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Gedenkstein für die Opfer des Lagers Reichenau

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Academic year: 2022

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Gedenkstein für die Opfer des Lagers Reichenau

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Geschichte und Erinnerung

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Horst Schreiber

Einleitung

Das Heimatrecht beeinflusste die Lebensumstände und die soziale Lage vieler Menschen von der Monarchie bis zur NS-Herrschaft, in bestimmten Fällen sogar noch in der Zweiten Republik. Wer es besaß, hatte Zugang zur Armenversorgung.

Abschiebungen, um Kosten zu sparen, waren schon zu Kaisers Zeiten übliche Pra- xis: innerhalb der Staatsgrenzen, von der einen Gemeinde in die andere. Mit wel- chen Argumenten und juristischen Spitzfindigkeiten Notleidenden und besonders Frauen das Heimatrecht verweigert wurde, legt Sabine Pitscheider in ihrem Beitrag

„Heimat und Schutz – Das Heimatrecht der Monarchie“ offen. Migration war in Zeiten stürmischer Industrialisierung und eines hohen Bedarfs an Arbeitskräften eine Grundvoraussetzung steten Wirtschaftswachstums. Innsbruck zog immer mehr Menschen an, während immer weniger im Notfall Unterstützung erhiel- ten. 1900 hatten kaum ein Viertel der Bevölkerung und 1914 gerade einmal zwei Fünftel die Heimatzuständigkeit in der Stadt und somit Anspruch auf eine Grund- versorgung bei drohender Verelendung durch Arbeitslosigkeit, Krankheit, Invali- dität oder Altersarmut. Erst der Nationalsozialismus schaffte das Heimatrecht ab und ersetzte es durch das reichsdeutsche Staatsbürgerschaftsrecht – von dem er Hunderttausende ausschloss.

Bekannt war, dass Jüdinnen und Juden ins Arbeitserziehungslager Reichenau kamen, um von dort in Konzentrationslager und das Vernichtungslager Ausch- witz überstellt zu werden. Bekannt war auch, dass Gestapochef Werner Hilliges persönlich den aus Innsbruck stammenden Juden Egon Dubsky in der Reichenau erschoss. Auf eine bisher wenig beachtete Opfergruppe lenkt Horst Schreiber das Interesse in seinem Beitrag: „Von Libyen nach Innsbruck. Jüdische Vertriebene aus Tripolis und Bengasi im Arbeitserziehungslager Reichenau“. Im Oktober 1943 kamen 59 Menschen aus Libyen in Innsbruck an, sie alle hatten britische Pässe, drei weitere erreichten Tirol einige Monate später. Die Frauen, Männer und Kin- der überlebten. Außer Chalom Reginiano, er starb kurz vor Weihnachten, und Mimborach Labi, er kam wenige Tage nach Frühlingsbeginn 1944 ums Leben. Im Soldatenfriedhof Amras erinnern eine Grabinschrift und eine Stele an die beiden.

Auf eine bemerkenswerte Schau macht Gisela Hormayr in ihrem Beitrag „‚…

das grausige und beschämende Bild dessen, was gestern noch Wirklichkeit war‘.

Zur antifaschistischen Ausstellung ‚Niemals vergessen!‘ in Innsbruck, August 1947“ aufmerksam. In Wien konzipiert, sollte sie in den österreichischen Landes- hauptstädten gezeigt werden und über die Verbrechen der NS-Herrschaft aufklä- ren. Schließlich waren nur Linz und Innsbruck bereit, die Ausstellung zu überneh- men – ohne den Bereich „Judenverfolgung – Judenvernichtung“. Sie war mit über 40.000 BesucherInnen ein großer Erfolg, auch wenn nicht wie in Linz ein regio- naler Bezug integriert wurde, sodass der Nationalsozialismus in Tirol ausgespart

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185 blieb. Doch die Organisatoren Edwin Tangl, selbst ein KZ-Überlebender, und der Bund der Opfer nationalsozialistischer Unterdrückung erreichten, was österreich- weit eine Ausnahme war: die finanzielle und politische Unterstützung der Landes- regierung und der Landeshauptstadt.

Bergluft, Höhensonne und herrliche Landschaften sollten nicht nur die Bürger- lichen genießen können, auch der Arbeiterin und dem Arbeiter stand die Schön- heit der Natur zu, um sich von der Mühsal allwöchentlicher Plage erholen zu kön- nen. So war die Arbeiterbewegung angespornt, eine bescheidene Infrastruktur zur Erschließung der Bergwelt aufzubauen. Eines dieser Juwele war die „Brentenjoch- hütte“ oberhalb von Niederau in der Wildschönau. Zur Errichtung der Hütte 1929 war viel ehrenamtliche Arbeit nötig, die Tiroler Naturfreunde konnten die Kosten alleine nicht stemmen. Die Zentrale in Wien musste ihr Scherflein dazu beitra- gen. Nach dem Krieg benannten die Wörgler Naturfreunde die Hütte nach Anton Graf, einem ihrer von den Nationalsozialisten ermordeten Genossen. Seit 2020 ist diese Erinnerung an ihn nicht mehr möglich. Mit dem Verkauf der Anton-Graf- Hütte ist ein weiteres Stück Geschichte der Tiroler Sozialdemokratie verschwun- den, berichtet Gisela Hormayr in ihrem Beitrag „Mit uns zieht die neue Zeit? Zur Geschichte der Anton-Graf-Hütte der Naturfreunde Wörgl“.

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