werden können. Bei der Ent- wicklung bezieht die Forscherin auch die natürliche Zellumgebung ein: Dazu gehört unter anderem das Gewebe zwischen den Zellen (ex- trazelluläre Matrix) einschließlich seiner biochemischen Funktionen und Eigenschaften. „Die zentrale Herausforderung dabei ist also, die Vorteile der kontrollierbaren chemi- schen Eigenschaften von Hydroge- len mit den Vorteilen der natürlich gebildeten extrazellulären Matrix in einem System zu kombinieren“, er- läutert Gruhl.
In drei Jahren soll das Projekt so weit sein, dass das biomimetische Prostatamodell in der Forschung eingesetzt werden kann. Langfristig soll das In-vitro-Modell Tierversu- che in der Prostatakrebsforschung vollständig ersetzen. Das Land Ba- den-Württemberg fördert das Pro- jekt mit 200 000 Euro. EB
LEUKÄMIE
Mikrochip für die Diagnostik
An einem Mikrochip zur Differen- zialdiagnostik von akuter mye- loischer Leukämie (AML) und aku- ter lymphatischer Leukämie (ALL) arbeiten die Hochschule Hamm- Lippstadt und die iX-factory GmbH, Dortmund. Die beiden Leuk - ämieformen, von denen etwa die Hälfte aller Leukämiepatienten be- troffen ist, haben im Vergleich zu den chronischen Formen einen ag- gressiveren Verlauf. Bei der „Lab- on-a-chip“-Technologie ermöglicht ein Mikrochip mit spezifischen An- tikörpern die Analyse krankheitsty- pischer Veränderungen in Knochen- markszellen beziehungsweise im Blut. Hierfür werden Knochen- mark- beziehungsweise Blutproben auf das zu entwickelnde Mikrosys- tem gegeben, die Antikörper binden
an die erkrankten Zellen und lösen nach weiteren Prozessschritten ein Signal aus. Dieses gibt Aufschluss darüber, ob es sich um AML oder ALL handelt.
Die Diagnostikmethode soll die aufwendige Laboranalyse in der Klinik beschleunigen, die für die genaue Bestimmung der Leukämie- form derzeit erforderlich ist. Ziel ist es, dadurch einen frühzeitigeren Therapiebeginn zu ermöglichen, da dies den Verlauf der Erkrankungen günstig beeinflusst.
Das bis Januar 2015 laufende Projekt wird im Rahmen des För- derprogramms „Zentrales Innovati- onsprogramm Mittelstand“ vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie mit 175 000 Euro gefördert. Projektleiterin ist Prof.
Dr. med. Lara Tickenbrock, Leite- rin des Stu diengangs „Biomedizini - sche Technologie“ der Hochschule Hamm- Lippstadt (lara.tickenbrock
@hshl.de). EB
Ein „Labor“
kleiner als eine 1-Euro-Münze:
Der Mikrochip soll die Differenzialdia -
gnostik von akuter myeloischer Leuk -
ämie und akuter lymphatischer Leukämie mit geringem Proben-
volumen
ermöglichen. Quellen: HSHL