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Nahrungsmittelspekulation - Volle Kassen und leere Bäuche

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DGB Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Verantwortlich: Claus Matecki, Henriette-Herz-Platz 2, 10178 Berlin, Kontakt: carina.ortmann@dgb.de Abonnement für „klartext“ und „standpunkt“ unter: http://www.dgb.de/service/newsletter Nr. 30/2011 2. September 2011

DGB Bundesvorstand, Abteilung Wirtschafts-, Finanz- und Steuerpolitik

Nahrungsmittelspekulation - Volle Kassen und leere Bäuche

Das Geschäft mit Nahrungsmitteln boomt – für die Bauern? Die Verkäuferin im Supermarkt? Nein, an den internationalen Agrarrohstoffmärkten wird derzeit soviel gehandelt wie nie zuvor. Die Preise für Weizen, Soja- bohnen oder Reis kennen seit mehr als zwei Jahren nur eine Richtung: nach oben. Das ruft weitere Spekulanten auf den Plan, die lukrative Geschäfte wittern. Selbstbe- wusst werden in der Branche zweistellige Renditeziele verkündet. Gleichzeitig hungern weltweit mehr als eine Milliarde Menschen. Sie können sich ihre Lebensmittel aufgrund der Preisspekulation nicht mehr leisten. Die Ärmsten der Armen zahlen für den Renditehunger der Spekulanten – Hunderttausende sogar mit ihrem Leben.

Schon vor der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise nahmen Finanzinvestoren auf der Suche nach immer renditeträchtigeren Anlagenzielen Agrarrohstoffe ins Visier. Dann brachen die Finanzmärkte ein – auch die für Nahrungsmittel. Um den Totalabsturz der Weltwirt- schaft zu verhindern, wurden die Kapitalmärkte mit billigem Geld geflutet. Banken wurden gerettet, fast ohne Gegenleistung! Das billige Geld wurde nicht sel- ten für einträgliche Wetten auf steigende Weizen-, Reis- und Maispreise statt für reale Investitionen verwendet.

Schließlich erwarteten die Wohlhabenden dieser Welt auch in der Krise zweistellige Renditen von ihren Anla- geberatern. Allein Goldman Sachs machte 2009 mit Rohstoffderivaten 5 Milliarden US-Dollar Gewinn – überwiegend mit Agrarrohstoffen. Ebenfalls stark im Geschäft vertreten: Merrill Lynch und Deutsche Bank.

Inzwischen liegen die weltweiten Lebensmittelpreise so hoch wie nie zuvor. Innerhalb des letzten Jahres kletter- ten die Grundnahrungsmittelpreise auf dem Weltmarkt um 43 %, der Preis von Getreide gar um 73 %. Roh- stoffexperten verweisen gern auf den Klimawandel

sowie Missernten und das folglich geringere Angebot an Nahrungsmitteln als Gründe für steigende Preise.

Doch weit gefehlt. Tatsächlich stieg das Angebot z. B.

für Getreide und Reis in den letzten Jahren. Seit zwei Jahren ist es nahezu konstant (siehe Abbildung).

Auch die wachsende Weltbevölkerung sowie das verän- derte Konsumverhalten insbesondere in den Schwellen- ländern und die deshalb steigende Nachfrage werden als Ursachen herangezogen. In Wahrheit steigt die weltweite Agrarproduktion schneller als die Weltbevöl- kerung und ihr Verbrauch. Die zynische „Marktlösung“

dieses Problems: Ernteüberschüsse werden vernichtet, damit Weltmarktpreise renditeträchtig bleiben.

Fazit: Die Preisentwicklung an den Agrarbörsen steht in keinem Verhältnis zu Ernteausfällen oder einem plötzli- chen Nachfrageanstieg. Die explosionsartigen Preisstei- gerungen bei vielen Agrarprodukten und abrupte Preis- schwankungen sind nicht ohne Spekulation erklärbar.

Die Spekulationen mit Nahrungsmitteln sind volkswirt- schaftlich und moralisch verwerflich. Hungerkatastro- phen sind in den Augen der Spekulanten Kollateral- schäden, die billigend in Kauf genommen werden. Der- zeit hungern Millionen Menschen in Ostafrika. Deshalb:

Finanzgeschäfte mit Nahrungsmitteln verbieten!

Spekulationen treiben die Nahrungsm ittelpreise nach oben

80 100 120 140 160 180 200 220 240

2001 2002 2003 2004 2005 2006 2007 2008 2009 20102011***

Index 2002-2004 = 100

1600 2000 2400 2800 3200 3600 4000 4400 4800

in Millionen Tonnen

jährliche s Angebot G e tre ide ( re chte Sk ala) re ale P re ise ntw ick lung Nahrungsm itte l*

re ale P re ise ntw ick lung G etre ide **

* Inde x um fasst 5 5 unte rschiedliche L e be nsm itte l ** ink lusive Re is *** Schätzung Q ue lle : F ood and Agriculture O rganization (F AO )

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