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WERNER SCHNEIDERS. Philosophie der Aufklärung - Aufklärung der Philosophie

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WERNER SCHNEIDERS

Philosophie der Aufklärung - Aufklärung der Philosophie

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Philosophische Schriften

Band 58

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Wemer Schneiders

Philosophie der Aufklärung - Aufklärung der Philosophie

Gesammelte Studien

Zu seinem 70. Geburtstag herausgegeben von

Frank Grunert

Duncker & Humblot . Berlin

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Bibliografische Infonnation Der Deutschen Bibliothek Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische

Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

Alle Rechte. auch die des auszugsweisen Nachdrucks. der fotomechanischen Wiedergabe und der Übersetzung. für sämtliche Beiträge vorbehalten

© 2005 Duncker & Humblot GmbH. Berlin Fotoprint: Berliner Buchdruckerei Union GmbH. Berlin

Printed in Gennany ISSN 0935-6053 ISBN 3-428-11658-5

Gedruckt auf alterungsbeständigem (säurefreiem) Papier entsprechend ISO 9706@

Internet: hup:/Iwww.duncker-humblot.de

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Vorwort

Der vorliegende Band stellt das Gegenstück zu der Festschrift dar, die Wer- ner Schneiders zur Feier seines 65. Geburtstages gewidmet wurde und unter dem Titel Aufklärung als praktische Philosophie 1998 beim Max Niemeyer Verlag in Tübingen erschienen ist. Damals sind nicht weniger als 28 Wissen- schaftlerinnen und Wissenschaftler der Einladung nachgekommen, mit einem Beitrag einen Gelehrten von internationalem Rang zu ehren, dessen wissen- schaftliches Werk in besonderer Weise der Erforschung der deutschen Aufklä- rung verpflichtet war und - glücklicherweise - immer noch verpflichtet ist. Der 70. Geburtstag von Werner Schneiders ist nun der willkommene Anlaß, genau dieses Werk noch einmal zu vergegenwärtigen, und dies in einer längst überfiil- ligen Sammlung von verstreut publizierten und nicht immer leicht zugänglichen Aufsätzen des Jubilars. Angesichts der großen Zahl von Einzelstudien, die Werner Schneiders seit den sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts pu- bliziert hat, mußte tUr eine solche Sammlung eine Auswahl getroffen werden.

Dabei waren sowohl die Breite der von Werner Schneiders verfolgten For- schungsinteressen als auch die Akzente seiner wissenschaftlichen Arbeit zu be- rücksichtigen, nur so konnte wenigstens ansatzweise der Anspruch verfolgt werden, einen dem Anlaß angemessenen repräsentativen Überblick zu bieten.

Von vornherein war dabei an zwei unterschiedliche Kategorien von Arbeiten gedacht worden: Zum einen mußte es selbstverständlich darum gehen, diejeni- gen Aufsätze an prominenter Stelle zu bewahren und zur VertUgung zu halten, die der Forschung bereits wichtige Impulse gegeben haben. Und zum anderen war dem Herausgeber daran gelegen, noch einmal auf Studien aufmerksam zu machen, die ihres ursprünglichen Publikationsortes wegen ohne die verdiente Resonanz geblieben waren und doch unbedingt der erneuten Reflexion wert sind. Der am Ende entstandenen Sammlung sind die subjektiven Interessen und Vorlieben des Herausgebers selbstverständlich anzumerken, dies liegt einerseits in der Natur der Sache und ist andererseits aber auch nicht unerwünscht.

Die hier vorgelegte Auswahl läßt ein philosophisches Werk sichtbar werden, das die philosophiegeschichtliche Fragestellung ernst nimmt und zugleich über sie hinausweist, d.h. die Philosophie der Aufklärung ist weder Selbstzweck noch bloßes Mittel der philosophischen Reflexion, vielmehr wird sie auf die Aufklärung der Philosophie bezogen und dadurch ohne >historistische< Be- schränkung produktiv gemacht. Dies geschieht freilich ohne Anachronismus.

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6 Vorwort

Die Philosophie der Aufklärung wird in theoretischer Hinsicht nicht überfor- dert, sondern an ihrem historischen Ort belassen und gleichzeitig von dem in der philosophischen Disziplin gerne tradierten Makel befreit, bloße Vorge- schichte von bedeutenderen geistigen Errungenschaften zu sein. Die Philoso- phie der deutschen Aufklärung ist kein Präkantianismus, sie ist in der Interpreta- tion von Werner Schneiders eine eigenständige, wesentlich philosophisch ge- prägte, aber eben nicht nur philosophische Bewegung, die auf eine rationale Aufklärung des Verstandes und auf emanzipative Selbstbefreiung gleicherma- ßen zielt. Erst in der ebenso kenntnisreichen wie behutsamen Rekonstruktion von historisch bedingten Problemlagen und Diskussionszusammenhängen kann dieses theoretische Potential der Aufklärung entwickelt und rur die Aufklärung der Philosophie fruchtbar gemacht werden. Die Philosophie der Aufklärung wird so in ein Philosophieren einbezogen, das rur Werner Schneiders in einer letztlich existenziellen Perspektive nichts anderes darstellt als eine um Orientie- rung bemühte Selbst- und Weltreflexion, die vielleicht am Ende nur (aber im- merhin!) zu einer Erweiterung des je eigenen »Horizontes durch Klärung eini- ger Problemstellungen, durch Entwicklung von Denkmöglichkeiten und Deu- tungsschemata« ruhrt bzw. ruhren kann. Daß und wie die produktive Einbezie- hung philosophiegeschichtlicher Forschung bzw. historischer Philosophie in ge- genwärtiges Philosophieren gelingen kann, hat Werner Schneiders in seiner Mi- nimalphilosophie (Wieviel Philosophie braucht der Mensch? München 2000, 2. Aufl. 2002) gezeigt. Wer dieses Buch kennt, wird rasch gemerkt haben, in weIch starkem Maße die sich in actu präsentierende und betont unakademisch gebende philosophische Reflexion der philosophiegeschichtlichen Gelehrsam- keit verdankt. Als Aufklärung der Philosophie ist hier die Philosophie der Auf klärung stets implizit präsent. Philosophie ist der Sache wie ihrer Geschichte nach unendlich, und so ist Werner Schneiders - aber auch seinen Freunden und seinen Lesern - von Herzen zu wünschen, daß er bei guter Gesundheit noch lange mit seiner philosophischen Aufklärung fortfahren kann.

Man möchte meinen, daß die Veröffentlichung eines Buches mit bereits pub- lizierten Einzelstudien problemloser zu bewerkstelligen ist, als die Herausgabe eines Bandes mit noch ungedruckten Texten. Doch das Gegenteil ist der Fall.

Und so ist es mir an dieser Stelle eine besonders angenehme Pflicht, all denje- nigen Personen und Institutionen zu danken, die die vorliegende Festgabe er- möglicht haben. Um überhaupt zu einer Textgrundlage zu gelangen, mußten die ausgewählten Aufsätze eingescannt und immer wieder korrigiert werden. Diese langwierige und nicht eben inspirierende Arbeit hat Friederike Viktor mit nicht endenwollender Geduld übernommen. Kay Zenker hat die Bibliographie und das Register erarbeitet und war rur weitere Korrekturen sowie rur eine Unzahl von kleineren Hilfen stets zuverläßlich zu Stelle. Die Druckvorlage wurde - wie nun schon häufiger - mit routinierter Kompetenz und der notwendigen Umsicht

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Vorwort 7 von Wolfgang Thoeben erstellt. Ihnen allen sei rur ihr Engagement an dieser Stelle ganz herzlich gedankt. Für die finanzielle Unterstützung geht der Dank an das Rektorat, das Philosophische Seminar und den Fachbereich Geschichte/

Philosophie der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, an den Hamburg- Münchner Verein zur Förderung literaturwissenschaftlicher und wissenschaftge- schichtlicher Forschung sowie an die J.A. Tours-Stichting voor het algemene Nut (Amsterdam). Dank gebührt außerdem Herrn Dr. Florian Simon, der sogleich und mit Nachdruck die Publikation der Festgabe im Verlag Duncker & Humblot berurwortet hat und schließlich allen Verlagen und Institu- tionen, die den Wiederabdruck der bereits publizierten Arbeiten umstandslos genehmigten.

Gießen, im Sommer 2004 Frank Grunert

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Inhaltsverzeichnis

I. Theoria cum Praxi: Gottfried Wilhelm Leibniz . . . . . . . . . .. 11

Deus subjectum Zur Entwicklung der Leibnizschen Metaphysik ... 13

Harmonia universalis . . . .. 25

Leibniz' doppelter Standpunkt. . . . .. 49

Naturrecht und Gerechtigkeit bei Leibniz ... 77

Respublica optima Zur metaphysischen und moralischen Fundierung der Politik bei Leibniz . . . .. 121

Sozietätspläne und Sozialutopie bei Leibniz ... 145

11. Aufklärungen: Programme. Begriffe. Personen. . . . . . . .. 165

Leibniz - Thomasius - Wolff Die Anfiinge der Aufklärung in Deutschland . . . .. 167

Aufklärung durch Geschichte Zwischen Geschichtstheologie und Geschichtsphilosophie: Leibniz, Thomasius, Wolff ... 183

Vernunft und Freiheit Christian Thomasius als Aufklärer . . . .. 207

Thomasius politicus Einige Bemerkungen über Staatskunst und Privatpolitik in der aufklärerischen Klugheitslehre . . . .. 225

Der Verlust der guten Sitte Auch ein Beitrag zur Geschichtlichkeit der Moral. . . . .. 245

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10 Inhaltsverzeichnis

Erfahrung im Zeitalter der Vernunft . . . .. 263

Vernunft im Zeitalter der Vernunft. . . . .. 271

Vernunft und Verstand - Krisen eines Begriffspaares 297 Vernünftiger Zweifel und wahre Eklektik Zur Entstehung des modernen Kritikbegriffes ... 319

Zwischen Welt und Weisheit Zur Verweltlichung der Philosophie in der frühen Moderne . . . .. 343

Das philosophische Frauenzimmer. . . . .. 365

Die Philosophie des aufgeklärten Absolutismus Zum Verhältnis von Philosophie und Politik, nicht nur im 18. Jahrhundert. . .. 399

Aufklärung und Reform . . . .. 423

Emanzipation als moralisches Problem Zur Beantwortung der Frage: Wie ist Aufklärung praktisch möglich? . . . .. 447

Zur Aktualität der Aufklärung . . . .. 465

111. Philosophie der Philosophie. . . . . . . . . . . . . . . . .. 483

Der Philosophiebegriff des philosophischen Zeitalters Wandlungen im Selbstverständnis der Philosophie von Leibniz bis Kant 485 Die Mission der Philosophie . . . .. 5\\

Philosophie der Philosophie Zur Frage nach dem Philosophiebegriff . . . .. 525

Über die Lehrbarkeit der Philosophie . . . .. 535

Kritische und konservative Aufgaben der Philosophie. . . . .. 549

Schriftenverzeichnis Werner Schneiders. . . . . . .. 563

Personenverzeichnis . . . . . . .. 573

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I. Theoria cum Praxi: Gottfried Wilhelm Leibniz

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Deus subjectum

*

Zur Entwicklung der Leibnizschen Metaphysik

In der Entwicklung der Leibnizschen Metaphysik stellt die Pariser Zeit eine Zwischenstufe dar, die als Übergang vom jungen zum reifen Leibniz angesehen werden kann. Sie kann aber auch als eine durchaus eigenartige Phase betrachtet werden, voll lebendiger Rezeption und Produktion philosophischer Ideen.

Manchmal entwickelt Leibniz innerhalb kürzester Zeit neue Fragestellungen und Problem lösungen, um sie dann selbst sogleich wieder zu kritisieren, zu ver- bessern oder zu verwerfen. Vor allem gegen Ende der Pariser Zeit hat er eine Art philosophisches Tagebuch geführt und darin sowohl die Wandlungen als auch die Durchhaltekraft seines Denkens dokumentiert. I

Versucht man einen ersten Überblick über die Entwicklung der Leibnizschen Metaphysik, ihre Themen und Faktoren, während der Pariser Zeit zu gewinnen, so kann man feststellen, daß seine metaphysischen Reflexionen deutlich in zwei inhaltlich und zeitlich verschiedene Gruppen zerfallen. Zeitlich liegt der erste Komplex am Anfang, der zweite am Ende der Pariser Zeit. Die erste Phase (um 1672/73) hat ihren Niederschlag hauptsächlich in der Corifessio philosophi ge- funden, die zweite (um 1675/76) in einer großen Zahl einzelner Niederschriften unterschiedlicher Größe, die in loser Folge vor allem von Gott und Geist, Uni- versum und Kontinuum, Atom und Vakuum, Bewegung und Materie, Seele und Körper, Harmonie und Existenz handeln. Zwischen beiden produktiven Phasen liegt, von mathematischen, physikalischen und anderen Studien ganz abgesehen, eine erste intensivere Beschäftigung mit der Philosophie Descartes' und Spino-

• In: Leibniz

a

Paris (1672-1676), Bd. 11, La philosophie de Leibniz. Studia Leibni- tiana, Supplementa, hrsg. von K. Müller, H. Schepers u. W Totok, Vol. XVIII, Wiesba- den 1978, S. 21-31.

I Abkürzungen: GP = Die philosophischen Schriften von Leibniz, hrsg. v. C. I. Ger- hardt, Bd. 1-7, Berlin 1875ff.; Stein = L. Stein: Leibniz und Spinoza, 1890; Bodemann

= E. Bodemann: Die Leibniz-Handschriften (1895) ( 1966); Jag. = Jagodinskij = Leibni- tiana, hrsg.v. I. I. Jagodinskij, Kasan 1913; Grua = Leibniz: Textes inedits, hrsg. v.

G. Grua, Paris 1948; AA = Leibniz: Sämtliche Schriften und Briefe, hrsg. v. d. Preußi- schen Akademie der Wissenschaften zu Berlin, Darmstadt 1923ff. Die bisher unveröf- fentlichten Aufzeichnungen der Pariser Zeit werden so zitiert, daß sie nach Erscheinen des Bandes VII3 der Akademie-Ausgabe leicht identifiziert werden können. Korrekturen der übrigen Zitate beruhen auf dem bereits zu VII3 vorliegenden Material.

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14 I. Theoria cum Praxi: Gottfried Wilhe1m Leibniz

zas - die dann gegen Ende der Pariser Zeit zu den Anflingen der Descartes- und Spinozakritik fUhren wird. Man wird also die erste Etappe metaphysischer Re- flexionen wesentlich als Entwicklung mitgebrachter Ideen verstehen dürfen, während die zweite Etappe eine gewisse Themenverschiebung erkennen läßt, die ihren Ausdruck teils in der Abwandlung eigener, teils in der Aufnahme fremder Ideen findet - ohne daß durch die Anstöße von außen ein Bruch mit der.

eigenen Ausgangsposition notwendig würde.

Da die Fülle der von Leibniz in diesen Jahren durchdachten metaphysischen Themen nicht in einem Anlauf erörtert werden kann, beschränken sich die fol- genden Bemerkungen bewußt auf eine einzige, allerdings zentrale Frage, näm- lich auf die Deutung Gottes als Subjekt der einfachen und absolut positiven Formen bzw. Attribute, d.h. auf die Deutung Gottes als Subjekt aller Realitäten oder Vollkommenheiten. Von hier aus werden sich jedoch auch einige Einblik- ke in Leibniz' damalige Auffassung der universalen Harmonie, seine Deutung des Verhältnisses von Leib und Seele und seine Theorie der respublica optima ergeben. Außerdem werden zwangsläufig die Anfange der Descartes- und Spi- nozakritik sichtbar werden.

Zunächst aber müßte wenigstens kurz bestimmt werden, was hier mit Leibniz unter Metaphysik zu verstehen ist. Zweifellos war die Metaphysik als solche fUr Leibniz schon ein Problem. Schon in der Leipziger und Mainzer Zeit finden sich nicht nur Ansätze zu dem, was man später seine eigene Metaphysik nennen konnte; es finden sich auch schon Reflexionen darüber, daß eine Neubegrün- dung der Metaphysik nötig sei und wie diese Neugestaltung auszusehen habe.

Auch Leibniz sucht die wahre Metaphysik - vera metaphysica oder la vraie me- taphysique, wie es in der Pariser Zeit gelegentlich emphatisch heißt (vgl. GP VII, S. 51, 80).

Von der Physik und Mathematik wird diese Metaphysik vorerst nur beiläufig unterschieden, so wenn Leibniz z.B. die puncta metaphysica von den puncta mathematica oder das plenum physicum von dem vacuum metaphysicum unter- scheidet (vgl. Jag., S. 30fT.). AusfUhrlicher kommt hingegen schon der Gegen- stand der Metaphysik zur Sprache. Dabei wird, ohne daß dieser Terminus be- nutzt würde, ein sehr weiter BegrifT von Metaphysik formuliert: nämlich die Idee einer Wissenschaft von den höchsten Dingen oder der Summe aller Dinge.

So heißt es in einer Aufzeichnung vom 11. Februar 1676, die von Geist und Körper, Materie und Universum, Atom und Kontinuum, von Gott und insbe- sondere von der harmonia rerum handelt: »Possent inscribi Meditationes istae, de arcanis sublimium, vel etiam de Summa Rerum« (Jag., S. 34). Und am Ran- de dieses Entwurfes notiert Leibniz nochmals: »Elementa philosophiae arcanae, de summa rerum, Geometrice demonstrata« (Jag., S. 32). Hier wird also eine Theorie von den letzten Dingen konzipiert, die einerseits strenge Wissenschaft

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Deus subjectum 15 sein möchte, andererseits eine Art esoterische Meditation, die zu den höchsten und erhabensten Geheimnissen vordringt. Sie wäre Metaphysik in einem noch ziemlich weiten und unbestimmten Sinne. Ein engerer Begriff von Metaphysik zeichnet sich hingegen ab, wenn Leibniz gelegentlich eine erste Philosophie als philosophia de mente oder Wissenschaft von personalen Subjekten erstrebt: »Ia premiere philosophie, ou connaissance de Dieu et de I'ame« (GP VII, S. 80).

Gott und die Seele sind trotz aller naturwissenschaftlichen Interessen die Hauptgegenstände des metaphysischen Interesses. Vor allem aber ist die Meta- physik Gotteswissenschaft, natürliche oder rationale Theologie. In diesem Sinne plant Leibniz in Paris eine Schrift, die u.a. »De vera metaphysica, deque idea et existentia Dei« handeln soll (GP VII, S. 51; vgl. GP IV, S. 292; AA 11/1, S. 20, 434).

Der skizzierten inhaltlichen Divergenz des Metaphysikbegriffes steht eine merkwürdige Polarisierung gegenüber, die eher die formale Seite der Metaphy- sik betrifft. Leibniz hatte seinen Entwurf der Elementa Philosophiae arcanae de summa rerum wie bereits zitiert mit dem Zusatz geometrice demonstrata verse- hen. Diese augenfällige Absicht auf mathematische Exaktheit betrifft auch und gerade den engen Begriff von Metaphysik als Theologie. So heißt es in dem gleichen Entwurf vom 11. Februar 1676 mit Bezug auf Gott: »Rigorose de- monstrandum est, quod sentit se agere in se ipsum, nihil enim admirabilius quam idem sentire ac pati se ipso« (Jag., S. 34). Ähnlich notiert sich Leibniz am 2. Dezember 1676 eine »Catena mirabilium demonstration um de summa re- rum«. Und an anderer Stelle hofft er sogar darauf, daß es bald gelingen werde, Gott und Geist mathematisch zu demonstrieren (AA 11/1, S. 250). Offensichtlich verfolgt er hier wie anderswo seine schon lange gehegten Pläne, alle Wissen- schaft zu mathematisieren bzw. durch einen neuartigen logischen Kalkül zu ei- ner neuen und endgültigen Exaktheit zu führen. Er betreibt seine mathemati- schen Studien zur besseren Erkenntnis der höchsten und schönsten Ordnung,

»ad cognoscendam harmoniae ac pulchritudinis ideam« (GP VII, S. 325). Aller- dings scheinen ihm auch in Paris schon Zweifel über die Reichweite der ma- thematischen Logik gekommen zu sein. Denn es klingt einigermaßen distan- ziert, wenn er gleichzeitig schreibt: »invitatusque novitate nonnunquam in ipsa Theologia Mathematicum agebam« (GP VII, S. 323). Der generelle Trend sei- nes Denkens aber geht auf wissenschaftliche Objektivität im Sinne zwingender Endgültigkeit. Metaphysik soll exakte Wissenschaft von dem als Geist gedach- ten Absoluten werden.

Dieser Intention auf Objektivierung scheint nun zugleich eine neuartige und neuzeitliche Subjektivierung der Metaphysik zu widersprechen. Leibniz gehört nämlich zu den ersten, die von der Metaphysik als ihrer eigenen Metaphysik sprechen. Schon der Titel der Confessio philosophi impliziert eine gewisse Per-

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