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Heute auf Seite 3: Das Jubiläum eines Provisoriums

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UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND

Jahrgang 40 — Folge 1 Erscheint wöchentlich

Postvertrlebsstück.Gebühr bezahlt

7. Januar 1989

Landsmannschaft Ostpreußen e.V.

Parkallee 84/86. 2000 Hamburg 13

C5524C

Ostpolitik:

Rakowski und der

„deutsche Faschismus"

Die Vertreibung ist für Warschau nach wie vor ein Tabu

V O N Dr. H E R B E R T H U P K A Zwischen der Bundesrepublik Deutschland und

der Volksrepublik Polen gibt es eine große Zahl von strittigen Punkten. Den gemischten deutsch- polnischen drei Arbeitsgruppen, die nach Rück- kehr des Bundesaußenministers Hans-Dietrich Genscher von seiner Warschau-Visite im Januar 1988 gebildet worden sind, ist der Durchbruch noch nicht gelungen. Als Mitte Dezember 1988 in der Tageszeitung „Die Welt" ein Interview mit dem polnischen Ministerpräsidenten Mieczyslaw Ra- kowski zu lesen war, hoffte man Andeutungen in Richtung eines Durchbruchs zu entdecken, aber dem war nicht so. Alle, gerade die offenen Punkte zwischen Bonn und Warschau in kluger Dosierung aufgreifenden Fragen von Chefredakteur Manfred Schell wurden von Rakowski vom Tisch gewischt oder mit Unverbindlichkeiten beantwortet. Aller- dings meinte in einem Leserbrief die außenpoliti- sche Sprecherin der CDU/CSU-Bundestagsfrak- tion, die CSU-Abgeordnete Michaela Geiger, aus der „Einbeziehung auch der deutschen Sicht'

„wahrlich ganz neue Töne" herausgehört zu haben!

Die Vertreibung ist auch für Rakowski nach wie vor Tabu. Rakowskis Satz: „Ich sage ganz offen, man muß auch bedenken, daß der Zweite Welt- krieg für die Deutschen Folgen hatte", veranlaßte den deutschen Interviewer zu der berechtigten Frage: „Mit den Folgen meinen Sie die Vertreibung von Millionen Deutschen?" Darauf die geradezu stereotype Antwort Rakowskis: „Ich habe vor allem an Millionen von Opfern und an die Verbre- chen des Faschismus gedacht, die unlösbare Spu- ren im Gedächtnis der Nationen Europas hinterlie- ßen."

Und wie beurteilt Rakowski die Entfesselung des Zweiten Weltkriegs durch den Hitler-Stalin-Pakt von 1939? Antwort: „Verlangen Sie von mir einen historischen Vortrag oder politische Deklaration?

Die Geschichte der Menschheit ist verwickelt. Das trifft auch für die Geschichte zwischen Polen und den Russen und den Deutschen zu. Man muß sich damit abfinden, man kann es jetzt nicht mehr än- dern." Selbst zu Katyn ließ sich Rakowski nicht aus der Reserve locken. Merke: Was gestern der Kommunismus an Verbrechen begangen hat, muß man als unvermeidlich und inzwischen historisch geworden akzeptieren. Was gestern der National- sozialismus an Verbrechen begangen hat, hat immer noch Aktualitätswert!

Wir wissen, daß die Volksrepublik Polen bislang darauf beharrt, für das Einzugsgebiet des erst noch zu errichtenden Generalkonsulats der Bundesre- publik Deutschland in Krakau nur die polnischen Ortsbezeichnungen auch für den deutschsprachi- gen Text zu gestatten. Das aber wäre ein Vorgriff auf den Friedensvertrag, den es aber nur unter der Bedingung des Selbstbestimmungsrechts geben kann. Der Bundesregierung hat Rakowski in die- sem Zusammenhang vorgeworfen: „Leider habe ich bis jetzt keine eindeutige Antwort auf unser Angebot bekommen", indem er selbst sich der Phrase bedient: „Wir müssen unsere Haltung kor- rigieren, die Sicht Bonns in unser Verhältnis einbe- ziehen." Wird man dann jedoch, wie dies gottlob der Interviewer war, konkret und fragt lediglich danach, wie es um Erinnerungstafeln für Graf Staufenberg in Rastenburg und die Kreisauer in Schlesien bestellt sei, wird gleich ausweichend ge-

Aus dem Inhalt

Seite

Schatten über der Entspannung? . . 2 Neuer Trend auf dem Arbeitsmarkt 4

Burgen: Preußisch Eylau 8 Heute in Nidden und Rossitten . . . 9

Neues aus Lüneburg 11 Elsaß-Lothringen:

Dialekt in Gefahr 10

antwortet: „Ich (Ministerpräsident Rakowski) halte mich hier zurück, sage aber, die deutsche Seite muß auch die polnischen Ressentiments berück- sichtigen. Aber richtig ist auch, daß Ressentiments nicht die Politik bestimmen dürfen. Wir sind da realistisch. Es stellt sich die Frage, ob Bonn dies auch ist. Denn es kann ja nicht so sein, daß man den Ball nur zum anderen hinüberschlägt."

Merke: Was realistisch ist, bestimmt der Kom- munismus und polnische Nationalismus. Das Schicksal der Deutschen im heutigen polnischen Machtbereich, ein deutsch-polnisches Jugend- werk, die Sorge um die Kriegsgräber der im Zwei- ten Weltkrieg gefallenen deutschen Soldaten, um nur neben der Bezeichnung der deutschen Orte mit deutschen Namen die strittigsten Punkte zu nen- nen, all das wurde von Rakowski in ein erst noch zu schnürendes deutsch-polnisches Paket verwiesen, ohne daß auch nur die geringste Andeutung in Richtung eines tatsächlich inzwischen sich wan- delnden Standpunktes seitens der polnischen Re- gierung gemacht worden wäre.

Die CSU-Abgeordnete Michaela Geiger schrieb in ihrem Leserbrief: „Die Äußerungen Rakowskis lassen uns hoffen, daß die Polen ihr Verhältnis zu uns wirklich neu bestimmen wollen." In Rakowskis Interviewaussagen ist davon nichts zu spüren, es sei denn, man legt Allgemeinplätze bereits als ver- bindliche Aussagen aus. Nicht anders als Ryszard Wojna nimmt bekanntlich auch Rakowski viele Deutsche schon deswegen für sich ein, weil dereine wie der andere fließend deutsch spricht. Nicht dies ist entscheidend, sondern der Inhalt der Aussagen.

Keiner der zwischen Bonn und Warschau offenen Punkte ist inzwischen geklärt.

Nicht bevor ein klares deutsch-polnisches Kon- zept vorliegt, wird der Bundeskanzler 1989 nach Warschau reisen können und wollen.

Schnee in der Heimat: In ganz strengen Wintern drängt das Rotwild an die Futterkrippen Foto Bruno Schmidt

Deutsche Frage:

Probieren wir's doch mal!

»Schaun mer mal", so befanden Berliner Sportjournalisten, sei der Spruch des Jahres 1988 gewesen. Oberfußballer Franz Becken- bauer habe ihn als Universal-Antwort auf alle lästigen Fragen parat gehabt.

»Schauen wir einmal" oder „warten wir 'mal ab" — auch die Politiker scheinen sich im ver- gangenen Jahr wieder allzu oft mit dieser Floskel b e g n ü g t zu haben, wenn es um e x i - stentielle Fragen und um mehr als den Sinn oder Unsinn einer Mineralölsteuer für Privat- flugzeuge ging. Geriet beispielsweise hor- monverseuchtes Kalbfleisch i n die Schlagzei- len oder k ä m p f t e n vor Alaskas K ü s t e n Grau-

Deutsch-deutsche Beziehungen:

Positive Erwartungen für Zusammenarbeit

Dr. Hennig MdB: Vereinbarung über Schnellbahntrasse noch bis Juli

»Nicht unbelastet, aber mit positiven Er- wartungen", so sieht der Sprecher der Lands- mannschaft O s t p r e u ß e n , Dr. Ottfried Hennig MdB, Parlamentarischer S ta ats s ek r et är i m Ministerium für innerdeutsche Beziehungen, das innerdeutsche K l i m a zur Jahreswende.

In einem Interview mit der Bonner Tages- zeitung „Die Welt" machte Hennig deutlich, daß es „mit einiger Sicherheit" i n der ersten Hälfte des neuen Jahres zum A b s c h l u ß der Vereinbarung ü b e r den Bau der Schnellbahn- trasse zwischen Hannover und Berlin kom- men werde. Im Sommer 1988 habe es mit der Zustimmung seitens der D D R den entschei- denden Durchbruch für dieses Milliarden- Projekt gegeben.

A u c h auf dem Gebiet des Umweltschutzes und der Reaktorsicherheit sieht Hennig die Kontinuität Bonns hinsichtlich des deutsch- deutschen Dialogs bestätigt. Mit dem Einstieg in die Verminderung der hohen Elbe-Schad- stoffbelastungen durch die D D R und die Tschechoslowakei, die beide zu 90 Prozent Verursacher der Schadstoffracht an Queck- silber, halogenisiertem Kohlenwasserstoff und A m m o n i u m seien, rechnet der Staatsse- kretär in diesem Jahr.

Hennig setze voraus, d a ß es hierbei „kein Junktim zwischen der innerdeutschen U m - w e l t s c h u t z m a ß n a h m e und dem noch stritti-

gen Verlauf der Elbegrenze geben wird".

A u c h diesmal dürfe an dem Verursacherprin- zip nicht gerüttelt werden, so Hennig.

Z u einer dritten Expertenbegegnung soll es in diesem Jahr betreffs der Reaktorsicherheit kommen. Ein Informationsaustausch über die friedliche Nutzung der Kernenergie und die unverzügliche Unterrichtung bei Kernkraft- unfällen seien vorgesehen.

A l s positiv wertete Hennig, d a ß unter den fünf Millionen Besuchern aus der D D R i m letzten Jahr immerhin 1,3 Millionen jüngere Besucher gewesen seien, die unterhalb des Rentenalters in „dringenden Familienangele- genheiten" i n die Bundesrepublik gekommen seien.

Damit unterstrich Hennig die deutsch- landpolitische Bilanz 1988 des Bundesmini- sters für innerdeutsche Beziehungen, Dr. Doro- thee Wilms, die in ihrer Erklärung betonte, daß die Politik des Dialogs, des Interessen- ausgleichs und der Zusammenarbeit mit der DDR für die Menschen im geteilten Deutsch- land weitere Fortschritte gebracht habe. Die Grundlage dafür aber sei „unsere Festigkeit i n den Grundfragen, die Stetigkeit und Bere- chenbarkeit unserer Politik und unsere Be- reitschaft zur praktischen Weiterentwicklung der innerdeutschen Beziehungen trotz fort- schreitender prinzipieller Gegensätze".

Cornelia Littek

wale gegen das Packeis, dann gab es i n Bonn immer einige kluge Köpfe, die mit Rezepten aufwarteten. A b e r i n ungleich dringlicheren Problemen reichte es allenfalls für die stereo- typen Versicherungen, es gebe derzeit keine Alternative, das sehe die „Tagesordnung der Weltpolitik" nicht- vor.

Dies läßt sich beispielsweise für die offene deutsche Frage konstatieren. W ä h r e n d wir (Postmoderne hin, Postmoderne her) i n allen Bereichen des öffentlichen Lebens und der Politik nach wie vor fortschrittsgläubig sind, nahezu alles für machbar halten inklusive einer friedvollen ostwestlichen Verbrüderung und dem A b b a u s ä m t l i c h e r „Feindbilder", hat sich i m vergangenen Jahr hinsichtlich unse- res nationalen Anliegens der Wiedervereini- gung nichts bewegt.

N u n — inzwischen hat 1989 begonnen.

Neues Jahr, neuer Schwung? Oder neues Jahr und traditionelle Behäbigkeit? Auf der »Tages- ordnung" für dieses Jahr steht jedenfalls schon einiges: etwa der Gorbatschow-Besuch in Bonn, wohl noch i m Frühjahr; weitere Run- den i m A b r ü s t u n g s d i a l o g der beiden Super- m ä c h t e , der zweifellos weniger einem Plan zur W e l t b e g l ü c k u n g als einem Blick auf die leeren Kassen in Washington und vor allem Moskau entspringt; eine Fortsetzung der Dis- kussion um eine Verringerung der militäri- schen Präsenz der U S A i n West-Europa;

schließlich weitere Schritte auf die Schaffung des gemeinsamen Binnenmarktes i n diesem West-Europa zu, der nach dem W i l l e n der Bundesregierung die Vorstufe zu einer bun- desstaatlichen „Europäischen Union" darstel- len soll.

Angesichts dieser V o r g ä n g e und Planun- gen, von denen einige vielleicht immer Utopie bleiben werden und andere zumindest vor kurzem noch als solche angesehen wurden, ist es einfach nicht begründbar, warum sich aus- gerechnet i n der deutschen Frage nichts be- wegen lassen solle. Sicher ist nur eines: W o nichts a n g e r ü h r t , nichts in Frage gestellt wird, zementiert sich der Ist-Zustand. W e n n „jedes Rühren an die deutsche Frage... der Bundes- regierung als eine Aufgabe h ö c h s t e n s für die Enkel der jetzt lebenden Deutschen" gilt und dadurch die Bonner Parteien „Honeckers beste Stützen" abgeben, wie es die „Frankfur- ter Allgemeine" unlängst formulierte, ist auch für 1989 nur Stillstand in der deutschen Frage zu erwarten (und das bedeutet in unserer S i -

(2)

Politik £XB Dflirauf mblatl 7. Januar 1989 — Folge 1 — Seite 2

tuation Verschlechterung, weil die nach- wachsenden „Mauer-Generationen" mehr und in die Gefahr geraten können, die Anormali- tät der Teilung als Normalität zu empfinden).

In dem Maße, wie dieser Stillstand eintritt, wird aber auch der ständige regierungsamtli- che Verweis auf die Offenheit der deutschen Frage zunehmend unglaubwürdig. Wem das Grundgesetz die Wiederherstellung der staat- lichen Einheit Deutschlands vorschreibt, der darf es nicht bei einem bloßen „Management der Teilungsfolgen" (Uwe Ronneburger, F.D.P.) belassen. Der darf nicht „die Hände in den Schoß legen und auf eine Änderung der Großwetterlage lediglich warten", weil sonst das „Offenhalten der deutschen Frage... rasch zur inhaltsarmen Formel, hinter der Nichts- tun vermutet wird", verkümmern würde, wie der Sprecher der Landsmannschaft Ostpreu- ßen, Pari. Staatssekretär Dr. Ottfried Hennig, zum Ausklang des vergangenen Jahres ge- warnt hat.

Vielmehr ist es dringend nötig, in einer sich ändernden Welt und vor dem Hintergrund eines abrüstungspolitischen Tauwetters zwi- schen Ost und West Chancen für die Deut- schen und Deutschland zu suchen, nach Prei- sen für die Einheit zu fragen, mit den Verbün- deten eine gemeinsame Wiedervereini- gungsstrategie anzustreben, über einen glo- balen Interessenausgleich nachzudenken und gerade 1989, im 40. Jahr der Errichtung des Provisoriums Bundesrepublik Deutschland und der Verkündung des Grundgesetzes, einen neuen Anlauf zu unternehmen, deren Präambel mit Leben zu erfüllen. Denn, wie CSU-Chef Dr. Theo Waigel soeben noch ein- mal betont hat, „gestiegene Besucherzahlen im innerdeutschen Reiseverkehr sind erfreu- lich", aber „sie sind keine Antwort auf die offe- ne deutsche Frage".

Hoffentlich ist 1989 die Bereitschaft der Po- litiker größer, an die Stelle des „schaun mer mal" ein „probieren wir's mal" zu setzen.

Ansgar Graw

Aussiedler:

Rüstung:

Schatten über der Entspannung?

Zwei neue Großradaranlagen der Sowjets bereiten Washington Kopfzerbrechen

Die Skeptiker unter den westlichen Abrüstungs- experten dürfen sich bestätigt fühlen. Mit der Ent- deckung von zwei neuen Großradaranlagen vom bereits bekannten Typ in der Nähe der sibirischen Stadt Krasnojarsk haben ihre Zweifel am Ernst und an der Aufrichtigkeit von Gorbatschows Ab- rüstungswillen Auftrieb erhalten.

Der mahnende Hinweis auf die Diskrepanz zwi- schen Wort und Tat im Bereich der Sicherheitspoli- tik findet durch dieses Faktum, das ausgerechnet die entspannungsfreundliche Washington Post jetzt aufdeckte, ungeahnte Beweiskraft. Noch liegt Washington in winterlicher Ruhe. Die 81 Senato- ren aber, die erst noch im vergangenen Herbst in einer Entschließung die Regierung Reagan aufge- fordert hatten, keinen neuen Raketenvertrag zu unterzeichnen, bevor nicht das Problem Krasno- jarsk gelöst sei, sie werden die neue Regierung Bush gleich in diesen Tagen auf das verdrei-

fachte Problem Krasnojarsk aufmerksam machen.

Krasnojarsk — das ist das Symbol für den Bruch des ABM-Vertrags durch die Sowjets. Denn die Radaranlage im Innern der Sowjetunion ist ein wichtiger Baustein für die Errichtung eines strate- gischen Abwehrsystems gegen Interkontinental- raketen, für ein rotes SDI sozusagen. Das gerade sollte der ABM-Vertrag verhindern und somit die Abschreckung aufrechterhalten. Die Verhandlun- gen über eine Halbierung oder auch nur Reduzie- rung der Fernraketen, die in Genf unter dem Kürzel START geführt werden, sind bisher an Krasnojarsk festgefahren. Washington sieht keinen Sinn in einer Reduzierung, wenn die Sowjetunion durch die gleichzeitige Errichtung eines Abwehrsystems noch gestärkt wird und womöglich sogar indirekt die Option für einen Erstschlag ohne Risiko ver- traglich zugesichert bekommt. Nach der Ent- deckung von Krasnojarsk zwei und drei durch

Vor östlichen Geheimdiensten schützen

Ausreisegenehmigung an nachrichtendienstliche Tätigkeit geknüpft

V O N HARTMUT KOSCHYK, GENERALSEKRETÄR DES BdV Generalbundesanwalt Kurt Rebmann hat darauf

hingewiesen, daß trotz Glasnost und Perestroika die geheimdienstlichen Aktivitäten der Staaten des Warschauer Paktes gegen die Bundesrepublik Deutschland mit unverminderter Stärke und un- veränderter Zielrichtung anhalten. Die Aussiedler- flut, so der Generalbundesanwalt, bedeute ,keine generelle Gefahr" füi die äußere Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland. Nach ihm vor- liegenden Erkenntnissen werde jedoch von den kommunistischen Behörden in den Herkunftslän- dern der Aussiedler die Erteilung einer Ausreise- genehmigung und die Möglichkeit, Verwandte im Westen zu besuchen, öfter an die Bedingung einer nachrichtendienstlichen Tätigkeit geknüpft

Auf diesen Sachverhalt hat der Bund der Ver- triebenen schon seit langem hingewiesen. Immer wieder hat er deutlich gemacht, daß vor allem die Nichtentlassung von Aussiedlern aus der fremden Staatsangehörigkeit des kommunistischen Her- kunftslandes und das damit einhergehende frag- würdige Verfahren, über die Botschaften dieser Staaten hier in der Bundesrepublik Deutschland die Entlassung aus der fremden Staatsangehörig- keit zu betreiben, die Aussiedler zu potentiellen Opfern kommunistischer Geheimdienste werden läßt.

Der verstorbene Staatsminister Mertes vom Auswärtigen Amt hatte diesbezüglich bereits 1984 von großen „rechtspolitischen" Problemen gespro- chen, die einer dringenden Lösung auf dem Ver- handlungswege mit den betreffenden kommunisti- schen Staaten bedürfen. Geschehen ist jedoch bis heute nichts.

Die politisch Verantwortlichen in Bonn sollten die Warnung des Generalbundesanwaltes zum Anlaß nehmen, durch energisches Verhandeln mit den Herkunftsländern der Aussiedler eine Ände- rung der bisherigen Praxis zu erreichen. Polen bei- spielsweise braucht nur zu der bis zur Aufhebung des Kriegsrechtes am 22. Juli 1983 gängigen Praxis zurückzukehren, nach der Deutsche im Rahmen ihrer Aussiedlung aus dem polnischen Machtbe- reich ein spezielles Reisedokument („Dokument Podrzy") ausgestellt bekamen, womit sie beim Grenzübertritt die polnische Staatsangehörigkeit automatisch verloren haben.

Ein derartiges Verfahren sollte Verhandlungs- gegenstand mit allen kommunistischen Herkunfts- staaten der Aussiedler sein. Diese Lösung anzu- streben, gebietet die Schutzpflicht für unsere äuße- re und innere Sicherheit, aber auch für die jetzt zu uns kommenden Deutschen.

Zeichnung aus „Berliner Morgenpost"

einen amerikanischen Aufklärungssatelliten, deren Fotoschärfen immer wieder verblüffend sind, dürf- te die nächste Verhandlungsrunde in Genf weniger langweilig sein als die bisherigen.

Wichtiger noch sind die möglichen Rückwir- kungen auf das Entspannungsverhältnis zwischen den Großmächten. Gorbatschows Worte, zuletzt in seiner Rede vor der UNO am 7.12.88, werden von westlichen Regierungen zu Recht begrüßt als Zei- chen des guten Willens. Die Fragen nach den Taten aber werden lauter werden. Die dieser An- kündigung zugrunde liegende und von Gorba- tschow erstmals am 25. 2.1987 als neuer zentraler Begriff der sowjetischen Militärdoktrin genannte

„ausreichende Verteidigung" hat Hoffnungen ge-

Mitteldeutschland:

weckt, die von der Realität, das heißt einem Abbau der hoch überlegenen konventionellen Streitkräfte oder eben der Großradaranlagen zum Beispiel, noch untermauert werden müssen.

Solange bleibt die Skepsis berechtigt, die der noch amtierende amerikanische Verteidigungsmi- nister Carlucci im Wall Street Journal am 30. Au- gust 1988 nach einem Treffen mit seinem sowjeti- schen Amtskollegen Jasow so formulierte: „Die Sowjetunion mag im Hinblick auf Reformen zö- gernde Schritte unternehmen, aber im Umfang oder beim Einsatzkonzept ihres Militärs ist immer noch keine nennenswerte Veränderung zu ver- zeichnen. Die ,neue Doktrin' hat weder zur Zerstö- rung oder Ausmusterung eines einzigen Schiffes, Flugzeuges oder Panzers geführt noch zu einem Abzug von Truppen aus Europa oder Ostasien. Die sowjetischen Streitkräfte sind ihrem Aufbau und ihrer Ausrüstung nach immer noch in der Lage, mächtige Offensivschläge auszuführen, um Terri- torium zu erobern und zu halten. Bis jetzt liegen also keine Hinweise dafür vor, daß die in der So- wjetunion geführte Debatte über militärische Stra- tegie über das Stadium von Diskussionen hinaus gediehen ist. Dennoch besteht eine bemerkens- werte Bereitschaft, Meinungsverschiedenheiten zwischen den Vereinigten Staaten und der Sowjet- union offen anzusprechen".

Carluccis Nachfolger, John Goodwin Tower, wird diesen Artikel kopfnickend nachlesen. Der frühere Vorsitzende des einflußreichen Streitkräf- teausschusses im Senat (1981—1985) diente Rea- gan als Chefunterhändler für Fragen der Verteidi- gung im Weltraum. Kaum ein anderer Politiker in den USA kann die Bedeutung der Radaranlagen so gut und so genau einschätzen wie er. Die drei An- lagen decken neunzig Prozent des sowjetischen Staatsterritoriums ab. Sie kosten je 2,5 Milliarden Dollar. Für ein Land, das verzweifelt nach Devisen und Krediten sucht, ist das eine Menge Geld, vor allem, wenn es für Verteidigungszwecke nicht un- bedingt nötig ist, sondern nur, um eine nahezu risi- kolose Erstschlagskapazität aufzubauen.

All das weiß Tower und es bereitet ihm sicher noch vor Amtsantritt einiges Kopfzerbrechen. Er wird sich und seinen Präsidenten Bush fragen, warum die Sowjets überhaupt und gerade jetzt in der Zeit der Entspannung so teure Anlagen bauen.

Setzen sie auf die Vertrauensseligkeit des We- stens? Dienen die westlichen Kredite gar indirekt der Finanzierung dieser Anlagen? Wie die Antwort auch ausfällt, ein Schatten fällt auf die Entspan- nung, der auch von den Europäern nicht übersehen werden kann. Die Amerikaner werden jedenfalls nicht versäumen, ihre NATO-Partner auf die neue Lage aufmerksam zu machen, wenn der eine oder andere Außenminister wieder einmal die Tatsa- chen partout nicht sehen will. Jürgen Llmlnskl

Die revolutionäre Legende der SED

Sie vertritt auch nach 40 Jahren nicht „Willen der großen Mehrheit"

vXns t f i p r c u ß f n b l a i i

UNABHÄNGIGE WOCHENZEITUNG FÜR DEUTSCHLAND Chefredakteur Hugo Wellems

Verantwortlich für den redaktionellen Teil Kultur, Unterhaltung, F r a u e n s e i t e :

Silke Osman Geschichte, Landeskunde,

Literatur und Aktuelle*:

Horst Zander Heimatkreise, Gruppen, Soziales und Mitteldeutschland:

Susanne Kollmitt

Politik, Zeltgeschehen, Jugend:

Ansgar Graw / Michael A. Schwilk Aus aller Welt, Reportagen:

Dr. Cornelia Littek OstpreuBlsche Familie:

Ruth Geede

Bonner Büro: Clemens J. Neumann Anzeigen und Vertrieb: Karl-Heinz Blotkamp

Anschrift für alle: Parkallee 84/86.2000 Hamburg 13. Verlag: Landsmannschaft Ostpreußen e.V., Parkallee 86 2000 Hamburg 13. Das Ostpreußenblatt Ist das Organ der Landsmannschaft Ostpreußen und erscheint wö- chentlich zur Information der Mitglieder des Förderkreises der Landsmannschaft Ostpreußen. — Bezugspreis Inland 7,90 DM monatlich einschließlich 7 Prozent Mehrwertsteuer. Ausland 9,40 DM monatlich. Bankkonto- Landesbank Hamburg BLZ 200 50000, Konto-Nr. 192344. Postgirokonto für den Vertrieb: Postgiroamt Ham- burg. Konto-Nr. 8426-204; für Anzeigen: Postgiroamt Hamburg, Konto-Nr. 90700-207. — Für unverlangte Ein- A Sendungen wird nicht gehaftet. Rücksendung erfolgt nur, wenn Porto beiliegt. — Druck Gerhard

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Der 30. Dezember 1988 stand in der DDR im Zei- chen des 70. Jahrestages der Gründung der KPD.

Und ein Dreivierteljahr später, am 7. Oktober 1989, hat die SED zur Feier des 40. Jahrestages der DDR- Gründung aufgerufen. Beide Daten haben nun die Ideologen in Ost-Berlin, die für die SED Ge- schichtstraditionen gleichsam um jeden Preis stif- ten müssen, in einen historischen Zusammenhang gestellt: ,40 Jahre Deutsche Demokratische Repu- blik, das ist schöpferische Verwirklichung des re- volutionären Programms, das vor sieben Jahrzehn- ten die Gründer der Kommunistischen Partei Deutschlands ausarbeiteten."

So heißt es wörtlich in jenen 36 Thesen, die das Zentralkomitee der SED zum 70. Jahrestag der KPD-Gründung beschlossen hat, aber natürlich ist das nichts als revolutionäre Legende. Zwar ist es richtig, daß in dem Programm der Kommunisti- schen Partei Deutschlands, das auf dem vom 30.

Dezember 1918 bis zum 1. Januar 1919 in Berlin abgehaltenen Gründungsparteitag der KPD verab- schiedet wurde, von einer »deutschen sozialisti- schen Republik" die Rede ist, in welcher Grund und Boden enteignet, Banken, Bergwerke, Eisen- und Stahlhütten, Großindustrie und Handel verstaat- licht sein sollten wie heute in der DDR. Aber es gibt einen wesentlichen Unterschied.

Die Gründer der KPD wollten .nie anders die Regierungsgewalt übernehmen als durch den kla- ren, unzweideutigen Willen der großen Mehrheit der proletarischen Masse in Deutschland". Auch das steht in ihrem Programm. Dagegen blieb die Regierungsgewalt, die Macht der SED, bis heute ohne demokratische Legitimation. Die SED kann sich auch nach 40 Jahren Herrschaft nicht auf den .klaren, unzweideutigen Willen der großen Mehr- heit" berufen, weil es niemals freie Wahlen in der DDR gegeben hat.

Die DDR entstand nicht als Ergebnis einer revo- lutionären Massenaktion, sie ist das Produkt so- wjetischer Besatzungspolitik, genauer gesagt: der Deutschlandpolitik Stalins nach dem Zweiten Weltkrieg. Rosa Luxemburg, die 1919 ermordete Mitbegründerin der KPD, wäre gewiß irritiert, würde sie sich als Kronzeuein der DDR sehen.

Auch sonst offenbaren die 36 Thesen der SED zum 70jährigen KPD-Gründungstag manche .wei-

ßen Flecken" der Parteigeschichte. Auffällig ist das Fehlen jeder kritischen Auseinandersetzung mit Stalin. Sein Name wird, kaum zu glauben, nicht ein einziges Mal genannt. Das war vor dreieinhalb Jahrzehnten ganz anders. Damals, im Karl-Marx- Jahr 1953, hatte die SED schon einmal Thesen zur Gründung der KPD und ihrer Geschichte beschlos- sen, 22 an der Zahl, und damals galt Stalin noch als Schutzheiliger der KPD, da wurde er noch als Klas- siker zitiert. Zwar handelte es sich allein um die KPD, aber in sie hat Ernst Thälmann, der 1944 von der SS grausam ermordet wurde, Stalins Lehren in der Tat genauso gründlich hineingetragen, wie das später Walter Ulbricht in der SED besorgt hat. In den 53er Thesen der SED zur KPD hat sich daher die Staatspartei der DDR sogar noch ausdrücklich zu .dem Banner von Marx, Engels, Lenin und Sta- lin" bekannt.

Immerhin verraten die heutigen Thesen der SED eine vorsichtige Distanzierung von der Auffassung Stalins, der die SPD mit der NSDAP als .politische Zwillinge" gleichsetzte, der folglich Sozialdemo- kraten als .Sozialfaschisten" bekämpfen ließ. Nun heißt es klipp und klar, .die Sozialfaschismus-The- se, die Ende der zwanziger Jahre in der kommuni- stischen Bewegung Verbreitung fand", sei .von An- fang an falsch" gewesen.

Ein Motiv dafür ist nicht zuletzt in der Entste- hungsgeschichte der DDR zu suchen. Ihr Schicksal entschied sich tatsächlich nicht am 7. Oktober 1949, als sie in Ost-Berlin feierlich proklamiert wurde, sondern zwischen dem 16. bis 28. Septem- ber 1949 in Moskau, als sich drei damals führende deutsche Kommunisten, Walter Ulbricht, Wilhelm Pieck und Fred Oelßner, die alle drei während der Nazi-Diktatur im sowjetischen Exil gelebt hatten, sowie der ehemalige Sozialdemokrat Otto Grote- wohl zu politischen Geheimberatungen mit füh- renden Mitgliedern des Politbüros der KPdSU (B) im Kreml aufgehalten haben, darunter zweifellos auch Stalin.

In der sowjetischen Geschichtsschreibung geht die kritische Auseinandersetzung mit Stalin scho- nungslos weiter. Nur so wird Gorbatschows Neues Denken glaubhaft. Daher wird sich auch die SED nicht daran vorbeimogeln können.

Lorenz Schreiber

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7. Januar 1989 — Folge 1 — Seite 3

Im Blickpunkt

Kardinal Meisner:

V o n H a v e l u n d S p r e e a n d e n R h e i n Eine gesamtdeutsche Klammer

In den letzten Wochen ist viel über den mehr denn ein Jahr vakanten Stuhl des Kölner Erzbischofs und anschlie- ßend über das Hin und Her der Beru- fung eines Nachfolgers für Josef Kardi- nal Höffner geredet und geschrieben worden. Nicht von ungefähr hatten sich gerade auch unsere elektronischen Massenmedien dieses Themas bemäch- tigt. Die nach Sensationen und Skanda- len süchtigen Medien witterten hier neuen Stoff für einen Konflikt zwischen dem Papst und dem Kölner Domkapitel.

In der Vorweihnachtswoche läuteten dann endlich die Kölner Glocken, es wurde amtlich, daß der neue Kölner Erzbischof Joachim Meisner heißt, bis dahin Berliner Bischof und von Papst Johannes Paul II. in das Kardinalskol- legium berufen.

Daß bei der Bildung des Berliner Se- nats oder bei der Vorstellung von Berli- ner Wahlkampfmannschaften gute Namen aus Nord-, West- und Süd- deutschland mit dabei sind, ist nicht nur eine inzwischen zur Selbstverständ- lichkeit gewordene Gewohnheit, son- dern wird von der ganzen Bundesrepu- blik Deutschland beifällig wahrge- nommen. Daß ein Bürger Mittel- deutschlands, also der heutigen DDR, ganz regulär durch amtliche Berufung (und nicht durch Flucht oder Übersied- lung) in eine hohe Funktion in Nord-, West- oder Süddeutschland hat gelan- gen können, war bislang nicht Übung.

Allerdings hat die katholische Kirche jetzt bereits zum zweiten Mal ein Bei- spiel gesetzt, wie man auch anders ver- fahren kann. Julius Kardinal Döpfner, zuerst Bischof in Würzburg, dann Bi- schof in Berlin, wurde schließlich Erzbi- schof in München-Preising. Und jetzt ist

zum zweiten Mal der Berliner Bischof, dessen größerer Diözesananteil in Mit- teldeutschland liegt und der in Ost-Ber- lin residiert hat, von Havel und Spree an den Rhein abgerufen worden.

Acht Jahre Bischof in Berlin (hüben wie drüben) und dann die Zeit als Vor- sitzender der erst neu konstituierten Berliner Bischofskonferenz bringt Jo- achim Kardinal Meisner als Schatz an Erfahrungen mit nach Köln. Dieser neue Kölner Erzbischof ist 1933 in Lissa bei Breslau geboren, ist in Thüringen nach 1945 aufgewachsen, hat als Spät- berufener das Erfurter Priesterseminar besucht und war fünf Jahre Erfurter Weihbischof, bevor er nach Berlin beru- fen wurde. Schlesier, Mitteldeutscher, Berliner in einer Person, schon dieser hier nur kurz skizzierte Lebenslauf macht die besondere Bedeutung dieser Berufung deutlich.

Es gibt sie, die gesamtdeutsche Klammer. Schon zweimal hat uns Deut- schen dies der Vatikan vorgeführt. Der Vatikan hat damit erneut entspre- chend unserem gesamtdeutschen Be- wußtsein weniger diplomatisch rück- sichtsvoll gegenüber den Mächtigen in Ost-Berlin als vielmehr in kluger Ver- antwortung geradezu stellvertretend für uns alle als Deutsche gehandelt.

Vielleicht vermag die Politik eines Tages — und hoffentlich bald — zu fol- gen, immer selbstverständlich unter der Voraussetzung, daß sich die zu Beru- fenden, was für Döpfner und Meisner in gleicher Weise gilt, nicht mit der kom- munistischen Diktatur gemein gemacht haben. Valentin Altendorf

D a s J u b i l ä u m

e i n e s P r o v i s o r i u m s

Nach 40 Jahren Bundesrepublik:

Das ganze Deutschland bleibt unser Vaterland

V O N H A R T M U T K O S C H Y K

G e n e r a l s e k r e t ä r des Bundes der Vertriebenen

Spielende Kinder auf Trümmerresten nach Kriegsende: Wann wird Deutschland wiederhergestellt werden können?

D

as Jahr 1989 stellt den Bund der Vertrie- benen und seine M i t g l i e d s v e r b ä n d e er- neut vor große Herausforderungen.

A u c h i m neuen Jahr gilt es, eine Reihe von

»Gedenktagen" zu bestehen, die zum N a c h - denken ü b e r die Geschichte unseres Volkes, seine gegenwärtige Lage und sicher auch ü b e r mögliche Zukunftsperspektiven anregen.

Unvermeidlich wird der 50. Jahrestag des Ausbruchs des Zweiten Weltkrieges i n den Mittelpunkt des Gedenkens gerückt werden.

A u c h an den A u s b r u c h des Ersten Weltkrie- ges vor 75 Jahren wird erinnert werden. Die Vertriebenen k ö n n e n und wollen sich dem Gedenken an beide Ereignisse nicht entzie- hen. Ihnen geht es aber nicht um eine ober- flächliche und mit politischen Absichten ver- bundene Sicht dieser Ereignisse. Vielmehr kommt es darauf an, die zu ihnen führende Entwicklung mit auszuleuchten und vor allem Konsequenzen für Gegenwart und Zukunft zu ziehen.

1989 jährt sich auch zum 70. M a l der 4. März, der Tag, an dem friedliche Demon- strationen von Sudetendeutschen für ihr Selbstbestimmungsrecht von der tschechi- schen Besatzungsmacht brutal niederge- schossen wurden. Dieser 4. März 1919 war ein bitteres Vorzeichen darauf, daß der von den S i e g e r m ä c h t e n des Ersten Weltkrieges i n Versailles und Saint Germain vor 70 Jahren diktierte Friede nur ein »Friedhofs"-Friede werden sollte, der vor dem n ä c h s t e n e u r o p ä - ischen Bürgerkrieg vor 50 Jahren bereits zahl- reiche Tote, darunter viele Deutsche, forder- te. Nachdem es 1988 galt, i m Zusammenhang mit der Erinnerung an das vor 50 Jahren un- terzeichnete „ M ü n c h e n e r Abkommen" das bis heute den Sudetendeutschen vorenthal- tene Heimat- und Selbstbestimmungsrecht anzumahnen, gibt der 50. Jahrestag der durch den deutsch-litauischen Vertrag vom 22. März 1939 erfolgten Rückführung des Memelgebie- tes in das Deutsche Reich Gelegenheit, 1989 an diesen Teilaspekt der offenen deutschen Frage zu erinnern.

1989 gilt es vor allem, i n Ehrfurcht der vie- len M i l l i o n e n Opfer der nationalistischen und ideologischen Verblendung i n diesem Jahr- hundert zu gedenken. Die Ehrfurcht und der Respekt vor jedem Toten und Geschundenen verbietet jegliches Aufrechnen. Das Leid, das jedem einzelnen Menschen widerfahren ist, ist für sich „singulär". Jedes Ereignis, an das wir uns i m Zuge einer zunehmenden .Jahres- und Gedenktag-Inflation", die manchmal sinn-

entleerend wirkt, erinnern, m ü s s e n wir für sich annehmen, auch wenn die Erinnerung daran mit Grauen und Entsetzen verbunden ist. Macht es da Sinn, den v o n Deutschen er- littenen „Bromberger Blutsonntag" vom 3. Sep- tember 1939 mit nach Kriegsbeginn von N a - tionalsozialisten an Polen begangenen Ver- brechen zu vergleichen?

Die Charta der deutschen Heimatvertrie- benen kann 1989 keinen „runden" Jahrestag ihrer V e r k ü n d u n g verzeichnen. Trotzdem haben die Vertriebenen i m Hinblick auf die notwendigen Lehren aus der Geschichte ge- rade 1989 Anlaß, sie immer wieder zu zitieren.

Der dort gewiesene W e g eines geeinten E u - ropas, „in dem die Völker ohne Furcht und Zwang . . . i n neuen, g e l ä u t e r t e n Formen ver- ständnisvollen und b r ü d e r l i c h e n Zusammen- lebens" miteinander leben k ö n n e n , wofür „das Recht auf die Heimat als eines der v o n Gott geschenkten Grundrechte" Voraussetzung ist und in dem die Völker so handeln sollen, „wie es ihren christlichen Pflichten und ihrem Ge- wissen entspricht", ist der einzige und richtige W e g , „damit aus Schuld, Unglück, Leid, A r m u t und Elend für uns alle der W e g i n eine bessere Zukunft gefunden wird".

A u f diese Botschaft der Charta der deut- schen Heimatvertriebenen v o n 1950 ist 1989 auch besonders deshalb hinzuweisen, weil i m Vorfeld der n ä c h s t e n Direktwahlen zum E u - r o p ä i s c h e n Parlament ü b e r Zukunftsperspek- tiven ganz Deutschlands und aller Deutschen in Europa diskutiert werden m u ß . N u r dieje- nigen Parteien und Kandidaten verdienen die Stimmen der Vertriebenen bei der Europa- wahl, die sich klar und eindeutig zu den Gebo- ten des Grundgesetzes bekennen und im poli- tischen A l l t a g für die Ü b e r w i n d u n g der Tei- lung Deutschlands und Europas sowie für die Menschenrechte und die freie Selbstbestim- mung aller Deutschen eintreten.

1989 wird das 40jährige Bestehen der Bun- desrepublik Deutschland begangen. Bei der W ü r d i g u n g der nach dem Krieg im freien Teil Deutschlands erbrachten Leistungen kann und darf die W ü r d i g u n g der Aufbauleistung der Vertriebenen und ihre bis heute andau- ernde Mitwirkung und Mitgestaltung nicht fehlen. Ohne die Vertriebenen w ä r e die Stel- lung, die die Bundesrepublik Deutschland heute in der W e l t einnimmt, undenkbar. Der Bund der Vertriebenen wird am 14. Juli i n Stuttgart eine gemeinsam mit dem Bund der Mitteldeutschen geschaffene Wanderausstel-

lung ü b e r die Aufbauleistung der Vertriebe- nen und Flüchtlinge sowie ihre bis heute an- dauernde Mitwirkung und Mitgestaltung eröffnen, die danach noch i n M ü n s t e r und Frankfurt zu sehen sein wird.

A n die Leistungen der Vertriebenen soll auch ein „Tag der deutschen Heimatvertrie- benen" am 21. Oktober i n Bonn erinnern, bei dem Bundeskanzler Helmut K o h l sprechen wird. Daß es dem Bund der Vertriebenen 1989 aber auch darum geht, die Verantwortung der Bundesrepublik Deutschland für ganz Deutschland anzumahnen, soll zum einen ein dieser Thematik gewidmetes Symposium der Kulturstiftung der deutschen Vertriebenen vom 1. bis 3. März in Bonn sowie das Motto des „Tages der Heimat" 1989 verdeutlichen, der zum 40. M a l begangen wird. Das vom Prä- sidium des Bundes der Vertriebenen verab- schiedete Leitwort zum „Tag der Heimat"

1989 lautet: „40 Jahre Bundesrepublik Deutsch- land — Das ganze Deutschland ist unser V a - terland".

Die Auftaktveranstaltung zum 40. „Tag der Heimat" 1989 findet am 10. September wie- derum i n Berlin statt

Das 40jährige Bestehen der Bundesrepublik Deutschland ist wahrlich kein Anlaß, „Voll- mast zu flaggen". Nach wie vor ist Deutsch- land geteilt, nach wie vor leben ü b e r 20 M i l - lionen Deutsche in Unfreiheit und Unter- d r ü c k u n g . W i r k l i c h feiern k ö n n e n die Deut- schen wohl erst dann wieder, wenn ihr Vater- land vereint ist und alle Deutschen in Freiheit, Gerechtigkeit und Frieden leben.

Daran wollen und werden gerade die Ver- triebenen in diesem Jahr erinnern. Sie m ü s - sen und werden sich 1989 erneut als ein guter Anwalt ganz Deutschlands und aller Deut- schen beweisen. Die Einsicht, die hierfür not- wendige organisatorische Einheit und daraus resultierende Schlagkraft der Vertriebenen zu erhalten, sollte gerade 1989 aus der Erinne- rung gewonnen werden, daß im November

1949, also vor 40 Jahren, mit dem „Göttinger Abkommen" zwischen den „Vereinigten Ost- deutschen Landsmannschaften" und dem

„Zentralverband der vertriebenen Deutschen"

der erste wichtige Schritt zur Kooperation und zur Einheit der Landsmannschaften und L a n d e s v e r b ä n d e unternommen wurde, der dann schließlich zum „Bund der Vertrie- benen" als dem Gesamtverband aller Vertrie- benen in der Bundesrepublik Deutschland führte.

(4)

Politik £ o s Dffmxuimblatt 7. Januar 1989 — Folge 1 — Seite 4

Kurz notiert

Freihandelszone Ostpreußen?

In der Sowjetunion wird gegenwärtig ein Plan erwogen und geprüft, aus Ostpreußen eine Freihandelszone zu machen. An der wirtschaftlichen und vor allem landwirt- schaftlichen Entwicklung, das Staats- und völkerrechtlich gesehen unter sowjetischer bzw. polnischer Verwaltung steht, sollen sich nach Moskauer Vorstellungen die Sowjet- union, Polen, die DDR, die Bundesrepublik und auch die skandinavischen Länder aktiv beteiligen.

Deutsche Maschinen Nr. 1

Die Bundesrepublik Deutschland ist der größte Maschinenexporteur: Im Jahre 1986 lieferten westdeutsche Firmen für 98 Milliar- den D M Maschinen an Kunden in alle Welt.

Damit ließen sie ihre Konkurrenten aus den USA und Japan deutlich hinter sich. Auch wenn westdeutsche Maschinen oft teurer sind, so sind doch das technische Know how, die solide Verarbeitung und der gute Service Trümpfe, die im Wettbewerb mit anderen Anbietern stechen.

Gesundheitsbrunnen Theke

Der Mensch an der Theke verhält sich in- stinktiv richtig: Entspannt, einen Fuß hoch- gesetzt und möglichst mit einem Arm abge- stützt, so verharrt er in der orthopädisch optimalen Haltung für seine Wirbelsäule.

Das hat der Duisburger Psychologie-Profes- sor Christian Nentwig, Leiter der ersten ver- haltensmedizinischen „Rückenschule", fest- gelegt

Geldstrafe für „taz"-Redakteur

Wegen Volksverhetzung und Beleidigung der Bundeswehr muß ein Redakteur der links- radikalen Tageszeitung „taz" nach einem Ur- teil des Berliner Amtsgerichts 3000 D M Geld- strafe zahlen. Er hatte auf der Fernsehseite der „taz" eine Sendung über die Bundeswehr wie folgt angekündigt: „Sie nennen es ,den Frieden sichern', aber ihr Geschäft ist das Totmachen von Menschen... Kameraden der , Wehrsportgruppe Wörner', auch bekannt als .Bundeswehr', zeigen, was sie sind: .Welche Probleme können bei der Berufswahl durch die Einberufung zur Bundeswehr auftre- ten?'... Vielleicht das Problem, wie man vom Menschen zum Schwein wird..."

Richtige Hausnummer

Ronald und Nancy Reagan, amerikani- sches Präsidentenpaar, waren nicht einver- standen mit der Hausnummer 666 ihres künf- tigen Altersruhesitzes im kalifornischen Bei Air. Da dies nach der Bibel die Zahl des „An- tichristen" ist, beantragte die „First Lady"

beim Liegenschaftsamt eine Nummernände- rung mit Erfolg. Die Ranch der Reagans trägt Jetzt die Hausnummer 668.

Arbeitsmarkt:

Trend eindeutig zugunsten der Jüngeren

Längerfristig berufliche Chancen sind nur mit guter Ausbildung zu erreichen

„44 Prozent der Arbeitnehmer, die sich im Beobachtungszeitraum (27. Mai bis 9. Juni

1988) arbeitslos meldeten, hatten keine abge- schlossene Berufsausbildung", heißt es in dem neuesten Strukturbericht, den die Nürnber- ger Bundesanstalt für Arbeit über wichtige Bewegungsgrößen des Arbeitsmarktes jüngst herausgegeben hat. In dem zitierten Zeitab- schnitt (Ende Mai/Anfang Juni 1988) melde- ten sich nach den Nürnberger Ermittlungen 96000 Arbeitnehmer arbeitslos. Für 81800 endete die Arbeitslosigkeit, der Stellenzu- gang betrug 78400.

Bei den Arbeitslosen stellen die erfaßten Daten eine Stichprobe von rund 2,5 Prozent der entsprechenden Bewegungsvorgänge des Jahres 1988 dar. Bei den offenen Stellen und den Arbeitsvermittlungen waren es jeweils etwa vier Prozent.

Die Nürnberger Arbeitsmarktbeobachter ermittelten, daß, gemessen an der Zahl der beschäftigten Arbeitnehmer ohne formalen Ausbildungsabschluß, das Risiko, arbeitslos zu werden, nach wie vor weit überdurch- schnittlich ist. 44 Prozent der Arbeitnehmer, die sich in der Erhebungszeit arbeitslos mel- deten, waren betrieblich ausgebildet. Dieser Anteil hat sich in den letzten Jahren kontinu-

beitsmarkt weiterhin zugunsten der Jüngeren und zu Lasten der Älteren entwickelt", heißt es in der Strukturanalyse weiter.

Jüngere Arbeitnehmer waren auch 1988 wesentlich kürzer arbeitslos als ältere. In den Altersgruppen ab 50 wurde eine leichte Zu- nahme beobachtet. Für Arbeitnehmer bis zu 20 Jahren dauerte im Untersuchungszeitab- schnitt die Arbeitslosigkeit durchschnittlich etwa vier Monate. Sie steigt dann kontinu- ierlich mit zunehmendem Alter auf sieben Monate für die 30- bis 35jährigen und auf gut neun Monte für die 50- bis 55jährigen.

Auch die regionale Situation spielt eine Rolle. In Bereichen mit besonders schwieri- gem Arbeitsmarkt dauerte die Arbeitslosig- keit verhältnismäßig lange. In Nordrhein- Westfalen, Niedersachsen, Bremen, Schles- wig-Holstein und Hamburg näherte sich die durchschnittliche Dauer der Arbeitslosigkeit einer Zeit von acht Monaten. In Südbayern und Baden-Württemberg vergingen von der Anmeldung bis zur Abmeldung aus der A r - beitslosigkeit im Durchschnitt kaum mehr als fünf Monate.

In der Nürnberger Analyse des Arbeits- marktes für das Jahr 1988 liegen bisher nur

Erste Maßnahme gegen Krankenhaus-Personalmangel Zeichnung aus .Berliner Morgenpost"

vorläufige Ergebnisse vor. Aktuelle Informa- tionen über die Zeit der bis zu einem be- stimmten Stichtag zurückgelegten Arbeitslo- sigkeit sind noch nicht vorhanden. Ende Sep- tember 1987 betrug die Zahl der Arbeitslosen, die bereits ein Jahr oder länger gemeldet waren, 670100. Für 1988 werden entspre- chende Daten erst im ersten Quartal 1989 ver- fügbar sein.

Im Mai/Juni 1988 konnten 68 Prozent der Arbeitslosen durch die Aufnahme einer Be- schäftigung ihre Arbeitslosigkeit beenden. In den zurückliegenden Jahren hatte die Wie- derbeschäftigungsquote etwas höher gelegen.

Deutlich niedriger ist die Quote bei ausländi- schen Arbeitnehmern (nur etwa 60 Prozent).

Folgende Feststellung ist in diesem Zusam- menhang bemerkenswert: „Die Wiederbe- schäftigungsquote bei kurzfristigen Arbeits- losen ist wesentlich höher als bei jenen, die schon länger ohne Beschäftigung waren."

Ein Blick auf die saisonbereinigten Arbeits- losenzahlen der letzten Monate zeigt eine leichte Besserung der Lage. Noch Mitte 1988 betrug die Zahl der Arbeitslosen unter Aus- schaltung saisonaler Faktoren 2 268 000. Bis November 1988 ging diese Zahl auf 2 211 000 zurück. Diese Tendenz dauert an. Günstiger war die Entwicklung für die Erwerbstätigen.

Sie lag im Oktober 1988 im Vorjahrsvergleich um 177000 höher.

Für 1989 entwickelt sich folgende Perspek- tive: Leichter Rückgang der Arbeitslosenzahl, weiterer Anstieg der Zahl der Erwerbstätigen, aber immer noch mit erheblichen Unter- schieden in den Regionen. Die Bundesländer Hessen, Baden-Württemberg und Bayern schneiden relativ gut ab, die übrigen Bundes- länder sind schlechter dran. So betrug zum Beispiel die Arbeitslosenquote im Bundes- land Bremen Ende November 1988 14,8%, in Hamburg 11,5 %, im Saarland 11,2 %, in Berlin- West 10,8 % und Nordrhein-Westfalen 10,4 %.

Die Wachstumsrate der volkswirtschaftli- chen Gesamtleistung (reales Bruttosozialpro- dukt) wird für 1989 auf 2 bis 3 Prozent ge- schätzt. Für eine grundlegende Verbesserung der Lage auf dem Arbeitsmarkt reicht die Wachstumsrate nicht aus. Dennoch ist mit einer leichten Verbesserung zu rechnen.

Werner Mühlbradt ierlich ermäßigt. Jeweils sechs Prozent besa-

Friedland:

ßen den Abschluß einer Berufs- oder Fach- schule oder das Examen einer Fachhoch- oder Hochschule. Insgesamt liegt der Anteil der Personen mit abgeschlossener Berufsaus- bildung am Zugang aller Arbeitslosen bei 56 Prozent.

„Der Zugang an Arbeitslosen in der Alters- gliederung deutet darauf hin, daß sich der A r -

Nicht auf dem Rücken der Aussiedler

Czaja: Familien suchen Verständnis bei Kirchen und Betreuungsverbänden

Bonn „reisefreudig":

Intrigennest

Martin Bangemann soll den .Laden Bonn" bis oben satt haben, so ist jedenfalls aus Insiderkreisen zu hören. Er, der mit einem lockeren Stil das politische Leben habe bereichern wollen, habe sich unbän- dig darauf gefreut, das .Intrigennest Bun- deshauptstadt" verlassen zu können. Für die meisten, die er hier zurückließe, habe er, so ist zu hören, nur kalte Verachtung übrig. In Brüssel glaube er eine Aufgabe zu haben, die ihm wieder Spaß mache: Als Kommissar für den Binnenmarkt könne er vor allem reisen, und das sei schon immer sein Steckenpferd gewesen.

Bonn „spendabel":

Vergoldete „Grüne"

Der zurückgetretene Schatzmeister der Grünen, Hermann Schulz, hatte eine rei- che Partei zu verwalten. Die Grünen, die einst, wie Bonner Kreise meinen, als Bet- telmönche dahergekommen seien, sind heute sehr vermögend. Mitgliederbeiträ-

ge, Spenden und — vor allem — Wahl- kampfkostenerstattung in Bund und Län- dern haben ihnen allein im Rechnungsjahr 1987 mehr als 64 Millionen Mark einge- bracht. Die Bilanz für 1988 steht noch aus.

Bonn „kleinkrämerisch":

EG-Traktorsitze

CSU-Generalsekretär Erwin Huber zieht gegen .EG-Kleinkram' zu Felde. Europa- weit genormte Traktorsitze, Verordnungen über Rasenmäher oder der aktuelle Ver- such der EG-Kommission, ein gesamteu- ropäisches Rauchverbot in öffentlichen Gebäuden durchzusetzen, könne nicht Sinn und Zweck von Europa sein, meinte Huber. Es dürfe nicht dazu kommen, so der Mann aus München, daß Brüssel den Frei- raum der Bürger scheibchenweise ein- schränke und auch noch der Christbaum- schmuck genormt werde.

Bis zum nächsten Mal

lütt***- UL $

Der Präsident des Bundes der Vertriebe- nen, Dr. Herbert Czaja MdB, kritisierte aufs Schärfste das Gerangel zwischen Ländern und Bund um die Aufstellung und den Raum für Notbetten in der zentralen Registrierstelle Friedland. Seit Jahren zeige die Erfahrung, daß im Sommer und vor Weihnachten be- sonders viele Aussiedler kämen; die Zahlen in den übrigen Monaten 1988 waren hinläng- lich bekannt. Es ist ein Skandal, daß jetzt Not- betten doppelt belegt werden müssen. Im 20.

Jahrhundert gebe es genug Hilfsmittel, um solche Situationen raschestens zu bewältigen.

Das Land Niedersachsen — so Czaja — er- hält durch ein neues Gesetz auf lange Jahre hohe Investitions- und Strukturmittel. Außer- dem liegen zinsgünstigste Kredite der Kredit- anstalt für die Ubergangsunterbringung von Aussiedlern brach. Es ist unerfindlich, warum das Bundespersonal, das die ins Lager aufge- nommenen Aussiedler registriert, bei einem solchen Stoßbetrieb zeitweise unausgelastet bleibt, weil Schlangen von Menschen, die aufgenommen werden möchten, vom Lager- personal, möglicherweise aus Raummangel, nicht sofort ins Lager aufgenommen werden.

Es ist unverständlich, daß am Wochenende kein Abtransport in die Aufnahmelager er- folgt und an jedem Wochenbeginn eine uner- trägliche Überfüllung der für wenige Tage des Aufenthalts bestimmten Registrierstelle ent- steht.

Wenn Niedersachsen sich über die Vertei- lung der Aufnahme, für die die Länder zu- ständig sind, mit den anderen Ländern nicht einigen kann, sollte Niedersachsen und der Bund übereinkommen, daß in Friedland alles, Registrierung und Unterbringung in Bundes- hand übergeht und der Bund die Kosten von Leistungen an die Länder in Abzug bringt.

Das käme billiger als das Gerangel und würde

weniger Verzögerimg bedeuten. Jedenfalls dürfe das Tauziehen der Behörden nicht auf dem Rücken der nach einer beschwerlichen Reise eintreffenden Aussiedler ausgetragen werden. Czaja forderte auch, das Funk- tionieren der Heizungen, der hygienischen Verhältnisse in den verschiedenen Ausweich- stellen zu überprüfen.

Der Präsident bemängelte die Terminolo- gie der zuständigen niedersächsischen Ver- waltungsstellen. Uber 60 Prozent der in Fried- land registrierten Aussiedler seien deutsche Staatsangehörige (persönlich oder als A b - kömmlinge nach geltendem Staatsangehö- rigkeitsrecht) aus den Gebieten östlich von Oder und Neiße mit bereits vorhandenem Freizügigkeitsrecht nach A r t 7 G G und vol- lem Anspruch auf bestehenden Grundrechts- schutz. Dies komme weder bei Erklärungen noch bei der Behandlung seitens der Landes- behörden zum Ausdruck. Man spüre in Fried- land, daß diese Deutschen und die uns großes Vertrauen schenkenden großen Familien der Deutschen aus Rußland Verständnis vor allem bei den Kirchen und den Betreuungs- verbänden suchen.

Czaja verurteilte auch scharf die Versuche der Ausgleichsbehörden der Hansestadt Hamburg, Vermögensschäden der Aussiedler durch, am Gesetz und jahrzehntelanger Selbstbindung der Behörden vorbeigehende, einschränkende „Rechtsschöpfung" gerade jetzt restriktiv zu behandeln. Die behauptete

„Liberalisierung" in der Behandlung der Deut- schen in den Gebieten östlich von Oder und Neiße ist durch die jüngsten Reiseberichte von Staatssekretär Spranger völlig wieder- legt Völkerrechtswidrig behandelt die VR Polen diese Menschen noch immer nicht als Deutsche und diskriminiert sie bei der Aus-

r e i s e- p. m.

(5)

Leserbriefe

7. Januar 1989 — Folge 1 — Seite 5

£XB £ftpnufimblatt

Tunesien:

Im Jahre Eins nach Habib Bourguiba

Der neue Machthaber Ben Ali sucht die Nähe zur arabischen Liga und zu Libyen

Seine prachtvollen Reiterstandbilder sind über- all im Lande entfernt worden — außer in der Hauptstadt Tunis. Straßen sind teilweise umbe- nannt worden — außer in Tunis. Dort gibt es noch das Standbild Habib Bourguibas zu Pferde, dort auch gibt es noch die prachtvolle Avenue Bourgui- ba vom Standbild bis zur Medina.

Am 7. November 1987 wurde Tunesiens greiser Staatspräsident Bourguiba, seit dreißig Jahren A l - leinherrscher im kleinsten Staat Nordafrikas zwi- schen Mittelmeer und Sahara, nach einem unblu- tigen, nur wenige Stunden währenden Putsch über Nacht entmachtet. Eines allerdings ist offenkun- dig: Der Mann, der jetzt in Bronze gegossen die Sockel vor den Rathäusern schmückt, ist nicht Ge- neral Sein el-Abidin Ben Ali, Bourguibas 52jähriger Nachfolger im Amt des Staatspräsidenten.

Die neuen Machthaber in Tunesien versuchen, den Personenkult auf das nötige Minimum zurück- zuschrauben. Bourguiba, so hieß es, sei im Alter selbstgerecht geworden, habe überhaupt keine Kritik, keine Gegenvorschläge aus den eigenen Reihen mehr vertragen können — die Opposition inklusive Gewerkschaftsbewegung hatte er ohne- hin schon weitgehend zerschlagen lassen, gegen den aufkeimenden islamischen Fundamentalis- mus, insbesondere im Umfeld der Universität von Tunis, kämpfte er gerade mit harten Bandagen.

Man mag meinen, der Putsch vom vergangenen Jahr sei zur rechten Zeit und womöglich auch von den rechten Leuten begangen worden. Hätten an- dere mit weniger erfolgversprechender Ausgangs- lage ähnliches versucht und es nicht mit solcher Sicherheit und auf Anhieb binnen einer einzigen Nacht geschafft, das Land unter ihre Kontrolle zu bringen — es hätten schwere, vor allem blutige Zeiten über Tunesien hereinbrechen können.

Ben A l i allerdings wurde beizeiten gar die Rolle eines von Bourguiba favorisierten Nachfolgers apostrophiert — das aber trifft nur mit Einschrän- kungen zu. Wohl war er, der erst Chef des militäri- schen Sicherheitsdienstes und dann Innenminister war, kurz vor dem Putsch Ministerpräsident und

USA:

somit de facto Regierungschef von Bourguibas Gnaden, doch das war er allenfalls auf Zeit, zumal der greise Nationalheld schon Ben Alis Vorgänger in immer kürzeren Abständen und immer willkür- licher fallen ließ und auswechselte. Insofern war Ben A l i allenfalls der designierte Nachfolger des Staatspräsidenten zum Zeitpunkt des Putsches vor einem Jahr.

Ben Alis Hausmacht und die der Seinen reichte aus, um unmittelbar nach dem Putsch mit Erfolg zum neuen Staatspräsidenten ausgerufen, vom Volk akzeptiert und vom politischen Gegner re- spektiert zu werden.

Mittlerweile aber wird er nicht mehr als Halb- gott angesehen, sein herrschaftlicher Lebensstil wird offen kritisiert. Der Palast von Karthago dient Ben A l i als ständiges Domizil, ein weiterer in der Nähe von Tunis ist Bourguiba als Altersruhesitz zugestanden worden. Ob er dort unter Hausarrest steht, läßt sich allerdings nicht eindeutig in Erfah- rung bringen — „er darf sich im gesamten Palast frei bewegen" heißt es etwas lapidar...

Gleichwohl hat Bourguiba sich in seiner Amts- zeit große Verdienste erworben. Bourguiba hat Entwicklungen in Gang gesetzt, an deren Umkeh- rung auch heute niemand denkt. Er hat schon in der Frühzeit der Republik den Schleier per Dekret abgeschafft.

Tunesien investierte über Jahrzehnte hinweg immense Summen in die Volksbildung. Jedes auch noch so entlegene Berberdorf hat seine eigene Schule. Der Mindestlohn ist per Gesetz festge- schrieben, die Arbeitslosigkeit liegt offiziell bei fünfzehn Prozent — wenig für Nordafrika. Einen anderen Kurs allerdings steuert Ben A l i in der Außenpolitik. Er läßt die klare pro-westliche Aus- richtung Bourguibas vermissen, geht auch auf grö- ßere Distanz zur ehemaligen Kolonialmacht Frank- reich. Ben A l i vielmehr verbesserte die Beziehun- gen zur Arabischen Liga und vor allem zu den Nachbarn Libyen und Algerien.

Will Ben A l i gar sein Land nach dem Vorbild des schwer berechenbaren Nachbarn ausgestalten?

Zukunft der Sicherheitspolitik

Amerikanische Nachrichtendienste neunziger Jahren nicht gewachsen

Ein Bericht mit dem Titel „Intelligence Require- ments for the 1990s" (Nachrichtendienstliche Er- fordernisse der neunziger Jahre) wurde nach einer zehnjährigen Untersuchung jetzt von einem Gre- mium in der amerikanischen Hauptstadt vorgelegt, dem neben Politikern und unabhängigen Experten auch hochrangige Mitglieder der verschiedenen amerikanischen Nachrichtendienste angehörten.

Amerikanische Experten schätzen, daß der Be- richt Einfluß auf die Nachrichtendienst-Politik der neuen amerikanischen Regierung unter George Bush haben wird, zumal der neue Präsident selbst einmal Direktor der C I A war.

Der Bericht kommt zu dem Ergebnis, daß die amerikanischen Dienste den Anforderungen des kommenden Jahrzehnts nicht gewachsen sind und die nationale Sicherheit nicht gewährleisten kön- nen. Wichtige Reformen seien notwendig, vor allem die Ausdehnung verdeckter Operationen (covert actions). Die Ausweitung der bereits vor- handenen Möglichkeiten für die Auswertung von Erkenntnissen wird ebenso gefordert wie die Gründung eines neuen Dienstes für die Spionage- abwehr.

„Ziele und Verfahrensweisen des amerikani- schen Nachrichtendienstwesens wurden in den fünfziger und sechziger Jahren festgelegt. Das reicht für die neunziger Jahre nicht aus. In seiner jetzigen Beschaffenheit wird das amerikanische Nachrichtendienstwesen den Herausforderungen der neunziger Jahre nicht gewachsen sein", erklär- te der Herausgeber des Berichtes, Professor Roy Godson von der Georgetown-Universität.

Der Bericht wurde zu einem Zeitpunkt vorgelegt, in dem eine öffentliche Kontroverse ihren Lauf nimmt: In den letzten zehn Jahren wurden insge- samt 60 Angehörige amerikanischer Dienste als ausländische Spione und somit als Doppelagenten enttarnt.

Der Bericht fordert die Errichtung einer eigen- ständigen Spionageabwehr unter Leitung eines Komitees aus Vertretern mehrerer Behörden, Mi- nisterien und Agenturen, die sowohl in den Verei- nigten Staaten als auch im Ausland das Sammeln von Informationen über die Spionagetatigkeiten feindlicher Dienste betreiben soll. Auch hinsicht- lich der Entwicklung der Spionagetechnologie, so der Bericht, seien die amerikanischen Dienste ihren sowjetischen Gegnern unterlegen, wie die beim Bau der amerikanischen Botschaft in Moskau eingesetzte Technologie beweise.

Der Bericht unterstreicht den Wert der beste- henden technologischen Kapazitäten der Vereinig- ten Staaten, kommt aber zu dem Ergebnis, dafi im kommenden Jahrzehnt Technologie eine geringere

Rolle als bisher spielen werde. „Von jetzt an wer- den wir uns mit Technologien befassen müssen, die überhaupt nicht sichtbar sind, wie etwa die Biobe- handlung (bioengineering) und die chemische

Kriegsführung." wona

Ben A l i überall: Hier i n der Melina von Tunis Foto Sobik Wahrscheinlich ist, daß eine solche formale Ver- brüderung eher in Richtung eines Nichtangriffs- paktes zielt: Gaddafi mag sich Einfluß erhoffen, den er aufgrund der westlichen Prägung Tunesiens mit seinen rund 2 Millionen Touristen pro Jahr nicht gewinnen wird, Ben A l i mag Gaddafi diese Hoffnungen lassen und ihn gleichzeitig dauer- haft ruhiggestellt haben und unliebsamen Gelü- sten des Nachbarn auf etwaige militärische Aktio- nen sicher vorgebeugt haben. Auch das Verhältnis zum sozialistischen Nachbarn im Westen, zu Alge- rien, sucht Ben A l i zu verbessern.

Bei der gegenwärtigen Bevölkerungsexplosion sind es, wie auch in Marokko, vor allem die jungen Menschen, denen eine erstrebenswerte Zukunft geboten wird, die man aber auch als Bevölke- rungsgruppe in den Griff bekommen muß. Ben A l i wird es nicht leicht haben — nicht im Jahr Eins nach Bourguiba, dem er vor allem durch seine

„Nachbarschaftspolitik" Akzente verliehen hat, auch nicht im Jahre Zwei nach Bourguiba.

Helge Sobik

Vortrefflicher Bildband

Betr.: Folge 50, Seite 13 „Das neue Buch' In Folge 50 des O s t p r e u ß e n b l a t t e s wird der vortrefflich gelungene neue von der Stadtge- meinschaft Allenstein herausgegebene und im Verlag Rautenberg erschienene Bildband

„Alienstein in 144 Bildern" besprochen. Es wird als w ü n s c h e n s w e r t bezeichnet, daß jetzt noch ein Kreisbuch des Stadtkreises und des Landkreises Allenstein erschiene. Beides ist seit langem vorhanden: „Geschichte der Stadt Allenstein" von A n t o n Funk, erschienen 1955 im Verlag Rautenberg und „Heimatbuch des Landkreises Allenstein", erschienen 1968 im Selbstverlag der Kreisgemeinschaft A l l e n - stein. Gerhard Prengel, Stuhr-Varrel

Verständnisvolle Geste

W i r erhoffen uns endlich auch eine ver- ständnisvolle Geste von Gorbatschow, um in diesem Jahr Besuche der Geburts- und W o h n - orte i m n ö r d l i c h e n Teil O s t p r e u ß e n s zu ge- w ä h r e n . Diese Frage bleibt umso aktueller, je n ä h e r die Tage seines ersten Besuchs in der Bundesrepublik zu erwarten sind. M a n stelle sich einen guten Anfang mit Tages- fahrten vor, die von M e m e l oder Tilsit schon möglich w ä r e n . . .

Hans-Egbert lerner, Rotenburg ( W ü m m e )

Entsetzliches Treiben

Unter der Diktatur Ceausescus werden in R u m ä n i e n die Menschenrechte mit Füßen ge- treten; besonders Bürger ungarischer und deutscher Herkunft haben darunter zu leiden.

A u ß e r d e m werden durch Zerstörung der Dör- fer S i e b e n b ü r g e n s jahrhundertealte Kultur- d e n k m ä l e r vernichtet. W i r bitten Sie dringend alles zu tun, um diesem entsetzlichen Treiben Einhalt zu bieten und in jeder nur möglichen Form Protest zu erheben; N u r durch ein Z u - sammenhalten aller Kulturnationen kann die- sem menschenverachtenden Wahnsinn Ein- halt geboten werden.

Landesgruppe Schleswig-Holstein der Paneueropa-Union

Von den zahlreichen an uns gerichteten Leserbriefen kön- nen wir nur wenige, und diese oft nur auszugsweise veröffent- lichen. Die Leserbriefe geben die Meinung der Verfasser wieder, die sich nicht mit der Meinung der Redaktion zu decken braucht. Anonyme oder anonym bleiben wollende Zuschriften werden nicht berücksichtigt.

Jugoslawien:

Der Vielvölkerstaat droht nun zu zerfallen

Unter den drohenden Auflösungserscheinungen haben sich zwei politische Richtungen herauskristallisiert

Die australische Regierung hat i m Dezem- ber das jugoslawische Konsulat in Sidney ge- schlossen. Diese M a ß n a h m e wurde notwen- dig, nachdem die Jugoslawen sich geweigert hatten, den Konsularbeamten auszuliefern, der am 30. November einen 16jährigen Kroa- ten i n Sidney erschossen hatte. Der Vorfall hatte sich w ä h r e n d einer Demonstration von Kroaten vor dem Konsulat ereignet, die die U n a b h ä n g i g k e i t Kroatiens forderten. Es han- delt sich u m die erste Gewalttat des aufflam- menden Nationalismus unter der jugoslawi- schen Diaspora, die von Kanada, der Bundes- republik Deutschland bis Australien überall in der W e l t verstreut ist. Es ist zu befürchten, daß sich solche Vorfälle auch in anderen Län- dern ereignen werden, wo Jugoslawen leben.

Nunmehr ist offensichtlich geworden, daß nur die strengen, oft brutalen Regierungsme- thoden Titos die eigentliche Klammer des V i e l v ö l k e r s t a a t e s Jugoslawien waren. N a c h seinem Tode i m M a i 1980 war niemand da, der die A u t o r i t ä t hatte, diese Methoden an- zuwenden. Die Folge ist die seither fortschrei- tende Lockerung der Beziehungen zwischen den Teilrepubliken und den autonomen Pro- vinzen der F ö d e r a t i v e n Republik Jugosla- wien.

Den Grundstein zu einer solchen Entwick- lung hatte allerdings Tito selbst bei der S t a a t s g r ü n d u n g gelegt. Dabei war sein Hauptproblem, den alten Partikularismus der s ü d s l a w i s c h e n Völker zu ü b e r w i n d e n . A n d e - renfalls wäre eine staatliche Gemeinschaft dieser Völker nicht möglich gewesen. Der Kroate Tito hat aber von vorneherein gezeigt, daß er selbst weit davon entfernt war, den kroatischen Nationalismus zu vergessen.

Vielmehr glaubte er, den südslawischen N a - tionalismus durch die Zerstückelung Ser- biens, der einstigen „Großmacht" unter den Südslawen, ü b e r w i n d e n zu k ö n n e n .

Z u diesem Zweck teilte er das einstige Ser- bien i n vier Teile: Die Provinz Voiwodina im Norden erhielt einen autonomen Status, das Gleiche geschah im S ü d e n mit dem zu ca. 80 % von A l b a n e r n bewohnten Amselfeld. Außer- dem erfand Tito eine „ m a k e d o n i s c h e Nation slawischer Herkunft" und g r ü n d e t e auf dieser Lüge die „Makedonische Republik" im einsti- gen serbischen Gebiet. Die „slawischen M a - kedonen" existieren aber nur in den Vorstel- lungen der serbischen Nationalisten. Umso mehr m u ß t e die „Makedonische Republik"

mit allen propagandistischen Finessen versu- chen, den Bewohnern Südserbiens, die mei- stens bulgarischer und griechischer Herkunft waren, ein „ m a k e d o n i s c h e s " Nationalbe- wußtsein zu vermitteln. Somit wurde Skopje zu einem Zentrum der nationalistischen Pro- paganda, i n einem föderativen Staat, bei dem jedwede nationalistische Regung zwangsläu- fig an seinen Grundfesten nagen m u ß t e .

V o n Südjugoslawien griff der Nationalis- mus langsam auf das ganze Land ü b e r . W ä h - rend die Serben entdeckten, daß sie zuviel für das Zustandekommen der jugoslawischen Föderation geopfert hatten, monieren die Slowenen und Kroaten, d a ß sie das meiste zum Bruttosozialprodukt Jugoslawiens beige- tragen und die meisten Devisen aus Export und Tourismus aufbringen. Das Mehr ihrer wirtschaftlichen Leistung verschwindet aber im unterentwickelten Süden des Landes.

In dieser nationalpsychologischen Situa- tion wurde Jugoslawien von einer schweren

Wirtschaftskrise geschüttelt. Das einst auch bei westlichen T r ä u m e r n v i e l g e r ü h m t e Sy- stem der betrieblichen Selbstverwaltung hatte nicht so gut funktioniert, wie es auf dem Papier stand. Eine seiner Folgen ist eine Infla- tionsrate von zur Zeit 120 Prozent. Die Zen- tralregierung in Belgrad ist dagegen machtlos.

Unter den zunehmenden Auflösungser- scheinungen Jugoslawiens haben sich inzwi- schen zwei politische Richtungen herauskri- stallisiert. A l s deren R e p r ä s e n t a n t e n gelten der slowenische Parteiführer Kusan und sein serbischer Kollege Miloschevic. Kusan be- kräftigt öffentlich die „Souveränität" Slowe- niens und tritt auch für eine größere Selb- ständigkeit der übrigen jugoslawischen Re- publiken und autonomen Provinzen ein.

Kusan macht auch keinen Hehl daraus, daß er vom jetzigen Wirtschaftssystem des Landes nichts hält. Er w ü r d e gerne marktwirtschaftli- che Verhältnisse in Slowenien einführen und auch den politischen Pluralismus zulassen.

Ihm g e g e n ü b e r steht aber der m ä c h t i g e serbische Parteiführer, Slobodan Milosche- vic. Er tritt für den kommunistischen Zentra- lismus und die strenge Parteidisziplin ein. Z u - gleich ist Miloschevic aber ein g l ü h e n d e r ser- bischer Patriot. Er will deshalb nicht nur die zwei autonomen Provinzen in seinem Land, Amselfeld und Voiwodina, der Republik Serbien einverleiben. D a r ü b e r h i n a u s will er auch eine serbische F ä r b u n g für den von ihm angestrebten straffen Zentralismus und die Parteidisziplin. Der W i l l e Miloschevic's ist stärker als der von Kusan, denn die jugoslawi sehe Armee ist vor allem eine serhis« he

Gregor M . Manoubukls

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