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(1)

Akten des 27 . Deutschen 0 rien talisten tages

(Bonn- 28. September bis 2. O kto ber 1998)

Norm und Abweichung

herausgegeben von

St efan Wild und H artmut Schild

ERGON VERLAG

(2)

Gedruckt lllit Unterstützung der Deutschen Forschungsgemeinschaft

Bibliothek der Deutschen Morgenländischen

Gesellschaft

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Die Deutsche Bibliothek · CfP-Einheitsaufnahme Ein Titeldatensatz für diese Publikation ist bei

Der Deutschen Bibliothek erhältlich

© 2001 ERGON Verlag· Dr. H.-J. Dietrich, 97080 Würzburg Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt.

jede Verwertung außerhalb des Urheberrechtsgesetzes bedarf der Zustimmung des Verlages. Das gijlt insbesondere für Vervielfältigungen jeder Art, Übersetzungen, Mikroverfilmungen

und für Einspeicherungen in elektronische Systeme.

Umschlaggestaltung: Jan von Hugo

Printed in Germany

ISBN 3-935556-68-3

(3)

Inhaltsverzeichnis

Vorwort von STEFAN WILD und HARTMUT SCHILD ... ... ...

I

Eröffnungsansprache des Ersten Vorsitzenden der DMG, HERRMANN

JUNGRAITHMA YR (Frankfurt a.M.) ... ... ... ) WOLFGANG FRüHWALD (München): Silberlinge auch für "kleine" Fächer?

Zur Situation der Kulturwissenschaften im schärfer werdenden

Wettbewerb ... ... ... ... II

Sektion Arabistik

STEFAN LEDER (Halle-Wittenberg): Die symbolische Sprache der

Tradition. Zum Disput zwischen Recht und Macht.. ... 27 MOHAMMED NEKROUMI (Bonn): Syntax und Semantik der

ln1errogativmorpheme )a und ha/.. ... 45

Sektion Christlicher Orient

VERONIKA SIX (Hamburg): Die christlich-arabischen Handschriftenfragmente der Staats- und

Universitätsbibliothek Hamburg ... ... 59 ErucH TRAPP (Bonn): Byzantinische Islampolitik .. ... 61 PIOTR 0. SCHOLZ (Wiesbaden): Ikonizität des christlichen Orients als

Beitrag zur Mentalitätsgeschichte am Beispiel nubischer

Wandmalereien (8.-14. Jahrhundert) ... 63 VERENA BOLL (Hamburg): Der Brief des Äthiopiers Ss 'sla Krsstos

an PapstFaul V. (1605-1621) ... 67 MICHAEL KLEINER (Hamburg): Zum

Kitäb a{-!ibb ar-rü~änf

("Buch

von der Geistlichen Medizin") des koptischen Bischofs Michael

von A!ri"b und Malig (13.Jh.) ... ... 69

(4)

VI INHALTSVERZEICHNIS

GEORG SCHMELZ (Heidelberg): Geistliche in den koptischen

Schutzbriefen ... ... 71 HARA.Lo SUERMANN (Bonn/Eschweiler): Der nestorianische Katholikos-

Patriarch Timotheos I. und die peripathetische Philosophie ... 73 BERND ANDREAS VEST (Mainz): Der kleine Midas - Die "famous last

words" Gabriets von Melitene 1101/02 ... 75 GABRIEL RA.Bo (Göttingen): Der Kirchenbau und die innere Ausstattung

in der Syrisch-Orthodoxen Kirche ... ... .... ... .... .... 81 GÜNTER PRINZING (Mainz): Zur historischen Bedeutung des Lernherger

Evangeliars ... 85

Sektion /ndoiranistik und Indogermanistik HISASHI MIY AKA

W

A (Erlangen): Zur Bildungsweise der Zahl 99 im

Rigveda und Atharvaveda ... ... ... 91 VELIZAR SADOVSKI (Wien): Bahuvrihis und Rektionskomposita

im

l}gveda und Avesta ... ... ... .... lOl GEORGES-JEAN PINAULT (Paris): Nouveautes lexicales et

morphologiques dans le manuscrit de

Y

anqi du

Maitreyasamiti-Nä~ka

en tokharien

A. ...

121

AGUSTi

ALEMANY

I VILAMAJ6 (Barcelona): Alanenforschung und

Orientalistik: Der "alanische" Titel • Bayätar ... 137

Sektion Indologie

ANDREAS BIOGER (Zürich): Warum opfert man Waschwasser? Eine Vorarbeit zur Erfassung von Normen und Abweichungen im

Y ajurveda ... .... ... ... ... ... .. ... 149 JUNKO SAKAMOTO-GOTO (Osaka): Zur Entstehung der Fünf-Feuer-

Lehre des Königs Janaka ... 157

(5)

fNHAL TSVERZEICHN1S VII UTE HOSKEN (Göttingen): Die Vaikhänasas: Tempelpriester im

südindischen

Vi~r:tuismus

... 169 OLIVER FREIBERGER (Bayreuth): Die Bedeutung des Ordens ftir den

Weg zur Erlösung in frühen buddhistischen Texten ... l81 LEOBOTH (Bonn): Norm und Abweichung- Geschichte und Legende.

Die Darstellung der Herrschaft Kurnärapälas und Ajayapälas in

jinistischen Chroniken ... 193 SJEGFRJED KRATZSCH (Halle): Vier Kapitel aus Sänigadharas Paddhati

und die Erstausgabe und Übersetzung einiger ihrer Sprüche durch

Aufrecht und Böhtlingk ... ... 203 EVA WILDEN (Hamburg): Traditionelle Exegese und methodologische

Probleme im FalJe alttamilischer Lyrik am Beispiel von

Ku[Untokai 92 ... ... ... 217 FRED VJRKUS (Berlin): Politische Aspekte des Münzwesens im

Guptareich ... ... 229 ANNETTE SCHMIEDeHEN (Berlin): Die Genealogiepassagen in den

Herrscherurkunden der Rästraküta-Dynastie

.

... 241

Sektion Islamwissenschaft

GERHARD WEDEL (Berlin): Zur Terminologie der islamischen W issenstradierung. Möglichkeiten der computergestützten Untersuchung von Bedeutungsebenen in Ibn ijallikäns

biographischem Lexikon ... ... 257 LUCIAN REINFANDT (Kiel): Was geschah zwischen Barsbäy und

Qäytbay? Überlegungen zu einer Neubewertung des späten

Mamlukensultanats ... ... ... 269 ALBRECHT FUESS (Frankfurt a. M.): Handel und Piraterie. Die

syro-palästinensische Küste in mamlukischer Zeit (1291 -

1517) ... ... 279

(6)

VIII

INHAL

TSVERZEJCHNJS

BEATE WIESMÜLLER (Köln): Die vom Koran Getöteten. A!-Ta<Jabis

Beitrag zur Ästhetik des Korans ... 291 FRED LEEMHUIS (Groningen): Ursprünge des Koran als

Textus Receptus ... 301 CLAUDE GILLIOT (Aix-en-Provence): Koranwissenschaften unter den

Karrämiten. Notizen über den Autor des Kitiib al-Mabiin'i ... ... 309 JAMSHEED F AROUGHI (Utrecht): Die islamische Revolution im Iran:

Charisma und Legitimität.. ... .... ... 317 ROMAN SIEBERTZ (Bamberg): Die Briefmarken Irans als Quelle zur

Geschichte und politischen Ideologie ... ... 327 SIMEON EVSTATIEV (Sofia): Die Konzeption von der islamischen

Gemeinde als umma wasar Ein klassisches Fundament mit

modernen Dimensionen ... ... ... ... .. 337 RODIGER LOHLKER (Göttingen): Wal;ldat al-wugüd in der Modeme.

Der Kommentar von Syed Muhammad Naguib al-Attas zur Huggat

a~-~iddiq

von Nüraddin ar-Räniri als Ausdruck der Modernität

islamischen Denkens ... ... .. ... ... ... 345 FRANK GRIFFEL (Beirut): Die Anwendung des Apostasieurteils bei

as-Säfi<i und al-Gazäli ... 353 KAMRAN EKBAL (Bochum): taqiyya und kitmän in den Bäbi und

Bahä'i Religionen ... 363 FRANZ CHRISTOPH MUTH (Mainz): Ein Hochverratsprozeß in Kairo zu

Beginn des 15. Jahrhunderts- Verlaufund Hintergründe der sog.

T albrizi-Afflire ... ... ... 3 7 3 CHRISTI AN MüLLER (Bamberg): sahiida und kitäb al-istirii' in der

Re, chtspraxis: Zur Rolle von Zeugen und Notaren in

Gerichtsprozessen des 5./11. Jahrhunderts ... ... ... 387 EVA ORTHMANN (Halle): Die Eroberung von Damaskus durch die

<Abbäsiden - ein Fall von ca.,vabiyya? ... ... 40 I

(7)

INHALTSVERZEICHNIS IX KURT FRANZ (Hamburg): Plünderungen und Logistik. Ein Subtext in

at-Tabaris Bericht vom Aufstand der Zang ... ... ...

.413

SYRJNXHEES (Bonn): Neues zum Verhältnis von Qazwülls AJär al-biläd

zu Yäqüts Mu'gam al-buldän. Zwei geographische Texte des 13.

Jahrhunderts im Vergleich ... ... .. ... ...

.425

HEIKE FRANKE (Bonn): Norm und Abweichung -Die Kreuzigung Jesu

in der indo-islamischen Malerei ... ... ... ... .. ... 437

Sektion Moderner Orient

RAlNER BRUNNER (Freiburg i.Br.): Einige schiitische Stimmen zur

Frage der Koranfalschung ... ...

.44

7 HANS-GEORG EBERT (Leipzig): Das Verbot der Adoption im

islamischen Recht. ... ... ... .... ....

459

SILVIATELLENBA CH ( Freiburg): Zur Ehre im türkischen Strafrecht... ... .. 473 HEIKO SCHUSS (Bochum): Die Wirtschaftskultur des Nahen Ostens. Ein

brauchbares Konzept zur Erklärung wirtschaftlicher Entwicklung

oder ein Klischee? ... ... ... ... .. .. 481 BERNADETTE SC H E NK (Berlin): Die Drusen und der Libanon: zum

historischen und politischen Selbstverständnis einer Minderheit ... .489 DOROTHEE KLAUS (Bochum) : Palästinenser im Libanon zwischen

Ghetto und Integration .. ... ... ... .499 SUSANNE ENDERWITZ (Berlin): Identität, Nation und Staat: Zur

"Palästinensischkeit" in palästinensischen Autobiographien ... ...

511

Sektion Orientalische Kunstgeschichte und Archäologie MARION FRENGER (Bonn): Eine neue Darstellung des Sonnenwagens

aus Mathura ... ... ... ... ...

525

(8)

X INHALTSVER ZEI CHNIS

F ALK REITZ (Berlin): Über den Stand der Erforschung und

Dokumentation der christlichen Denkmäler in Kerala!Indien ... 533 DO R O THEE KEHREN (Bonn): Geflügelte Geschöpfe und ihr Weg von

Indien nach China und Japan ... .. ... .. 539 FRJEDERIK.E VO IG T (Berlin): Die iranischen Amulette der SammJung

Philipp Walter Schulz im Museum für Völkerkunde zu Leipzig ... 549 JOACHIM GIERLICHS (Berlin/London):

Imämzädagan

in Iran:

Überlegungen zur Entwicklung und Ausstattung ... ... ... ... 555 NASIBA BAIMATOWA (Dusanbe/Berlin): Die Gewölbegalerie des

Samaniden-Mausoleums in Buchara (892-907) .... .. ... ... ... .... 567 CHRISTI AN EW ERT (Madrid/Bonn): Die Dekorelemente des

spätumaiyadischen Fundkomplexes aus dem Cortijo del

Aleaide (Prov. C6rdoba) ... ... ... ... ... 569 MARTINA MüLLER-WIENER (Bonn): Das Astrolab des Mul)amrnad

b. f:Iämid

al-I~fahäni

.. .. ... ... ... ... ... ... 583

Sektion Semitistik

ANDRZEJ ZABORSKl (Krakau): Verbale Flexion und Derivation mit T

und M/N - ein etymologischer Versuch ... ... ... ... 593 LUTZ EDZARD (Bonn): Semitische Wurzelstruktur im Lichte eines

polygenefischen linguistischen Modells ... ... 601 OTTO JASTROW (Erlangen): Aramäische Lehnwörter in den arabischen

Dialekten der Südost-Türkei ... ... ... 615 HEINRICH SC HÜTZINGER (Bonn): Ironie, Satire, und verwandte

Formen als Ausdrucksmittel ftir die Abweichung von der

Norm, dargestellt an akkadischen Texten verschiedener Art ... ... 623

(9)

INHALTSVERZEICHNIS

X J Sektion Sinologie

MARI AN GALlK (Bratislava): Goethe's Chorus Mysticus in Chinese

Renditions and Commentaries ... ... ... 633 StLVIAFREIIN EBNER VON ESCHENBACH (Würzburg): In den Tod

mitgehen. Die Totenfolge in der Geschichte Chinas ... 647 MANFRED W. FROHAUF (Bochum) : Zur Identifizierung des Kunlun

im alten China ... ... ... 669 GOTELIND MüLLER (Freiburg): Arashiki mura versus Xincun. Zur

chinesischen Rezeption eines japanischen Modells alternativer

Lebensführung ... 685

Sektion Turkologie und Osmanistik KAruRIN EITH (Bonn):

Yeni vakiflar-

Fromme Stiftungen in der

heutigen Türkei ... ... .. ... ... . 695 ULRICH MOENNIG (Hamburg): Eine spätbyzantinische literarische

Version des Märchens von der Rätselprinzessin ("Turandot")

verglichen mit ihrer wahrscheinlich osmanischen Vorlage ... 705 HEIDI STEIN (Mainz): Zur Frage osmanischer Sprachvarietäten im

16./17. Jb. nach den Quellen in lateinischer Schrift.. ... 715 HORST UNBEHAUN (Erlangen/Bamberg): Die Presse in Sivas

während des türkischen Befreiungskampfes ... 725 RAOUL MOTIKA (Heidelberg): Die Zeitschriften der

Halkevleri

in

de. r türkischen Provinz ... ... ... 733 MAURUS REINKOWSKl (Bamberg): Enver Ziya Karai (1906-1982).

Ein türkischer Mandarin ... ... ... 743

(10)

Xll INHALTSVERZEICHNIS

Sektion Zentralasien

CARSTEN NÄHER (Bonn): Einige weitere Probleme der diachronen Entwicklung der stimmlosen Velare im Mandschu, Oschurtschen

und Solonischen ... ... 751 STEFAN GEORG (Bonn): Mongolisch-Tibetische Sprachkontakte

im

Gansu-Korridor. ... ... ... .... ... ... ... 7 63

Arbeitskreis Zur Geschichte der Orientalistik HOLGER PREISSLER (Leipzig): Deutsche Orientalisten und die

Öffentlichkeit um die Mitte des

19.

Jahrhunderts ... ... ... 777 DOROTHEA WELTECKE (Bielefeld): .,The Characteristic ofthe Syrians

is a Certain Med.iocrity" - Überlegungen zur Rezeption syrischer

Texte im modernen Europa ... ... ... 785

Arbeitskreis Modernisierung und Moderne in iranischen Kulturen

CHRISTOPH WERNER (Bamberg): Stiftungen von Frauen im Teheran

der Qägärenzeit. ... ... ..

79

5 ANGEILAPARVANTA (Bamberg): Die Rolle von Sprache in

konkurrierenden Nationalismen: Der Fall des

persischschreibenden Paschtunen ijalilulläh ijalili ... 809

CHRISTINE NOLLE-KARIMI (Bamberg):

Amir

Ser <AII

ijän

(1863-1878),

Orientalischer Despot oder Vorreiter der Reform? ...

819

(11)

Einige schiitische Stimmen zur Frage der Koranfälschung

RAINER BRUNNER, Freiburg i.Br.

Als lgnaz Goldziher vor neunzig Jahren seine Vorlesungen über den Islam hielt, war die Welt noch übersichtlich.1 Die Schia erschien ihm ganz selbst- verständlich als eine "sektiererische Bewegung" und als ein "Nährboden für Absurditäten ( ... ), geeignet, die Gotteslehre des Islam völlig zu zersetzen und aufzulösen."2 Seine an anderer Stelle geäußerte Ansicht über die schiiti- sche Koranexegese war nicht minder deutlich: Den poltemden Theodor Nöldeke zitierend nannte er sie ein "elendes Gewebe von Lügen und Dummheiten", nicht ohne aber hinzuzufügen: "Ihre historische Berücksich- tigung ist jedoch für die volle Kenntnis der religiösen Strömungen im Islam nicht zu umgehen."3 Was beide Gelehrte so sehr in Rage versetzte, war der Umstand, daß in zahlreichen frühen schiitischen Quellen behauptet wurde, die Gegner der Schia hätten den Korantext gefälscht, um 'Ali und seine Nachkommen von der legitimen Führung der Gemeinde femzuhalten. Daß diese Meinung mehr oder minder grundsätzlich und unverändert immer noch gültig sei, zogen beide nicht ernsthaft in Zweifel.

Bekanntlich, so die verbreitete (sunnitische) Tradition, soll der dritte Ka- lif 'U!Jnän rund ein Vierteljahrhundert nach dem Tode des Propheten eine grundlegende Redaktion des vorhandenen Offenbarungsmaterials veranlaßt und den Koran in seine heutige Form gebracht haben.4 Nicht alle Gläubigen waren mit dem Ergebnis einverstanden, am wenigsten die verschiedenen schiitischen Strömungen. Denn bei ihnen nährte sich der Argwohn, die Re- dakteure und ihre Auftraggeber hätten absichtlich bestimmte Passagen weg- gelassen. Besonders schmerzlich vermißten sie jeglichen Hinweis auf die

3 4

Bei den folgenden Ausführungen handelt es sich um einen Teilabschnitt eines von der Deut- schen Forschungsgemeinschaft geforderten Projekts über das Thema .,Schiitische Koraneltegese und die Frage der Verfalschung des Koranlelttes (ta}Jrif al-qur'än) in der innerislamischen Dis- kussion des 20. Jahrhunderts". Folgende Abkürzungen werden verwendet: A$ = Mui:Jsin ai- Amin: A'yän as-sfa. Hrsg. v. J:lasan al-Amin. 1-X mit Ergänzungen. Beicut 1986; p'/'S = Ägä Bo- zorg a(-Tehräni: a!J-!Jarfa ilä ta~änif as-Sfa. I-XXVI. Beicut 1983; El1 = The Encyclopaedia of Islam. New Edition. Leiden 1954ff.; Elr = Encyclopaedia Iranica. London u.a. 1982ff.; TAS = Ägä Bozorg at-Tehräni: Tabaqät a'läm as-sfa. Il/-4: Nuqabä' al-basar ji 1-qarn ar-räbl' 'asar.

Nagaf 1954-68, III-2: a/-Kiräm a/-bararaji 1-qarn aJ-Jiili! ba'd al-'asara. Nagaf 1954, 1958.

Ignaz Goldziher: Vorlesungen über den Islam. Heidelberg 1910, S. 208,220.

lgnaz Goldziher: Die Richtungen der islamischen Koranauslegung. Leiden 1920, S. 309.

Diese Sichtweise wird im großen und ganzen auch von der westlichen Wissenschaft geteilt, vgl.

jüngstE. Whelan: Forgotten Witness: Evidence for the Early Codijication of the Qur'än. ln:

Journal ofthe American Oriental Society. Bd. 118. 1998, S.l-14, hier S. 13.

(12)

448

RAINER BRUNNER

Dcsignierung 'Aiis zum Nachfolger des Propheten und überhaupt die Er- wähnung der Imame. Manche begnügten sich damit, mit einer eigenwilligen Koranauslegung den "eigentlichen" inneren Sinn eines Verses zu ergründen und so dieses Manko wettzumachen.5 Nicht wenige andere behaupteten da- gegen unverblümt, der Koran sei der Verfalschung (tabrlf) durch die Gegner der Schia zum Opfer gefallen. Erst zur Zeit der schiitischen "Kirchenväter"

Ibn Bäbüya, ai-Mufid, as-Sarif ai-Murta<,lä und at-Tüsi setzten sich gemä- ßigtere Ansichten durch. Man war nun gleichfalls bereit, die 'uynänische Koranredaktion anzuerkennen und wollte in eventuell weggefallenen Passa- gen allenfalls noch einen Kommentar sehen.

All das ist hinlänglich bekannt. Etan Kohlberg, Mohammad Ali Amir- Moezzi und andere haben diese Entwicklung nachgezeichnet und die viel zu grobschlächtige Sicht Goldzihers und Nöldekes revidiert. 6 Gelegentlich fin- det man auch Hinweise auf ein vorübergehendes Wiedererstarken der tabrif- Auffassung im Zuge der innerschiitischen Auseinandersetzung zwischen

U~ülis und Abbäris im 17. und 18. Jahrhundert. Diesen "nachklassischen"

Äußerungen wird aber längst nicht dieselbe Beachtung zuteil wie den Kir- chenvätern des 10. und 11. Jahrhunderts.7 Eigentlich könnte man die ganze Sache damit als erledigt und den Streit über die angebliche Koranfalschung als nicht mehr aktuell betrachten. Bereits ein oberflächlicher Blick auf die wechselseitige Polemik und Apologetik unserer Tage zeigt allerdings, daß genau das Gegenteil der Fall ist. So gut wie keine sunnitische Streitschrift kommt ohne ein meist ausftihrliches Kapitel aus, in dem die Schiiten be- zichtigt werden, an einen anderen als den allgemein verbreiteten Koran zu glauben, und in so gut wie jeder schiitischen Antwort wird eben das bestrit- ten und die aufrichtige Verehrung beteuert, die die Schia schon immer und

6

J. van Ess: Theologie und Gesellschaft im Z. und 3. Jahrhundert der Hidschra ( ... ). Berlin, New York I 991fT., Bd. IV, S. 647f.

E. Kohlberg: Same Notes on the lmämite Attitude to the Qur'än. In: S.M. Stern u.a. (Hrsgg.): ls- lamic Philosophy and the Classical Tradition. Festschrift Richard Walzer. Oxford 1972, S. 209- 224; M. A. Amir-Moczzi: Le guide divin dans Je Shfisme originel: au.r sources de /'esoterisme en Islam. Lagrasse 1992, S. 200-227; M. Ayoub: The Spealcing and the Silen/ Qur'än ( ... ). In: A.

Rippin (Hrsg.): Approaches to the History ofthe Interpretation ofthe Qur'än. Oxford 1988, S.

177-198; M. Bar-Asher: Deu.r Traditions heterodoxes dans /es anciens commentaires imamites du Coran. In: Arabica. Bd. 37. 1990, S. 291-314; ders.: Variant Readings and Additions ofthe lmämi Shi'a to the Quran. In: Israel Oriental Studies. Bd. 13. 1993, S. 39-74;Goldziher: op. eil.

(Anm. 3), S. 263-309; J. Eliash: The 'Shi'ite Qur'än '. A Reconsideration of Gofdziher 's Inter- pretation. In: Arabica. Bd. 16. 1969, S. 15-24; die schiitische Sicht repräsentiert H. Modarressi:

Early Debates on the fntegrily ofthe Qur'an. A BrieJSurvey. In: Studio Jslamica. Bd. 77. 1993,

s. 5-39.

B. Todd Lawson: Notefor the Study of a ,.Shi'i Qur'än". In: Journal ofSemilic Studies. Bd. 36.

1991, S. 279-295; ders: Alchbäri Shi'i Approaches to tajsir. In: G.R. Hawting (Hrsg.): Approa- ches to the Qur'än. London 1993, S. 173-210; A. Falaturi: Die Zwölferschia aus der Sicht eines Schiiten. Probleme ihrer Untersuchung. In: E. Gräf (Hrsg.): Festschrift Werner Cas/cel. Leiden

1968, s. 62-95.

(13)

EINIGE SCHIITISCHE STIMMEN ZUR FRAGE DER KORANFÄLSCHUNG 449 in ihrer überwältigenden Mehrheit dem Koran entgegengebracht habe. An Wichtigkeit dürfte der Streit um die Koranfälschung den grundsätzlichen Disput um das Imamat mittlerweile eingeholt haben.

Vertieft man sich daraufhin, neugierig geworden, in das einschlägige schiitische Schrifttum der vergangeneo Jahrhunderte, stellt man fest, daß die Zahl derjenigen schiitischen Autoren, die die Echtheit und Vollständigkeit des vorliegenden Korans bestreiten, größer als erwartet ist - und daß es sich dabei keineswegs nur um unbekannte oder um Gelehrte von zweitrangiger Bedeutung handelt. Auch reichen diese Stellungnahmen bis nahe an die Ge- genwart heran, von einem automatischen Verschwinden der ta~rif­

Auffassung mit der Niederlage der Abbäris kann nicht die Rede sein. Einige dieser Äußerungen sollen im folgenden vorgestellt werden, wobei ich in umgekehrter zeitlicher Reihenfolge vorgehen möchte. Diejenige Schrift aus dem 19. Jahrhundert, die die neuzeitliche ta~rif-Debatte auf die Spitze ge- trieben hat, steht am Anfang, gefolgt von weiteren einschlägigen Aussagen, die eine durchaus beachtliche Minderheitentradition innerhalb der Schia in Sachen Koranfälschung erkennen lassen.

Bei der genannten Schrift handelt es sich um das Buch Fa# al-!Jitäb

fi

ta~rifkitäb rabb al-arbäb, das m.W. nur in einer fast 400 Seiten starken Li- thographie aus dem Jahre 1881 vorliegt.8 Ihr Verfasser ist kein Unbekann- ter: Es handelt sich um Mirzä I:Iusain Taqi an-Nüri at-Tabrisi (oder auch Tabarsi, 1839-1902), der von Manchen als der größte schiitische I:Iadi!- Gelehrte seit den Tagen MuJ:tammad Bäqir al-Maglisis betrachtet wird.9 Zeit seines Lebens reiste er, der bei einigen der bedeutendsten schiitischen Ge- lehrten seiner Zeit studiert hatte, zwischen den irakiseben 'atabät und Iran hin und her, viermal flihrte ihn sein Weg zur Pilgerfahrt nach Mekka, er starb schließlich bei der Rückkehr von einem Besuch des Heiligtums zu Kerbela. Man wird ihn also wohl einen "guten Schiiten" nennen dürfen, der überdies aus einer Familie stammte, die auch später von sich reden machte:

Sein Schwiegersohn war Faqlalläh Nüri, der während der Konstitutionellen Revolution in Iran als Gegner der Verfassung bekannt und flir seine Haltung 1909 öffentlich hingerichtet wurde.l0

Seiner I:Iadi!gelehrsamkeit konnte er in diesem ta~rif-Werk freien Lauf lassen, denn fast alle entsprechenden Überlieferungen der Frühzeit gehen in der einen oder anderen Form auf eine Äußerung eines Imams zurück. An

8 Vgl. prS, Bd. XVI, S. 231f.; laut Fehrest-e ketiibhii-ye ciipi-yejiirsi. Bd. II. Teheran 1974, Sp.

2446 existiert auch eine (offensichtlich gekürzte) persische Übersetzung; die Angabe von Abü 1- l;lasan an-Nadwi: $üratiin mutafliidditiin (. .. ). Kairo 1406/1985, S. 74, Anm. 4, wonach das Buch ,,kürzlich" in Pakistan gedruckt worden sei, beruht möglicherweise auf einem Mißver- ständnis; gemeint ist vielleicht der teilweise Abdruck von Kapitel 11 und 12 bei Il}sän Ilähi

~ir: as-Si'a wa-1-qur'än ( ... ). Lahore 1983, S. 141-344.

9 E/1, Bd. X, S. 41; ferner rAS. Bd. 1.2, S. 543-555; AS. Bd.VI, S. 143f.

IO Über diesen s. E/1, Bd. VIII, S. 140.

(14)

450 RAINER BRUNNER

den Gründen, die ihn zur Abfassung des Buches bewogen, ließ er von vom- herein keinen Zweifel aufkommen, spricht er doch schon auf der ersten Seite von "der Bestätigung (i!biit) der Verfalschung des Korans und der Schändlichkeiten der Unterdrücker und Feinde". 11 Das Werk besteht aus drei einleitenden Kapiteln sowie zwei ungleichgewichtigen Hauptteilen. Die Einleitungen dienen dazu, mittels entsprechender I:Iadi!e zu "belegen", daß der vollständige und richtige Koran nur von 'All gesammelt worden sei, 12 ferner der Defmierung der verschiedenen Arten von ta[lrifl3 sowie schließ- lich der Zitierung anderer schiitischer Gelehrter, die sich bereits vor Nüri zum Thema geäußert hatten.14 Bemerkenswert ist dabei sein Verständnis von Fälschung, das weit über die Wegfassung etwaiger pro-schiitischer Pas- sagen hinausgeht und bis hin zur Sureneinteilung oder der Vokalisierung einzelner Wörter reicht. Nur zwei der solcherart festgestellten 19 Arten von ta[lrif, nämlich die HinzufUgung bzw. Ersetzung einer ganzen Sure, werden explizit und unter Berufung auf den Koran selbst (2/23) abgelehnt.15

Diesen Prolegomena folgt ein über 320 Seiten langer erster Teil, in dem der Autor in 12 Kapiteln alle ihm erreichbaren Nachrichten über die Fäl- schung des Korans ausbreitet. Kaum ein Aspekt der Textgeschichte und -gestaltung wird dabei ausgelassen. Den Beginn macht eine relativ lange Abhandlung über den (seit alters her bekannten und im Koran selbst mehr- fach angesprochenen) Vorwurf, die Juden und Christen hätten die an sie er- gangenen heiligen Schriften ebenfalls verfalscht. Da aber der muslimischen umma all das widerfahre, was zuvor schon den vorislamischen Gemein- schaften zugestoßen sei - Nüri beruft sich dabei auf einen l:ladi!, den er ohne nähere Erläuterung auf den sechsten Imam Ga'far a~-~ädiq zurückfuhrt -, müsse dementsprechend auch der Koran verfalscht worden sein.16 Es folgen weitere Abschnitte über die Koransammlung 'Alls, die Codices von 'Ab- dalläh b. Mas'üd und Ubayy b. Ka'b und die offizielle Redaktion durch den Kalifen 'U!Jnän.17 Inhaltlich interessanter sind Nüris Ausftihrungen über das Problem der Abrogation und über die Existenz verschiedener Lesarten. Er- stere lehnt er insbesondere in der Form, nach der der Wortlaut eines Verses abrogiert sein könne, sein Inhalt jedoch weiter Gültigkeit besitze, strikt ab.

In seinen Augen handelte es sich bei dieser Konstruktion um nichts weiter

11 J;lus8in T8qi 8n-Nüri 8\-T8brisi: Fa# al-bifiib fi ta~rif kitiib rabb al-arbiib. Lith. Teher8n 1298/1881, S. I.

12 lbid., S. 1-23.

13 lbid., s. 23-25.

14 lbid., s. 25-35.

15 Zu diesem und ähnlichen Versen s. M. R8dscheit: Die koranisehe Herausforderung. Die

ta~addi-Verse im Rahmen der Polemikpassagen des Korans. Berlin 1996, S. 94fT.

16 8\-T8brisi: op. eil. (Anm. II), S. 35-96; s. 8llg. E. Kohlberg: Some Shi'i Views on the Antediluvi- an World. In: Studio lslamica. Bd. 52. 1980, S. 41-66.

17 8\-T8brisi: op. eil. (Anm. II), S. 120-171.

(15)

EINIGE SCHIITISCHE STIMMEN ZUR FRAGE DER KORANFÄLSCHUNG 451 als den durchsichtigen Versuch der Sunniten, von der Schändlichkeit ihrer Koransammlung abzulenken, indem sie die weggelassenen Passagen kur- zerhand !Ur abrogiert erklärten.18 Auch an den von den Sunniten akzeptier- ten unterschiedlichen Lesarten läßt er keiq gutes Haar und wertet sie als Beleg dafür, daß es in zahlreichen Fällen zu Veränderungen des koranischen Wortlauts gekommen sei.19

Im Zentrum des ersten Teils stehen jedoch jene beiden Kapitel von insge- samt 125 Seiten, in denen Nüri allgemeine sowie nach Koranversen geord- nete Belegstellen zusammenträgt, die mehr oder minder direkt das Vorhan- densein von ta}Jrif belegen sollen.20 Nicht weniger als 1063 derartige Überlieferungen - und zwar aus sunnitischen wie schiitischen Quellen - sind das beeindruckende Ergebnis. Nicht immer freilich sind diese Zitate frei von Widersprüchen: So heißt es an einer Stelle, drei Viertel der sürat al-barä'a seien weggefallen, und unmittelbar darauf: zwei Drittel der sürat at-tauba.

Beides aber sind Namen ftir ein und dieselbe Sure (9).21 Auch pflegt Nüri mitunter einen nonchalanten Umgang mit seinen Quellen, etwa wenn er

"aus einem alten Buch von einem unserer Altvorderen" zitiert22 oder in eine Übertiefererkette die Angabe "von einer Anzahl der Unseren" einfließen läßt.23 Der zweite, mit knapp 40 Seiten wesentlich kürzere Teil widmet sich der Zurückweisung möglicher Einwände von ta}Jrif-Gegnem, wobei Nüri auch vor heftiger Kritik an schiitischen Autoritäten wie as-Sarif al-MurtaQä nicht zurückschreckt. 24

Die Zurückweisung dieses Buches, das nach seinem Erscheinen an den irakiseben Lehrstätten offenbar ftir gehörigen Wirbel gesorgt hat,25 ließ nicht lange auf sich warten, und sie kam zuerst von schiitischer Seite. Sie scheint so heftig ausgefallen zu sein, daß sich Nüri zu der beschwichtigen- den Bemerkung veranlaßt sah, er habe im Titel des Buches einen Fehler be- gangen, eigentlich hätte es Fa:jl al-!Jifäb

fi

'adam tal}rif al-kitäb heißen sol- len, denn um genau das sei es ihm gegangen.26 Unter den sunnitischen

18 lbid., S. 105-120, hier S. 109; zu nasb 8llg. s. EI 1, Bd.VII, S. 1009-1012 sowie J. Burton: The Sources of lslamic Law. Js/amic Theories of Abrogation. Edinburgh 1990.

19 8\-T8brisi: op. eil. (Anm. 11), S. 209-234.

20 Jbid., s. 234-359.

21 Jbid., S. 173; vgl. ibid., S. 246f.

22 lbid., s. 59.

23 Jbid., S. 236, 246; vgl. S. 171 (Nr. g).

24 Jbid., S. 359-397; as-Sarif al-Murta~äs (gest. 1044; s. EI 1, Bd. VII, S. 634) vielzitierte Kritik an der labrif-These wurde von dem bedeutenden schiitischen Korankommentator Abü 'Aii 8l-F8~1

b. al-l;lasan 8\-Tabrisi in seinem Hauptwerk Magma' al-bayän fi tajsfr al-qur'iin überliefert (Te- heran 1382-83/1962-63. Bd. I, S. 15;zum Autor [gest. 1154] s. EI1, Bd. X, S. 40f.).

25 'Abd ar-Ri~ä al-Mar'asi as-Sahrastäni: al-Ma'iirij al-galiya fi tabwib agwibat al-masii'il ad- dfnfya. Nagaf 1972, S. 21; Mahdi b. M81pnüd Bonigerdi: Borhiin-e rousan. al-Burhiin 'alii 'adam tabrif al-qur'iin. Teheran 1954, S. 143f.

26

rAS.

Bd. 1.1, S. 550f.

(16)

452 RAINER BRUNNER

Polemikern dauerte es etwas länger, ehe sie das Buch zur Kenntnis nahmen und entsprechend reagierten. Der m.W. erste sunnitische Kritiker war der damals noch der Wahhäbiya nahestehende 'Abdalläh al-Qa~imi, der sich 1938 am Ende einer zweibändigen Fundamentalkritik der Schia 20 Seiten lang Nüris annahm. Dabei ging es ihm aber weniger um eine theologische oder quellenkritische Auseinandersetzung. Statt dessen beschränkte er sich auf die recht platte Feststellung, hier komme besonders deutlich der Haß der schiitischen Perser auf die muslimischen Araber zum Ausdruck.27

Das eigentlich schmerzliche an Nüris Buch - jedenfalls in den Augen der Schia - war der Umstand, daß hier zum ersten Mal auch entlegenste Überlie- ferungen aus einer ansonsten kaum zu überschauenden Anzahl von ver- streuten Werken zusammengetragen worden waren - worauf später denn auch sunnitische Polemiker nicht ohne Süffisanz hinwiesen.28 Außerdem war Nüri bei weitem berühmter als z.B. sein Zeitgenosse Mui,Iammad Hädi Amin at-Tihräni ai-Garawi (1837-1903), der in seinem rechtstheoretischen Werk Mabaggat a/-'u/amä' gut 70 Seiten der tabrif-Problematik widmete.29 Vieles an seinen Ausführungen erinnert in Inhalt und Tonfall an Nüri (bis hin zur Kritik an as-Sarif ai-Murta<}.ä)30, wenngleich seine Abhandlung bei weitem nicht dessen Systematik erreicht.

Auf der anderen Seite fmden sich Beispiele dafür, wie die tabrif- Vermutung gewissermaßen stillschweigend vorausgesetzt und en passant geäußert werden konnte, bei zwei der bedeutendsten schiitischen Gelehrten des 19. Jahrhunderts. Der erste war Murta<}.ä ai-An~äri (gest. 1864), der um 1850 zum alleinigen Marga' at-taqlid der Schia aufstieg und einen großen Einfluß auf die Fortentwicklung des religiösen Rechts hatte.31 Er schrieb in seinem Grundlagenwerk Farä'id al-u~ü/ eher nebenher, das Vorhandensein von tabrifim Koran dürfe den Gläubigen nicht davon abhalten, dem äußeren Sinn des Wortlauts zu folgen, da es kein gesichertes Wissen gebe, ob dieser äußere Sinn schadhaft sei. Und in den praktischen religionsgesetzlichen Vorschriften sei der Gläubige schließlich dazu aufgefordert, dem Wortlaut des Korans zu folgen. Nüri zitierte diese Sätze beifallig.32 Der zweite der

21 'Abdalläh ai-Qa~imi: a~-$irä' bain al-isläm wa-1-waftJniya. Neuauflage Kairo 1402/1982. Bd. II, S. 861-881.

28 Mu~ibb ad-Din al-I:Ja!ib: al-ifuM al-'ari{ia Ii-I-usus a/lati qäma 'alaihä din as-Sfa al-imämiya al-ip!ä 'asariya. Kairo 101982, S. II.

29 Mu~anunad Hädi b. Mul)ammad Amin a!-Tihräni ai-Garawi: Ma~aggal al-'ulamä' fi ~uggiyal al- qaf wa-~-~ann. Lilh. Teheran 1318/1900-01, S. 107-178, hier S. 107; zum Autors. Mul)ammad Hädi al-Amini. Mu'gam rigäl a/-jikr wa-1-adab fi n-Nagaf biläl a/f'äm. Nagaf 21413/1992. Bd.

II, S. 856f., AS, Bd. X, S. 233; Mul)ammad Mahdi ai-K~imi: Aflsan al-wadi'afi larägim ashar mugtahidi s-Si'a. Beirut 1413/1993. Bd.l, S. 146-148; zum Buch pn', Bd. XX, S. 146(

30 ai-Garawi: op. eil. (Anm. 29), S. 128ff.

31 M. Momen: An Jntroduction lo Shi'i Islam( .. .). New Haven 1985, S. 140, 186f., 311.

32 Murtat,lä ai-An~äri: Farä'id al-u~ül. Lilh. o.O. 1342/1923, S. 36f.; a!-Tabrisi: op. eiL (Anm. II), S. 364; s.a. Kohlberg: op. eil. (Anm. 6), S. 218; ähnlich wie An~äri äußerte sich auch dessen

(17)

EINIGE SCHilTISCHE STIMMEN ZUR FRAGE DER KORANFÄLSCHUNG 453 angesprochenen Gelehrten war Ga'far an-Nagafi, dessen Buch Kasf al-gitä' ihm und den nachfolgenden Generationen seiner Familie den Ehrennamen Käsif al-giW eintrug. Darin streitet sein Autor zwar die Möglichkeit von Hinzufügungen zum Koran kategorisch ab. Hinsichtlich eventueller Weglas- sungen ist er jedoch weniger eindeutig: Die entsprechenden I;Iadi!e bedürf- ten der Interpretation, und außerdem seien die weggefallenen Stellen beim Propheten "und seinen Leuten" (älihi) verwahrt. Die darin enthaltene An- spielung ist eine zweifache: auf den Koranvers 15/9, der von Gegnern des tabrif als Garantie Gottes gegen Verfälschung bezeichnet wird (Rückert übersetzt "Gesendet haben wir die Kunde I Und werden sie behüten"), und zum anderen auf die Imame der Schia und v.a. den Mahdi, bei dem in den Augen der tabrif-Befürworter der "eigentliche", von 'Ali gesammelte Koran liege.33

Andere waren weniger zurückhaltend. Der 1826 gestorbene 'Abdalläh b.

Mui,Iammad al-l;lusaini Subbar zitierte jenen Imam-I;Iadi!, demzufolge der Koran in Vierteln herabgekommen sei, je ein Viertel über die Imame, ihre Feinde, über die Sitten und Gebräuche sowie die Pflichten und Vorschriften.

Den deutlichen Widerspruch zum real existierenden Koran löste er kurzer- hand dadurch auf, daß er erklärte, der allgemein verbreitete Wortlaut sei eben bei weitem nicht vollständig.34 Und AI,Imad b. Mui,Iammad Mahdi an- Naräqi (gest. 1829), als Lehrer An~äris ebenfalls kein Unbedeutender,35 resümierte erst ausfUhrlieh die Standpunkte der U~ülis (gegen tabrif) und der Abbäris (daftir), um sich anschließend eindeutig auf die Seite der letzt- genannten zu schlagen. Daß Dinge aus dem Koran weggefallen seien, stehe fest, man wisse nur nicht genau, in welchem Ausmaß und an welchen Stel- len; sogar eventuelle Hinzuftigungen mochte er nicht völlig ausschließen.36

Das Stichwort ist gefallen: Es waren, wie zuvor schon einmal kurz ange- deutet, die Abbäris, die sich in erster Linie der Aufrechterhaltung der tabrif- Theorie verschrieben. Der Grund dafür liegt auf der Hand: In ihrer Beto- nung des unbedingten Vorrangs des Imam-l;ladi! vor rationalen Erwägungen konnten sie nicht umhin, auch den auf die Imame zurückgeführten tabrif-

Schüler Mol)ammad K~em al-ijoräsäni (gest. 1911; vgl. Elr. Bd. I, S. 732-735; E/1, Bd. V, S.

6lf.) in seinem rechtstheoretischen Werk Kijliyat al-u~ül. Beirut 21412/1991, S. 284f.

33 Ga'far an-Nagafi: Kasfal-gi/ä'. Lith. Teheran 1271/1854, unpag., achter Abschnitt über den Ko- ran; ähnlich bei 'Aii A~gar Bonigerdi: 'Aqä'id as-Si'a. Teheran o.J. (1940), S. 31 (Bonigerdi starb 1895).

34 'Abdalläh al-~[usaini Subbar: Ma~äbi/;1 al-anwär fi ball muskilät a/-a~bär. Nagaf 1952. Bd. 11, S.

294f.; zum Autors. TAS. Bd. 11.2, S. 777-779,zum Buch p:IS', Bd. XXI, S. 85f.

35 Momen: op. eil. (Anm. 31), S. 311,318.

36 Al)mad an-Naräqi: Manähig al-a/lkäm fi u~ü/ al-fiqh. Lith. Teheran 1269/1852, S. 152-154, hier S. 154 oben; zum Autors. E/1 , Bd. VII, S. 960f.; T AS. Bd. 11.1, S. 116f.; Mul)ammad Al)mad at- Tunikäbuni: Qi~a~ al-'ulamä'. Beirut 1413/1992, S. 143-145; zum Buch s. p:IS', Bd. XXII, S.

340f.

(18)

454 RAINER BRUNNER

Überlieferungen Gültigkeit zuzubilligen. 37 So ist es denn auch nicht weiter verwunderlich, daß in so manchem abbärischen Korankommentar ganz selbstverständlich und ohne ein Zeichen der Distanzierung einschlägige ta!zrif-Überlieferungen zitiert werden, auch wenn der Verfasser selbst sich nicht explizit zum tafzrifbekennt.38 Das dazu nötige Material hatte nicht lan- ge vorher der große MuJ:tammad Bäqir al-Maglisi (gest. 1699/1700) in seiner monumentalen I:Jadi!-Sammlung Bifzär al-anwär zur Verfügung gestellt.39

Daneben gibt es allerdings eine Reihe von Autoren, die aus ihrem Herzen keine Mördergrube machten und die I:Jadi!e durch eigene Argumente be- kräftigten. Auch hier seien zwei Beispiele herausgehoben. Da ist zum einen der Zeitgenosse Maglisis, Ni'matalläh al-Gazä'iri (gest. 1701 ), der an sich als durchaus moderat galt und sich sogar dafür einsetzte, die Verfluchung Abü Bakrs und 'Umars zu unterlassen.40 In seiner Schrift al-Anwär an- nu'mäniya stellte er dessenungeachtet fest, daß die Vielzahl der Überliefe- rungen keinen Zweifel daran lasse, daß der Koran nach dem Tode MuJ:tam- mads verfälscht worden sei, indem man die Passagen zum Lob der äl al-bait ebenso wegfallen ließ wie die Stellen, in denen die Scheußlichkeiten der Heuchler beschrieben wurden. Diejenigen schiitischen Gelehrten, die von dieser Meinung abwichen - wie etwa as-Sarif al-Murtaqä - hätten dies aus mancherlei Interesse getan, zuvorderst, um den Verleumdungen (von Seiten der Sunniten) ein Ende zu bereiten. Also im Endeffekt, auch wenn es nicht so genannt wird, aus taqiya.4 '

Noch ausführlicher ging der zweite hier zu nennende Gelehrte vor. Abü 1- I~asan b. MuJ:tammad as-Sarif al-'Ärnili (gest. um 1727), bezeichnenderwei- se ein Schüler Maglisis und Gazä'iris, stellte seinem Buch Mir'ät al-anwär wa-miskät al-asrär eine Einleitung voran, deren zweiter Abschnitt von dem handelt, "was einige Veränderungen im Koran verdeutlicht."42 Darin äußert er sich in einer Art und Weise, die an Eindeutigkeit nichts zu wünschen üb- rig läßt. Nicht nur, daß er diejenigen aus den eigenen Reihen, die tafzrif ab- lehnen, einer herben Kritik unterzieht und ihre Einwände Punkt für Punkt

17 V gl. allg. Elr, Bd. I, S. 716-718 und die dort genannte Literatur; fernerE. Kohlberg: Aspeets of Alchbäri Thought in the 17th and 18th Centuries. In: N. Lev1zion u. J.O. Voll (H111gg.): Eigh- teenth-Century Renewal andReform in Islam. Syracuse 1987, S. 133-160.

38 Vgl. z.B. den 1112/1700 gestorbenen 'Abd 'Aii al-l:luwaizi: Kitäb tajsir nur aJ-!tJqalain. Qom 1383-85/1963-65. Bd. I, S. 382f. (zu Vers 3/1 10), 438 (zu 4/3) und 651-658 (zu 5/67); zu diesem tajsir vgl. Todd Lawson: op. eil. (Anm. 7), S. 178-180.

39 Mut,ammad Bäqir al-Maglisi: Bibär a/-anwär. Beicut 31983. Bd. XCII, S. 40-77, v.a. 60ff.; dazu

pTS, Bd. III, S. 16-27, Elr. Bd. IV, S. 90-93, E/1, Bd. V, S. 1086-1088.

4

°

Kohlberg: op. eil. (Anm. 37), S. 148.

41 Ni'matalläh al-Gazä'iri: a/-Anwär an-nu'mäniya ji ma'rijat an-nas'a al-insäniya. Tabriz 1382/1963. Bd.I, S. 97,277, Bd.II, S. 357ff.; dazu pTS, Bd.II, S. 446.

42 Abü l-Hasan as-Sarif al-'Amili: Mir'ät al-anwär wa-mislcät al-asrär. Lith. Teheran 1303/1885- 86, S. is-36; s.a. ibid., S. 69, 86; pTS. Bd. XX, S. 264f.; zum Autors. AS. Bd. VII, S. 342f. (mit ausf. Werkverzeichnis), Elr, Bd. I, S. 93lf.; Lawson: op. eil. (Anm. 7), S. 195-201.

(19)

EINIGE SCHIITISCHE STIMMEN ZUR FRAGE DER KORANFÄLSCHUNG 455 zurückweist. Auch der (diesmal gar nicht diskrete) Verweis auf die taqiya fmdet sich hier. Am bemerkenswertesten ist freilich die Darstellung der Rolle Gottes, der mit den Fälschern des Korans Katz und Maus spielte. Da er im Voraus um deren schändliches Tun wußte, beließ er es nämlich nicht bei den Stellen, an denen direkt auf die Schia Bezug genommen wurde (und die weggefallen sind), sondern streute allerlei versteckte Hinweise ein, die mit Hilfe des ta'wil zu entschlüsseln den schiitischen Exegeten vorbehalten blieb.43 Nüri kannte dieses Buch im Übrigen, besaß sogar eine eigenhändige Abschrift davon, und auch wenn er es nur an einer Stelle direkt zitiert, darf man annehmen, daß es eine äußerst wichtige Quelle für ihn darstellte.44

Auf eine letzte Stelle ist hinzuweisen, auf die vielleicht überraschendste.

Es geht um das Buch Tarfkirat al-a'imma, das oft falschlieh Mu}:lammad Bäqir al-Maglisi zugeschrieben wird, in Wirklichkeit aber von Mu}:lammad Bäqir al-Lähigi stammt und 1674175 verfaßt wurde.45 Darin fmdet sich zu- nächst einmal der bereits hinlänglich bekannte Vorwurf, 'U!män habe bei seiner Redaktion alle Hinweise auf die Vorzüge der äl al-bait und die Schlechtigkeiten der Qurais unter den Tisch fallen lassen. Das eigentlich Überraschende an diesem Werk ist aber, daß darin zwei komplette Suren zi- tiert werden, die angeblich aus dem Koran weggelassen wurden, nämlich eine sog. "Zweilichtersure" (sürat an-nürain) sowie eine Sure, die Lähigi sürat al-wulät nennt.46

Beide angebliche Suren sind für sich genommen nicht neu: Bei der zuletzt genannten Sure handelt es sich um jene sürat al-wiläya, die W. St. Clair Tisdall 1913 in der Zeitschrift Moslem World mitsamt Photo vorgestellt hatte.47 Allerdings wurde dort ohne genauere Angabe nur auf eine "ungefahr 200 oder 300 Jahre alte" Koranhandschrift verwiesen, die im Juni 1912 im indischen Bankipur entdeckt worden sei. Die viel längere Zweilichtersure schließlich ist schon seit den 40er Jahren des 19. Jahrhunderts in der westli- chen Literatur bekannt und wurde bereits von Tbcodor Nöldeke eingehend behandelt (und in das Reich der Fabel verwiesen).48 Dabei berief man sich als Quelle bislang stets und ausschließlich auf das persischsprachige Werk

43 ai-'Amili: op. eil. (Anm. 42), S. 32, 33.

44 a(-Tabrisi: op. cit. (Anm. II), S. 31; Modarresi Tabä(abä'i u. Re2ä Ostädi: ÄSnti'i bti cand nasalJ- e !Jatff. Qom 1335S/1956, S. 149 und pT'S, Bd. XX, S. 264f.

45 pT'S, Bd. IV, S. 26; zum Autor s. AS, Bd. IX, S. 185; Mol;lammad Sarif Räzi: Gangfne-ye dtinesmandtin. Qom 1974-76. Bd. VII, S. 12; Mirzä Mol;lammad 'Aii Modarres: Rai!ftinat al- adab ( ... ). Tabriz 1967-70. Bd. V, S. 123f.; Mul;lammad Bäqir ijwänsäri: Rauflai al-ganntit jf a!Jwtil al-'ulamti'wa-s-stidtil. Lith. Teheran 1367/1947, S. 120 (paenult).

46 Mul;lammad Bäqir ai-Lähigi: Tatjkirat al-a'imma. Lith. Teheran 1260/1844, S. 20f.

47 The Moslem World. Bd. 3. 1913, S. 227-241 (Photo vor225).

48 M. Garein de Tassy: Chapitre inconnu du Coran. In: Journal Asiatique. 3eme serie. Bd. !3.

1842, S. 431-439; dazu Mirza Alexandre Kazem-Beg: Observations( ... ) sur le ,.Chapitre incon- nu du Coran ". In: Journal Asiatique. 4eme serie. Bd. 2. 1843, S. 373-429; Th. Nöldeke u. F.

Schwally: Geschichte des Qortins. Leipzig 21919. Bd. II, S. 100-112.

(20)

456 RAINER BRUNNER

Dabastän-e ma~äheb, das allem Anschein nach nicht-schiitischer Herkunft ist und die religiöse Situation auf dem indischen Subkontinent um die Mitte des 17. Jahrhunderts beschreibt. 49

Mit dem Buch Lähigis liegt dagegen nun erstmals ein genuin schiitisches Werk vor, in dem zustimmend und in polemischer Absicht auf diese Suren verwiesen wird. Selbst wenn sich Lähigi auf das eben genannte Dabestän-e

ma~äheb verlassen haben sollte (was chronologisch durchaus möglich ist), darf man dennoch den Schluß ziehen, daß zumindest Teile der Schia sich diese Suren zu eigen gemacht hatten. Pikanterweise zitiert Nüri dieses Buch übrigens nicht, obwohl er es kannte und sogar die Namensverwechslung mit Maglisi aufklären half. Als er die Zweilichtersure (und nur sie) in seinem eigenen Buch wiedergab, übernahm er sie aus dem Dabestän und fügte den Hinweis an, er finde keinen (weiteren) Beleg für sie in einem schiitischen Buch, außer einer Passage bei Ibn Sahräsüb, der schreibe, die gesamte sürat al-wiläya sei weggefallen; vielleicht, so Nüri etwas kryptisch, sei damit die- se Zweilichtersure gemeint. 5 1 Auch Lähigi scheint also nicht der erste gewe- sen zu sein, der die sürat al-wiläya vermißte. Der von Nüri genannte Ibn Sahräsüb, ein hochangesehener Gelehrter des 12. Jahrhunderts,52 war ein Schüler AJ:.unad b. 'Ali al-Tabrisis, dessen Hauptwerk al-1/:ltigäg eine außer- ordentlich wichtige Quelle ftir Nüri, Sarif al-'Ämili und andere darstellt. 53 Womit sich der Kreis schließt.

Wohlgemerkt: die hier vorgestellten Stimmen zur Koranfalschung bilden die Abweichung, nicht die Norm. Die große Mehrheit wenigstens der Zwöl- ferschia war sich in der Tat seit den Tagen ihrer Kirchenväter einig, den Ko- ran in seiner vorliegenden Form als vollständig zu akzeptieren. Daran hat sich auch und gerade im 20. Jahrhundert nichts geändert, allenfalls noch bei einem zur Schia konvertierten früheren Sunniten finden sich - wohl mit dem Eifer des Bekehrten geschriebene- Zeilen, die das Vorhandensein von ta/:lrif insinuieren.54 Von der, wie zu sehen war, bedeutenden Strömung, die sich diesem Konsens verschloß und sich expressis verbis gegen ihre eigenen

49 EJ1 , Bd. II, S. 74 und Elr, Bd. VI,S. 532-534; ferner prS, Bd. VIII, S. 4Sf.; vgl. J. Eliash: op. eil.

(Anm. 6), S. 19f.

50 pTS. Bd. IV, S. 26.

51 a!-Tabrisi: op. eil. (Anm. II), S. 179(; vgl. Amir-Moezzi: op. eil. (Anm. 6), S. 225f.

52 EJ1 , Bd. III, S. 935; Elr, Bd. VIII, S. 53(

53 in Tabrisis Buch fmden sich zahllose, in den wenigsten Fällen identifiZierte Überlieferungen, in denen la/lrifnicht nur nahegelegt, sondern in offensiver Weise behauptet wird; die am häufig- sten zitierte Stelle entstammt einer Diskussion 'Aiis mit einem Ketzer, in deren Verlauf der Imam darauf hinweist, daß in Vers 4/3 von den Heuchlern (al-munäfiqün) schlichtweg ein Drittel des ursprungliehen Korans unterschlagen worden sei; Al)mad b. 'Aii B\-Tabrisi: al-1/lligäg 'alä ahl al-lagäg. Lith. Nagaf 135011931, S. 125-39, bes. 134f.; zum Autor, dessen genaue Lebensdaten unklar sind, vgl. E/1, Bd. X, S. 39f.; prS, Bd. I, S. 2Slf.

54 ~äliJ:t al-Wardäni: as-Saif wa-s-siyäsa. Isläm as-sunna am isläm as-si'a. Kairo 1996, S. 153, l6Sf.

(21)

EINIGE SCHIITISCHE STIMMEN ZUR FRAGE DER KORANFÄLSCHUNG 457 Glaubensbrüder stellte, will man heute nichts mehr wissen. Besonders hart trifft der Bannstrahl der Kritik naturgemäß Nüris Fa# al-!Ji!äb, daneben kommt es zu mitunter geradezu staunenswerten Konstellationen, etwa wenn der Herausgeber von Ni'matalläh al-Öazä'iris oben zitiertem Werk al-Anwär an-nu<mäniya zwar die inkriminierten Passagen abdruckt, sich aber in einer überlangen Fußnote umgehend und heftig von ihnen distanziert. 55 Es ent- behrt nicht einer gewissen Ironie, daß die sunnitische Polemik dieses Thema erst zu einem Zeitpunkt entdeckte, da auf schiitischer Seite bereits der rechte Gegner fehlte. Aber die Verlockung, die die Grundsätzlichkeit des Themas mit sich brachte, war wohl zu groß - und der Wille zur Differenzie- rung war noch nirgends und zu keinem Zeitpunkt ein Kennzeichen religiöser Polemik.

55 al-Öazä'iri: op. cit. (Anm. 4 1), Bd. II, S. 357fT.

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