Das islamische Bilderverbot und die Schia (Nachtrag)
Von Rudi Pabet, Tübingen
In einem Beitrag zur Festschrift Werner Caskel (herausgegeben von
Eewin Gbäf, Leiden 1968, S. 224—32) hatte icli die Angaben über das
Bilderverbot, die in den sogenannten Vier Büchern der Schiiten stehen,
im Wortlaut mitgeteilt und die Hoffnung ausgesprochen, nichts Wesent¬
liches übersehen zu haben. Leider muß ich nachträglich feststellen, daß
mir dabei doch ein wichtiger Passus in Kulaini's al-Käfi entgangen ist.
Dieser sei hier nachgetragen. Es handelt sich um das Kapitel über das
Ausschmücken von Häusern (oder: Zimmern) (Bäb tazwiq al-buyüt).
Das Kapitel steht in Band IV, S. 119 der seinerzeit von mir benützten
lithographierten vierbändigen Ausgabe des Werkes am Rand des Kom¬
mentars Mir'ät al-'uqül von Akmal Maglisi, besser lesbar in Band VI,
1379, S. 526—8 des achtbändigen Teheraner Typendrucks, der mir jetzt
zur Verfügung steht. Der Nachtrag wäre auf Seite 226 meines Beitrags
zur Festschrift Caskel hinter Zeile 23 einzufügen. Die Bemerkung auf
Seite 230, Zeile 7f. stimmt nicht mehr. Das Hadit, dem zufolge der
Verfertiger von Bildern am Tag der Auferstehung aufgefordert wird,
ihnen Lebensodem einzuhauchen, ist nun doch in einem der Vier kanoni¬
schen Bücher nachgewiesen. Auch meine Ausführungen auf Seite 231
werden durch den Nachtrag in ihrer Gültigkeit eingeschränkt.
IV, S. 119 (Teheran VI, 1379, S. 526—8). (Bäb tazwiq al-buyüt):
Nach Abü Ba§ir, nach Abü 'Abdallah (VI.). Er sagte: Der Gesandte
Gottes hat gesagt: Gabriel kam zu mir und sagte: Mohammed! Dein
Herr läßt dich grüßen und (dir sagen:) er verbietet, Häuser (oder:
Zimmer) auszuschmücken. Abü BasIr sagte: Da sagte ich (zu Abü
'AbdaUäh): Was bedeutet ,, Häuser (oder: Zimmer) ausschmücken"?
Er sagte : (Damit sind) Abbildungen von (körperhaften) Gestalten (ge¬
meint) (tasäwir at-tamätil).
Nach Muhammad ibn Marwän, nach Abü 'AbdaUäh (VI.). Er sagte:
Der Gesandte Gottes hat gesagt: Gabriel kam zu mir und sagte: Wir
Engel betreten kein Haus (oder: Zimmer), in dem sich ein Hund befindet
oder eine körperhafte(?) Abbildung [timtäl ^asad) oder ein Gefäß, in das
uriniert wird.
272 Rudi Pabet
Nach Abü Ba§ir, nach Abü 'AbdaUäh (VI.)- Er sagte: Gabriel hat
gesagt: Wir betreten kein Haus (oder: Zimmer), in dem sich ein Bild
(süra) oder ein Hund befindet — er meinte (mit dem Bild) das Bild
eines Menschen —, auch kein Haus (oder: Zimmer), in dem sich (körper¬
hafte) Darstellungen (tamätil) befinden.
Nach Ibn Abi 'Umair, nach einem (ungenannten) Mann, nach Abü
'Abdallah (VI.). Er sagte: Wer ein (körperhaftes) Bild herstellt (mattala
timtälan), von dem wird am Tag der Auferstehung verlangt, daß er ihm
Lebensodem (ar-rüh) einhaucht.
Nach al-Mutannä, nach Abü 'AbdaUäh (VI.). Er sagte: 'AH miß-
biUigte es, wenn in einem Haus (oder: Zimmer) ein Bild war (kariha
s-sürata fi l-buyüti).
Nach Abü Ba^ir, nach Abü 'AbdaUäh (VI.). Er sagte: Ich fragte ihn
(Abü 'Abdallah), was von einem Kissen oder einem Teppich zu halten
ist, auf dem sich Abbildungen (von körperhaften Gestalten) (at-tamätil)
befinden. Er sagte: Dagegen ist nichts einzuwenden. Er (der Teppich)
liegt ja (als Gebrauchsgegenstand) im Zimmer (auf dem Boden) (? yakünu
fi l-baiti). Ich sagte: (Es sind aber doch) Abbildungen (von körperhaften Gtestalten) (at-tamätil). Er sagte : Alles, worauf man tritt, ist unbedenklich.
Nach Abü l-'Abbäs, nach Abü 'AbdaUäh (VL), hinsichtlich des
Wortes Grottes : ,,Sie (d.h. die Dschinn) machten für ihn (d.h. für Salomo), was er woUte : Paläste (tnahärib) und Abbildungen (tamätil)" (Sure 34,13).
Er sagte: Bei Gott! Es geht hier nicht um Abbildungen von Männern
und Frauen, sondern um Bäume und ähnliches.
Nach Zurära ibn A'yan, nach Abü Öa'far (V.). Er sagte: Es ist nichts
dagegen einzuwenden, daß Abbildungen (von körperhaften Gestalten)
sich in Häusern (oder: Zimmern) befinden, wenn man die Köpfe davon
abwandelt und sie im übrigen läßt (wie sie sind).
Nach 'Ali ibn Ga'far, nach Abü 1-Hasan (VIIL). Er sagte: Ich fragte
ihn (Abü 1-Hasan), ob man in einem Haus (där) oder Zimmer (hu^ra),
in dem sich (körperhafte) DarsteUungen (at-tamätil) befinden, das Gebet
verrichten dürfe. Er sagte : Verrichte das Gebet nicht darin, wenn sich
etwas (derartiges) darin (in Richtung der Qibla) vor dir befindet (wa-fihä
Sai'un yastaqbiluka) ! Wenn du aber gar nicht anders kannst (als in
einem solchen Raum zu beten), dann schlag die Köpfe davon ab ! Sonst
darfst du das Gebet nicht darin verrichten.
Nach al-Husain ibn al-Mundir. Er sagte: Abü 'AbdaUäh (VI.) hat
gesagt: Drei (Arten von Menschen) werden am Tag der Auferstehung
Qualen zu leiden haben : Ein Mann, der über einen Traum von sich die
Unwahrheit gesagt hat. Von ihm wird verlangt werden, daß er zwei
Gerstenkörner aneinanderknüpft, und das wird er nicht tun können.
Und ein Mann, der (körperhafte) Gestalten abgebildet hat. Von ihm
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wird verlangt werden, daß er (Lebensodem) in sie bläst, und das wird er
nicht tun können. (Das dritte Glied des Spruches ist ausgelassen.)
Nach Ibn al-Qaddäh, nach Abü 'Abdallah (VI.). Er sagte : Der Beherr¬
scher der Gläubigen ('Ali) hat gesagt: Der Gesandte Gottes schickte
mich aus, um Grabbauten einzureißen und Bildnisse zu zerbrechen
(Jba'atam rasülu Ilähi fi hadmi l-qubüri wa-kasri s-suwari).
Nach 'Amr ibn Hälid, nach Abü Ga'far (V.). Er sagte: Gabriel hat
gesagt: Gesandter Gottes! Wir (Engel) betreten kein Haus (oder:
Zimmer), in dem sich das Bild eines Menschen befindet, und keines, in
dem uriniert wird, und keines, in dem sich ein Hund befindet.
Nach Yahyä al-Kindi, der das Waschbecken des Beherrschers der
Gläubigen ('Afi) zu betreuen hatte. Er sagte : Der Gesandte Gottes hat
gesagt: Gabriel hat gesagt: Wir (Engel) betreten kein Haus (oder:
Zimmer), in dem sich eine (körperhafte) Darstellung befindet, auf die
man nicht tritt (d.h. wenn sie nicht etwa auf dem Boden liegt) —■ das
Hadit ist gekürzt (so der Text).
Nach as-Saküni, nach Abü 'Abdallah (VI.). Er sagte: Der Beherrscher
der Gläubigen ('Afi) hat gesagt : Der Gesandte schickte mich nach Medina
und sagte: Laß kein Bild, ohne es auszuwischen, kein Grab, ohne es
einzuebnen, und keinen Hund, ohne ihn totzuschlagen!
Creation from Nothing and the Teaching of the Qur'än
by Thomas O'Shaughnessy, Manila
Christian thinkers had set forth the implications of Biblical creation
long before Muhammad began to preach to the Arabs in 612 A.D. God's
sovereign dominion and His role as first cause are affirmed in the phrase
"almighty Father" found even in the earliest creeds. By 155 the Shepherd of Hermas (Visions, I, 6; Precepts, I, 1) was talking of creation "from
nothing" to counter the Gnostic dualists and the Greek philosophers
holding eternal matter.
The Qur'än too speaks much of creation, phrasing its message with the
simplicity, if not the grandeur, of Genesis : all that is not God is ultimately
the work of His power and wisdom. The Arab commentators go beyond
this to state that He calls creatures into existence from nothing. It is
questionable, however, whether the Qur'än itself gives any valid foun¬
dation for this teaching.
One passage cited for the commentators' view is 40. 57/59,' which
says that creating the heavens and the earth is greater than creating
man. This, Baydäwi explains, is because God made them from nothing
and man from previously existing material. But other texts seem to con¬
tradict his explanation, for example, 41. 11/10, where God forms the sky
from smoke or vapor, or 21. 30/31, where He brings forth the heavens
and the earth from an undifferentiated mass of matter.
Again, according to the commentators, creatures arise from nothing
at God's creative command "Be" (kun). But most of the verses cited for
this view do not really solve the question, since they neither affirm nor
deny the existence of previous matter with which the Creator might
have worked. An example of this type of non-committal statement is
2. 117/111: "The Creator of the heavens and the earth! When He decrees
(the creation of) a thing, He merely says to it 'Be' and it is"."
' The numbering of verses is that of the official Egyptian edition of the
Qur'än. That of Gustavus Flügel (Corani Textus Arabicus, third edition;
Lipsiae: Tauchnitz, 1883) is placed after the diagonal when the two differ.
2 The other non-committal kun texts are 3. 45/40fT.; 6. 72f ; 16. 38/40ff.;
19. 34/35f ; and 36. 78—82.