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Statement zum Gedenken

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Academic year: 2022

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Statement zum Gedenken an den 75. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz

27. Jänner 2020

Der Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus am 27. Jänner ist als Jahrestag bezogen auf den 27. Jänner 1945, den Tag der Befreiung des Vernichtungslagers Auschwitz- Birkenau. Zum internationalen Tag des Gedenkens an die Opfer der Shoah wurde der 27. Jänner von den Vereinten Nationen im Jahr 2005 erklärt.

Fassungslos blicken wir heute auf die Ereignisse bzw. an die Verbrechen in den nationalsozi- alistischen Konzentrationslagern zurück. Wie konnte es dazu kommen? Warum haben so wenige Menschen sich zur Wehr gesetzt, als ihre jüdischen Nachbarn verfolgt und verschleppt wurden? Als christliche Kirche warnen wir vor wachsendem Hass bzw. Antisemitismus und prangern wir die steigende Tendenz an, die Ereignisse des Shoah zu verharmlosen oder gar zu leugnen. Verachtung und Hass entwickeln sich allmählich aus Worten, Stereotypen und Vorurteilen – durch rechtliche Ausgrenzung, Entmenschlichung und Gewalteskalation. An diesem Tag des Gedenkens bringen wir für die Opfer dieses schrecklichsten Verbrechens Respekt und Trauer zum Ausdruck.

Es war Johann Baptist Metz, der für eine Theologie „nach“ Auschwitz, d. h. im Angesicht der Opfer der Shoah eintrat. Metz plädiert für eine moralische Auffassung von Tradition, die nur dann Maßstäbe für das eigene Handeln aus der Geschichte gewinnt, wenn sie sich der katastrophischen Dimension der Geschichte stellt. Für diese Auffassung von Tradition ist es entscheidend, dass sich der Erinnernde in ein moralisches Verhältnis zum Erinnerten setzt, also den neutralen Standpunkt distanzierend verfahrender, am Objektivitätsideal orientierter Geschichtsforschung überwindet. Eine anamnetische Kultur gedenkt der verstummten Opfer und erklärt sich mit ihnen solidarisch.1

Der Gedenktag an die Opfer der Shoah ist für Christen verbunden mit dem Eingedenken in die Verstrickung in Schuldzusammenhänge des Antisemitismus. Die Jahrhunderte lang tradierten antijüdischen Stereotypen in der christlichen Theologie, v. a. die Anklage des Gottesmordes trugen zum Gefühl der Selbstgerechtigkeit der Christen bei, trugen bei den Christen zu einer Mentalität bei, die sich vor der notwendigen Solidarität mit den ausgegrenzten und nach und nach auch dem Tod preisgegebenen Opfern des nationalsozialistischen Regimes drückte. Das Bewusstsein der Glaubenssolidarität der Christen mit den Juden war nicht oder viel zu wenig vorhanden. Und es gab zu wenig, viel zu wenig Gerechte. Politische Naivität, Angst, eine fehlgeleitete Theologie, die über Jahrhunderte hinweg die Verachtung des jüdischen Volkes gelehrt hatte, und mangelnde Liebe haben viele Christen damals veranlasst, gegenüber dem Unrecht und der Gewalt zu schweigen, die jüdischen Menschen in unserem Land angetan wurden. Wir Christen bekennen mit dem jüdischen Volk den Gott Israels. Wir erkennen heute beschämt, dass mit der Zerstörung der Synagogen, dass mit der Shoah der Name des Ewigen geschändet wurde, ohne dass viele unserer Vorfahren im Glauben dies gespürt hätten.

Biblisch gesprochen wird „Gottes Augapfel“ überall dort angetastet, wo sein auserwähltes Volk bedroht und verfolgt wird (vgl. Sach 2,12).

1 Vgl. Johann B. Metz, Kirche nach Auschwitz. Mit einem Anhang: Für eine anamnetische Kultur, Hamburg 1993, 19.

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„Man hat meinem Gott das Haus angezündet und die Meinen haben es getan. Man hat es denen weggenommen, die mir den Namen meines Gottes schenkten – und die Meinen haben es getan. Man hat ihnen ihr eigenes Haus weggenommen – und die Meinen haben es getan.

Man hat ihnen ihr Hab und Gut, ihre Ehre, ihren Namen weggenommen – und die Meinen haben es getan. Man hat ihnen das Leben weggenommen – und die Meinen haben es getan.

Die den Namen desselben Gottes anrufen, haben dazu geschwiegen – ja, die Meinen haben es getan. Man sagt: Vergessen wir’s und Schluss damit. Das Vergessene kommt unverse- hens, unerkannt zurück. Wie soll Schluss sein mit dem, was man vergisst? Soll ich sagen: Die Meinen waren es, nicht ich? – Nein, die Meinen haben so getan. Was soll ich sagen? Gott sei mir gnädig! Was soll ich sagen? Bewahre in mir Deinen Namen, bewahre in mir ihren Namen, bewahre in mir ihr Gedenken, bewahre in mir meine Scham: Gott sei mir gnädig.“2 So tragen wir unsere Ehrfurcht vor den Opfern, unseren Schmerz über das bis dahin unausdenkbare Leid, das dem jüdischen Volk angetan wurde, unsere Klage und unsere Hoffnung, dass nicht die Täter, sondern die Opfer und deren Würde das letzte Wort in der Geschichte haben, vor Gott den Richter menschlicher Geschichte vor.

+ Manfred Scheuer Bischof von Linz

2 Klagegebet von Klaus Hemmerle, geschrieben für den 10. November 1988, dem 50. Gedenktag der Reichspog- romnacht 1938.

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