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Der Publication Race und „Medien – Menschen – Märkte“ EDITORIAL

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Academic year: 2022

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www.b-i-t-online.de 20 (2017) Nr. 2 online

Bibliothek. Information. Technologie.

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EDITORIAL

Bibliotheken haben schon immer für die passende Auswahl an Literatur und Information gesorgt und dem Nutzer in wissen- schaftlichen Bibliotheken, also dem Wissenschaftler, Forscher, Dozenten und Studierenden, die richtige Auswahl offeriert.

Die „alte“ Idee der Sammlung steht (oder muss man schon sa- gen „stand“) Pate für eine geordnete, qualifiziert ausgewählte Kollektion der wichtigsten und zeitüberspannenden Werke und Informationen, die eine Disziplin und im Idealfall eine ganze Universität gebraucht hat.

Noch immer ist diese (an sich schöne und nachvollziehbare) Idee in den Köpfen und Herzen vieler Bibliothekarinnen und Bibliothekare vorhanden, auch wenn sie in der Realität längst nicht mehr umzusetzen ist.

Ich hatte kürzlich Besuch eines Direktors einer großen und historisch nicht unbedeutsamen deutschen Universitätsbib- liothek, der mir ganz unverhohlen berichtete, dass in seiner Bibliothek nur noch das beschafft wird, was der Wissenschaft- ler braucht und im Idealfall sogar selbst auswählt – auch in den Geisteswissenschaften übrigens. Bereits zwanzig Prozent seines Etats würden über PDA als kundengesteuerte Erwer- bung ausgegeben. Von einem geordneten Bestandsaufbau entlang der inhaltlichen Linie oder auch entlang einschlägiger Buchreihen, Serien oder Verlagsprodukte könne keine Rede mehr sein. Das geschieht nicht etwa, weil man die Idee der Sammlung nicht mehr teilt, sondern weil man sie schlicht nicht mehr finanzieren kann.

Ist der Abschied von der Sammlung nun das Ende der klassi- schen Bibliothek und ihrer theoretischen Fundierung? Oder aber ist es ein realistisches Vorgehen unter Berücksichtigung der gegebenen (finanziellen) Rahmenbedingungen?

Vielleicht ist es beides oder sogar ein Drittes. Denn die Menge der Publikationen steigt noch immer rasant und nahezu exponentiell an. Das ist die Begründung (und fast schon Klage) der so oft gescholtenen Verlage für die stete Zunahme der Publikationsorgane und -formate und deren Preise. Sie wehren sich dagegen, zum Sündenbock eines Publikationsmarktes ge- macht zu werden, bei dem auf der einen Seite die Klage über die Preissteigerungen zu immer abenteuerlicheren Modelvor- schlägen und -initiativen führt, während auf der anderen Seite die Wissenschaft, ihr Management und die Forschungsförderer von ihren Forschern einen geradezu irren Publication Race verlangen.

Winzigste (Labor)Ergebnisse werden mit allerhand Aufwand zu einem Paper zusammen geschustert und als „least pub lishable unit“ dann zur Veröffentlichung wieder jenen Verlagen ein- gereicht, die man zur gleichen Zeit als moderne Wegelagerer eines vermeintlich kaputten Publikationsmarktes anprangert.

Man kann nicht müde werden davor zu warnen, dass wir im Begriff sind, ein funktionierendes und notwendiges Verlags- system zu zerstören, nur weil ein kleiner Teil des Publikations- marktes durch verschiedene Ursachen (die – wie gezeigt – kei- neswegs nur bei den Verlagen liegen) in Schieflage geraten ist.

Die geradezu aberwitzige Vielfalt von sich oftmals widerspre- chenden und auch redundanten nationalen und internationa- len Initiativen etwa im Bereich von Open Access, die teilweise in radikalster Konsequenz die sinnvollen und notwendigen Elemente eines ausgewogenen und vernünftigen Publikations- systems in Frage stellen und ignorieren, sind der Beweis, dass Gefahr im Verzug ist.

Es sollte also von uns Bibliothekaren nicht Öl ins Feuer gegos- sen, sondern gerade jetzt mit Vorsicht gehandelt und vor allem die Konsequenzen bedacht werden. Denn es ist vor allem die Wissenschaft selbst, die den Publication Race entfacht hat und die gleichzeitig auf ein leistungsfähiges und qualitätsvolles Verlagssystem angewiesen ist. Denn es sind die Wissenschaft- ler, die die Konsequenzen eines radikalen Umbaus zu tragen haben werden und dabei ins Schleudern geraten, weil sie ihre Forschungsergebnisse qualitätsgeprüft, nachvollziehbar und nachhaltig veröffentlichen wollen und müssen. Das zu unter- stützen und zu ermöglichen, sollte allein das Anliegen aller Bibliotheken sein.

Der diesjährige Deutsche Bibliothekartag in Frankfurt steht unter dem passenden Motto „Medien – Menschen – Märkte“.

Wir haben dort wieder ausreichend Gelegenheit, gerade diese wichtigen Diskussionen zu führen. Und wir von b.i.t.online stehen mit unserer aktuellen Ausgabe und unseren Kongress News für eine schnelle und leicht verfügbare Information rund um den Kongress zur Verfügung.

Wir freuen uns auf Ihren Besuch Herzlich

Ihr Rafael Ball

Chefredakteur Dr. Rafael Ball Direktor der ETH-Bibliothek Zürich

Der Publication Race und „Medien – Menschen – Märkte“

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