• Keine Ergebnisse gefunden

Schriften des Historischen Kollegs

N/A
N/A
Protected

Academic year: 2022

Aktie "Schriften des Historischen Kollegs"

Copied!
364
0
0

Wird geladen.... (Jetzt Volltext ansehen)

Volltext

(1)

Schriften des Historischen Kollegs

K olloquien 61

GegenErinnerung

G e sc h ic h te als p o litisch es A rg u m e n t im T ra n sfo rm a tio n sp ro z e ß O s t-, O stm itte l-

un d S ü d o ste u ro p as

R. O ldenbourg Verlag M ünchen 2006

(2)

GegenErinnerung

Geschichte als politisches Argument im Transformationsprozeß Ost-,

Ostmittel- und Südosteuropas

H erausgegeben von H elm ut A ltrichter unter M itarbeit von Elisabeth M üller-Luckner

R. O ldenbourg Verlag M ünchen 2006

(3)

Schriften des Historischen Kollegs herausgegeben von

Lothar Gail in Verbindung mit

Etienne Francois, Johannes Fried, Klaus Flildebrand, Manfred Hildcrmeier, Claudia Märtl, Jochen Martin, Heinrich Nöth, Luise Schorn-Schütte, Ulrich Wilhelm und Dietmar Willoweit

Geschäftsführung: Georg Kalmer Redaktion: Elisabeth Müller-Luckner

Das Historische Kolleg fördert im Bereich der historisch orientierten Wissenschaften Ge­

lehrte, die sich durch herausragende Leistungen in Forschung und Lehre ausgewiesen haben.

Es vergibt zu diesem Zweck jährlich bis zu drei Forschungsstipendien und ein Förderstipen­

dium sowie alle drei Jahre den „Preis des Historischen Kollegs“.

Die Forschungsstipendien, deren Verleihung zugleich eine Auszeichnung für die bisherigen Leistungen darstellt, sollen den berufenen Wissenschaftlern während eines Kollegjahres die Möglichkeit bieten, frei von anderen Verpflichtungen eine größere Arbeit abzuschließen.

Professor Dr. Helmut Altrichter (Erlangen) war - zusammen mit Professor Dr. M arie-Luise Recker (Frankfurt a. M.), PD Dr. Andreas Rödder (Stuttgart) und Prof. Dr. Jürgen Trabant (Berlin) - Stipendiat des Historischen Kollegs im Kollegjahr 2001/2002. Den Obliegenheiten der Stipendiaten gemäß hat Helmut Altrichter aus seinem Arbeitsbereich ein Kolloquium zum Thema „Geschichte im Transformationsprozeß O st-, Ostmittel- und Südosteuropas“

vom 5. bis 8. Juni 2002 im Flistorischen Kolleg gehalten. Die Ergebnisse des Kolloquiums werden in diesem Band veröffentlicht.

Das Historische Kolleg wird seit dem Kollegjahr 2000/2001 - im Sinne einer „public private partnership“ - in seiner Grundausstattung vom Freistaat Bayern finanziert, seine Stipendien werden gegenwärtig aus Mitteln des DaimlerChrysler-Fonds, der Fritz Thyssen Stiftung, des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und eines ihm verbundenen Förderunterneh­

mens dotiert. Träger des Flistorischen Kollegs, das vom Stiftungsfonds Deutsche Bank und vom Stifterverband errichtet und zunächst allein finanziert wurde, ist nunmehr die „Stiftung zur Förderung der Historischen Kommission bei der Bayerischen Akademie der W issen­

schaften und des Flistorischen Kollegs“.

Bibliographische Information der Deutschen Bibliothek

Die Deutsche Bibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliographie; detaillierte bibliographische Daten sind im Internet über <http://dnb.ddb.de> abrufbar.

© 2006 Oldenbourg Wissenschaftsverlag GmbFI, München Rosenheimer Straße 145, D-81671 München

Internet: http://www.oldenbourg.de

Das Werk einschließlich aller Abbildungen ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzu­

lässig und strafbar. Dies gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, M ikrover­

filmungen und die Einspeicherung und Bearbeitung in elektronischen Systemen.

Gedruckt auf säurefreiem, alterungsbeständigern Papier (chlorfrei gebleicht) Gesamtherstellung: R. Oldenbourg Graphische Betriebe Druckerei GmbFI, München ISBN-13: 978-3-486-57873-7

ISBN-10: 3-486-57873-1

(4)

Inhalt

H e lm u t A ltrich ter

E in fü hrun g... VII Verzeichnis der T agungsteilnehm er... ... XXII J o a c h i m H o si er

Perestroika und Historie. Zur Erosion des sowjetischen Geschichtsbildes 1 K a rs ten B r ü g g e m a n n

„Wir brauchen viele Geschichten“. Estland und seine Geschichte auf dem Weg nach E u ro p a?... 27 Ulrike v o n H ir s ch h a u s e n

Denkmal im multiethnischen Raum. Zum Umgang mit der Vergangenheit in der G egenwart Lettlands ... 51 A lv y d a s N ikzentaitis

Gestürzte und neu errichtete Denkmäler: Geschichte im Transformations­

prozeß L ita u e n s... 67 R a in e r L in d n e r

Geschichtswissenschaft und Geschichtspolitik in Weißrußland.

Erinnerungskonkurrenzen in spät- und postsowjetischer Zeit ... 79 W ilfried J i l g e

N ationale Geschichtspolitik während der Zeit der Perestroika in der

U k ra in e ... 99 C la u d ia K r a ft

Geschichte im langen Transformationsprozeß in Polen ... 129 H ans L e m b e r g

Die Rolle von Geschichte und von H istorikern im Zusammenhang mit der

„Samtenen Revolution“ in der T schechoslow akei... 151 Attila Pök

Geschichte im Transformationsprozeß U n g a rn s ... 173

(5)

VI Inhalt Iskra I v e l j i c

Cum ira et studio. Geschichte und Gesellschaft Kroatiens in den 1990er

J a h r e n ... 191 C a r l B e t h k e , H o lm S u n d h a u ss e n

Zurück zur alten „Ü bersichtlichkeit“ ? Geschichte in den jugoslawischen N achfolgekriegen 1991-2000 ... 205 M arkus Wien

Die bulgarische Monarchie: Politisch motivierte Revision eines

Geschichtsbildes in der Transform ationsgesellschaft... 219 B o g d a n M u r g e s c u

Geschichte im Transformationsprozeß: Rumänien. Politische und

institutionelle Rahm enbedingungen nach der W e n d e ... 237 Vasile D u m b r a v a

W arum Geschichte immer wieder neu betrachtet werden muß. Die

Republik M oldova und der Umgang mit der Vergangenheit ... 261 S tefa n T roebst

„Wir sind Transnistrier!“. Geschichtspolitik im Ostteil Moldovas ... 277 R a in e r Eckert

Die historische Erforschung der SED -D iktatur ... 303 R e g is te r... 319

(6)

H elm ut Altrichter

Einführung

I.

M oskau im Herbst 1989. Das Land hatte stürmische M onate hinter sich. Im Früh­

jahr war ein „Kongreß der Volksdeputierten der U dSSR“ mit 2250 Abgeordneten zusammengetreten, der die „wichtigsten konstitutionellen, politischen und sozial­

ökonomischen Fragen“ des Landes entscheiden, einen Staatspräsidenten wählen und aus seiner M itte einen wesentlich kleineren neuen „Obersten Sow jet“ bestel­

len sollte, dessen zwei Kammern dann übers Jahr hinweg die „Gesetzgebung und Kontrolle“ zu übernehmen hatten. Neu waren nicht nur die Institutionen, neu waren ebenso die M odalitäten ihrer Bestellung. Von den Abgeordneten des Volks- deputiertenkongresses waren 750 von gesellschaftlichen Organisationen delegiert, 1500 von der Bevölkerung direkt gewählt worden, je zur Hälfte in adm inistrativ­

territorialen und in nationalen Wahlkreisen, wobei in den Wahlkreisen erstmals deutlich mehr Kandidaten aufgestellt w erden sollten, als Sitze zu vergeben waren.

Ein solches - landesweites und ergebnisoffenes - Referendum hatte es seit der Re­

volution nicht mehr gegeben1.

Die Wahlen brachten für die politische M obilisierung der Gesamtgesellschaft einen gewaltigen Schub. Zur Aufstellung der Kandidaten hatten schon seit Jahres­

beginn in den Städten und Gemeinden, in den Unternehmen und Behörden Ver­

sammlungen stattgefunden, worüber die M edien ausführlich berichteten. Um

„ihren“ Kandidaten zu unterstützen, organisierten sich besonders Engagierte in

„informellen Gruppen“, „Klubs“ und „Gesellschaften“; deren Zahl wurde übers Jahr hinweg auf mehrere Zehntausend geschätzt. Selbst bei den 750 Abgeordne­

ten, die nach festem Schlüssel von gesellschaftlichen Organisationen (der Partei, dem Gewerkschaftsbund, der Vereinigung der Kolchosbauern, der kom m unisti­

schen Jugendorganisation, der Akadem ie der Wissenschaften usf.) delegiert w ur­

den, gingen der Auswahl mitunter heftige interne Auseinandersetzungen voraus, die die Öffentlichkeit nicht weniger bewegten als die Kandidatenaufstellung in den Wahlkreisen.

1 Hierzu wie zum folgenden H e l m u t Altrichter, Der Zusammenbruch der Sowjetunion 1985-1991, in: Handbuch der Geschichte Rußlands, Bd. 5, hrsg. von Stefan P l a g g e n b o r g (Stuttgart 2002) 519 ff., hier 537 ff.

(7)

VIII H elm ut A ltrich ter

Ende M ärz 1989 begannen dann die Abstimmungen. Erstmals mußten sich lokale und regionale Parteifunktionäre einer Konkurrenz stellen; drei Dutzend Prominente wurden schon im ersten Wahlgang spektakulär abgewählt. Ihre N ie­

derlage empfanden sie um so bitterer, als die Gegenkandidaten vordem oft kaum bekannt gewesen waren. Erreichte kein Kandidat die erforderliche absolute M ehr­

heit der Stimmen, mußte ein zweiter Wahlgang angesetzt werden. Auch wenn die amtliche W ahlkomm ission (wie in 384 W ahlkreisen) nur einen Kandidaten zuge­

lassen hatte, war er damit noch nicht gewählt; stimmten zu viele mit nein (was vorkam), verfehlte er das Quorum. Das Ergebnis w ar ein Volksdeputiertenkon- greß, der zw ar noch immer ganz überwiegend aus Parteim itgliedern bestand.

Doch fast 90 Prozent der Deputierten waren zum ersten M al in ein so hochrangi­

ges Gremium gewählt worden - und zeigten keine Scheu, alle sie bewegenden Fra­

gen offen zur Sprache zu bringen, als der Volksdeputiertenkongreß Ende Mai 1989 zu einer ersten Session zusammentrat.

Die zwölftägigen, heftig und höchst kontrovers geführten Debatten hatten vor Augen geführt, daß inzwischen selbst in der Partei die Ansichten über den einzu­

schlagenden Weg weit auseinander gingen. Und da das Fernsehen die A useinan­

dersetzungen direkt übertrug, Tageszeitungen lange Passagen tags darauf nach­

druckten, vermittelten sie dem Land eine Momentaufnahme vom Zustand, in dem man sich befand, und von den riesigen Problemen, die gelöst werden mußten, aus­

führlicher, unm ittelbarer und schonungsloser, als es oppositionelle Pamphlete je vermochten. Das Spektrum der Themen w ar breit, und obwohl es dabei vornehm­

lich um die Gegenwart und Zukunft des Landes ging, fiel Fragen der Vergangenheit, vom Afghanistankrieg bis zum geheimen Zusatzprotokoll zum H itler-Stalin-Pakt, eine Schlüsselrolle zu. Grundsätzlicher als andere Probleme, stellten sie die Legi­

timation des politischen Systems und die Zukunft des Gesamtstaates in Frage. W äh­

rend es für die Verteidiger des Afghanistankrieges beim sowjetischen Einmarsch um die Ehre als Großmacht und die Zukunft des Kommunismus ging, geißelten ihn die Gegner als Verletzung des Selbstbestimmungsrechtes der Völker und seine Folgen als „Völkermord“. Und während das offizielle Moskau noch immer den Geheimen Zusatzprotokollen zum deutsch-sowjetischen N ichtangriffspakt und zum deutsch-sowjetischen Grenz- und Freundschaftsvertrag (in denen H itler und Stalin Osteuropa unter sich aufgeteilt hatten) die Authentizität bestritt, erreichten die bal­

tischen Abgeordneten im Volksdeputiertenkongreß die Einsetzung eines parla­

mentarischen Untersuchungsausschusses, der die Echtheit prüfen sollte.

II.

Die Diskussion über die Vergangenheit hatte nicht erst auf dem Volksdeputierten­

kongreß begonnen2. Mitte Dezember 1986 hatte Radio Moskau berichtet, in der 2 Ebd. 543 ff.; R o b e n W. D a v ie s , Perestroika und Geschichte. Die Wende in der sowjetischen Historiographie (München 1991); J o a c h i m H osier, Die sowjetische Geschichtswissenschaft

(8)

H elm ut A ltrich ter IX UdSSR werde eine neue Informationspolitik betrieben. Die Partei fordere alle Massenmedien auf, nichts zurückzuhalten und in der Berichterstattung über das politische, wirtschaftliche und soziale Leben der sowjetischen Gesellschaft mit allen Tabus aufzuräumen. War die Geschichte davon auszunehmen? Im Februar 1987 w ar es Gorbacev selbst, der seine frühere Zurückhaltung aufgab. Bei einem Treffen mit führenden Medienvertretern überraschte er mit der lapidaren Feststel­

lung: Man müsse auch die Geschichte sehen, „wie sie ist“, „vergessene N amen“

und „weiße Flecken“ dürfe es nicht mehr geben, weder in der Literatur noch in der Geschichte; es sei schon schlimm genug, „Namen zu vergessen“, noch viel

„amoralischer ist es, ganze Perioden im Leben eines Volkes zu vergessen oder zu verschweigen, eines Volkes, das lebte, glaubte und sich abmühte unter der Füh­

rung der Partei, im Namen des Sozialism us“.

Die Revolution im Denken, im Verhältnis zur eigenen Vergangenheit, die er auslöste, förderte und begünstigte, kann in ihrer Bedeutung kaum überschätzt werden. Ü berall sah man sich nun mit historischen Themen konfrontiert: im Fernsehen, im Kino, auf der Bühne; Tageszeitungen griffen sie, erstmals um das Leserinteresse konkurrierend, auf; Illustrierte stellten ihre eigenen Recherchen an;

Zeitzeugen, Betroffene meldeten sich hier wie dort zu Wort; in den „dicken Jo u r­

nalen“ stieß man auf ihre literarische Verarbeitung. Dabei wurde Stück um Stück in Frage gestellt, was bisher als unantastbar galt. Wie gründlich die Diskussionen das bis dahin gültige Geschichtsbild binnen Jahresfrist erschütterten, zeigt der Umstand, daß im Mai 1988 die Prüfungen in Geschichte vorübergehend ausge­

setzt wurden. Neue Schulbücher mußten erst geschrieben, neue Lehrpläne aufge­

stellt werden, um entscheiden zu können, was künftig als richtig oder falsch zu gelten hatte.

Hatte die Führung trotz alledem an einzelnen Personen und Ereignissen - an Lenin und an der Oktoberrevolution, an der Neuen Ökonomischen Politik der 20er Jahre und am Großen Vaterländischen Krieg - festgehalten, ihr „Vermächt­

nis“ beschworen, daran anzuknüpfen und die eigene Politik damit zu legitim ieren versucht, machte die K ritik bald auch vor ihnen nicht mehr Halt. Im W inter 1988/

89 veröffentlichte der Philosoph A leksandr C ipko in der - in Millionenauflage erscheinenden - populärwissenschaftlichen Zeitschrift „Nauka i zizn’“ (W issen­

schaft und Leben) eine Artikelserie, die die „Quellen des Stalinism us“ in der Re­

volution und im Bürgerkrieg, im Leninismus und Marxismus ausmachte3. In die gleiche Kerbe schlug der H istoriker Jurij Afanas’ev im Sommer 1989, wenn er das sowjetische System, durch „Blutvergießen und Verbrechen gegen die M enschlich­

keit“ geschaffen, und alle nachträglichen Versuche, ihm eine gesetzliche Basis zu geben, als „hoffnungslos“ ansah4. Der enge Zusammenhang zwischen der Revolu­

tion und den 30er Jahren, zwischen Lenin und Stalin, das schwierige Erbe der Ge- 1953 bis 1991. Studien zur Methodologie- und Organisationsgeschichte (München 1995);

D ietrich G e y e r (Hrsg.), Die Um wertung der sowjetischen Geschichte (Geschichte und Ge­

sellschaft, Sonderheft 14, Göttingen 1991).

3 N auka i zizn’ 1988, Nr. 11 und 12; 1989, Nr. 1 und 2.

4 Radio Liberty Research 1989, Nr. 30.

(9)

X H elm ut A ltrich ter

fängnisse und Arbeitslager, Bevormundung, Überwachung, Verfolgung und A us­

rottung im Namen einer Ideologie waren auch die Themen zweier literarischer Werke, die - im Westen bereits in den 70er Jahren publiziert - 1989 auch in der Sowjetunion veröffentlicht wurden: der Rom an-Essay „Alles fließt“ von Vasilij S.

Grossman und A leksandr Solzenicyns erzählerisches Dokum entarwerk „Archi­

pel G ulag“. Die Verhandlungen des Volksdeputiertenkongresses und daran anschließend des neuen Obersten Sowjet boten, wie oben dargestellt, den k riti­

schen Debatten über die Vergangenheit ein neues, zusätzliches, landesweites Forum 5.

III.

So w ar M oskau im Herbst 1989 ein anderes als noch ein Jahr zuvor6. Am Tag der O ktoberrevolution, dem noch immer größten Feiertag im Jahr, brachte das Fern­

sehen am N achm ittag einen längeren Bericht über die H ilfe des amerikanischen Roten Kreuzes für die hungernde Petrograder Kinderkolonie in den Jahren zw i­

schen 1918 und 1920, und am Abend strahlte das Fernsehen zur besten Sendezeit den Film „Die Kommissarin“ aus. Nach einer Erzählung des schon genannten Schriftstellers V. Grossman (unter der Regie von A leksandr A skol’dov) gedreht, schilderte der Film, wie die Politkom m issarin eines roten Bataillons schwanger w ird und, in der Familie eines jüdischen Blechschmiedes untergebracht, die Revo­

lution und den Bürgerkrieg nun aus einer anderen Perspektive erlebt: aus der Per­

spektive des leidenden Volkes. Der Streifen w ar schon 1966/67 entstanden, doch erst 1988 ins Kino gekommen und eben nun (1989) auch ins sowjetische Fernse­

hen, ausgerechnet am Tag der Oktoberrevolution. Daß dies kein Zufall war, ver­

steht sich von selbst, die Regierungszeitung „Izvestija“ hatte (m it dem Tenor

„nicht w ie gehabt“) im voraus auf beide Filme hingewiesen7. Und an eben diesem Tag der O ktoberrevolution, am 7. November 1989, fand - parallel zu den offiziel­

len Jubelfeiern auf dem Roten Platz - erstmals eine Gegendemonstration statt. Die Behörden hatten sie sogar genehmigt, wenn auch an die Peripherie der Innenstadt verlegt, und das Fernsehen, in früheren Zeiten gleichfalls undenkbar, berichtete davon.

Die Lockerung des staatlichen Druckmonopols brachte es mit sich, daß in U n ­ terführungen und Metrobahnhöfen neben einigen oppositionellen Blättchen auch im Plakatformat hergestellte Kalender angeboten wurden. Ihre Bildmotive fielen deutlich aus dem Rahmen des Ü blichen und fanden reißenden Absatz. Das galt nicht nur für die leichtbekleideten jungen Damen, sondern auch für den Abdruck eines Bildes von Il’ja Glazunov. In Rußland ein sehr bekannter und populärer M a­

5 Vgl. auch A n d r e j S a ch a ro w , Mein Leben (München, Zürich 1991) 869.

6 Dazu demnächst: H e l m u t Altrichter, Rußland 1989. Die Erosion eines Systems, der Zerfall einer Weltmacht, das Ende einer Epoche (München 2006).

7 Izvestija Nr. 308 (22846) vom 3. November 1989, 7.

(10)

H elm ut A ltrich ter XI ler, hatte er im Vorjahr (1988) - im Stil eines großen Historiengemäldes, sechs M e­

ter breit und drei M eter hoch - „100 G enerationen“ russischer Geschichte, das

„ewige R ußland“ auf einem Bild zusammengebracht8. W ährend der M oskauer Kreml (zusammen mit Bildmotiven aus Sankt Petersburg und aus dem übrigen Rußland) den H intergrund bildete, bewegte sich von dort - unter dem Zeichen ei­

nes alles beherrschenden orthodoxen Kreuzes - ein riesiger Prozessionszug auf den Betrachter zu. Die erste Reihe bildeten H eilige, hohe geistliche W ürdenträger und heilig gesprochene H errscher (wie Fürst Vladimir, M etropolit Petr von M os­

kau, Sergij von Radonez, Fürst Dmitrij Donskoj, die M ärtyrer Boris und Gleb, Josif von Volokolamsk, Patriarch Hermogen, Serafim von Sarov und Joann von Kronstadt); ihre Genealogie reichte dam it vom Fürsten (Vladim ir dem H eiligen), der im 10. Jahrhundert das Christentum zur Staatsreligion gemacht hatte, bis zu jenem charismatischen Prediger und W undertäter (Joann), der das Nahen des A n­

tichristen vorausgesagt hatte (und 1908 gestorben war). Die H eiligen hatten die Dichter und Denker F. Dostoevskij, A. Puskin, M. Lermontov, N. G ogol’, M. Lo­

monosov und den (von den Bolschewiki 1918 erschossenen) Thronfolger Aleksej in ihre M itte genommen; mit brennenden Kerzen in der Hand kamen sie unm it­

telbar unter dem Kreuz zu stehen. A uf der rechten Flanke hatte sich dieser Füh­

rungsgruppe Lev Tolstoj angeschlossen, der - wie ein Schild auf seiner Brust be­

sagte - für „G ewaltlosigkeit“ und „Wahrheit“ eintrat. H inter ihnen drängten sich die großen H errschergestalten (Ivan III. und Ivan IV., Peter und Katharina, N iko­

laus I. und Alexander II., Alexander III. und N ikolaus II.); die Feldherrn, Gene­

räle und Adm iräle (von Aleksandr N evskij aus dem 13., Bogdan C hm el’nickij aus dem 17. Jahrhundert und Potemkin aus der K atharinazeit, über Kutuzov, Su­

vorov, Nachimov, Usakov, Aksakov bis zu A dm iral Kornilov, der 1917 einen Putschversuch gegen die Regierung unternommen hatte); die Schriftsteller (F.

Tjucev, I. Turgenev, N. Nekrasov, I. Goncarov, A. Cechov, I. Bunin, A. Blok, S.

Esenin, V. M ajakovskij und M. Gor’kij); die Komponisten (M. Glinka, M. Mu- sorgskij, N. Rimskij-Korsakov, P. C ajkovskij, S. Rachmaninov); die M aler V. Su- rikov, I. Repin, V. Vasnecov, I. Levitan, M. Vrubel); die Philosophen und Freiden­

ker, Sprachwissenschaftler, H istoriker und Naturwissenschaftler (wie I. Ki- reevskij, K. Leont’ev, A. Herzen, V. Belinskij, N . Berdjaev, V. D al’, V. Tatiscev, N.

Karamzin, V. Kljucevskij, S. Solov’ev, D. Mendeleev); ferner Künstler (wie der Re- 8 Gespräch mit dem Künstler 1989 in der Zeitschrift „Ogonek“, hier als „König des Kit­

sches“ apostrophiert, in: Ogonek Nr. 51 vom 16.-23. Dezember 1989, 8 ff.; zu Glazunov, ei­

ner ebenso populären wie umstrittenen Figur des russischen Kulturlebens, vgl. Igor’ Golom- stok, Fenomen Glazunova, in: Sintaksis 4 (Paris 1979) 119 ff.; L e v K o lo d n y j, Ljubov i nena- vist’ Il’i Glazunova. Dokumental’naja chronika (Moskau 1998); Kurzbiographie, Auswahl seiner Bilder und Verzeichnis der Ausstellungen in: Il’ja Glazunov (Moskau 2003); im Herbst 2004 wurde für die Bilder Glazunovs in Moskau ein eigenes Museum eröffnet; umfangreiche Dokumentation und Selbstdarstellung unter: http://www.ilya.glazunov.ru; unter http://

www.rus-sky.org/history/library/glazunov/ Auszüge aus seinem Buch Rossija raspjataja (Das gekreuzigte Rußland), erstmals erschienen Moskau 1996, N eudruck Moskau 2004. Bei russischsprachiger Eingabe (Abfrage Dezember 2004) stößt man im Internet auf über 9000 Hinweise.

(11)

XII H elm ut A ltrich ter H elm u t A ltrich ter XIII

IVja G l a z u n o v: H u n d e r t G e n e r a t i o n e n , 1988.

gisseur Stanislavskij, der Sänger F. Saljapin oder der Ballettim presario S. Diagilev) und viele H underte, Tausende mehr. Sie trugen in ihrem Prozessionszug die gro­

ßen Ikonen mit sich (wie die wundertätigen Ikonen der Gottesmutter von Vladi­

mir und Kazan’, von Georg dem Drachentöter, vom W undertätigen N ikolaus oder die D reifaltigkeit von Andrej Rublev).

Links am Bildrand sah man, wie eine Statue des altslavischen Gottes Perun stürzte, neben ihr eine Personengruppe, die das offenkundig veranlaßt hatte (zu ihr gehörten unter anderen der als Patron Rußlands verehrte Apostel Andreas, die Slawenapostel K irill und Method, die ersten Kiewer Fürsten Oleg, Igor’, O l’ga,

Svjatoslav); den H intergrund bildeten hier die H agia Sofia von Konstantinopel und die Kiewer Sophienkathedrale. Den rechten Bildrand bevölkerte eine Figu­

rengruppe, von der nicht ganz sicher schien, ob sie sich an der Prozession betei­

ligte oder ihre eigene Veranstaltung durchführte. Jedenfalls führten sie ihre eige­

nen Transparente mit: A uf ihnen stand: „Es lebe die W eltrevolution“, „Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit“, „Alle Macht den Räten“. Die Figurengruppe wurde angeführt von einer munteren Trojka, gezogen von drei bunten Pferden, wie man sie in dieser Stilisierung aus der beliebten russischen Lackm alerei (palech) kennt.

Im Schlitten fuhren, begleitet von einem Harmonikaspieler, Stalin - und Trockij,

(12)

XIV H elm ut A ltrich ter

der wie eine Trophäe die Zarenkrone hochhielt. Ihnen folgte der Leichenzug L e­

nins, mit einem Konterfei des Verstorbenen und einem Transparent, das behaup­

tete, daß „seine Sache“ weiter lebe. Und hinter dieser Figurengruppe konnte man eine graue, unzählbare Masse von Repressionsopfern erkennen, unter ihnen die Flungergestalt eines Bauern (wie man sie von einem berühmten Plakat vom A n­

fang der 20er Jahre kannte) sowie Bucharin, Rykov, Kamenev, Zinov’ev, Tucha- cevskij, Cajanov (Opfer der stalinistischen Säuberungen der 30er Jahre). Bei ge­

nauerer Betrachtung konnte man in ihrem Um kreis weitere Bildmotive entziffern:

ein sowjetisches W asserkraftwerk, in dessen roten Fluten sich die von Stalin 1931 gesprengte (und hier auf dem Kopf stehende) Christ-Erlöser-Kathedrale spiegelt;

General Zukov auf einem weißen Pferd, der vor der Kulisse des zerschossenen Berliner Reichstags über die erbeuteten deutschen Standarten und Ehrenzeichen reitet; überragt von der Kolossalstatue der M utter Heimat, die man Ende der 60er Jahre in Erinnerung an den Sieg von Stalingrad nahe der Stadt an der Wolga errich­

tet hatte; dahinter das berühmte M odell jenes Turmes, den Tatlin als Denkmal für die III. Internationale in den 20er Jahren entworfen hatte; das gewaltige Stahl- und Glasgebäude des M oskauer Hotels „Rossija“, das - 1967 fertiggestellt - mit über 3000 Zimmern, vier Restaurants, zwei Kinos und einem Konzertsaal das größte im Lande war; und schließlich eine W eltraumrakete. War der Himmel über dem Kreml blau, so w ar er hier über dem sowjetischen Geschehen rauchschwarz und feuerrot.

Das Bild erregte aus mehreren Gründen Aufsehen: Es rückte in den Vorder­

grund, was lange eher an den Rand gedrängt worden war: kirchliche Sym bole und Repräsentanten, die Vertreter des „alten Regim es“, von Kunst und Kultur; sie be­

stimmten den Inhalt und die Richtung des Geschehens, des „ewigen R ußland“, wie der M aler sein Bild auch nannte; und in der Tat w ar es vor allem die russische Geschichte, die hier patriotisch „verewigt“ wurde. Die sowjetische Periode war, s o die Botschaft des Bildes, nur ein Teil davon, mehr Episode als deren Erfüllung.

Aus dem kollektiven Gedächtnis verdrängte „Unpersonen“ tauchten aus der Ver­

gangenheit auf, saßen wie Trockij mit Stalin in einem Schlitten oder marschierten wie der ermordete Thronfolger an der Spitze des Zuges mit. Das Bild verlieh so­

mit der schleichenden U m wertung der Werte Ausdruck und spiegelte zugleich die neue U nübersichtlichkeit des Geschichtsbildes wieder. Um dem Betrachter und Käufer die O rientierung zu erleichtern, hatten die Kalendermacher ein Schema und eine Namensliste mit abgedruckt, das bei der Identifizierung der abgebildeten Personen helfen sollte.

Daß die damnatio memoriae ihre W irksam keit verlor, dokumentierte - nahezu zeitgleich und scheinbar ganz nebenbei - auch eine große Fotoausstellung, die Ende November 1989 im Ausstellungsraum der Manege eröffnet wurde9. Die Er­

findung der Fotographie 150 Jahre zuvor, die gleichzeitige Entdeckung und Be­

kanntgabe eines Verfahrens in England und Frankreich (1839), wonach mit Silber­

chlorid beschichtetes Papier belichtet wurde und Kochsalz als Fixiermittel diente, 9 Izvestija Nr. 329 (22867) vom 24. November 1989, 3.

(13)

H elm ut A ltrich ter XV lieferte den A nlaß; doch die eigentliche, kleine Sensation waren die vielen bisher nicht in der Öffentlichkeit gesehenen Bilder, die hinter die Kulissen der Macht schauen ließen; die Zarenfamilie im privaten Kreis zeigten; „bürgerliche“ Politiker abbildeten, die man nur dem Namen nach und als „Reaktionäre“ kannte, in ihrer jeweiligen Lebenswelt und ohne gehässige Kommentare; sowjetische Politiker im trauten Beisammensein mit Kollegen, die später als angebliche „Spione“ und

„Agenten“ entlarvt und aus der sowjetischen Geschichte verschwunden waren, vordem aber offenkundig eine wichtige Rolle gespielt hatten.

Wer noch immer daran glaubte, daß die Änderungen im sowjetischen Ge­

schichtsbild ohne unmittelbare Auswirkungen auf die Politik bleiben würden, wurde spätestens Ende des Jahres 1989 eines anderen belehrt. Als der vom Volks­

deputiertenkongreß eingesetzte parlamentarische Untersuchungsausschuß Ende Dezember 1989 die Echtheit der Zusatzprotokolle (aus dem Jahr 1939) bestätigte, sahen sich die baltischen Republiken in ihrer Ansicht bestätigt, nur gezwungener Maßen M itglieder der Sowjetunion zu sein und berechtigt, sie auch wieder zu ver­

lassen. M oldawien und Georgien folgten ihrem Beispiel, wobei sich M oldawien ebenfalls auf die Zusatzprotokolle, Georgien auf die gewaltsame Besetzung durch die Rote Armee im Jahr 1921 bezog. Im Jahr 1990 erklärten sich schließlich alle 15 U nionsrepubliken für „souverän“, was sie nach der Verfassung seit jeher ohnehin waren, nun aber offenkundig auch sein wollten.

IV.

O stm itteleuropa im H erbst 1989. Geschichte als politisches Argum ent zu ver­

wenden, war nicht nur eine „sowjetische“ Erscheinung. Intellektuelle D iskurse in Budapest, Warschau und Prag hatten die Vergangenheit gegen die Gegenwart ins Feld geführt, wenn sie - seit den 7Oer Jahren - auf die Zugehörigkeit ihrer Länder zu „M itteleuropa“ beharrten, „M itteleuropa“ mit „Menschenrechten“ und „Zivil­

gesellschaft“ gleichsetzten; wenn sie offen gegen das „System von Ja lta“ polem i­

sierten, das w ider alle Tradition und historische Vernunft getrennt habe, was über Jahrhunderte ideell und kulturell zusammengehörte; wenn sie in U ngarn lapidar an „1956“, in der Tschechoslowakei an „1968“, in Polen an „1980/81“ erinnerten, um mit dem H inweis auf Akte kollektiven Aufbegehrens und der Repression der Gegenwart die Legitim ität zu bestreiten. Ihre Gegenerinnerungen waren auch integraler Bestandteil jener politischen Auseinandersetzungen, die Ende der 80er Jahre zur Selbstauflösung der sozialistischen Systeme in O stm itteleuropa führten;

sie trafen die kommunistischen Parteien in ihrem Selbstverständnis, entzogen den geltenden Deutungs- und Rechtfertigungsmustern den Boden, erzwangen ein Zu­

gehen auf die O pposition und schließlich den Verzicht auf die M acht10.

In U ngarn w ar im Mai 1988 eine neue Parteiführung gewählt und Jänos Kädär, 10 Zusammenfassend dazu: H e lm u t Altrichter, W alther L. B er neck er, Geschichte Europas im 20. Jahrhundert (Stuttgart 2004) 358 ff. (mit Hinweisen auf weiterführende Literatur).

(14)

XVI H elm ut A ltrich ter

der 1956 mit Hilfe der sowjetischen Besatzungsarmee an die Macht gekommen war, auf den Posten eines Ehrenvorsitzenden abgeschoben worden. Zwar stellte auch der neue Parteivorsitzende klar, daß er keine politische Entwicklung nach den Vorstellungen von 1956 zulassen werde, und ließ die Polizei gegen Gedenk­

veranstaltungen vorgehen, die M itte Juni 1988 an die H inrichtung der Anführer des Volksaufstandes erinnern wollten. Doch die Auseinandersetzung um die hi­

storische, juristische und politische Bewertung der Vorgänge von 1956 ging weiter und zwang die Parteiführung binnen Jahresfrist zur Kapitulation. Im Januar 1989 kam eine H istorikerkom m ission zum Ergebnis, daß es sich 1956 nicht um eine

„Konterrevolution“, sondern einen „Volksaufstand“ gehandelt habe; am 9. Juni 1989 empfahl der Generalstaatsanwalt dem Obersten Gericht Ungarns, den später hingerichteten M inisterpräsidenten Imre N agy und acht seiner politischen Freunde juristisch zu rehabilitieren; am 14. Juni gab die ungarische Regierung eine Ehrenerklärung für die 1956 Regierenden ab, und zwei Tage später, dem 31. Jah ­ restag der H inrichtung, wurden die sterblichen Überreste von Imre N agy und vier seiner engsten M itarbeiter auf dem Budapester Fleldenplatz feierlich aufge­

bahrt; 150000 Menschen nahmen an diesem Trauerakt teil, der von Funk und Fernsehen direkt übertragen wurde. Im September 1989 einigten sich Kommuni­

sten und O pposition auf einen geregelten Übergang zum M ehrparteiensystem, und noch im gleichen Monat nahm das Parlament mit großer M ehrheit eine Ent­

schließung an, die die N iederschlagung des „Prager Frühlings“ von 1968 und die Beteiligung U ngarns an der A ktion verurteilte.

Noch M itte Januar 1989 w ar die Polizei in Prag mit Schlagstöcken und W asser­

werfern gegen die Ansammlung von 500 Demonstranten vorgegangen. Sie wollten auf dem W enzelsplatz Jan Palachs gedenken, der sich 20 Jahre zuvor aus Protest gegen den Einmarsch der W arschauer Paktstaaten und die inneren Zustände seines Landes mit einer brennbaren Flüssigkeit übergossen und angezündet hatte. Die Demonstranten forderten Freiheit, Menschenrechte und die Freilassung säm tli­

cher politischer Häftlinge. Die Polizei nahm 91 Personen fest, darunter den Schriftsteller und Bürgerrechtler Vaclav Havel; er wurde im Februar zu acht M o­

naten H aft unter verschärften Bedingungen verurteilt. Auch im Vorfeld des 21. August (an dem sich der Einmarsch zum 21. M ale jährte) drohte die Staatsfüh­

rung für den Fall von „Provokationen“ hartes Durchgreifen an und versuchte am Tage selbst mit einem massiven Polizeiaufgebot Demonstrationen erst gar nicht aufkommen zu lassen; dieses Vorgehen gegen rund 3000 Demonstranten war um so peinlicher, als inzwischen auch zwei der damals beteiligten Nachbarn (Ungarn und Polen) ihre Teilnahme bedauerten. Doch auch in der Tschechoslowakei nahm der W iderstand nicht ab, sondern zu, und die Auseinandersetzungen zwischen kom m unistischer Partei, Regierung und Opposition steigerten sich im N ovem ­ ber/Dezember 1989 bis zum Generalstreik, der Streichung des Machtmonopols der kom munistischen Partei aus der Verfassung und einer N eubildung der politi­

schen Führung, wobei Vaclav Flavel das Amt des Staatspräsidenten und Alexan­

der Dubcek, Sym bolfigur des „Prager Frühlings“, das Amt des Parlam entspräsi­

denten übernahmen.

(15)

H elm u t A ltrich ter XVII Die Vergangenheit w ar ebenso präsent, wenn sich im Februar 1989 in Polen Vertreter der Regierung und der Opposition an einem „runden Tisch“ zusam ­ mensetzten. Schließlich saßen dem Innenminister und seiner Delegation der Füh­

rer der noch immer verbotenen Gewerkschaft „Solidarität“ (Lech Wal^sa) und seine Berater gegenüber. Man einigte sich bis Anfang A pril 1989 auf die W ieder­

zulassung der „Solidarität“ und eine Reihe von Verfassungsänderungen, die den Machtwechsel einleiteten. Bei den im Juni 1989 durchgeführten Wahlen (für den Sejm und eine neueingeführte zweite Kammer, den Senat) erlitt die Polnische Ver­

einigte A rbeiterpartei eine spektakuläre Niederlage. Sie führte Ende August 1989 zur Wahl T. M azowieckis zum polnischen M inisterpräsidenten, der erste N icht­

kom munist in diesem Am t seit mehr als 40 Jahren: M azowiecki war 1980 Chef­

redakteur einer „Solidaritäts“-W ochenzeitung gewesen, nach Verhängung des Kriegsrechts ein Jahr lang interniert, bevor er 1989 erneut die Leitung des Ge­

werkschaftsblattes übernahm. Bis zum Ende des Jahres w ar die „Volksrepublik“

in „Republik Polen“ umbenannt und der Führungsanspruch der kom m unisti­

schen Partei (der Polnischen Vereinigten A rbeiterpartei) aus der Verfassung ge­

strichen. Im Januar 1990 löste sie sich auf, um sich als „Sozialdemokratische Par­

tei“ neu zu gründen.

W ie in U ngarn, Polen und der Tschechoslowakei stürzte 1989 auch das kom ­ munistische Regim e in Bulgarien, Rumänien und der DDR. O bwohl der Anteil der Geschichte, von Gegenerinnerungen, von konkurrierenden Geschichtsbildern unterschiedlich ausfiel, eine quantite negligable waren sie nirgends. Das konnte bei Regimen, die sich selbst „historisch“, mit dem Verweis auf die „Weltge­

schichte“ legitim ierten und zudem allesamt eine bewegte Geschichte hinter sich hatten, kaum anders sein. Ihre Beseitigung verlangte zudem nach einer histori­

schen N eupositionierung, die der neugewonnenen staatlichen Unabhängigkeit und nationalen Selbstbestimmung Ausdruck und Begründung gab11: in Estland, Lettland und Litauen; in W eißrußland, in der U kraine und in M oldawien; in Po­

len, der Tschechoslowakei und Ungarn; in den Teilen und Nachfolgestaaten des ehemaligen Jugoslaw ien; in Bulgarien und Rumänien; in der ehemaligen DDR;

und in Rußland selbst.

11 Aus der Fülle der Literatur sei hier nur verwiesen auf die beiden Sammelbände: Klio ohne Fesseln? Historiographie im östlichen Europa nach dem Zusammenbruch des Kommunis­

mus, hrsg. von Alojz I v a n i s e v i c , A ndreas Kappeler, Walter Lukan, A r no ld Suppan (Österrei­

chische Osthefte 1-2, Wien 2002); U lf B r u n n b a u e r (Hrsg.), (Re)W riting History. H istorio­

graphy in Southeast Europe after Socialism (Studies on South East Europe 4, Münster 2004);

sowie P e t e r N ied erm ü ller, Zeit, Geschichte, Vergangenheit. Zur kulturellen Logik des N atio­

nalismus im Postsozialismus, in: Historische Anthropologie 5 (1997) Nr. 2; A n th o n y D.

Smith, M yths and Memories of the Nations (Oxford 1999).

(16)

XVIII H elm ut A ltrich ter Y.

Damit ist auch das Problemfeld abgesteckt, das unser wissenschaftliches K ollo­

quium „Geschichte im Transformationsprozeß Ost-, O stm ittel- und Südosteuro­

pas“ - vom 5. bis 8. Juni 2002 im H istorischen Kolleg - näher zu erkunden suchte.

Es fragte nach der Rolle von „Geschichte“ (von konkurrierenden Geschichtsbil­

dern, von Gegenerinnerungen), nach der Verwendung von „Geschichte“ als poli­

tisches Argum ent beim Sturz, Zerfall oder der schleichenden Selbstauflösung der sozialistischen, „volksdem okratischen“ Regime Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre sowie bei den Versuchen einer Stabilisierung der neugewonnenen Staatlich­

keit und U nabhängigkeit in der Zeit danach. Die beim Kolloquium gehaltenen Vorträge wurden für den Druck überarbeitet, einzelne auch völlig neu geschrie­

ben. Dafür habe ich allen Autoren herzlich zu danken.

Dabei beschreibt J o a c h i m H o s ie r noch einmal die „Erosion des sowjetischen Geschichtsbildes“: Wie es mit Beginn der Gorbacevschen Perestroika vor allem die Filmschaffenden, Schriftsteller, Dichter, Journalisten und Vertreter der „Gene­

ration der 60er Jahre“ waren, die mit der „Liquidierung der weißen Flecken“ be­

gannen und sie vorantrieben. Die baltischen Republiken nutzen, wie erwähnt, den neuen Freiraum , um gegen das offizielle Geschichtsbild (es sei eine „Volksrevolu­

tion“ gewesen, die 1940 den Anschluß, die „W iedervereinigung“ mit der Sow jet­

union erzwang) aufzubegehren. Die Durchsetzung der geforderten U nabhängig­

keit und die Chance, die nationale Geschichte neu zu schreiben, konfrontierte, wie K a rs ten B r ü g g e m a n n am Beispiel Estlands zeigt, mit deren vielfältigen alten und neuen Problemen, der Rolle der Deutschbalten, der Zwischenkriegszeit, dem Verhalten im Holocaust, denen man sich nun zu stellen hatte - eine Diskussion, die noch anhält. Wie sensibel die Fragen der Vergangenheit in Lettland blieben, macht Ulrike v o n H ir s ch h a u se n anschaulich am Streit um die Aufstellung von Denkmälern in Riga. Daß die D elegitim ierung der alten sozialistischen „M eister­

erzählungen“ auch im benachbarten Litauen heftige Diskussionen um gestürzte und neu zu errichtende Denkmäler, um nationale Gedenk- und Feiertage, um die Geschichte, die Geschichtsschreibung und die historische Kultur des Landes aus­

lösten, skizziert der Beitrag von A lv y d a s Nikzentaitis.

In W eißrußland waren es vor allem die Reaktorkatastrophe (1986) und die Ent­

deckung des Massengrabes in denW äldern von K uropaty bei M insk (1988), die die Intelligenz aufrüttelten und auf Distanz zum mächtigen Nachbarn im Osten und zum obwaltenden sowjetischen Geschichtsbild gehen ließen, bevor - wie R a in er L in d n er s Bericht darlegt - die neue politische Führung (unter Lukasenka) seit M itte der 90er Jahre ein erneutes Umdenken, die „Wiederannäherung“ erzwang.

Auch in der U kraine gab die Reaktorkatastrophe von C ernobyl’ entscheidende Anstöße; es waren „informelle Gruppen“ und Schriftsteller (vor allem aus der

„Generation der 60er Jahre“), die den Impuls aufnahmen, die Verbindung des

„Ö kozids“ mit dem stalinistischen „G enozid“ herstellten und zum „nationalen D iskurs“ machten; bevor ihm dann die Nationalbewegung „Ruch“, die Berg­

(17)

H elm ut A ltrich ter XIX arbeiterschaft des Donbass und die innerparteiliche Opposition jene Breitenw ir­

kung und politische Stoßkraft gaben, im Zuge dessen die „Konzeptualisierung der Nation in Form von Sym bolen, M ythen und G eschichtsbildern“ - so W ilfried f ü g e - zur „bedeutenden politischen Ressource im System wechsel“ wurde.

Das galt mit Sicherheit auch für Polen; doch hatte dieser Prozeß nicht erst mit der Perestroika begonnen, sich hier auch nie das „marxistisch-leninistische Welt­

bild“ und sein „Kanon des zu Erinnernden“ mit vergleichbarer Verbindlichkeit dekretieren lassen; eine regelrechte „Explosion des Gedächtnisses“ sprengte schon Anfang der 80er Jahre (während der 16 M onate legalisierter „Solidarität“) deren Reste und setzte das oppositionelle Kontroll- und Deutungsmonopol im Bereich des kollektiven Erinnerns durch, w orauf die Entwicklung Ende der 80er Jahre aufbaute; davon berichtet C la u d ia K ra fts Beitrag. Einen vergleichbaren

„Vorlauf“ gab es in der Tschechoslowakei nicht; die Niederschlagung des „Früh­

lings“ von 1968 hatte die Geschichtswissenschaft nachhaltig getroffen und ge­

lähmt; die erneute Wende von 1989 kam unerwartet; welche Verwerfungen sie in der H istorikerschaft nach sich zog, illustrieren die Beobachtungen von Hans L e m b e r g . In U ngarn hatte sich, wie Attila Pök darlegt, die schrittweise fachwis­

senschaftliche N euorientierung schon seit Ende 60er Jahre vollzogen. Was sich Ende der 80er Jahre vor allem änderte, w ar der repräsentative U m gang mit der Geschichte (wie er in Riten und Symbolen, in der Umbenennung von öffentlichen Räumen, der Einführung oder Abschaffung von Feiertagen, der A ufstellung oder Entfernung von Denkmälern zum Ausdruck kam) - und daß nun auch die Vorga­

ben für die Beschäftigung mit Tabuthemen (Trianon, der Rolle Ungarns im Zwei­

ten Weltkrieg, 1956, der Kädär-Ara) fielen.

Wie beim Zerfall Jugoslawiens in den 90er Jahren m itunter ein Mißbrauch der Geschichte durch einen neuen ersetzt wurde, zeigt Iskra I v e l j i c am kroatischen Beispiel: Fixiert auf die kroatische N ation, ihre Schaffung, Festigung und G lorifi­

zierung, zog die Politik alle Register, erst recht nach Beginn des offenen B ürger­

kriegs: So wurde der alte M ythos vom Kroatentum als Bollwerk der christianitas erneut beschworen, die röm isch-katholische Kirche mit dem Kroatentum gleich­

gesetzt; Geschichte in den Dienst genommen, alles Eigene herausgestrichen, alles Fremde (Serbische, Orthodoxe, Jüdische) m arginalisiert. Wie die Beschwörung der Geschichte in jugoslawischen N achfolgekriegen, die Anrufung historischer Feindbilder („Faschisten“, „Ustascha“, „Tschetniks"), die angebliche H istorisie- rung des Konfliktes ein verhängnisvolles Eigenleben entfalteten, nur scheinbar Ordnung in die „neue U nübersichtlichkeit“ brachten, den Blick für gewandelte Realitäten und Interessen verstellten, macht der Beitrag von C arl B e th k e und H o lm S u n d h a u s s en einsichtig.

In Bulgarien hat die Wende eine neue Kontroverse um die Bewertung der M on­

archie und ihrer wichtigsten Vertreter ausgelöst, wobei es offenkundig nicht nur um Korrekturen kom munistischer Klischees ging; sie w ar - wie M arkus Wien dar­

legt - Teil der beschwerlichen Suche nach Identifikationsfiguren in vorkom m u­

nistischer Zeit und nach Lösungen für aktuelle Probleme, in einer wie ehedem gespaltenen, polarisierten Gesellschaft. In Rumänien knüpften die Postkomm uni­

(18)

X X H elm ut A ltrichter

sten an die nationalkomm unistische M eistererzählung an, wie sie in der Zwi- schenkriegszeit vor- und in der Ceausescu-Zeit ausform uliert worden war; die K ritik beschränkte sich auf die kommunistische Politik der Vor-Ceau§escu-Zeit, die als Zeit der Ein- und Ü bergriffe von außen dargestellt werden konnte, ohne am nationalen Kern zu rühren und sich allzu sehr auf die Probleme der Vergan­

genheitsbewältigung einzulassen. Wer dagegen aus dem Kreise der Fachwissen­

schaft „dekonstruktivistisch“ aufbegehrte, setzte sich dem heftigen Vorwurf aus, daß seine „E ntm ythisierung“ der Geschichte „antirumänisch“ sei - wie die Ein­

griffe der Kommunisten in den 40er und 50er Jahren. Von den politischen und in­

stitutioneilen Rahmenbedingungen des rumänischen Geschichtsdiskurses berich­

tet B o g d a n M u r g e s c u .

Noch heftiger um stritten war, w ie die eigene Geschichte künftig gesehen, gelebt und gelehrt werden sollte, in der angrenzenden Republik Moldova (deutsch auch:

M oldau, M oldaw ien), die sich 1991 von der Sowjetunion gelöst hatte. A uf die Frage, w elcher „N ation“ man angehörte, w ie die „N ationalsprache“ hieß, was die Amtssprache sein sollte, was die nationale Geschichte und Identität ausmachte, gab es (zum indest) drei Antworten, je nach dem, ob sich der Gefragte den M oldo- venisten, den Rumänisten oder den Kommunisten zurechnete; Vasile D u m b r a v a skizziert die Eckpunkte der unterschiedlichen Geschichtsbilder. Und noch einmal eine Sache für sich w ollte (und w ill) die „Transnistrische Moldauische R epublik“

(jenseits des Dnjestr) sein, deren russophone Bevölkerung sich Anfang der 90er Jahre von M oldaw ien abgespalten hat. Auf Besitzstandswahrung bedacht und aus einer Protestbewegung der regionalen Eliten gegen die Sezessions- und Romani- sierungstendenzen der M utterrepublik erwachsen, begann der de-facto-Staat seine Existenz mit einer energischen G eschichtspolitik zu unterfüttern, die nach innen und nach außen offenkundig nicht ohne W irkung blieb; S tefa n T roebst be­

schreibt deren Konturen.

Der Frage, was die große Wende für die Auseinandersetzung mit der Vergan­

genheit in den beiden Teilen Deutschlands bedeutete, sucht R a in er Eckert nachzu­

gehen: Er beschreibt Phasen der Forschung und Institutionen der Auseinander­

setzung, Schwerpunkte, Projekte und Defizite in der Beschäftigung mit dem SED-Herrschaftssystem.

Um dem Leser beim Rundgang durch mehr als ein Dutzend ost-, ostmittel- und südosteuropäische Staaten die O rientierung zu erleichtern (und nur deshalb), wurden bei Ortsbezeichnungen - falls vorhanden, gebräuchlich und vorn A utor nicht ausdrücklich anders gewünscht - die im Deutschen üblichen Formen ge­

wählt: Belgrad (statt Beograd), Bukarest (statt Bucure§ti), Kiew (statt K yjiv oder Kiev), M oskau (statt M oskva), Prag (statt Praha), Preßburg (statt Bratislava), War­

schau (statt W arszawa), W ilna (statt Vilnius oder W ilno) usf.; ferner: Breslau (statt W roclaw), Brünn (statt Brno), Jassy (statt Ia§i), Krakau (statt Krakow), Lemberg (statt L’viv oder L’vov), Posen (statt Poznan) usf.; ein O rtsregister führt die an­

derssprachigen Varianten auf. Wo zentrale fremdsprachige Begriffe inzwischen eingedeutscht sind (wie Perestroika statt russ. perestrojka, Glasnost statt russ.

glasnost’), w urde einheitlich die deutsche Form (samt Großschreibung) übernom­

(19)

H elm ut A ltrichter XXI men. Indes wurde darauf verzichtet, auch alle fremdsprachigen Titel der in den F u ß n o ten aufgeführten Belege und Literaturhinweise ins Deutsche zu übersetzen;

dies schien uns nur begrenzt sinnvoll und hätte den Umfang der Anmerkungen über Gebühr aufgebläht.

(20)

m

(21)

Verzeichnis der Tagungsteilnehmer

Prof. Dr. Helm ut Altrichter, Erlangen (Stipendiat des Historischen Kollegs 2001/2002)

Prof. Dr. Peter Bartl, München Dr. Karsten Brüggemann, Hamburg Vasile Dumbrava, Leipzig

Dr. habil. Rainer Eckert, Leipzig Prof. Dr. Horst Glassl, München Dr. U lrike von Hirschhausen, Riga Prof. Dr. Edgar Hösch, München Dr. Joachim Hosier, M arburg Dr. Iskra Iveljic, Zagreb Wilfried Jilge, Kiew

Dr. Claudia Kraft, Warschau

Prof. Dr. Hans Lemberg, Marburg/L.

Dr. Rainer Lindner, Gerlingen

Prof. Dr. Hans Georg Majer, München Prof. Dr. Bogdan M urgescu, Bukarest Prof. Dr. A lvydas N ikzentaitis, W ilna Prof. Dr. A ttila Pok, Budapest Dr. Gerhard Seewann, München Prof. Dr. Holm Sundhaussen, Berlin Prof. Dr. Dietmar W illoweit, W ürzburg

(22)

'

m

(23)

J o a ch im Hosier

Perestroika und H istorie

Z u r E rosion des sow jetischen Geschichtsbildes"'

Die Geschichte der Sowjetunion w ar während der Perestroika das zentrale Feld, auf dem die Debatte um die Zukunft des Landes geführt w urde1. U m die Rolle der H istorikerzunft in diesen Auseinandersetzungen verstehen und erklären zu kön­

nen, ist es zunächst erforderlich, die Geschichte der D isziplin seit 1917 zu skiz­

zieren. Im zweiten Teil wird die Entwicklung des Verhältnisses zwischen der Perestroika M ichail Gorbacevs, des Faches und der Geschichtsdiskussionen the­

matisiert. Der dritte Teil ist der Erosion des sowjetischen Geschichtsbildes im ein­

zelnen und seiner Ablösung durch neue Erkenntnisse und M ythen gewidmet. In der Zusammenfassung werden auch grundlegende Probleme des Geschichtsden­

kens und der historischen Disziplin im heutigen Rußland angeschnitten.

I. V orbedingungen 1 9 1 7 bis 1 9 8 4 2

Nach der O ktoberrevolution 1917 ist die sowjetische Geschichtswissenschaft un­

ter der Leitung M ichail Pokrovskijs (1868-1932) als Legitimationswissenschaft des neuen Staates etabliert worden. In den 20er Jahren dominierte ein quellenori­

entierter und vulgärsoziologischer Zugang zur Geschichte als einer Geschichte von M assenbewegungen. Die Fokussierung großer Persönlichkeiten, der Staats­

entwicklung und Nationalgeschichte waren verpönt. Patriotismus galt als extrem reaktionäre Ideologie. M it der Durchsetzung des Stalinism us3 wurden seit Ende

Für die kritische Durchsicht des M anuskripts danke ich Thomas M. Bohn, M onika Kraus- ser, Stefan Plaggenborg und Larissa Shumeiko.

1 Siehe Nataiija E liseeva, Sovetskoe prosloe: nacalo pereocenki, in: Otecestvennaja istorija (künftig: O l), Heft 2 (2001) 93-105, hier 93.

2 Siehe dazu im einzelnen J o a c h i m Hosier, Die sowjetische Geschichtswissenschaft 1953 bis 1991. Studien zur Methodologie- und Organisationsgeschichte (Marburger Abhandlungen zur Geschichte und Kultur Osteuropas 34, München 1995); J o a c h i m Hosier, Die Russische Revolution in der sowjetischen Historiographie (Geschichte Rußlands und der Sowjetunion.

Kurseinheit 6 der FernUniversität Hagen, Hagen 1999) 18-40. Vgl. auch A lek sa n d er Kan, I pävente av frigjeringa. Sovjetisk historieteori mellom Stalin og Gorbatsjov (Oslo 1988).

3 Unter Stalinismus verstehe ich in Anlehnung an W erner H o f m a n n , Was ist Stalinismus?

(24)

2 Jo achim H osier

1928 noch unter der Ägide Pokrovskijs die bis dahin geduldeten Reste der russi­

schen nationalen H istoriographie zerschlagen, die letzten Anhänger der sozialhi­

storischen M oskauer Schule Vasilij Kljucevskijs (1841-1911)4 aus der Wissen­

schaft gedrängt und schließlich - nach Pokrovskijs Tod 1932 - auch die Po- krovskij-Schule zerstört. Iosif Stalin (1879-1953) persönlich dekretierte das so­

wjetpatriotische Geschichtsbild, welches das vorrevolutionäre imperiale Denken rehabilitierte sowie die Werktätigen und Eliten aller Republiken der UdSSR als

„Patrioten ihres großen Sowjetlandes“ zu vereinen suchte5. Vermittelt wurde die stalinistische Lesart u.a. mit dem „Kurzen Lehrgang der Geschichte der bolsche­

wistischen Partei“, der von 1938 bis 1953 in 301 Auflagen und 67 Sprachen her­

ausgegeben w urde6. In organisatorischer Hinsicht erhielt die Geschichtswissen­

schaft eine zentralistische Struktur, die nach 1953 verfestigt wurde. Das Zentrum bildete die Geschichtsabteilung der Akadem ie der Wissenschaften (AdW ) in M os­

kau bzw. deren Büro, das heißt der erlesene Kreis der M oskauer a k a d em ik i - in der Regel etwa elf Personen, die mit Hilfe ihrer Zuarbeiter die historische D iszi­

plin repräsentierten und kontrollierten (ihrerseits angeleitet von der für W issen­

schaft zuständigen A bteilung beim Zentralkomitee [ZK] der Kommunistischen Partei der Sowjetunion [KPdSU]).

Anfang der 50er Jahre w ar die H istorikerzunft theoretisch verarmt, wissen­

schaftlicher Forschung und Kommunikation entwöhnt sowie international iso­

liert. Die Eigeninitiative von H istorikerinnen und H istorikern, namentlich Anna Pankratovas (1897-1957) und Eduard Burdzalovs (1906-1985), nach Stalins Tod die A rbeit wieder zu professionalisieren, wurde von der Parteiführung unter N i­

kita Chruscev (1894-1971) knapp vier Jahre lang geduldet und schließlich im

(Heilbronn 1984), die „exzessiv machtorientierte Ordnung der Innen- und Außenbeziehun­

gen“ der sowjetischen Gesellschaft im „erklärten Übergang zum Sozialismus“ 1928 bis 1953.

Als spezifisch stalinistisch ist die Verklammerung des sozialen Umbruchs, der gesellschaftli­

chen M obilisierung und des Terrors anzusehen. Vgl. M a n f r e d H ild e r m e ier , Interpretationen des Stalinismus, in: HZ 264 (1997) 655-674; J o a c h i m H o sier, Der „Exzeß der Macht“ - Wer­

ner Hofmanns Stalinismusverständnis und seine Rezeption, in: Werner Hofmann - Gesell­

schaftslehre in praktischer Absicht (Forum Wissenschaft Studien 46, M arburg 1999) 131—

146.

4 Zur W ürdigung dieser Schule siehe T h o m a s M. B oh n , Historische Soziologie im vorrevo­

lutionären Rußland, in: HZ 265 (1997) 343-372; T h om a s M. B o h n , Russische Geschichtswis­

senschaft von 1880 bis 1905. Pavel N. M iljukov und die Moskauer Schule (Beiträge zur Ge­

schichte Osteuropas 25, Köln 1998).

3 Zitat aus dem programmatischen Leitartikel „Sowjetpatriotismus“ in der Pravda, 19.3.

1935, zit. nach E rw in O b e r lä n d e r , Sowjetpatriotismus und Geschichte. Dokumentation (Dokumente zum Studium des Kommunismus 4, Köln 1967) 62-64. Zur Bedeutung des Sowjetpatriotismus für die Denunziation nationaler Ambitionen der Eliten einzelner Repu­

bliken siehe zum Beispiel der Ukraine S e r h y Yekelchyk, Stalinist Patriotism as Imperial Dis­

course: Reconciling the Ukrainian and Russian „Heroic Pasts“, 1939-45, in: Kritika. Explo­

rations in Russian and Eurasian H istory (künftig: Kritika) 3 (2002) 51-80.

6 Umfassend dazu B rig itt e Studer, B e r t h o l d U nfried, Der stalinistische Parteikader. Identi­

tätsstiftende Praktiken und Diskurse in der Sowjetunion der Dreißiger Jahre (Köln u.a.

2001).

(25)

P erestroika und H istorie 3 März 1957 unterbunden7. Bemerkenswert ist die A ktivität von Pankratova und Burdzalov vor allem deshalb, weil die beiden nicht auf eine Aufforderung der KPdSU warteten, sondern von sich aus agierten (wobei sie sich selbstverständlich nach oben absicherten), und weil sie dem Fach nicht eine neue Generallinie zu verordnen versuchten, sondern sich um die W iederherstellung der Bedingungen des wissenschaftlichen Arbeitens bemühten.

Seit Sommer 1960 ergriff die KPdSU-Führung selbst Maßnahmen für den A us­

bau und die Verbesserung von Forschung und Lehre. Dies bot Freiräume für neue Projekte und Debatten, die sich vor allem auf die O ktoberrevolution, die K ollek­

tivierung und die Geschichtstheorie konzentrierten8. Die kom parative Perspek­

tive macht deutlich, daß die sestid esja tn ik i („die aus den 60er Jahren“), wie man die beteiligten Intellektuellen nannte, anders als zur gleichen Zeit die H istoriker­

zünfte in Polen und in der Tschechoslowakei, brisante Themen des 20. Jahrhun­

derts gerade nicht vermieden. Die „Neue Richtung“ der O ktoberrevolutionsfor­

schung, deren Leitgedanke die sozialökonomische H eterogenität (m n o g o u k l a d - n o s t ’) des vorrevolutionären Rußlands w ar und die in der zweiten Hälfte der 60er Jahre kurze Zeit dominant wurde, hinterfragte nicht weniger als den Gründungs­

mythos des Sowjetsystems und mit ihren herausfordernden Thesen über die Spontaneität der Volksmassen auch die Vorstellung von der allzeit führenden Rolle der Bolschewiki im Jahr 1917. Viktor Danilov (1925-2004) und seine M it­

arbeiter erforschten den eigentlich revolutionären sozialökonom ischen Umbruch in Rußland. Das Ergebnis in Form eines 728seitigen Manuskripts über die „Kol­

lektivierung der Landwirtschaft in der UdSSR 1927-1932“ lag im Oktober 1964 vor, konnte aber nach der Entmachtung Chruscevs nicht mehr gedruckt werden.

Im M ethodologiesektor von Michail Gefter (1918-1995) ging es um das Neulesen der sozialistischen Klassiker, die W eiterentwicklung der marxistischen Ge­

schichtstheorie und die Infragestellung des Historischen M aterialism us, wie er unter Stalin kanonisiert worden war. Die s estid esja tn ik i haben in viel direkterer Weise und radikaler als ihre Kollegen in den übrigen sozialistischen Ländern mit ihrer Forschungsarbeit die Grundlagen des Systems hinterfragt. Nachdem in den Jahren 1968 bis 1974 sukzessiv die revisionistischen Forschungen abgebrochen und die D iskussionszirkel aufgelöst worden waren, fiel die Geschichtswissen­

schaft zw ar nicht auf den Stand der 50er Jahre zurück, doch sie konnte ihre Er­

7 A lex ander K a n , Anna Pankratova and .Voprosy istorii“. An innovatory and critical histo­

rical journal of the soviet 1950s, in: Storia della Storiografia 29 (1996) 71-97; L. A. S id o r o v a , Ottepel’ v istoriceskoj nauke. Sovetskaja istoriografija pervogo poslestalinskogo desjatiletija (Moskau 1997); Istorik i vremja. 20-50-e gody XX veka A.M. Pankratova (Moskau 2000);

R o g e r D. M arkwick , Rewriting H istory in Soviet Russia. The Politics of Revisionist H isto­

riography, 1956-1974 (Hampshire 2001) 38-62.

8 Siehe dazu und zu der politischen Bedeutung der .revisionistischen“ H istoriker R o g e r D.

M arkwick , C atalyst of Historiography, Marxism and Dissidence: The Sector of M ethodo­

logy of the Institute of History, Soviet Academy of Sciences, 1964-68, in: Europe-Asia-Stu- dies 46 (1994) 579-596; A lex a n d er K an, Neue theoretische Ansätze der sowjetischen H isto­

riker, in: The Soviet System and Historiography, 1917-1989. Prelim inary Papers for the Montreal Session, hrsg. v. F e r e n c Glatz (Budapest 1995) 70-78; M arkwick , History.

(26)

4 Joachim H osier

kenntnisse nicht mehr produktiv nutzen - mit zwei Ausnahmen: Der Mediävist Aaron Gurevic (Jg. 1923), der Themen der Geschichte Rußlands und Analogien zur Zeitgeschichte stets vermied, gab dem Fach durch die Rezeption der Annales- Schule und seine Forschungen über M entalitäten in West- und Nordeuropa Im­

pulse, die sich auch nach 1985 resp. 1991 als fruchtbar erwiesen haben; die vor allem von Jurij Lotman (1922-1993) und Boris Uspenskij (Jg. 1937) repräsentierte Tartu-M oskau-Schule hat auch in den 70er und 80er Jahren an ihren nichtm arxi­

stischen Konzepten kulturwissenschaftlicher Forschung weitergearbeitet.

Grundlegende Fragen der H istorie thematisierten seit Anfang der 70er Jahre Liedermacher wie Bulat O kudzava, Schriftsteller wie A les’ Adamovic, C ingiz Ajtmatov, Daniil Granin und Evgenji Evtusenko sowie Valentin Rasputin, Vasilij Belov und Sergej Salygin, die die „Dorfprosa“ repräsentieren. Sie öffneten den Blick für das Leid der Bevölkerung im Zweiten W eltkrieg, den Wert der kulturel­

len und geschichtlichen Tradition, einen behutsamen U m gang mit der N atur und anderes mehr. Folgt man Denis Kozlov, dann artikulierten sich hier bereits M o­

mente, die das Geschichtsdenken während und nach der Perestroika prägten: Er­

innerung an das vorrevolutionäre Rußland, Faktenorientierung und Zweifel an offiziellen N arrativen9. Die Geschichtswissenschaft, die stärker als zuvor dem Rhythm us der Parteitage und Jubiläen unterworfen wurde, w ar von Routine und Retardation gekennzeichnet. Neue Forschungsperspektiven waren nicht mehr ge­

fragt. Es ging um die Kanonisierung der „Vaterländischen Geschichte“, d.h. des

„gesetzmäßigen“ historischen Prozesses auf dem Territorium der UdSSR von der

„Bildung des Altrussischen Staates" im 8. Jahrhundert über die „Große Sozialisti­

sche O ktoberrevolution“ und den „Großen Vaterländischen Krieg“ bis zur „ent­

wickelten sozialistischen Gesellschaft“, in der das „Sowjetvolk“ eine „neue histo­

rische Gemeinschaft“ bilde10 und - den Beschlüssen des 25. Parteitages der KPdSU 1977 entsprechend - den „kommunistischen Aufbau“ beginne11. Die Kluft zwischen diesem Kanon einerseits, der Alltagserfahrung und mündlichen Geschichtsüberlieferung andererseits führte während dieser Ara des „organisier- 9 Dies würde bedeuten, daß die unten noch zu thematisierende Idealisierung des zarischen Rußlands nicht zuvorderst auf einen in der Bevölkerung verbreiteten N ationalismus zurück­

zuführen wäre, sondern auf die Suche nach Kompensation des Empfindens einer fehlerhaften Gegenwart. Siehe D en is K o z lo v , The Historical Turn in Late Soviet Culture: Retrospecti- vism, Factography, Doubt, 1953-91, in: Kritika 2 (2001) 577-600.

10 Siehe dazu H ans L e m b e r g , Unvollendete Versuche nationaler Identitätsbildungen im 20. Jahrhundert im östlichen Europa: die „Tschechoslowaken", die „Jugoslawen“, das „So­

wjetvolk“, in: Nationales Bewußtsein und kollektive Identität (Studien zur Entwicklung in der Neuzeit 2, Frankfurt a.M . 1994) 581-607.

11 Ein typisches Standardwerk dieser Zeit ist z.B. die von einem Autorenkollektiv unter der Leitung von D. A. Kovalenko und A. M. Samsonov verfaßte, 1977-1979 auf Russisch und Deutsch erschienene dreiteilige „Geschichte der UdSSR“. Die Bandeinteilung zeugt von der üblichen Präponderanz der Sowjetzeit gegenüber der vorrevolutionären Geschichte Ruß­

lands im Verhältnis von etwa 2:1. Der erste Teil reicht von der U rzeit bis zum Abschluß der Februarrevolution (399 S.), der zweite von der Doppelherrschaft bis zum Vorabend des deut­

schen Überfalls (368 S.), der dritte vom Beginn des Großen Vaterländischen Krieges bis zum allmählichen Übergang zum Kommunismus Ende der 70er Jahre (383 S.).

(27)

P erestroika und H isto rie 5 ten Massenkonsenses“12 zu dem Zwei-Etagen-Denken, das sich in den sprich­

w örtlich bekannten Küchen-Diskussionen artikulierte. Im Privaten begann - an­

satzweise vergemeinschaftet durch Literatur, M usik und Veröffentlichungen im Selbstverlag (s a m iz d a t ) - seit dem Ende der 60er Jahre alternative N arration das offizielle Geschichtsbild zu hinterfragen13.

Als der ehemalige Geheimdienstchef Jurij Andropov (1914-1984) als neuer Ge­

neralsekretär im Jahr 1983 eingestand, daß man die Gesellschaft, in der man lebte, nicht w irklich kenne, und er auch die Geschichtswissenschaft zu neuen Anstren­

gungen aufforderte, reagierten die Verantwortlichen mit der Beratung komplexer, bis in das Jahr 2000 angelegter Forschungsprogramme, die M akulatur blieben. Die zentralistische Struktur des Faches, seine langjährige Instrum entalisierung sowie die Ü beralterung der a k a d em ik i forderten ihren Tribut. Strukturell bedingt m uß­

ten Innovationen von den M oskauer A kadem iem itgliedern ausgehen. Ihr Durch­

schnittsalter lag zu diesem Zeitpunkt bei etwa 76 Jahren. Die meisten von ihnen hatten alle K ataklysm en und Aufbrüche der Sowjetära miterlebt. U nter ihrer Lei­

tung w ar das Fach zur Lethargie verurteilt.

II. P erestroika und G eschich te14

Bis Ende 1986 vertrat M ichail Gorbacev in seiner Eigenschaft als Generalsekretär der KPdSU (1985-1991) den Standpunkt, die Aufarbeitung der Vergangenheit sei bei dem Kurs auf die „Beschleunigung der sozialökonomischen E ntwicklung“

hinderlich. Entsprechend wenig fühlten sich die führenden Vertreter der Ge­

schichtswissenschaft von dem Politikwechsel angesprochen. N ur vereinzelt mahnten H istoriker, es sei Zeit, neue Lehren aus der Geschichte zu ziehen15. So waren es überwiegend Filmemacher und Schriftsteller, die sich den „weißen Flek- ken“ der Geschichtsschreibung widmeten. Nachdem die Reaktorkatastrophe von C ernobyl’ am 26. A pril 1986 „die Gummiwände des Regim es“16 durchschlagen hatte, w urde der 5. Kongreß des Verbandes der Filmschaffenden im M ai zum „Fa­

nal“ 17. Der neugewählte Vorstand unter der Führung des Regisseurs Elem Klimov 12 Viktor Zaslavsky, In geschlossener Gesellschaft. Gleichgewicht und Widerspruch im so­

wjetischen Alltag (Berlin 1982) 8.

13 Zur Erosion der Legitimationsgrundlagen siehe jetzt auch Stefan P l a g g e n b o r g , „Entwik- kelter Sozialismus“ und Supermacht 1964-1985, in: Handbuch der Geschichte Rußlands.

Band 5: 1945-1991. Vom Ende des Zweiten Weltkriegs bis zum Zusammenbruch der Sowjet­

union, hrsg. v. S tefa n P l a g g e n b o r g (Stuttgart 2002) 319-517, hier 501-507.

14 Siehe dazu H osier, Geschichtswissenschaft 206-266.

15 J u r i j Afa n a s ’ev , Prosloe i my, in: Kommunist, Heft 14 (1985) 105-116; A leksandr S a m so ­ n ov, K novym rubezam (Strichi problemy), in: Istorija SSSR, Heft 6 (1986) 61-71.

16 W o lfga n g Fritz F laug, Gorbatschow. Versuch über den Zusammenhang seiner Gedanken (Hamburg 1989) 97. E liseeva, Prosloe 94, hebt neben dem politischen auch den wirtschaftli­

chen Effekt der Katastrophe hervor: Die Verausgabung riesiger Geldsummen für die Ein­

grenzung der Havarie verschlechterte die Wirtschaftslage 1986/87 erheblich.

17 K arla H ielsch er, Der neue Frühling in Literatur und Kunst, in: Gorbatschows Revolution

Referenzen

ÄHNLICHE DOKUMENTE

Zum anderen wäre es möglich, daß ein Teil der Polizisten mit NS-Vergangenheit entweder von den Amerikanern verhaftet und bei ihrem Abzug mitgenommen wurde (für vier Personen

Mit seiner Arbeit konnte Heyne vor allem etwas beweisen, was bis dahin entweder unbekannt war oder mindestens bezweifelt wurde: Daß nämlich auch in Gießen und Umgebung Widerstand

niern und weiche den Portugiesen gehoren sollten, hiefi es namlich u. Prinz Heinrichs Ehrgeiiz hat sich nie weiter erstreckt als auf eine Seefahrt nach

Diese Selbstdeutung wird auch durch seine autobiographische Darstellung der abenteuerlichen Umstände der Evakuie- rung seiner Firma (sowie seines Rechners Z4) aus Berlin im Februar

Daran anschließend ist zu fragen, ob sich die Bevölkerung der Stadt auf diese un- terschiedlichen Wohngebiete nach Klassenkriterien verteilte oder nicht und ob öko- nomisch

rade zu einem hum anistischen W issensaufbau. Die artes-F akultät galt erneut als ancilla theologiae und die U niversität als eine durchaus auch kirchliche

Die wachsende Bedeutung inter- nationaler Institutionen, die wirtschaftliche Globalisierung, die wichti- ger werdende Rolle von Verbänden und gesellschaftlichen Bewegungen, die

Im Namen des Kuratoriums der Stiftung Historisches Kolleg, des Vorstandes des Stifterverbandes für die Deutsche Wissenschaft und im Namen des Vorstandes der