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Die technologische Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft

Stärken, Schwächen, Innovationsdefizite

Jan Priewe

Wissenschaftszentrum Berlin für Sozialforschung gGmbH Abteilung „Regulierung von Arbeit“

Forschungsschwerpunkt „Technik-Arbeit-Umwelt“

ISSN: 0724-5084

(2)

Kurzfassung

Der Begriff der internationalen Wettbewerbsfähigkeit von Volks­

wirtschaften ist einer der schillerndsten Begriffe der Wirt­

schaftswissenschaften. Im Anschluß an Krugman werden die ver­

schiedenen Begriffe und Indikatoren kritisch diskutiert. Im Ergeb­

nis zeigt sich: einzig das reale Pro-Kopf-Einkommen sagt etwas über die relative Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft im internationalen Vergleich aus. Im Unterschied zu Krugman wird jedoch am Begriff der internationalen Wettbewerbsfähigkeit festge­

halten. Diese hängt in starkem Maße von der allgemeinen Produkti- vitäts- und Innovationsfähigkeit ab.

Um in einer offenen Volkswirtschaft ein hohes Produktivitätsniveau zu erreichen, bedarf es nicht nur einer hohen technologischen

Wettbewerbsfähigkeit, sondern es muß auch preislich der Konkurrenz aus anderen Ländern standgehalten werden können. Der These der Do­

minanz des Nicht-Preis-Wettbewerbs in hochentwickelten Volkswirt­

schaften wird zurückgewiesen. Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit ist in hohem Maße auch vom technischen Fortschritt abhängig und insoweit Resultat der technologischen Leistungsfähigkeit. Nur die preisliche Wettbewerbsfähigkeit - etwa anhand der Lohnstückkosten oder anderer Indikatoren - zu betrachten wäre ebenso einseitig wie nur den Nicht-Preis-Wettbewerb zu fokussieren.

Hinsichtlich des realen Pro-Kopf-Einkommens schneidet Westdeutsch­

land im internationalen Leistungsvergleich unverändert gut ab. Al­

lerdings ist die Dynamik des Arbeitsproduktivität und vor allem des Wirtschaftswachstums vergleichsweise schwach, insbesondere ge­

genüber Japan. Im internationalen Produktivitätsvergleich, der me­

thodisch schwierig ist, wird zwar ein relativ gutes Niveau er­

reicht, aber insbesondere in der Industrie gibt es Anzeichen für Schwächen. Die deutschen Weltmarktanteile, in einheitlicher Wäh­

rung und in Export- bzw. Importwerten gerechnet, haben sich kaum wesentlich verschoben, sie liegen fast unverändert an der Spitze im internationalen Vergleich; lediglich die letzten Jahre zeigen ein etwas ungünstigere Entwicklung, die jedoch vor allem konjunk­

turelle und vereinigungsbedingte Ursachen hat. Die deutschen Ex- portperformance wurde trotz eines stärkeren Anstiegs der Lohn­

stückkosten in der Industrie seit Beginn der 90er Jahre (in Lan­

deswährung gerechnet) erzielt. Während die Lohnkosten nach wie vor kein ernsthaftes Wettbewerbshemmnis für die deutsche Wirtschaft darstellen, gibt es durch die starke D-Mark-AufWertung ein gravie­

rendes Wechselkursproblem, das durch Lohnzurückhaltung nicht neu­

tralisiert werden kann.

Die Leistungsfähigkeit einer Volkswirtschaft sollte nicht nur im Vergleich zu anderen hochentwickelten Ländern betrachtet werden, sondern auch daran gemessen werden, in wie weit es gelingt, durch technischen Fortschritt, der alle verfügbaren Ressourcen nutzt, ein steigendes umweltverträgliches Wachstumspotential zu erzeugen.

Der Wachstumstrend hat sich seit Anfang der 70er Jahre stärker als in anderen Ländern verlangsamt, das Tempo des technischen Fort­

schritts geht zurück. Hier wird eine deutliche Schwäche der Inno­

vationsdynamik der westdeutschen Wirtschaft diagnostiziert. Die Ursachen liegen nicht nur in makroökonomischen Fehlentwicklungen

(etwa steigende Realzinsen, Aufwertungsdruck, restriktive Geld- und Fiskalpolitik etc.) oder hemmenden Regulierungen, sondern auch bei einem zu schwachen Strukturwandel zugunsten hochtechnologi­

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konserviert, aber nicht verändert. Schlüsseltechnologien werden zuwenig in Deutschland selbst vorangetrieben, während die Anwen­

dung von Hochtechnologieprodukten in Sektoren mittlerer Technolo­

gie gut entwickelt ist. Überdies läßt die Forschungs- und Entwick­

lungsintensität, auch die Patentintensität nach. Insgesamt wird das vorhandene Wissenschaftspotential zu wenig ökonomisch verwer­

tet. Die Industrieproduktion ist zu sehr auf technologisch an­

spruchsvolle Nischen ausgerichtet. Nicht-technische Produktivi­

tätspotentiale (etwa Unternehmens- und Arbeitsorganisation) werden zu wenig genutzt. Die Regionalstruktur des Außenhandels ist zu eu- ropa-zentriert und nutzt die wohlstandssteigernden Möglichkeiten zur Arbeitsteilung mit ost- und südostasiatischen Ländern nicht hinreichend.

Eine kräftigere Innovationsdynamik würde wachstumssteigernd wir­

ken, die Beschäftigung aber nur in relativ bescheidenem Maße stei­

gern. Jedoch bestünden bessere Bedingungen für eine makroökonomi­

sche Politik zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit.

(4)

Jan Priewe, August 1996

Die technologische Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Wirtschaft - Stärken, Schwächen, Innovationsdefiz ite

1. Fragestellung... 4

2. Das Chaos der Begriffe: internationale Wettbewerbsfähigkeit, technologische Wettbewerbsfähigkeit, Standortqualität.... ....9

2.1 Internationale Wettbewerbsfähigkeit als ability to earn ...9

2.2 Technologische und/oder preisliche Wettbewerbsfähigkeit?....15

2.3 Technologische Wettbewerbsfähigkeit in engeren und weiteren S i n n ... 21

2.4 Ein Fazit...22

3. Die Aussagefähigkeit der üblichen Indikatoren internationaler und technologischer Wettbewerbsfähigkeit... 24

3.1 Reales Pro-Kopf-Einkommen... 25

3.2 Produktivitätsentwicklung... 26

3.3 Inport- und Export-Wettbewerbsfähigkeit (OECD-Methode)... 28

3.4 Weltnarktanteile... 29

3.5 Handels- und Leistungsbilanzen... 33

3.6 Reale effektive Wechselkurse... 35

3.7 Relative Lohnstückkosten... 36

3.8 F & E - Intensität... .. — ... 42

3.9 Patentintensität... ... 44

4. Das reale Pro-Kopf-Einkommen in internationalen Vergleich....46

5. Die deutsche Produktivitätsposition in internationalen Vergleich•. •. •... o • o. ..•••••... ... o ... 52

6. Die Lohnstückkosten in internationalen Vergleich...65

7. Die deutsche Exportposition in internationalen Vergleich.... 69

7.1 Die gesamtwirtschaftliche Exportposition... 69

7.2 Branchenstruktur und Exporte... 75

8. Die Innovationsintensität in internationalen Vergleich... 81

9. Schwächen der technologischen Leistungsfähigkeit der deutschen Wirtschaft... 83

Literatur 101

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Verzeichnis der Tabellen und Abbildungen

Tabelle 1: Steigerung der Arbeitsproduktivität je Erwerbstätigen­

stunde pro anno 1950-94... 54

Tabelle 2: Stundenproduktivität in Kaufkraftparitäten-Dollar 1992... 59

Tabelle 3: Reale BruttowertSchöpfung je Arbeitsstunde - Änderung in Prozent ... . 61

Tabelle 4: Unit Value Ratios (UVR) für die Industrie...62

Tabelle 5: Value Added per Work Hour in Manufacturing 1970-94...63

Tabelle 6: Entwicklung der Lohnstückkosten in der Gesamtwirtschaft... .67

Tabelle 7: Lohnstückkosten im verarbeitenden gewerbe 1980-95....68

Tabelle 8: Weltexportanteile in vH (alle Güter) 1980-95 in U S - $ ... 71

Tabelle 9: Weltimportanteile in vH (alle Güter) 1980-95 in US - $ . ... 72

Tabelle 10: Exportanteile bei Industriegütern in US-$ an den OECD- Exporten 1980-93 in vH... 72

Tabelle 11: Exportperformance nach OECD-Methode 1980-95... 75

Tabelle 12: Warenstruktur der Exporte der BRD 1970-92 nach ausge­ wählten Sektoren... 77

Tabelle 13: Anteil der BRD an den High-Tech-Exporten der OECD nach Ländern und Ländergruppen (in v H ) ... ... 77

Tabelle 14: Ausfuhrmarktanteil Westdeutschlands im Warenhandel in v H ... 77

Tabelle 15: Export-Import-Relation der BRD 1970-92 für ausgewählte Sektoren... 78

Tabelle 16: Wachstum der totalen Faktorproduktivität... 87

Abb. 1: Relatives Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftparitäten... 47

Abb. 2: Zunahme des BIP pro Einwohner in vH in Kaufkraftpäritäten- $ von 1991... 47

Abb. 3: Wachstum des BIP 197o-94 in Preisen von 1 9 9 1 ... 50

Abb. 4: Industrieproduktion 1970-94... 50

Abb. 5: Investitionsdynamik 1970-94... 51

Abb. 6: BIP je Erwerbstätigen in Preisen von 1991 in Landeswährung... ... 51

(6)

3

Abb. 7: BIP je Erwerbstätigen 1960-92 in 1.000 Kaufkraft-$ von 1991...53 Abb. 8: BIP je Arbeitsstunde im Kaufkraft-$ von 1991...53 Abb. 9: Wachstum des BIP je Arbeitsstunde in Kaufkraft-$

von 1991... 55 Abb. 10: BIP je Arbeitsstunde 1992 in US-$ und Kaufkraft-$ von

1991. . ... 55 Abb. 11: BIP je Erwerbstätigen 1990 in US-$, jeweilige Preise und

Wechselkurse... ... ... 57 Abb. 12: BIP je Erwerbstätigen 1990 in US-$, Preise und Wechsel­

kurse von 1985... ... ... .. 57 Abb. 13: Wachstum des BIP je Erwerbstätigen in US-$ 1970-90 (in

laufenden Preisen und Wechselkursen)... 58 Abb. 14: Wachstum des BIP je Erwerbstätigen in US-$ 1970-90 (in

Preisen und Wechselkursen von 1985)... 58 Abb. 15: Bruttowertschöpfung je Stunde 1995... 60 Abb. 16: Exporte in Landeswährung 1970-94 in Preisen von 1991, In­

dex 1970 = 100... ... ... ... ... ...70 Abb. 17: Exporte ausgewählter Länder in ECU 70

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1. Fragestellung

Zahlreiche makroökonomische Analysen zur technologischen Wettbe­

werbsfähigkeit der Bundesrepublik Deutschland, insbesondere sei­

tens des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), kom­

men zu dem Ergebnis, daß es keine gravierenden preislichen und technologischen Wettbewerbsschwächen sowie keine sog. Standortpro­

bleme der westdeutschen Wirtschaft gibt (vgl. Lindlar 1995, Schu­

macher u.a. 1995). Andere Untersuchungen, etwa des Institutes der Deutschen Wirtschaft (IDW) oder des Kieler Institutes für Welt­

wirtschaft (IfW), teilen weitgehend diese Auffassung zur techno­

logischen Wettbewerbsfähigkeit, sehen jedoch strukturelle Probleme aufgrund zu hoher Löhne, einer zu wenig gespreizten Lohnstruktur, zu starker staatlicher Regulierung und zu hoher Kosten sozialpoli­

tischer Sicherungssysteme (vgl. Kroker 1995, Siebert 1994, Klodt u.a. 1994). Dies wird als Kern der Standortschwäche Deutschlands angesehen, analog zur Position der Bundesregierung und der Arbeit­

geberverbände (vgl. Bundesregierung 1993). In beiden Fällen wird für die Wirtschaftspolitik kein vorrangiger Handlungsbedarf bei der Forschungs- und Technologiepolitik, allgemeiner: bei der Inno­

vationspolitik, gesehen. Im ersten Fall kommt es in erster Linie - überspitzt gesagt: ausschließlich - auf eine richtige makroökono­

mische Politik an, die Rezessionen vermeidet und das Wachstum ver- stetigt; vor allem ist demnach, freilich mit ganz unterschiedli­

chen Akzenten, die Geld-, Währungs-, Fiskal- und Tariflohnpolitik für die preisniveaustabile Steigerung von Wachstum und Beschäfti­

gung verantwortlich. Im zweiten Fall kommt es auf Lohnsteigerungen unterhalb der ProduktivitätsZuwächse sowie Lohnspreizung an, fer­

ner auf die Deregulierung des Arbeitsmarktes und anderer Bereiche.

Andere Untersuchungen attestieren der deutschen Wirtschaft deutli­

che Schächen bei der technologischen Leistungsfähigkeit (vgl.

Staatsregierung Baden-Württemberg 1993, NIW u.a. 1995, Hickel, Priewe 1994, S. 94 ff., 312 ff., Audretsch 1995).

Die fast uneingeschränkt positive Bewertung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit seitens der eingangs erwähnten Untersuchungen

ist aus verschiedenen Gründen überraschend. Es ist empirisch weit­

gehend unumstritten, daß bestimmte Sektoren in Deutschland - oder wenigstens relevante Teile - erhebliche Innovationsrückstände

(hinsichtlich der Arbeitsproduktivität, der Innovationsfähigkeit,

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5

der Produktqualität etc.) vor allem gegenüber Japan und den USA aufweisen, so zum Beispiel der Maschinenbau, die Automobilindu- strie und die Elektronik-Industrie (vgl. etwa Jürgens, Naschold 1994, Womack u.a. 19911 , Berger 1995, McKinsey & Company 1994, van Ark 1996, Gersbach/Baily 1996). Hinzu kommt ein ungünstiger dop­

pelter Struktureffekt in Deutschland: Spezialisierung auf Pro­

duktsegmente, die nicht in Wachstumsbranchen liegen, sowie eine RegionalStruktur der Exporte, die sich auf Regionen mit schwachem Wachstum konzentriert. Wichtige Hochtechnologiebereiche, "science based industries", sind in Deutschland in der Exportstruktur un­

terrepräsentiert, nämlich die Mikroelektronik, Telekommunikation, I+K-Industrien und andere Sektoren. In Japan wächst die Arbeits­

produktivität rascher als in Deutschland, wenngleich das Niveau noch unter dem deutschen liegt.

Mithin stellen sich verschiedene Fragen: Wieso haben sich diese Sachverhalte nicht in den üblichen Indikatoren zur internationalen Wettbewerbsfähigkeit niedergeschlagen? Könnte dies mittelfristig der Fall sein? Wurde die Innovationsschwäche bislang überspielt durch die Stärke der in Deutschland besonders stark vertretenen

"medium-tech"-Industrien, die jedoch auf Dauer möglicherweise

nicht zu halten sein wird, oder durch eine bis vor kurzem günstige Wechselkursentwicklung? Ist die Klassifizierung nach Hoch-, Mit­

tel- und Niedrig-Technologiesektoren irreführend, weil etwa die deutschen "medium-tech"-Sektoren durch geschickte Anwendung von Hochtechnologie günstige Exportergebnisse erzielen? Wird sich die traditionelle "Überindustrialisierung" Deutschlands - im Vergleich

zu anderen großen Handelspartnerländern - abbauen und sich ein

"Normalmuster" einstellen, was vermutlich mit empfindlichen

Beschäftigungsverlusten verbunden wäre? Kann der Mangel an "High­

tech "-Sektoren in Deutschland kompensiert werden durch Import ent­

sprechender Produkte, sei es durch Kauf von konkurrierenden aus­

ländischen Unternehmen, sei es durch die Auslandstöchter transna­

tionaler deutscher Unternehmen? Wie wirkt dies auf die Beschäfti­

gung?

1 Von Kritikern wird allerdings die überlegene Produktivitätsposi­

tion der japanischen Autoindustrie, die Womack u.a. anhand der technischen Produktivität (Montagestunden je Auto) zu einem be­

stimmten Stichjahr in der Endmontage behaupten, bezweifelt. Vgl.

Neumann 1996, S. 59 ff.; Neumann 1996a

(9)

In der sog. Standortdebatte war die makroökonomische Fragestellung bislang auf die internationale Wettbewerbsfähigkeit, und zwar auf die preislichen und technologischen Aspekte, fokussiert. Dabei ist der Begriff der Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft äußerst fragwürdig, da er in Analogie zum Wettbewerb von Unternehmen und Branchen gebildet wurde. Ebenso ist der Begriff des "Standort­

wettbewerbs" oder der "Standortqualität” eine fragwürdige Katego­

rie. Paul Krugman hat darauf hingewiesen, daß es geradezu eine irrationale Obesession gibt, Wohl und Wehe einer Volkswirtschaft an der außenwirtschaftlichen performance und der dadurch definier­

ten internationalen Wettbewerbsfähigkeit festzumachen.

Durch die einseitige Fragestellung und die wenig konsistente Be­

griff sbildung wurde eine viel wichtigere Frage, die nicht direkt außenwirtschaftlichen Bezug hat, verdrängt: Warum ist das Wirt­

schaftswachstum in Deutschland im Vergleich zu anderen hoch ent­

wickelten dynamischen Volkswirtschaften, vor allem Japan, so nied­

rig? Es dürfte kaum zu bezweifeln sein, daß hier neben vielen an­

deren Faktoren auch ein höheres Tempo des technischen Fortschritts in Japan gegenüber der Bundesrepublik eine Rolle spielt. Daß Japan gegenwärtig eine schwere Krise durchmacht, belegt nicht, daß es sich dabei nur um einen Prozeß nach- bzw. aufholender Modernisie­

rung handelt. Die geringere Innovationsdynamik in Deutschland wur­

de weniger beachtet, weil die Referenzländer eher andere westeuro­

päische Länder waren und die Position der USA unterschätzt wurde.

Hinzu kommt, daß die "technologische Lücke" zu Japan die perfor­

mance Deutschlands hinsichtlich wichtiger Indikatoren der inter­

nationalen Wettbewerbsfähigkeit, vor allem der Handelsbilanz, kaum beeinträchtigt hat.

Es spricht einiges dafür, daß in Deutschland tradionelle Branchen- und Außenhandelsstrukturen eher konserviert wurden, indem auf de­

fensive Produktivitätssteigerung, Dominanz von Verfahrensinnova- tionen gegenüber Produktinnovationen, Outsourcing, Produktions­

verlagerung an ausländische Standorte, häufig in Tochterunterneh­

men, etc. gesetzt wurde und weniger auf offensiven Strukturwandel in Richtung auf Stärkung von Hochtechhologiesektoren. Man hat also cjie Stärkung des traditionellen "Kerngeschäfts" versucht und dabei

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7

wichtige Produktionsbereiche aufgegeben, während der Aufbau von Branchenstrukturen, die zwar zukunftsweisend, aber in Deutschland traditionell eher schwach vertreten sind, kaum in Angriff genommen wurde. Diese Entwicklung hat das Wirtschaftswachstum negativ be­

einflußt, andererseits jedoch die Produktivität durchaus gestei­

gert, so daß die Beschäftigung (gemessen am Arbeitsvolumen in Stunden) in den expansiven Konjunkturphasen nur relativ schwach anstieg. Die Gewöhnung an niedriges jobless growth hat vergessen lassen, daß dieses keineswegs zwangsläufig, sondern eher ein deut­

sches und westeuropäisches Spezifikum ist.

So notwendig eine makroökonomische Analyse der technologischen Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft ist, wenn man Partial­

aussagen vermeiden will, so ist sie doch geeignet, die Sicht auf die Entwicklungsdynamik zu versperren und die Suche nach geeigne­

ten wirtschaftspolitischen Eingriffsmöglichkeiten zu erschweren.

Das Aggregat ergibt sich aus der Summe dynamischer und träger Vek­

toren. Das Gefälle zwischen den Sektoren erscheint nivelliert.

Innovationsschwächen und -stärken zeigen sich erst mit Verzögerung im Aggregat, wenn sie ein starkes gesamtwirtschaftliches Gewicht erhalten haben,* zunächst erscheinen sie in marginalen Veränderun­

gen, die in der Aggregatbetrachtung noch untergehen. Für die wirt­

schaftspolitische Intervention zur Steigerung des Innovationstem­

pos liegt der Ansatzpunkt indessen gerade bei marginalen Verände­

rungen bestimmter Branchen oder innerhalb bestimmter Branchen. Da­

zu muß die makroökonomische Ebene verlassen werden.

Es soll im folgenden geprüft werden, ob und inwiefern in Deutsch­

land ein makroökonomisch relevantes Innovationsdefizit existiert.

Dazu wird die Literatur zur technologischen Wettbewerbsfähigkeit der westdeutschen Wirtschaft, insbesondere die Untersuchungen des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, kritisch untersucht.

Folgende Aspekte sollen dabei im Zentrum stehen:

- Was ist unter technologischer Wettbewerbsfähigkeit einer Volks­

wirtschaft zu verstehen, welche Relevanz hat sie für die interna­

tionale Wettbewerbsfähigkeit insgesamt sowie für Wachstum und Be­

schäftigung? Weches sind die relavanten Indikatoren?

(11)

- Was sind die entscheidenden Determinanten der technologischen Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft?

- Wie ist aus makroökonomischer Sicht die Aussagekraft der ver­

schiedenen Indikatoren zu beurteilen, die normalerweise bei der Erfassung der technologischen Wettbewerbsfähigkeit verwendet wer­

den? Werden eventuell wichtige andere Indikatoren vernachlässigt?

- Gibt es Defizite an technologischer Wettbewerbsfähigkeit bei zentralen Branchen des verarbeitenden Gewerbes in Westdeutschland?

- Gibt es in der einschlägigen makroökonomischen Literatur zur in­

ternationalen Wettbewerbsfähigkeit, insbesondere in den Struktur­

berichten der Wirtschaftsforschungsinstitute, wesentliche Unter­

schiede in der Einschätzung der technologischen Wettbewerbsfähig­

keit Deutschlands?

- Läßt sich die relativ schwache Repräsentanz von Hochtechnologie­

sektoren als Innovationsdefizit oder als technologische Lücke deu­

ten und welche Folgewirkungen hat sie für Wachstum und Beschäfti­

gung?

- Verdeckt der auf makroökonomische Außenwirtschaftsbeziehungen ausgerichtete Begriff der internationalen Wettbewerbsfähigkeit Sachverhalte, die mit technologischer Lücke oder durch Innova­

tionsmangel verursachte Wachstumsdefizite bezeichnet werden kön­

nen?

Bei der folgenden Untersuchung der Wettbewerbsfähigkeit der deut­

schen Wirtschaft wird - scheinbar ökologisch blind - unterstellt, daß hohes oder höheres Wirtschaftswachstum möglich und sinnvoll ist und letztlich zu einem höheren Wohlstandsniveau in bezug auf die Versorgung der Gesellschaft mit Gütern und Dienstleistungen führt. Natürlich gilt dies nur unter den Bedingungen der Umwelt­

verträglichkeit. Diese können durchaus das Wachstumspotential ei­

ner Volkswirtschaft wie ein Korsett einschnüren. Diese ökologi­

schen Restriktionen können hier nicht untersucht werden. Wichtig ist allerdings, daß es im Rahmen dieser ökologischen Grenzen Pro­

duktionsmöglichkeiten gibt, die aus Gründen der Beschäftigung und

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9

der Wohlstandssteigerung möglichst voll ausgeschöpft werden soll­

ten (vgl. zur Analyse des Zusammenhangs von Wachstum, Beschäfti­

gung und Ökologie Priewe 1996).

2. Das Chaos der Begriffe: internationale Wettbewerbsfähigkeit, technologische Wettbewerbsfähigkeit, Standortqualität

2.1 Internationale Wettbewerbsfähigkeit als ability to earn

Die babylonische Sprachverwirrung um den Begriff der internationa­

len Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft hat zu einer kaum noch überschaubaren Vielfalt von Indikatoren geführt. Diese haben Begriffsklärung und theoretische Analyse ersetzt: measurement wi­

thout theory. Hinzu kommt, daß die verschiedenen Indikatoren häu­

fig entgegengesetzte Befunde zutage fördern und zu einer regel­

rechten Irreführung der Wirtschaftspolitik führen. Auch Indikato- ren-Sets können das Problem gegensätzlicher Indikatorenwerte nicht lösen^. Weit verbreitet sind etwa die aus 21 Indikatoren bestehen­

den Standortbewertungen des Instituts der deutschen Wirtschaft (IDW 1995). Auch die Begriffsbildung in den Strukturberichten der Wirtschaftsforschungsinstitute ist voller Unschärfen. In den un­

zähligen wissenschaftlichen Analysen wird der Begriff unterschied­

lich definiert, zudem wechseln die Begriffsinhalte häufig.

Den jüngsten Strukturberichten, insbesondere des Ifo-Institutes (Ifo 1995) und des HWWA (HWWA 1995), mangelt es an einer Reflexion der Begriffe internationale und technologische Wettbewerbsfähig­

keit sowie Standortqualität. Ifo konzentriert sich auf Exportan­

teile und bei der technologischen Wettbewerbsfähigkeit ausschließ­

lich auf Patentaktivitäten. Die Aussagekraft der Indikatoren wird nicht weiter erläutert. Der HWWA-Bericht argumentiert anhand der Lohnstückkosten hinsichtlich der preislichen Wettbewerbsfähigkeit, 2 Zu Recht kritisieren die DIW-Autoren: ’’Aus wirtschaftswissen­

schaftlicher Sicht sind Indikatorensammlungen zur Konzeptualisie- rung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit abzulehnen. Indika­

toren dienen dazu, näherungsweise Angaben über eine nicht direkt meßbare Größe zu machen, d.h. die zu messende Größe determiniert die Auswahl der Indikatoren und nicht umgekehrt. Dazu muß aller­

dings eine klare Vorstellung darüber vorhanden sein, was die zu messende Größe begrifflich repräsentieren soll. Eine solche be­

griffliche Klarheit ist auch Voraussetzung für die Herausarbeitung der Determinanten und letztlich die Formulierung einer Theorie der internationalen Wettbewerbsfähigkeit.” Schumacher, Belitz u.a.

1995, S. 20

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teilweise mit Weltexportanteilen, teilweise mit Realeinkommen pro Kopf. Letztlich werden immer wieder Indikatorenbündel verwendet, die jedoch ganz unterschiedlich zusammengesetzt sind und deren Einzelindikatoren häufig genug auf entgegengesetzte Richtungsver­

änderungen hinweisen. Das Kieler Institut für Weltwirtschaft (IfW) konzentriert sich vorrangig auf den Begriff Standortwettbewerb, der jedoch nur sehr begrenzte Aussagekraft hat, wie weiter unten gezeigt wird. Als Maß der Innovationsintensität wird die F&E- so­

wie die Patentintensität benutzt, Innovationen werden also nur als technische verstanden. Der Begriff der technologischen Wettbe­

werbsposition wird verwendet, jedoch nicht definiert, sondern an­

hand der Indikatoren Weltexportanteil, Spezialisierungsmuster und Innovationsintensität untersucht (Klodt u.a. 1994, S.46 ff.).

Auch die regelmäßigen Gutachten zur technologischen Wettbewerbsfä­

higkeit (neuerdings: Leistungsfähigkeit) Deutschlands seitens des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaftsforschung (Federfüh­

rung) und anderer Institute für das Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie verwenden ein Indikatoren­

bündel, ohne präzise Herleitung des Begriffs (NIW u.a. 1995). Den Autoren geht es vor allem um Indikatoren für Angebotsbedingungen, die für technologische Leistungsfähigkeit wichtig sind. Ent­

scheidend ist die Interpretation des Zusammenhangs derartiger In­

dikatoren mit gesamtwirtschaftlichen Marktergebnissen auf den Gü­

ter- und Faktormärkten (siehe auch Gehrke, Grupp 1994). Die Metho­

dik, die hier wie in vielen anderen Bereichen der empirischen Wirtschaftsforschung angewendet wird, erscheint nicht unproblema­

tisch: nämlich zunächst komplexe Daten zu erheben, um dann zu in­

terpretieren, wofür sie Indikatoren sind.

Die Indikatoren konzentrieren sich auf Technologie im engeren Sinn: Forschungs- und Entwicklungsaktivitäten, Patenthäufigkeit sowie Innovationsaktivitäten, die neben F&E-Aufwand Kostenkompo­

nenten wie Produkt- und Prozeßinnovationen, Investitionen für In­

novationen und Markteinführungskosten umfassen (NIW u.a. 1995, S.

15 f.). Andere Faktoren nicht-preislicher Wettbewerbsfähigkeit wie ünternehmensorganisation, Managementqualität, Anpassungstempo fal­

len aus diesem Indikatorenset heraus. Im Rahmen dieses Ansatzes werden Hochtechnologiesektoren sehr stark bewertet, während die

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11

Anwendung von Hochtechnologie in Nicht-Hochtechnologiesektoren für die eigentlichen Indikatoren zur technologischen Wettbewerbsfähig­

keit eher unwichtig sind. Ergänzend beobachten NIW u.a. den Außen­

handel sowie die gesamtwirtschaftliche Bedeutung forschungsinten­

siver Industrien.

Eine gründliche theoretische Reflexion betreibt das DIW {Schuma­

cher, Belitz u.a. 1995). Dieser Position wird hier einerseits weitgehend gefolgt, andererseits deutlich widersprochen. Diesem Ansatz zufolge ist internationale Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft die ability to earn, nämlich die Fähigkeit ein dauerhaft hohes Realeinkommen zu erwirtschaften. Technologische Wettbewerbsfähigkeit ist dann im Rahmen allgemeiner internationa­

ler Wettbewerbsfähigkeit die Fähigkeit, eine hohe Produktivität des Wirtschaftens zu realisieren, also allgemeine Produktivitäts­

fähigkeit (Schumacher, Belitz u.a. 1995, S. 17 ff., Schumacher 1995; Trabold 1995, S. 169 ff.). Damit sind die entscheidenden In­

dikatoren ergebnisorientiert festgelegt: Eine Volkswirtschaft ist um so wettbewerbsfähiger, je höher ihr Pro-Kopf-Realeinkommen ist, und die technologische Wettbewerbsfähigkeit ist um so höher, je höher das Realeinkommen je Erwerbstätigen bzw. je Arbeitsstunde

ist. Diese richtungsweisende Definition wurde bereits 1985 in den USA von der President's Commission On Industrial Competitiveness

(1985, S. 7) gewählt. Auch in der internationalen Diskussion zeigt sich breite Zustimmung.

Unter der Hand wird hier der Begriff der internationalen Wettbe­

werbsfähigkeit mit technologischer Wettbewerbsfähigkeit gleichge­

setzt, da ja Produktivitätsfähigkeit scheinbar allein auf Techno­

logiefähigkeit beruht. Die technologische Wettbewerbsfähigkeit wird meist der preislichen Wettbewerbsfähigkeit entgegengestellt.

In dem DIW-Konzept erscheint preisliche Wettbewerbsfähigkeit unbe­

deutend; der Zusammenhang von preislicher und technologischer Wettbewerbsfähigkeit ist jedenfalls nicht eindeutig, und, wie wei­

ter unten gezeigt wird, bei näherer Untersuchung problematisch.

Statt dessen wird hier vorgeschlagen, als internationale Wettbe­

werbsfähigkeit einer Volkswirtschaft die relative Position im re­

alen Pro-Kopf-Einkommen zu betrachten. Sie beruht auf internati­

onalem Preis- und Nicht-Preis-Wettbewerb. Auch die Fähigkeit, eine

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hohe durchschnittliche Produktivität zu realisieren, impliziert neben technologischer Kompetenz auch eine günstige Position beim Preis-Leistungs-Verhältnis beim Verkauf von Gütern und Dienstlei­

stungen. Das Verhältnis von technologischer und preislicher Wett­

bewerbsfähigkeit wird unten näher untersucht.

Die schon früh von Balassa genannten vier Aspekte der Wettbewerbs­

fähigkeit von Nationen, nämlich die ability to sell, ability to attract (in bezug auf mobile Produktionsfaktoren), ability to ad­

just und die ability to earn, werden also in der neueren Diskus­

sion zugunsten der letzteren interpretiert (Balassa 1962). Die er­

sten drei abilities werden als Voraussetzung oder als Mittel in­

terpretiert, im Ergebnis ein hohes Pro-Kopf-Einkommen zu realisie­

ren (Trabold 1995, S.182). Damit wird die Diskussion über die Wettbewerbsfähigkeit aus der außenhandelstheoretischen Beschrän­

kung herausgeführt, bei der vor allem die ability to sell fokus­

siert wurde. Vernachlässigt wurde, daß das Verkaufen von Gütern sich nicht nur auf den Export, sondern auch und meist mehrheitlich auf den nationalen Binnenmarkt unter den Bedingungen des Import­

wettbewerbs bezieht. Hohe Exporte oder Exportüberschüsse, eine hohe Exportquote oder ein hoher Weltmarktanteil sind keine ent­

scheidenden Indikatoren, denn es gibt Länder, die mit vergleichs­

weise ungünstigen Außenhandelsindikatoren ein hohes Einkommen re­

alisieren und vice versa. So erzielen die USA ein hohes Pro-Kopf- Einkommen trotz niedriger Exportquote und chronisch defizitärer Handelsbilanz; Japan verbucht zwar eine dynamische Außenhandels­

entwicklung, jedoch sind die Export- und Importquoten niedrig.

Westdeutschland realisierte (bis zur deutschen Einheit) mit einer viel höheren Exportquote und höheren Handelsbilanzüberschüssen als Frankreich ein nahezu gleich großes Pro-Kopf-Einkommen wie Frank­

reich.

Der offenkundige Nachteil des ergebnisorientierten Indikators abi lity to earn ist sein globaler, umfassender Charakter, der wenig Aufschluß gibt über die Determinanten der so verstandenen inter­

nationalen Wettbewerbsfähigkeit und damit auch keine direkten An­

satzpunkte für die Wirtschaftspolitik bietet. Das Pro-Kopf-Ein­

kommen einer Volkswirtschaft läßt sich mittels ganz unterschiedli eher Aktivitäten oder Politiken steigern, neben außenwirtschaft­

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13

lieh ausgerichteten Maßnahmen (z.B. Steigerung des Weltmarktan­

teils) spielen insbesondere binnenwirtschaftliche Aktivitäten eine große Rolle, insbesondere auch die makroökonomische Politik, die rechtlichen und politischen Rahmenbedingungen sowie das Gefüge ge­

sellschaftlicher Institutionen (z.B. industrielle Beziehungen).

Man könnte auch kritisch einwenden, daß unter bestimmten Bedingun­

gen das Pro-Kopf-Einkommen eines Landes auf Kosten anderer steigt, so daß auf nationaler Ebene nur ein Nettoeffekt beobachtet werden kann, der hinsichtlich einer allgemeinen Wohlstandsteigerung nicht aussagekräftig ist. Dieses Argument spricht m.E. nicht gegen den Begriff, sondern fordert eine gründliche Interpretation statisti­

scher Befunde.

Man kann sich fragen, ob ein derart weiter Begriff der internatio­

nalen Wettbewerbsfähigkeit sinnvoll oder schlicht überflüssig ist.

Verschiedene Autoren, unter anderen Krugman (1994), van Suntum (1986), Börner (1986), halten den Begriff insgesamt, auch in der Version der ability to earn, für bedeutungslos, überholt oder gar gefährlich. In der Tat suggeriert er, daß der Wohlstand einer N a ­ tion durch Erfolge im internationalen Wettbewerb, vor allem im A u ­ ßenhandel, zu steigern ist - er ist also mit einem außenwirt­

schaftlichem, im Grunde mit einem merkantilistischem Bias belegt.

Van Suntum betont, daß Probleme wie Leistungsbilanzdefizite, Ar­

beitslosigkeit, Investitions- und Innovationsdefizite im Grunde ein binnenwirtschaftliches Anpassungsproblem darstellen (v.Suntum 1986, S.501). Auch suggeriert der Begriff, daß es sich bei der in­

ternationalen Wohlstandsposition eines Landes um ein Nullsummen­

spiel handele: Der Erfolg der Gewinner beruhe auf den Wohlstands- Einbußen der Verlierer im internationalen Wettbewerb. Dem ist ent­

gegenzuhalten, daß der internationale Güter- und Faktoraustausch sowohl zu Nullsummen- als auch zu Positiv- oder Negativsummenspie­

len führen kann - es kommt auf die Bedingungen an.

Man könnte auch einwenden, daß in marktwirtschaftlichen Systemen nicht Volkswirtschaften, sondern Unternehmen national wie interna­

tional konkurrieren, während die staatlichen Rahmenbedingungen wie die Wirtschaftspolitik der nationalen Regierungen in offenen

Volkswirtschaften eher längerfristig stabil, jedenfalls nicht kon­

kurrierend ausgerichtet sein sollten (vgl. zur Diskussion der Ein­

(17)

wände Trabold 1995, S.181 f.). Um die Position der Volkswirtschaf­

ten in der Dynamik der Weltwirtschaft zu erfassen und zu verglei­

chen, scheint mir ebenso wie den DIW-Autoren der Begriff der in­

ternationalen Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft in der Fassung der ability to earn gleichwohl praktikabel zu sein3 . Frei­

lich könnte man genauso gut von nationaler Leistungsfähigkeit ei­

ner Volkswirtschaft im internationalen Vergleich sprechen.

Die Konfusion über den Begriff der Wettbewerbsfähigkeit wurde vielfach auf seinen betriebswirtschaftlichen Ursprung zurückge­

führt, der auf Volkswirtschaften nicht übertragbar sei. Ein Unter­

nehmen, eine Branche kann bei mangelnder Wettbewerbsfähigkeit vom Markt verdrängt und vernichtet werden, während eine Volkswirt­

schaft sich allenfalls stark verschulden kann. Zudem besteht die Möglichkeit der Abwertung, die mit Preissenkungen eines Unterneh­

mens nicht unmittelbar vergleichbar ist. Demgegenüber kann das Konzept der ability to earn direkt an die betriebswirtschaftliche Kategorien anknüpfen: Hat ein Unternehmen (oder eine Branche) eine hohe Wettbewerbsfähigkeit, gleich ob national oder international, dann hat sie einen hohen oder steigenden Markt- bzw. Produktions­

anteil an der Gesamtproduktion in dem relevanten Markt. Eine Volkswirtschaft hätte demnach, bezogen auf alle Sektoren, einen hohen oder steigenden Produktionsanteil an der Weltproduktion al­

ler Sektoren. Da dieser Indikator um die Einwohnerzahl des jewei­

ligen Landes bereinigt werden muß, ergäbe sich nichts anderes als das reale Bruttoinlandsprodukt je Einwohner, eben die ability to earn.

Das Institut für Weltwirtschaft (IfW) versteht unter Standortwett­

bewerb, hier ein Schlüsselbegriff, die Fähigkeit einer Volkswirt­

schaft, mobile Produktionsfaktoren zu attrahieren (Klodt u.a.

1994, S. 4). Einen umfassenden allgemeinen Standortindikator bil­

den die Autoren hingegen nicht, vielmehr wird ein nicht näher be­

gründetes Indikatorenbündel postuliert, zu dem unter anderem die 3 Nicht diskutiert wird hier die Aussagefähigkeit des Sozialpro­

dukts für den Wohlstand eines Landes. Traditionell wird das Sozi­

alprodukt als Wohlstandsindikator oder auch nur als Leistungsindi­

kator von der ökonomischen Theorie weit überschätzt. Gleichwohl ist das Sozialprodukt als Indikator monetärer Einkommensströme un­

beschadet ihrer Wohlstandsrelevanz für eine Geldökonomie von gro­

ßer Bedeutung.

(18)

15

Lohnkosten, die Besteuerung, Preise für Energie und Boden, Infra­

struktur, Größe des Absatzmarkets, Fühlungsvorteile etc. hinzukom- men müßten. Als Indikator der Standortqualität verwenden die Kie­

ler Autoren zunächst die Investitionen je Einwohner bzw. deren Dy­

namik im Vergleich der Volkswirtschaften (S.18 ff.). Dabei werden statt aktueller Wechselkurse Kaufkraftparitäten verwendet. Als zweiter Indikator der Standortqualität wird die Fähigkeit einer Volkswirtschaft verstanden, durch die immobilen und die angelock­

ten mobilen Produktionsfaktoren international wettbewerbsfähige Güter zu erzeugen. Als Maß wird dann nicht etwa das Pro-Kopf-Ein­

kommen oder die Arbeits- oder Kapitalproduktivität verwendet, son­

dern der Weltexportanteil eines Landes. Dies ist inkonsequent, da die mit den mobilen und immobilen Produktionsfaktoren für die In­

landsverwendung erzeugten Güter ausgeklammert werden. Die Autoren schränken allerdings die Verwendung dieses Indikators wieder ein, da er nur aussagefähig sei, wenn Freihandel herrsche und Trans­

port- und Kommunikationskosten vernachlässigbar seien. Daher solle nur die Veränderung, nicht das Niveau des Welthandelsanteils be­

wertet werden. Im Grunde werden zwei vollkommen verschiedene Be­

griffe und Indikatoren für Standortqualität verwendet. Konsequent wäre es, einen Indikator zu bilden, der angibt, welche Produkti­

onsleistung mit immobilen und attrahierten international mobilen Produktionsfaktoren für den Export und für den Inlandsmarkt eines Landes produziert werden kann - man wäre wieder bei der ability to earn und dem erzielten realen Pro-Kopf-Einkommen. Ergänzend und mit (nicht weiter begründeten Vorbehalten) wird seitens des IfW auch dieser Indikator verwendet.

2.2 Technologische und/oder preisliche Wettbewerbsfähigkeit?

Die DIW-Autoren betonen, daß die Fähigkeit entwickelter Volkswirt­

schaften mit hohem Anteil nicht-homogener Güter, ein hohes Pro- Kopf-Einkommen zu verdienen, zunehmend von nicht-preislichen D e ­ terminanten abhängt, wie der Technologie, den Innovationen, dem sog. Humankapital und der Unternehmensorganisation (Schumacher, Belitz u.a. 1995, S. 17, 23 ff.). Diese nicht-preislichen Fakto­

ren, vor allem der technische Fortschritt bzw. die Innovationsfä­

higkeit im weiteren Sinne, führen zu Produktivitätsfähigkeit. Zur untergeordneten Rolle der preislichen Wettbewerbsfähigkeit von Volkswirtschaften wird auch auf das Kaldor-Paradox verwiesen: Kal-

(19)

dor hatte Ende der 70er Jahre festgestellt, daß die Export-perfor­

mance zahlreicher hoch entwickelter Volkswirtschaften trotz über- druchschnittlicher Lohnstückkostensteigerungen sehr günstig war.

Einige Untersuchungen, insbesondere Fagerberg (1988), bestätigten diesen Befund, andere bestreiten ihn. Damit rücken für die DIW- Autoren die beiden Begriffe internationale und technologische Wettbewerbsfähigkeit sehr eng nebeneinander, fast werden sie Syn­

onyme. Internationale Wettbewerbsfähigkeit ist damit weitgehend identisch mit technologischer Wettbewerbsfähigkeit.

Warum werden gemäß dieser Sichtweise die Nicht-Preis-Faktoren zu­

nehmend dominant? Je heterogener die Güter, so die These, desto unvollkommener der Wettbewerb. Oligopole und monopolistischer Wettbewerb mit vorübergehenden Innovationsrenten bei starker hori­

zontaler, vertikaler und technologischer Produktdifferenzierung breiten sich aus. Qualitätswettbewerb wird wichtiger als Preis­

wettbewerb. Je schwerer und langsamer ein Innovationsgut nachahm- bar ist, desto größer die Vorsprungsgewinne. Da technischer Fort­

schritt die wichtigere Wachstumsressource gegenüber dem bloß quan­

titativ vermehrten Einsatz von Produktionsfaktoren ist, dieser je­

doch mehr oder weniger in den Unternehmen (vorübergehend) monopo­

lisiert und nicht wie ein öffentliches Gut kostenlos verfügbar ist (wie die neoklassische Theorie unterstellt), werden Innovationsge­

winne immer mehr zur Triebkraft der Kapitalakkumulation. Wenn hohe Fixkosten, Lernkurveneffekte und externe Skalenerträge zu hohen Markteintrittsbarrieren führen, dann können vorübergehende Diffe­

rentialgewinne abgeschöpft werden, die das Pro-Kopf-Einkommen ei­

ner Volkswirtschaft steigern können (Trabold 1995, S. 179).

Dies gilt vor allem, wenn man der Produktzyklustheorie folgt und die dominanten Marktchancen entwickelter Volkswirtschaften vor der Ausreifungs- und Stagnationsphase ansiedelt. Hinzu kommt, daß für die technologische Wettbewerbsfähigkeit zunehmend Netzwerkstruktu­

ren eines Clusters von Unternehmen wichtig werden, die in intensi­

ven und dauerhaften Kooperationsbeziehungen stehen. Hier entstehen Fühlungsvorteile bzw. positive externe Effekte oder Spillover-Ef­

fekte, die der Volkswirtschaft insgesamt zugute kommen. Es handelt sich somit nicht ausschließlich um klassische marktbezogene Aus­

tauschbeziehungen, die durch Wettbewerbspreise reguliert werden.

(20)

17

Die für den technischen Fortschritt bzw. die Innovationen relevan­

ten Fühlungsvorteile reduzieren Transaktionskosten und schaffen Synergieeffekte. Nicht so sehr die Preise für Güter und Produkti­

onsfaktoren, sondern stabile Kooperationsbeziehungen von Technolo­

gieproduzenten und Technologienutzern innerhalb einer Volkswirt­

schaft haben wichtigen Einfluß auf den technischen Fortschrittt und die internationale Wettbewerbsfähigkeit (so Porter, Fagerberg und viele andere).

Die DIW-Autoren entwickeln ihre als ricardianischen Neo-Technolo- gie-Ansatz bezeichnete Konzeption als Gegenposition zur neoklassi­

schen Theorie. Die unterschiedlichen Arbeitsproduktivitäten der verschiedenen Nationen beruhen demnach auf unterschiedlichen Ver­

fügbarkeiten von Technologien (im weiten Sinne). Es ist eben nicht gleichgültig, was Volkswirtschaften produzieren, so daß es dann nur noch auf den Preis der Güter ankommt, wie die neoklassische Theorie annimmt (Seitz 1992, S. 231 ff.) Aus deren Sicht ist es allein die preisliche Wettbewerbsfähigkeit, die für die interna­

tionale Wettbewerbspositon entscheidend ist.

Die folgenschwere Hypostasierung des Nichtpreis-Wettbewerbs durch die DIW-Autoren beruht einerseits auf einem einseitigen Verständ­

nis der Dynamik des technischen Wandels und andererseits auf einer Fehlinterpretation der Entwicklungstendenz von Märkten. Seit jeher beruht der technische Fortschritt auf Produktinnovationen und Ver­

fahrensinnovationen. Produktinnovationen können nicht nur neue Konsumgüter (oder Dienstleistungen) sein, sondern auch neue Inve­

stitionsgüter, die zu produktiveren Produktionsverfahren führen, also beim Anwender eine Verfahrensinnovation darstellen. Damit können bei unveränderten Produkten und Faktorkosten niedrigere Stückkosten und Güterpreise erzielt werden. Starke Produktivitäts­

steigerungen aufgrund von Verfahrensinnovationen führen in aller Regel zu relativen Preissenkungen. Preiswettbewerb spielt nicht nur bei homogenen Massenprodukten eine große Rolle, sondern auch bei heterogenen Innovationsgütern. Man denke nur an Produkte, die auf der Anwendung von Mikroelektronik beruhen, etwa an Computer oder Produkte der Unterhaltungselektronik. Starke Preissenkungen bzw. starker Preiswettbewerb bei Technologiegütern ist auf Dauer nicht mit FaktorpreiSenkungen, sondern nur mit technischem Fort­

(21)

schritt in Form von Verfahrensinnovationen möglich. Auch auf Märk­

ten mit stark oligolistischer Marktstruktur oder Märkten mit mono­

polistischer Konkurrenz spielt Preiswettbewerb im Zuge des techni­

schen Fortschritts eine herausragende Rolle.

Es gibt keine lineare Tendenz vom Preis- zum Nichtpreiswettbewerb;

dies zu unterstellen impliziert im Grunde eine simple Monopolthe­

se, die weder wettbewerbstheoretisch noch empirisch zu halten sein dürfte. In der Wirklichkeit geht es immer um die Kombination von Preis- und Qualitätswettbewerb. Dies gilt auch dann, wenn es in entwickelten Volkswirtschaften eine allgemeine Tendenz von homoge­

nen zu heterogenen Gütern gibt. Nicht nur bei homogenen Gütern spielt der Preiswettbewerb eine große Rolle, wie Schumacher, Be­

litz u.a. (1995, S.23) behaupten. Der Hauptgrund für die unver­

änderte, möglicherweise sogar zunehmende Bedeutung von Preiswett­

bewerb liegt in dem durch technischen Fortschritt ermöglichten Po­

tential an Verfahrensinnovationen, die Kostensenkungen zur Folge h a b e n .

Wollte sich eine ganze Volkswirtschaft allein auf die Inventions­

und Innovationsphasen in den Produktzyklen spezialisieren, in de­

nen am ehesten monopolistische Innovationsrenten abgeschöpft wer­

den können, dann wäre das Beschäftigungspotential einer derartigen Blaupausen-Ökonomie wohl recht gering. Produktions- und Beschäfti­

gungsmöglichkeiten in denjenen Bereichen, die sich auf die Ausrei- fungs- und auch Sättigungsphasen der Produktzyklen beziehen, die auf hoher Verfahrensproduktivität und deren ständiger Erhöhung be­

ruhen, würden verschenkt. Die Automobilproduktion in Hochproduk- tivitäts- und Hochlohnländern wie Japan und Deutschland ist ein gutes Beispiel für diese Form technologischer wie preislicher Wettbewerbsfähigkeit.

Damit wird deutlich, daß preisliche Wettbewerbsfähigkeit, soweit sie nicht auf Faktorkosten oder Wechselkursen beruht, zugleich technologische Wettbewerbsfähigkeit ist. Und letztere führt, so­

weit es sich um Verfahrensinnovationen handelt, tendenziell zu preislicher Wettbewerbsfähigkeit. Tendenziell deshalb, weil die Kostensenkung durch Lohnsteigerung (oder Steigerung anderer Ko­

stenkomponenten) neutralisiert werden kann. Damit kommt es auf das

(22)

19

Wechselspiel von Lohn- und Produktivitätssteigerung, die üblicher­

weise mittels der Lohnstückkosten empirisch gemessen wird (siehe Kap. 3.7 und 6). Die Lohnstückkostenentwicklung ist eben nicht nur Ergebnis der Löhne, sondern auch der technologischen Wettbewerbs­

fähigkeit in Form der Produktivitätsdynamik. Gerade wenn man, wie die DIW-Autoren, die Bedeutung der breiten Anwendung von Hochtech­

nologieprodukten gegenüber deren eigenständiger Erzeugung betont, kommt der ständigen Erhöhung der Verfahrensproduktivität, gerade auch in der Reife- und Sättigungsphase der Produktzyk1e n , und da­

mit auch der Kosteneffizienz ein großes Gewicht zu.

Während die Neoklassik sich allein und ausschließlich auf die preisliche Wettbewerbsfähigkeit konzentriert, verfallen die DIW- Autoren ins glatte Gegenteil. Indessen kommt es darauf an, sowohl den internationalen Preis- als auch den Nichtpreiswettbewerb in ihrer Bedeutung für das reale Pro-Kopf-Einkommen einer Volkswirt­

schaft einzubeziehen. Beide sind Extreme; in der Realität geht es immer, wie erwähnt, um die Kombination beider Komponenten. Sich auf den Nichtpreis-Wettbewerb einseitig zu fixieren, entspräche eher der deutschen Außenhandelstradition, die sich stärker auf Hochpreis-, Qualitäts- und Nischensegmente ausgerichtet hat, dafür aber eine große Breite der Produktpalette aufweist. Allerdings war und ist dies niemals eine reine Nichtpreis-Strategie, vielmehr müssen Preis- und Mengenvektoren gewinnmaximal austariert werden.

Man mag eine derartige Spezialisierungsstrategie auch für die Zu­

kunft befürworten, aber mit Blick auf andere Länder kann diese Spezialisierung nicht als die allgemeine Tendenz der internationa­

len Arbeitsteilung ausgegeben werden. Vielmehr gibt es offenbar ganze Branchen oder große Branchensegmente, wie etwa die elektro­

nische Industrie, die im Rahmen dieser traditionellen Strategie wenig Chancen haben4 .

Auf den ersten Blick wird die starke Betonung des Nichtpreis- Wettbewerbs durch Porters Analyse von Unternehmensstrategien zur 4 Autoren der Unternehmensberatung McKinsey weisen darauf hin, daß in der Elektronikindustrie jährliche Preisverfallsraten aufgrund von Produktivitätssteigerungen und Lernkurveneffekten von zehn bis fünfzehn Prozent durchaus üblich seien. Die europäische Elektro­

nik-Industrie kann mit der asiatischen und US-amerikanischen Kon­

kurrenz kaum mithalten. Vgl. McKinsey & Company, Kluge u.a. 1994, S. 7 ff.

(23)

Nutzung von Wettbewerbsvorteilen gestützt (Porter 1996, S. 31 ff.). Demnach können Unternehmen nur dann überdurchschnittliche Gewinne erzielen, wenn sie sich für eine von vier Unternehmens­

strategien entscheiden: (1) Kostenführerschaft, (2) Produktdiffe­

renzierung im weitesten Sinne (einschließlich Vertrieb, Service etc.), Konzentration auf ein bestimmtes Marktsegment mit (3a) Ko­

stenschwerpunkt oder mit (3b) Differenzierungsschwerpunkt. Wer al­

les gleichzeitig erreichen will, sitzt zwischen den Stühlen, er­

reicht bestenfalls Mittelmäßigkeit oder verliert im Wettbewerb.

Kostenführerschaft kann nur erreicht werden, wenn keine Differen­

zierung gesucht wird, also Standardprodukte angeboten werden: "Für überdurchschnittliche Ergebnisse muß ein Kostenführer eine im Ver­

gleich zu seinen Konkurrenten paritätische oder beinahe paritäti­

sche Differenzierung aufweisen können, auch wenn sein Wettbewerbs­

vorteil auf der Kostenführerschaft beruht." (Porter 1996, S. 33 f., Hervorhebungen durch Porter). Differenzierung bedeutet, daß die Produktpreise über den Zusatzkosten der Differenzierung lie­

gen, jedoch gilt: "Ein differenzierendes Unternehmen darf seine Kostenposition nicht außer acht lassen, weil seine höheren Preise durch eine deutlich unterlegene Kostenposition zunichte gemacht werden kann. Es bemüht sich daher, durch Kostensenkungen in allen Bereichen ohne Differenzierungseinbußen eine im Vergleich zu sei­

nen Konkurrenten vollständige oder annäherende Kostenparität zu erzielen." (Porter 1996, S. 35, Hervorhebungen durch Porter) Die Konzentrationsstrategie wählt ein bestimmtes Marktsegment aus, mehr oder minder eine Marktnische, und bedient dieses Segment mit niedrigeren Kosten bzw. mit höherer Differenzierung maßgeschnei­

dert unter Ausschluß anderer Konkurrenten.

Überträgt man Porters Strategie-Raster auf die deutsche Unterneh­

menslandschaft, dann dominiert sicher ganz deutlich die Differen­

zierungsstrategie sowie die Konzentration auf Schwerpunkte mit Differenzierung. Porter analysiert Unternehmen und nicht Volks­

wirtschaften; trotz unverkennbarer Sympathie empfiehlt er keines­

wegs die Differenzierungsstrategie als einzig geeignete für Hoch­

lohnländer. Gerade ihm sollte nicht angelastet werden, bei der Fa- vorisierung der Differenzierung Kosten- und Produktivitätsrelevanz zu vernachlässigen (so van Ark 1996, S. 49).

(24)

21 2.3 Technologische Wettbewerbsfähigkeit im engeren und weiteren

Sinn

Nicht ganz klar ist, ob sämtliche nicht-preislichen Faktoren der internationalen Wettbewerbsfähigkeit als technologische Determi­

nanten bezeichnet werden können. Faktoren wie die Unternehmensor­

ganisation, Management-Strategien, Qualifikationspotential, Zeit­

ökonomie oder auch die regionale Ausrichtung des Absatzes sollten sinnvollerweise nicht als Technologie-Faktoren behandelt werden.

Innovationen im Sinne Schumpeters sind wesentlich weiter gefaßt.

Durch die einseitige Fokussierung der Technologie werden diese Faktoren der "strukturellen Wettbewerbsfähigkeit", wie die Gesamt­

heit der nicht-preislichen Faktoren von einigen Autoren auch ge­

nannt wird, unterbelichtet und einer '’techno-zentrierten’' Betrach­

tungsweise Vorschub geleistet, die die DIW-Autoren gerade vermei­

den möchten. Aus der betriebswirtschaftlichen Literatur ist be­

kannt, daß gerade solche Faktoren wie innovationsfördernde Unter­

nehmensorganisationen, Reaktionsschnelligkeit, Liefergeschwindig­

keit, Logistik-Fähigkeit, Kundenorientierung, after-sales-service etc. erfolgversprechend und damit produktivitätssteigernd sind, obwohl sie mit Technik wenig zu tun haben. Es käme also auf Tech­

nologie im Sinne der Gesamtheit des technischen und nicht-techni- schen Wissens an. Die scheinbar nur sprachliche Unschärfe wirkt sich bei der Wahl der zu untersuchenden Indikatoren und Parameter folgenschwer aus. So wird in fast allen Untersuchungen zur techno­

logischen Wettbewerbsfähigkeit ein technik-zentrierter Ansatz ver­

folgt, der die erwähnten nicht-technischen Faktoren, die sich zu­

dem makroökonomisch schwer direkt indizieren lassen, vernachläs­

sigt.

Schumacher, Belitz u.a. unterscheiden zu Recht technologische Wettbewerbsfähigkeit im engeren und im weiteren Sinn. Im engern Sinne bedeutet Technologie die Gesamtheit des materiellen und nicht-materiellen technischen Wissens, im weiteren Sinn das ge­

samte Wissen, das einem Unternehmen, einer Branche oder einer Volkswirtschaft zur Verfügung steht. Es manifestiert sich neben technischem Wissen u.a. in Unternehmensstrategien, Innovationstä­

tigkeit oder auch in der Gestaltung der volkswirtschaftlichen Rah menbedingungen (S.29 f.). Die technologische Wettbewerbsfähigkeit im engeren Sinne wird üblicherweise mit input- und output-Indika- toren, die sich auf Forschungs- und Entwicklungsaufwand sowie auf

(25)

Patente beziehen, sowie mit Marktergebnissen im Hochtechnologiebe­

reich gemessen. Die technologische Wettbewerbsfähigkeit im weite­

ren Sinne kann nur durch die Arbeitsproduktivität und ihre Dynamik erfaßt werden. Die DIW-Autoren betonen vor allem die Anwendung technischen und nicht-technischen innovativen Wissens in möglichst vielen Sektoren einer Volkswirtschaft, nicht nur in den Hochtech­

nologiesektoren selbst.

2.4 Ein Fazit

Im folgenden wird der Ansatz akzeptiert, internationale Wettbe­

werbsfähigkeit im Sinne des realen Pro-Kopf-Einkommens eines Lan­

des und technologische Wettbewerbsfähigkeit im weiten, nicht tech- nik-zentrierten Sinne als allgemeiner Produktivitätsfähigkeit zu interpretieren. Bedenkenswert ist, ob es nicht besser wäre, von nationaler relativer Einkommensposition oder Leistungskraft statt von internationaler Wettbewerbsfähigkeit zu sprechen. Bleibt man beim Begriff internationale Wettbewerbsfähigkeit im Sinne der ability to earn, dann ist es nicht sinnvoll, den Begriff auf tech­

nologische Wettbewerbsfähigkeit zu reduzieren und ihn damit

gleichzusetzen. Eine Unterscheidung von technologischer und preis­

licher Wettbewerbsfähigkeit ist notwendig, jedoch müssen die Wech­

selwirkungen beachtet werden.

Das reale Pro-Kopf-Einkommen einer Volkswirtschaft wird, von na­

tionalen makroökonomischen Konstellationen abgesehen, die insbe­

sondere den Beschäftigungsgrad beeinflussen, sowohl von der tech­

nologischen als auch von der preislichen Wettbewerbsfähigkeit be­

stimmt (siehe Schaubild). Die technologische Wettbewerbsfähigkeit ist allgemeine Produktivitätsfähigkeit und umfaßt sowohl die Fä­

higkeit offener Volkswirtschaften zu Qualitätswettbewerb bei Hoch­

preisgütern (Nichtpreiswettbewerb) als auch die Fähigkeit zu pro­

duktivitätsbedingten Kostensenkungen (Preis- und Kostenwettbe­

werb) . Im engeren technik-zentrierten Sinn ist technologische Wettbewerbsfähigkeit die Fähigkeit, die Arbeitsproduktivität mit technischen Mitteln zu steigern, Forschung und Entwicklung erfolg­

reich durchzuführen und Patente zu erlangen. Im weiteren Sinne ge­

hören zur technologischen Wettbewerbsfähigkeit die Fähigkeiten des Managements, mit nicht-technischen Mitteln, also vor allem mit ge­

eigneter Unternehmensorganisation, mit Qualitätssteigerungen, Ser-

(26)

23

vice-, Marketing- und Vertriebsleistungen sowie möglichst rasch und termingerecht (Zeitökonomie) zur Produktivitätssteigerung bei­

zutragen. Hinzu kommt die Fähigkeit, produktivitäts- und innovati­

onsfördernde Fühlungsvorteile sowie Netzwerke zu schaffen und zu nutzen.

Die preisliche Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft umfaßt einerseits die erwähnte Fähigkeit zu produktivitätsbedingten Kos­

tensenkungen und überschneidet sich insoweit mit der technologi­

schen Wettbewerbsfähigkeit; in dieser Schnittmenge sind technolo­

gische und preisliche Wettbewerbsfähigkeit identisch. Darüber hi­

naus ist letztere von den Faktorpreisen, insbesondere von den Lohnkosten, den Vorleistungskosten, Kapitalkosten (Zinsen) und an­

deren Kosten (z.B. Steuern) sowie vor allem von den realen effek­

tiven Wechselkursen abhängig.

(27)

Schaubild: Internationale, preisliche und technologische Wettbe­

werbsfähigkeit einer Volkswirtschaft

inter natjtonale Wettbeweirbsfähigkeit = relatives reales Pro-Kopf- Einkommen einer

Volkswirtschaft

/ \ / \ / \

makroökonomische Bedingungen |

technologische Wettbewerbs­

fähigkeit = Produktivitäts­

fähigkeit

preisliche Wettbewerbs - fähig]<eit J

/ \

/ \

\ /

Faktorpre; se, vor allem Lohnkosten, Zinsen Vorleistungskosten

andere Kosten (Steuern etc.

reale effektive Wechsel­

kurse

\ 1/

/ \

Nichtpreis-Wettbewerb / \

Pre i swettbewerb/

Kostenwettbewerb / \

Q u a l i t ä t '

•.•Service. • M a rk e tin g V e r t r i e b ? Z e i t

Management

Organ i s a t io h F ü h lu n g sv o r- t e i l e

Netawerke-:

il

1111 111 1*..

T e c h n o lo g ie im e n g e re n S in n t

Arbeitsproduk­

t i v i t ä t • 4-s- *•

F & E P a te n te

Komponenten der technologischen Wettbewerbsfä higkeit

3. Die Aussagefähigkeit der üblichen Indikatoren internationaler und technologischer Wettbewerbsfähigkeit

Bevor die empirischen Werte für ausgewählte Indikatoren zur inter­

nationalen Wettbewerbsfähigkeit dargestellt und erörtert werden, sollen die am meisten verbreiteten Indikatoren hinsichtlich ihrer statistischen Methodik sowie ihrer inhaltlichen Aussagekraft resü­

miert werden. Die Problematik der Bewertung von Direktinvestitio­

nen und die Abschätzung von deren Folgewirkungen auf Wachstum und

(28)

25

Beschäftigung wird hier ausgeklammert5 .

3.1 Reales Pro-Kopf-Einkommen

Das reale Bruttoinlandsprodukt je Einwohner kann zwar in einheit­

licher Währung vergleichbar gemacht werden, jedoch sind die Werte von Wechselkursschwankungen, die von den Fundamentaldaten abwei­

chen, erheblich verzerrt. Um Wechselkursschwankungen auszuklam­

mern, kann das Pro-Kopf-Einkommen in Kaufkraftparitäten ausge­

drückt werden. Diese weichen häufig erheblich von den Wechselkur­

sen ab, da die Wechselkurse zunehmend Aktivitäten auf den inter­

nationalen Finanzmärkten sowie von Erwartungen der Devisenmarkt­

akteure beeinflußt werden. Nach Auffassung der Bundesbank entspre­

chen die Wechselkurse den Kaufkraftparitäten nur auf lange Sicht, nämlich in Zeiträumen von über einem Jahrzehnt (Deutsche Bundes­

bank 1995, S. 29). Vergleicht man die Entwicklung in verschiedenen Ländern über längere Zeiträume unter Verwendung der Kaufkraftpari­

täten eines Stichjahres, so können sich Verzerrungen ergeben, da sich die Kaufkraftparitäten verändern können. Um Entwicklungsten­

denzen zu erfassen, sollte die Veränderungsrate des realen Pro- Kopf-Einkommens verwendet werden. Anstelle von Umrechnungen mit­

tels Kaufkraftparitäten könnten dabei auch die Veränderungsraten des realen Pro-Kopf-Bruttoinlandsproduktes in nationaler Währung verschiedener Länder vergleichen werden.

Die Aussagekraft dieses Indikators ist bereits oben ausführlich gewürdigt worden.

5 In der öffentlichen Diskussion dominiert eine fundamentale

Fehlinterpretation des Sachverhaltes, daß die ausländischen Direk­

tinvestitionen in Deutschland - wie auch in Japan - seit geraumer Zeit wesentlich niedriger sind als die deutschen Direktinvestitio­

nen im Ausland. Dieser Sachverhalt wird vielfach als entscheiden­

der Grund für die inländische Investitions- und Wachstumsschwäche angesehen. Schon ein kurzer Blick auf die quantitativen Relationen sollte genügen, um den Irrtum aufzuklären. Beispielsweise lag die Differenz beider Größen nach Angaben des BDI-Präsidenten Henkel 1995 bei 37 Mrd DM (Der Tagesspiegel vom 12.4.1996). Der Saldo liegt seit Anfang der 90er Jahre in dieser Größenordnung, ist je­

doch im Verlauf der 80er Jahre gestiegen. Er entspricht nur knapp 5% der inländischen Bruttoanlageinvestitionen und trägt somit zu deren mangelnder Dynamik nur marginal bei. Vgl. HWWA 1995, S. 64 ff.; Jungnickel 1996; Wilhelm 1996; siehe auch aus anderer Per­

spektive Flassbeck 1995.

(29)

3 - 2 Produktivitätsentwicklung

Eine wichtige Determinante des Pro-Kopf-Einkommens neben dem Be­

schäftigungsgrad (bzw. der Erwerbstätigenquote: Erwerbstätige/Ein- wohner) ist das Niveau und die Entwicklung der Arbeitsproduktivi­

tät, gemessen als Bruttoinlandsprodukt je Erwerbstätigen oder je Erwerbstätigenstunde:

BIP/Einwohner = BIP/Erwerbstätigen * Erwerbstätige/Einwohner oder

= BIP/Erwerbstätigenstunde * Arbeitsvolumen in Stunden/Einwohner Obwohl die Arbeitsproduktivität dem Anspruch nach ein technischer Effizienzindikator, bezogen auf einen Inputfaktor, ist, der unab­

hängig von Faktorpreisen sein sollte, gehen in die normalen Pro­

duktivitätsmessungen immer ökonomische Bewertungen des Outputs mit ein und damit auch Faktorpreise. Technische Produktivitätsverglei­

che sind nur bei homogenen Gütern und gleicher Fertigungstiefe möglich. Die Bruttowertschöpfung als Output-Indikator kann erst ermittelt werden, wenn eine Marktpreisbewertung des Outputs exi­

stiert, in die Faktorpreise eingehen. Die Deflationierung der Bruttowertschöpfung bzw. des BIP, wie sie der Produktivitätsmes­

sung zugrunde liegt, kann zwar Preisveränderungen während des Un­

tersuchungszeitraums, die nicht auf Qualitätsänderungen beruhen, eliminieren, nicht aber die dem Basisjahr zugrunde liegenden Prei­

se. So kann beispielsweise in einem Basisjahr eine niedrige Ar­

beitsproduktivität in einem Sektor, vielleicht in der Landwirt­

schaft, herrschen, weil das Einkommensniveau dort niedrig ist, während in einem anderen Sektor, etwa in der Industrie, die Pro­

duktivität wegen der höheren Löhne höher ist.

Für internationale Niveauvergleiche ist wieder eine Wechselkurs­

bereinigung durch Kaufkraftparitäten oder ähnliche Umrechnungsfak­

toren notwendig. Für den Vergleich der Entwicklungsdynamik genügen Produktivitätsindizes in nationaler Währung.

Werden internationale Produktivitätsvergleiche für einzelne Sekto­

ren, etwa die Industrie oder bestimmte Industriezweige, durchge­

führt, so wird in manchen neueren Untersuchungen von gesamtwirt­

schaftlichen Kaufkraftparitäten abgewichen und statt dessen unit

(30)

2 7

value ratios verwendet (siehe van Ark 1936). Gesamtwirtschaftliche Kaufkraftparitäten beziehen die Preise von handelbaren und nicht­

handelbaren Gütern und Diensten ein und sind für den internationa­

len Vergleich von Industriegüterpreisen nur dann geeignet, wenn die Preis- und Produktivitätsentwicklung in beiden Sektoren ähn­

lich ist. Hier zeigen sich jedoch erhebliche Unterschiede: In Ja­

pan ist beispielsweise - anders als in Deutschland und Europa - die Produktivitätsposition der Industrie wesentlich stärker als die der Dienstleistungen, die relativen Industriegüterpreise im Verhältnis zu den Dienstleistungspreisen sind in Japan niedriger.

Sektorale unit value ratios sind gewissermaßen sektorale Kauf- kraftparitäten; sie werden durch den Vergleich der Preise gleicher Güter und deren Aggregation gewonnen (zum Berechnungsmodus und zur Aussagekraft vgl. Kapitel 5). Ihre Werte liegen meist zwischen Wechselkursen und Kaufkraftparitäten.

Internationale Vergleiche der Arbeitsproduktivität können sektora- lisiert durchgeführt werden, wenn die sektoralen Nettoproduktions­

werte (= Bruttowertschöpfung = Bruttoproduktionswert minus Vor­

leistungen) auf den Arbeitseinsatz bezogen werden. Werden indessen die Bruttoproduktionswerte als Produktionsmaß verwendet, was aus Datengründen häufig der Fall ist, dann wird die Produktivitätsan­

gabe des jeweiligen Sektors durch die Vorleistungsproduktivität verfälscht (vgl. Schumacher, Belitz u.a. 1995, S. 150). Da in Deutschland der Anteil der Vorleistungen am Produktionswert des Produzierenden Gewerbes bei über 60 vH liegt, ist deutlich zwi­

schen der Produktivität des Vorleistungen produzierenden Sektors und des Vorleistungen nachfragenden Sektors zu unterscheiden. Bei­

spielsweise kann eine Branche eine niedrige Produktivität(sstei- gerung) aufweisen, während die Produkte, die sie erzeugt, eine sehr gute Absatzposition haben, weil es sehr produktive Zuliefer­

sektoren aus dem In- oder Ausland, aus der Industrie oder dem Dienstleistungsektor g i b t .

Gesamtwirtschaftliche Produktivitätsvergleiche, insbesondere Ni­

veauvergleiche, widerspiegeln nicht nur das Ausmaß betriebswirt­

schaftlicher Effizienz der Produktion, sondern auch die Art der Entlohnung in Dienstleistungssektoren wie vor allem im öffentli­

chen Sektor. Eine unterdurchschnittliche Entlohnung im öffentli­

(31)

chen Sektor wie auch in Dienstleistungssparten, die nicht den Weltmarkt exponiert sind (nichthandelbare Güter und Dienstlöei- stungen), mindert statistisch das Niveau der gesamtwirtschaftli­

chen Arbeitsproduktivität (und vice versa).

Die Produktivitätsdynamik hat dann nur begrenzten Einfluß auf das Pro-Kopf-Einkommen einer Volkswirtschaft, wenn sich die Erwerbs­

tätigenquote (Erwerbstätige in Relation zur Einwohnerzahl) verän­

dert. Ein Land mit hoher Erwerbsbeteiligung und niedriger Pro d u k ­ tivität kann ein hohes Pro-Kopf-Einkommen realisieren, ein Land mit hoher Unterbeschäftigung bei höherer Produktivität der Be­

schäftigten das gleiche Pro-Kopf-Einkommensniveau.

Die Arbeitsproduktivität ist bekanntlich nur ein grober Indikator des technischen Fortschritts, da sie zugleich von der Kapazitäts­

auslastung, der Arbeitsintensität, der Unternehraensorganisation, der Manageraentqualität und anderen Faktoren beeinflußt wird. Unbe­

rücksichtigt bleiben auch Veränderungen der marginalen Kapitalpro­

duktivität, die in letzter Zeit tendenziell zunimmt. Daher wurde mitunter auf die totale Faktorproduktivität als eigentliches Maß des technisches Fortschritts zurückgegriffen, indem der Output auf die aggregierten partiellen Produktionsfaktoren Arbeit, Vorlei­

stungen und Kapital bezogen wird. Allerdings sind die statistisch­

methodischen Probleme so groß, daß meist mit den tradionellen Fak­

torproduktivitäten vorlieb genommen wird (vgl. Schumacher, Belitz u.a. 1995, S. 149 ff.).

3.3 Import- und Export-Wettbewerbsfähigkeit (OECD-Methode)

Die OECD berechnet seit geraumer Zeit Indikatoren für die preisli­

che Wettbewerbsfähigkeit der heimischen Produktion im Verhältnis zu den Importen sowie Indikatoren der preislichen Export-Wettbe­

werbsfähigkeit (OECD 1992). Streng genommen wird also nicht die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft gemessen, sondern die der Exporte sowie die Wettbewerbsfähigkeit der für die Inlandsver­

wendung vorgesehenen Güter gegenüber Importen. Der zugrunde lie­

gende Begriff der internationalen Wettbewerbsfähigkeit wird sei­

tens der OECD auch nicht näher erläutert.

Im Prinzip werden bei dieser Methode die Preisindizes der Exporte

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