Elektro(nik)geräte
Strategische Rohstoffe in Telekommunikations-Netztechnik – Kann die Recyclingquote gesteigert werden?
Siegfried Kreibe und Andreas Förster
1. Leiterplatten aus Telekommunikations-Netztechnik ...362
2. Entstückung von Tantalkondensatoren – Machbarkeitsabschätzung ..363
3. Analyse der Tantalkondensatoren und weiterer Bestückungskomponenten ...365
4. Analyse der Platinen: Potenzial und Entstückungsaufwand ...367
5. Prozesskonzept ...369
6. Fazit ...370
7. Literatur ...371 Beim Recycling von Elektronikprodukten ist die Rückgewinnung von Edelmetallen wie Gold, Palladium oder Kupfer gängige Praxis. Einem Recycling vieler sogenannter strategischer Metalle wie etwa Gallium, Germanium oder Tantal stehen vor allem deren geringe Konzentration und der niedrige absolute Wert im einzelnen Gerät entgegen [1]. Einige dieser Metalle sind in bestimmten Bauteilen auf Leiterplatten höher konzentriert. Durch gezielte Entfernung solcher Bauteile besteht grundsätzlich die Möglichkeit, diese Metalle in verarbeitungsfähiger Form zu gewinnen. Im Falle von typischen Consumer-Produkten, wie etwa Computern, erschwert aber die große Typen- und Variantenvielfalt eine gezielte Separation der Bauteile.
Weniger Aufmerksamkeit als Consumer-Produkte finden IT-Produkte, die in kommer- ziell eingesetzter Infrastruktur eingesetzt werden. So baut etwa die Deutsche Telekom Technik GmbH (Telekom) aufgrund von Technologiewechseln in erheblichem Umfang veraltete Telekommunikations-Netztechnik ab. Die bifa Umweltinstitut GmbH (bifa) hat im Auftrag der Telekom die hierbei eingesetzten Abbau- und Verwertungsprozesse un- tersucht, um Möglichkeiten zur weiteren Verbesserung zu identifizieren. Es zeigte sich, dass die Prozesse schon heute eine hohe Qualität aufweisen. Besonderes Augenmerk wurde auf die in großen Stückzahlen in der Netztechnik verbauten Leiterplatten gelegt.
Trotz der hohen Prozessqualität kommt es bei der Verwertung dieser Leiterplatten zu nicht zu vernachlässigenden Metallverlusten. Aus diesem Grunde wurde untersucht, ob und gegebenenfalls welche Möglichkeiten bestehen, insbesondere die Verluste an solchen Metallen zu reduzieren, die bisher überhaupt nicht zurückgewonnen werden.
Bei diesen Arbeiten wurde bifa unterstützt von der KUKA Systems GmbH in Augsburg sowie von der Electrocycling GmbH in Goslar.
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1. Leiterplatten aus Telekommunikations-Netztechnik
Mit Blick auf die enthaltenen Materialien gehören Leiterplatten zu den wichtigsten Wertträgern der Telekommunikations-Netztechnik. Bild 1 zeigt beispielhaft eine solche Leiterplatte.
Bild 1:
Leiterplatte aus der Telekom- munikations-Netztechnik – Beispiel: Platine A
Diese Platine enthält eine Vielzahl an Bauelementen und Metalle mit einem erheb- lichen Materialwert. Da die Platinen in der rückzubauenden Telekommunikations- Netztechnik in sehr großen Stückzahlen und innerhalb von überschaubaren Zeiträumen verbaut wurden, ist von einer großen Einheitlichkeit auszugehen. Mit einer Abmessung von etwa 270 mal 230 mm sind die Platinen zudem recht groß. Am Beginn einer vertieften Untersuchung der Verwertungsprozesse stand daher die Vermutung, hier deutlich bessere Voraussetzungen zur Optimierung der Verwertung vorzufinden als bei typischen IT-Produkten aus dem Consumer-Bereich, und zwar insbesondere mit Blick auf derzeit nicht zurückgewonnene strategische Rohstoffe.
Zunächst wurde eine Auswahl dieser Leiterplatten mittels Aufschluss und ICP-Analyse auf enthaltene Metalle hin untersucht. Anschließend wurde ein Stoffflussmodell der kompletten Verwertungspfade der Leiterplatten vom Abbau der Alttechnik über die mechanische Aufbereitung bis hin zur metallurgischen Verwertung und zu den Fol- geprozessen zur Rückgewinnung von Reinmetallen entwickelt. bifa konnte hierzu auf umfangreiche Vorerfahrungen aus anderen Projekten zurückgreifen. Die derzeit zur Verwertung der Netztechnik eingesetzten Verfahren wurden aufgenommen und im Rahmen mehrerer Vor-Ort-Termine analysiert.
Mit Hilfe eines Stoffflussmodells wurden dann für jedes Metall die Verluste über die gesamte Verwertungskette ermittelt. Erwartungsgemäß zeigte sich, dass einige strate- gische Metalle, die in geringen Konzentrationen enthalten sind, zu einhundert Prozent verloren gehen. Auch das Recycling der bereits heute zurück gewonnenen Metalle wie Gold oder Kupfer ist allerdings mit erheblichen Verlusten verbunden.
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Bild 2 zeigt diese Verluste beispielhaft für eine Leiterplatte. Die Wertermittlung erfolgte nach Metallpreisen aus [2] und anderen Quellen. Um den Einfluss von Preisschwan- kungen zu reduzieren, wurden die Metallpreise über fünf Jahre gemittelt.
Materialwert EUR Kupfer Aluminium Zinn Tantal Silber Palladium Neodym Lanthan Gallium Bismut Germanium Gold Niob Indium Beryllium 0
Verlust als Neuwarenwert
1 2 3 4 5 6
Neuwarenwert der Platine
Bild 2: Metallwerte und Verluste im Verwertungsprozess für eine Leiterplatte – beispielhaft:
Platine B; angegeben als Neuwarewert der Metallmengen
Die wichtigsten wertgebenden Metalle sind in diesem Fall die Edelmetalle Palladium, Gold und Silber. Danach folgen etwa gleichauf Kupfer und Tantal und schließlich Zinn und Aluminium. Die Analyse der Wertverluste zeigt, dass trotz hoher Prozessqualität in den Verwertungsketten bis zur Metallurgie und trotz hoher Rückgewinnungsraten für die Zielmetalle in der Metallurgie und ihren Folgeprozessen noch erhebliche Werte an Palladium und Gold verloren gehen. Diese Verluste sind derzeit kaum zu vermeiden.
Gleiches gilt für die Verluste an Silber und Zinn.
Unter den bisher komplett ungenutzten Metallen fällt der mit etwa 0,60 EUR relativ hohe Wert für das in Kondensatoren eingesetzte Tantal auf. Hieraus wurde geschlos- sen, dass eine Rückgewinnung des Tantals über die gezielte Abtrennung tantalhaltiger Bauteile realisierbar sein könnte.
2. Entstückung von Tantalkondensatoren – Machbarkeitsabschätzung
Zur Überprüfung der Machbarkeit einer wirtschaftlichen Abtrennung von Tantalkonden- satoren wurde Platine A (Bild 1) als Referenzplatine einer vertieften Analyse unterzogen.
Diese Leiterplatte enthält 2,44 g Tantal. Nach Recherchen am Verwertermarkt wurde
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für Tantalkondensatoren ein Erlös von 215 EUR je Kilogramm Tantal angenommen.
Platine A enthält demnach Tantal im Wert von 0,53 EUR. Allerdings ist dieser Wert auf 26 Kondensatoren verteilt. Ein Kondensator enthält also im Mittel 0,094 g Tantal im Wert von zwei Eurocent.
Verschiedene Verfahren zur Entstückung von Leiterplatten wurden dann hinsichtlich ihrer Eignung für die Separierung der Tantal-Kondensatoren bewertet.
Aufgrund des geringen Investitionsbedarfs und einer großen Flexibilität bezüglich der Stückzahlen erschien dabei zunächst die manuelle Entfernung interessant. In einer opti- mistischen Abschätzung wurde angenommen, dass eine versierte Demontagekraft über einen längeren Zeitraum in der Lage ist, die 26 Kondensatoren von einer Leiterplatte mit einer Zange binnen 1,5 Minuten zu entfernen. In einer Stunde könnten so von einer Kraft 40 Leiterplatten verarbeitet und damit ein Tantal-Marktwert von 20,80 EUR separiert werden. Bei angenommenen Personalkosten in Höhe von 25,00 EUR je Stunde erweist sich eine wirtschaftliche Lösung als unrealistisch. Zudem kommen zu den rei- nen Entstückungskosten noch weitere Aufwände hinzu. So müssen die tantalhaltigen Platinen identifiziert, gebündelt und zwischengelagert werden, es fallen Behälter- und Transportkosten an und ein Gewinn für das Recyclingunternehmen sollte auch noch möglich sein. Selbst bei optimistischen Annahmen zur Entstückungsgeschwindigkeit
Bild 3: Erstes Prozessfließbild für eine Entstückung von Tantal-Konden- satoren per Roboter
ist eine wirtschaftliche Lösung auf diesem Wege also kaum realistisch.
Die zweite aussichtsreich erscheinende Lösung war der Einsatz von Robotern.
Dieser Ansatz erschien vor allem auf- grund der großen Stückzahlen und der erwarteten Einheitlichkeit der Platinen interessant. Da die Platinen mit einem Barcode gekennzeichnet sind, erschien zudem eine automatische Identifizierung der Platinen aus einer zuvor aussortierten Mischung Tantal-haltiger Leiterplatten denkbar.
Für den Robotikansatz wurde zunächst der in Bild 3 dargestellte grobe Prozessab- lauf definiert.
Mit einer Referenzplatine wurden dann Entstückungstests im Roboterlabor durchgeführt. Die Tests ergaben vielver- sprechende Ergebnisse. Eine nahezu voll- ständige Entfernung zumindest der leicht zugänglichen Kondensatoren war bereits ohne Ablaufoptimierung mit vertretbarer Prozesszeit realisierbar.
Manuelle Entnahme-Platinen
Vorsortierung tantalhaltiger Platinen
Zufuhr zur Fördereinrichtung/Roboter
Identifizierung per Barcode
Platine bekannt und hoher Tantal-
Gehalt?
nein
Entfernung Tantal- Kondensatoren durch Roboter
Zuführung zum Platinenverwertungsprozess
Sammeln und Weitergabe an Tantal-Rückgewinnungsprozess
ja
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Diese Ergebnisse bezogen sich auf die Untersuchung einer einzelnen Platine. Tatsäch- lich tritt aber eine größere Zahl unterschiedlicher Platinentypen mit entsprechend unterschiedlichen Tantalgehalten und Kondensatortypen auf. Die erste Frage war also, welche Materialwerte unterschiedliche Tantalkondensatoren auf den Leiterplatten haben und ob zusätzlich die Separierung weiterer Bauteile mit anderen bisher nicht zurückgewonnenen Metallen realisierbar wäre.
3. Analyse der Tantalkondensatoren und weiterer Bestückungskomponenten
Die auf den häufigeren Platinentypen aus der rückzubauenden Telekommunikations- Infrastruktur auftretenden Tantal-Kondensatoren wurden im Labor mittels Aufschluss und ICP-Analyse auf ihren Tantalgehalt hin untersucht. Bild 4 zeigt die Ergebnisse in Form des angenommenen Marktwertes der Kondensatoren.
Erlös je Kondensator EUR
Kosten je Roboter EUR/s 0,025
0,020
0,015
0,010
0,005
0
0,025
0,020
0,015
0,010
0,005
35 V 0 1 µF
40 V 1 µF
50 V 1 µF
20 V 2,2µF
63 V 2,2 µF
16 V 4,7µF
35 V 6,8µF
6 V 6,8µF
16 V 10µF
20 V 10µF
25 V 10µF
35 V 10µF
16 V 22µF
20 V 22µF
20 V 22µF
10 V 47µF
10 V 47µF
10 V 47µF
Wert Tantal-Kondensator
Kondensatortyp
Kosten je Entstückungsroboter
Bild 4: Erlöse für unterschiedliche Tantalkondensatoren. Grüne Linie: Kosten der Roboteranlage für eine Sekunde Betriebszeit – konservative Annahme gemäß erster grober Kosten- schätzung
Das Bild zeigt, dass die Tantalgehalte der Kondensatoren sehr unterschiedlich sind. Sie liegen zwischen weniger als einem und etwa 23 Eurocent je Kondensator. Die Kosten der gesamten Robotikanlage wurden zunächst nur orientierend abgeschätzt und in Kosten pro Sekunde Roboterzeit umgerechnet. Unter der Annahme, dass die Entfernung eines Kondensators mindestens eine Sekunde Roboterzeit benötigt, ist die Entstückung für
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etwa ein Viertel der Kondensatortypen unwirtschaftlich. Selbst eine Halbierung der erforderlichen Roboterzeit würde bei den meisten dieser minderwertigen Tantalkon- densatoren nicht ausreichen um die Entstückungskosten zu refinanzieren. Ein großer Teil insbesondere der häufig vorkommenden Kondensatoren hat aber einen durchaus interessanten Wert von etwa zwei Eurocent je Kondensator.
Um festzustellen, ob über die Tantalkondensatoren hinaus auch die Entfernung und separate Verwertung weiterer Bauteile möglich ist, wurden Elementgehalte einiger Leiterplatten untersucht (Tabelle 1).
Element Neodym Gallium Germanium Indium Tantal
Einheit g EUR* g EUR* g EUR* g EUR* g EUR Platine 1 0,161 0,010 0,205 0,091 - - - - 1,553 0,334 Platine 2 0,316 0,019 0,087 0,039 - - - - 0,294 0,063 Platine 3 0,430 0,026 0,107 0,048 - - - - 0,240 0,052 Platine 4 0,611 0,037 0,267 0,119 0,102 0,104 0,140 0,071 1,910 0,411 Platine 5 0,062 0,004 0,201 0,090 0,077 0,079 0,039 0,020 1,935 0,416 Platine 6 0,331 0,020 0,150 0,067 0,079 0,080 0,039 0,020 2,046 0,440 Platine 7 0,380 0,023 0,111 0,050 0,094 0,095 0,029 0,015 2,048 0,440 Platine 8 0,245 0,015 0,113 0,051 0,060 0,061 0,030 0,015 3,284 0,706 Platine 9 0,467 0,028 0,246 0,110 - - 0,135 0,069 1,094 0,235 f 0,334 0,020 0,165 0,074 0,082 0,084 0,069 0,035 1,600 0,344
* Primärrohstoffpreise
Tabelle 1: Masse und Wert derzeit nicht zurückgewonnener Elemente in verschiedenen Leiterplatten aus Telekommunikations-Infrastruktur. Angegeben als Neuwarewert der Metallmengen;
für Tantal als angenommener Marktpreis für Tantal in Form von Tantalkondensatoren
Die enthaltenen Neuwarewerte von Indium und Neodym liegen um etwa eine Größen- ordnung niedriger als die Marktpreise für das Tantal in Form von Tantalkondensatoren.
Hier erscheint eine wirtschaftliche Separierung kaum aussichtsreich. Selbst wenn diese Metalle in jeweils einem Bauteil konzentriert vorlägen, würden sie in keinem Fall die Kosten von einer Sekunde Roboterzeit, also von der unter optimistischen Annahmen erforderlichen Zeit für einen Griff des Roboters erreichen. Deutlich höher sind die Werte für Gallium und Germanium. Dennoch sind die Aussichten hier noch schlechter weil diese Elemente auf jeder Leiterplatte über eine große Zahl an Bauteilen verteilt sind. Zwei Aspekte kommen erschwerend hinzu: Zum einen läge der tatsächliche Erlös für die Metalle deutlich unter den Neuwarepreisen. Zum anderen ist eine Separation nur dann zielführend, wenn für die Bauteile ein Markt besteht, in dem auch die bisher nicht zurückgewonnenen Metalle vergütet werden. Dies ist jedoch anders als im Falle der Tantalkondensatoren hier nicht gegeben.
Selbst wenn in Einzelfällen die Entstückung weiterer Bauteile erfolgversprechend wäre, könnte dies zur Wirtschaftlichkeit des Prozesses nicht nennenswert beitragen. Hierfür ist letztlich die Separierung der Tantalkondensatoren entscheidend.
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4. Analyse der Platinen: Potenzial und Entstückungsaufwand
Somit kann also schon aufgrund seines Materialwerts nicht jeder Kondensator wirt- schaftlich entfernt werden. Es ist aber auch für jeden Platinentyp eine Bewertung der Anzahl an Tantalkondensatoren, ihrer Tantalgehalte und ihrer Zugänglichkeit für den Greifer des Roboters erforderlich. Ist der Gesamtwert an Tantal auf einer Platine so gering, dass schon die Prozesskosten für eine Zufuhr zur Roboteranlage und für ihre Fixierung nicht refinanziert werden können, dann muss diese Platine aus dem Prozess genommen werden, um die Wirtschaftlichkeit des Gesamtprozesses nicht zu gefährden.
Enthält eine Platine einen hinreichenden Wert an tantalreichen Kondensatoren, dann folgt die Analyse der Zugänglichkeit dieser Kondensatoren. Ein Teil der Kondensatoren befindet sich verdeckt hinter anderen Bauteilen, die der Roboter zunächst entfernen müsste, um den Kondensator greifen zu können. Die hierfür erforderliche Prozesszeit ist in aller Regel zu lang, als dass der Kondensator sie mitfinanzieren könnte. Andererseits gibt es aber auch Kondensatoren, die so eng benachbart auf der Leiterplatte sitzen, dass sie mit einem Robotergriff paarweise entfernt werden können.
Diese Analyse wurde für einen großen Teil der Leiterplattentypen durchgeführt. Nach diesen Analyseschritten steht fest, welche Leiterplatten für die Entstückung geeignet sind und welche Kondensatoren auf diesen Leiterplatten entfernt werden sollen.
Für jeden zur Entstückung geeigneten Platinentyp muss dem Roboter dann ein Pro- gramm hinterlegt werden, das die Information darüber enthält, wohin der Roboter greifen, wie weit er die Greiferbacken öffnen und schließen muss und auf welchem Wege er zeitsparend von einem Kondensator zum nächsten fahren muss. Erst wenn die Positionen der entfernungswürdigen Tantalkondensatoren auf den Platinentypen bekannt sind, kann diese Programmierung erfolgen.
Die identifizierten Platinentypen mit hinreichendem Tantalgehalt wurden charakteri- siert, wie beispielhaft in den Bildern 5 und 6 dargestellt.
Als schlecht zugänglich charakterisierte Kondensatoren können nicht wirtschaftlich entfernt werden. Bild 5 zeigt hierfür ein Beispiel: Von den 18 wertmäßig relevanten Tantal-Kondensatoren können nur zehn wirtschaftlich entfernt werden. Von dem ins- gesamt auf der Leiterplatte enthaltenen Tantalwert in Höhe von 0,514 EUR sind daher nur 0,356 EUR separierbar. Knapp ein Viertel des Tantalwertes muss auf der Platine verbleiben. Bild 6 zeigt auf einer anderen Platine die Kennzeichnung der Kondensatoren für die Programmierung des Roboters.
Die Entfernung der in Bild 6 mit einem Kreuz markierten Kondensatoren ist nicht wirtschaftlich weil zuvor die sie verdeckenden Aluminium-Kühlkörper entfernt wer- den müssten.
Nach der Sichtung von insgesamt 49 Platinentypen wurden 22 Typen identifiziert, die mehrere Tantalkondensatoren enthalten. Die Analyse dieser 22 Typen ließ eine wirt- schaftliche Entstückung so aussichtsreich erscheinen, dass die weitere Ausarbeitung des Prozess- und Anlagenkonzeptes beschlossen wurde.
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18 16 14 12 10 8 6 4 2 0
Anzahl an Tantal-Kondensatoren
1,00
0 0 0 0
1,33 1,67 2,00 2,33 2,67 3,00
Ergebnis ABC-Analysen (3 Kriterien = Anordnung, Zugänglichkeit, Wert) 2
16
8
Anzahl Greifvorgänge an gut zugänglichen Kondensatoren
Wert an gut zugänglichen Kondensatoren
Wert an mittel gut
zugänglichen Kondensatoren Wert an schlecht
zugänglichen Kondensatoren
10 0,356
0,000
0,159 0,356
0,356
0,514 EUR
EUR
EUR 0
8 Anzahl Greifvorgänge
an mittel gut zugänglichen Kondensatoren
Anzahl Greifvorgänge an schlecht zugänglichen Kondensatoren
∑ kumuliert
Bild 5: Beispiel für die Charakterisierung der Kondensatoren auf einer Platine nach Material- wert einerseits sowie der Kombination aus Zugänglichkeit und Zahl der zur Entfernung erforderlichen Greifvorgänge andererseits – letzteres über ein Kennzahlensystem
Bild 6:
Kennzeichnung der zu entfer- nenden und der nicht zu entfer- nenden Tantal-Kondensatoren auf einer Platine – Beispiel
Entfernen Nicht entfernen Aufwands- abhängig
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5. Prozesskonzept
Eine wichtige Randbedingung für die weitere Ausarbeitung des Prozesskonzepts war die Tatsache, dass Tantal-haltige Leiterplatten aus Alttechnik der IT-Infrastruktur zwar in großer Zahl anfallen, ihre Gesamtstückzahl und der Zeitraum, in dem sie anfallen aber gleichwohl begrenzt sind. Damit sind für den Prozess zwei wichtige Limitierungen gesetzt. Zum einen steht nur begrenzte Zeit für Entwicklung und Betrieb des Prozesses zur Verfügung. Zum anderen müssen Investitionen in die Anlagentechnik mit der in den Leiterplatten enthaltenen, begrenzten Tantalmenge refinanzierbar sein. Aufwändige Ansätze, etwa zur automatischen Identifizierung und Sortierung der Leiterplatten kom- men daher kaum in Frage. Auch der Einsatz noch leistungsfähigerer Robotersysteme zur Beschleunigung der Entstückung ist nur begrenzt zweckmäßig. Beides würde zwar dazu führen, dass die Menge an Leiterplatten noch schneller und effizienter verarbeitet werden könnte. Die Folge wäre aber kein Mehrerlös, sondern nur die Tatsache, dass für die Anlage noch schneller kein Inputmaterial mehr zur Verfügung stünde. Zwar können mit der Anlage grundsätzlich auch Leiterplatten anderer Herkunft verarbeitet werden. Erst wenn hinreichend große Stückzahlen mit einheitlicher Bauart und großem Tantal-Gehalt identifiziert und verfügbar sind, können sie allerdings als Refinanzie- rungsbeitrag berücksichtigt werden. Das Prozesskonzept wurde daher zunächst für die vorhandenen Mengen ausgelegt.
Die Untersuchung der Platinentypen bestätigte die Annahme, dass diese in den Abmes- sungen sehr einheitlich sind. Damit sind beste Voraussetzungen für ihre Fixierung und Führung in der Roboteranlage gegeben. Allerdings zeigte sich, dass die Barcodemarkie- rung nur bei einem Teil der Platinen vorhanden war. Als Merkmal für eine automatische Identifizierung kam sie damit nicht mehr in Frage. Eine automatische Bilderkennung erwies sich als unwirtschaftlich. Die Identifizierung der zu entstückenden Platinen durch Werker erwies sich als die wirtschaftlichste Lösung. Jede Platine wird nämlich schon heute per Sichtkontrolle auf Schadstoffe hin untersucht. Die Vorsortierung kann daher im Zuge der Schadstoffprüfung erfolgen. Die zusätzliche Sortierung nach Bau- formen Tantal-haltiger Platinen stellt nur einen geringfügigen Mehraufwand dar. Die für die Entstückung geeigneten Platinen werden nach der Sortierung in Gitterboxen zwischengelagert. Die Materialträger der Robotikanlage werden aus diesen Gitterbo- xen manuell bestückt. Aus einem in der Anlage automatisch nachgeführten Satz an Materialträgern versorgt sich die Roboteranlage dann selbst bis dieser Materialpuffer leer ist. Der Roboter entnimmt die Leiterplatten einzeln aus dem Materialpuffer und setzt sie in einen Fixierrahmen. Dann entfernt der Roboter die Tantalkondensatoren.
Sie fallen über einen Trichter in einen Behälter. Die verbleibende Leiterplatte fällt über eine Rutsche in eine Gitterbox und wird dem üblichen Leiterplattenrecycling zugeführt.
Am Ende der zweiten Arbeitsschicht im Betrieb wird sichergestellt, dass der Materi- alpuffer der Roboteranlage vollbelegt ist, um so eine autarke Entstückung für weitere vier Stunden auch außerhalb der Betriebszeit zu gewährleisten.
Das folgende Bild zeigt vereinfacht den Ablauf im Kernprozess der Roboteranlage.
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Es bestehen gute Aussichten, dass der Prozess wirtschaftlich realisierbar ist. Allerdings ist die verfügbare Stückzahl an Leiterplatten mit hinreichender Anzahl hochwertiger und gut zugänglicher Tantal-Kondensatoren noch zu gering.
6. Fazit
Die analysierten Leiterplatten aus veralteter Telekommunikations-Netztechnik bieten beste Voraussetzungen für eine Separierung von Tantal-Kondensatoren. Die manuelle Demontage ist aufgrund des großen Arbeitszeitaufwands wirtschaftlich nicht realisier- bar. Aussichtsreicher erscheint der Einsatz einer Roboterlösung. Zwar ist auch deren Wirtschaftlichkeit bisher aufgrund der zu geringen Platinenstückzahl noch nicht gesi- chert, allerdings erfolgt derzeit die Analyse weiterer möglicher Leiterplatten-Quellen,
Materialpuffer
Palette
Automatische Palettenrückführung
Schutzzaun
Rutsche
Gitterbox
Gitterbox Fixiereinheit für Platine
Greifer Schutzzaun
Roboter mit Podest
Auffangbehälter für Wertstoffe
Rutsche (mit Weiche)
Bild 7: Kernprozess des Entstückungsvorgangs
Quelle: KUKA Systems GmbH, bearbeitet
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insbesondere weiterer bisher nicht geprüfter Leiterplattentypen aus der Telekommuni- kations-Netztechnik. Ein unvermeidbares Risiko wird aber immer in der nur begrenzt prognostizierbaren Entwicklung des Tantal-Preises liegen.
Die Arbeiten werden fortgesetzt. Die dargestellten Ergebnisse geben daher einen Zwi- schenstand wieder. Eines ist allerdings schon jetzt sehr deutlich geworden: auch im Falle der sehr hochwertigen und einheitlichen Leiterplatten aus der Telekommunikations- Netztechnik ist eine gezielte Separation von Bauteilen wirtschaftlich nur schwer zu realisieren. Reelle Aussichten bestehen auch hier wohl nur für Tantal-Kondensatoren.
7. Literatur
[1] Kreibe, S., Förster, A., Peche, R.: Elektronikschrott: setzen wir die richtigen Schwerpunkte?;
In: Pomberger, R. et al., DepoTech 2014, Tagungsband zur 12. DepoTech Konferenz; Montan- Universität Leoben, Österreich, 4.-7. November 2014
[2] USGS: Mineral Commodity summaries 2012; US Geological Survey, 2012
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