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Marketing & Vertrieb Reden ist gefährlich, Schweigen ist Gold: 30

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Academic year: 2022

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Marketing & Vertrieb Category Management

Reden ist gefährlich, Schweigen ist Gold:

Die Vertikal-GVO von 2010 schafft Unsi- cherheit darüber, welche Informationen zwischen Herstellern und Händlern aus- getauscht werden dürfen, ohne in Konflikt mit dem Kartellamt zu kommen.

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„Darf ich […] überhaupt erzählen, dass ich ein Projekt bei dem und dem Händ- ler habe oder verletze ich schon irgend- welche Vorschriften? Darf ich mich darüber unterhalten, dass die Preise in der […]branche angestiegen sind? Darf ich von einem Fallbeispiel berichten, wo ich mit einem Wettbewerber zusammen ein Projekt durchgeführt habe? Darf ich meine Beurteilungs- oder Emp- fehlungs-Scorecard zeigen, und ist das schlimm, wenn ich einen Preisindex für die einzelnen Produkte abbilde? Darf ich überhaupt Empfehlungen ausspre- chen? Darf ich meine Arbeitsgrundlage […] überhaupt benutzen? Darf ich sie den anderen zeigen oder ist das schon gefährlich, wenn dann da steht ‚einlis- ten, auslisten, nur Region XY‘? Worüber darf ich mich überhaupt noch austau- schen? Und was darf ich überhaupt im Category Management noch machen?“

So klagte ein Category Manager aus der Nahrungs- und Genussmittelin- dustrie über die Auswirkungen der Vertikal-GVO in einem Interview, das der Lehrstuhl für Marketing und Han- del an der Universität Duisburg-Essen mit mehreren Category Managern über die Folgen der neuen Gruppenfreistel- lungsverordnung für Vertriebs- und Liefervereinbarungen führte.

In die Leitlinien dieser Vertikal-GVO sind erstmalig Ausführungen zu Cate- gory Management Agreements aufge- nommen worden (Europäische Kom- mission 2010, Rn. 209 ff.). Die Leitlinien weisen auf verschiedene Risiken für den unbeschränkten Wettbewerb hin, die Category Manager aus der Industrie im Rahmen ihrer Zusammenarbeit mit dem Handel hervorrufen können.

Dabei haben die Category Manager der Industrie und des Handels nachweislich über Jahre hinweg dazu beigetragen, die Effizienz in der Konsumgüterdis- tribution zu steigern und den Verbrau- chernutzen zu erhöhen. Nun sehen sie sich der Aufforderung gegenüber, die Organisation des Category Manage- ments zu verändern.

Es soll an hier nicht darum gehen, die Sinnhaftigkeit der Leitlinien und der insbesondere von Juristen vorgeschlage- nen Maßnahmen für den Umgang mit Category Management zu diskutieren.

Dies wurde bereits an anderer Stelle mit dem Ergebnis getan, dass die Vorgaben rechtlich unbedenkliche Verhaltenswei- sen kriminalisieren (zum Beispiel im Bereich des Datenaustauschs), unnöti- gerweise die Bürokratiekosten erhöhen (beispielsweise durch Dokumentations- pflichten), die Beteiligten durch un-

terschiedliche Empfehlungen verun- sichern und bislang funktionierende vertikale Vertriebssysteme behindern.

Damit verringert die Gruppenfreistel- lungsverordnung die Effizienz in der Wertschöpfungskette. In diesem Beitrag geht es darum, die Auswirkungen der Vertikal-GVO 2010 auf die tägliche Arbeit der Category Manager zu be- leuchten. Sie betreffen, das belegen unsere Beobachtungen in der Praxis und unsere Interviews mit Category Managern, umfassende Änderungen in der inner- und zwischenbetriebli- chen Auf bau- und Ablauforganisation, insbesondere im Umgang mit Daten.

Die Grundidee der Gruppenfreistel- lungsverordnung ist, dass bestimmte Gruppen vom grundsätzlichen Verbot wettbewerbsbeschränkender Verein- barungen und Verhaltensweisen, wie sie in Art. 101 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV) aufgeführt sind, ausgenommen werden. Dies bedeutet für die Marktteil- nehmer, die diesen Gruppen angehören, über mehr Freiheit im Wettbewerb zu verfügen.

Eine solche Gruppe sind Category Ma- nagement Agreements. Die Leitlinien zur Vertikal-GVO meinen damit Ver- einbarungen, „mit denen ein Händler in Verbindung mit einer Vertriebsver- einbarung dem Anbieter als ‚Category Captain‘ die Federführung über das Marketing einer bestimmten Gruppe von Produkten, zu denen im Allgemei- nen nicht nur die Produkte des Anbie- ters, sondern auch die Produkte seiner

Wie kriminell sind

Category Manager?

Autor: Hendrik Schröder

2010 ist eine neue Gruppenfreistellungsverordnung für Vertriebs- und Liefervereinbarungen in Kraft ge- treten. Ihre Interpretation beeinflusst die tägliche Ar- beit der Category Manager erheblich.

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Wettbewerber zählen, überträgt“ (Eu- ropäische Kommission 2010, Rn. 209).

Die Leitlinien nennen drei Fallgruppen, die zu einer Beschränkung des Wett- bewerbs führen können: Der Category Captain schließt andere Anbieter wett- bewerbswidrig vom Markt aus (Rn. 210), das kollusive Verhalten zwischen den Händlern, die mit demselben Category Captain zusammenarbeiten, wird be- günstigt (Rn. 211), und durch den Aus- tausch wichtiger Marktinformationen wird das kollusive Verhalten zwischen Herstellern begünstigt (Rn. 212).

Zwar wird zunächst gesagt, dass Cate- gory Management Agreements „in den meisten Fällen unproblematisch sind“

(Rn. 210). Sie kommen dann in den Genuss, vom Kartellverbot freigestellt zu werden. Man stellt bei weiterer Be- trachtung aber sehr schnell fest, dass die neuen Regelungen der Gruppenfreistel- lungsverordnung den Akteuren nicht mehr Freiraum bieten. Im Gegenteil, sie schränken den Gestaltungsspielraum ein. Denn freigestellt vom Kartellverbot werden der Anbieter und der Abnehmer lediglich dann, wenn jeder auf seinem

Markt nicht mehr als 30 Prozent Markt- anteil hält. Anders ausgedrückt: Für alle anderen Akteure wird der Gestaltungs- spielraum enger, wenn es ihnen nach § 2 GWB und Artikel 101 Abs. 3 AEUV nicht gelingt nachzuweisen, dass die Category Management Agreements „[…] unter angemessener Beteiligung der Ver- braucher an dem entstehenden Gewinn zur Verbesserung der Warenerzeugung oder -verteilung oder zur Förderung des technischen oder wirtschaftlichen Fortschritts beitragen […]“. Industrie und Handel geraten damit in eine bisher nicht gekannte Beweispflicht.

Vor diesem Hintergrund haben Juristen umfangreiche Verhaltensempfehlun- gen formuliert. Sie beziehen sich da- rauf, den Austausch von Informationen zwischen dem Category Management und anderen Abteilungen (insbesondere Key-Account-Management) eines Her- stellers, zwischen einem Hersteller als Category Captain und „seinem“ Händ- ler, zwischen diesem Category Captain und anderen Herstellern sowie zwischen diesem Category Captain und anderen Händlern (hub and spoke) zu beschrän- ken. Als relevante Informationen wer- den genannt: Einkaufspreise, Rabatte, Sonderaktionen, Listungsgelder, Art und Zeitpunkt von Neuprodukteinfüh- rungen anderer Herstellermarken und Informationen über Handelsmarken des Handelspartners, insbesondere Preise.

Die Handlungsempfehlungen betreffen die Restrukturierung der inner- und zwischenbetrieblichen Auf bau- und Ablauforganisation.

• Trennung von Abteilungen in den Industrieunternehmungen (Chinese Walls, Firewalls ...)

• Beschränkung der Category-Management-Beziehung in einer Warengruppe auf einen Hersteller und einen Händler, keine Co-Captaincies

• Dokumentation der gesamten Prozesse, insbesondere der Kommunikation

• Einschränkung der vom Händler zur Verfügung gestellten Daten

• Rückgabe von Daten nach Beendigung der Category-Management-Beziehung

• Entwicklung von Musterverträgen, Category-Management-Vereinbarungen

• Der Category Captain soll nicht das gesamte Regal planen

• Keine Zahlungen des Industriepartners an den Handelspartner, um die Position des Category Captains (Advisor, Consultant) zu erlangen

• Entwicklung von Standardwarengruppen, die Industrie und Handel vorgegeben werden

• Die Empfehlungen der Industriepartner müssen unverbindlich sein

• Der Händler darf sich nicht zur Umsetzung der Planungsergebnisse des Cate- gory Captains verpflichten

• Der Category Captain muss seine Vorschläge auf objektive Kriterien stützen und darf lediglich sachlich richtige Daten verwenden ←

Quellen: Besen/Jorias 2010; Kuschka 2010; Malec/von Bodungen 2010;

Stancke 2009; Wiring 2010

Empfehlungen für Category Manager

Klarstellung gewünscht: Die Praxis wünscht sich klare und aufklärende Worte des Bonner Bundeskartellamts, was in der Zusammenar- beit zwischen Herstellern und Händlern zulässig ist.

Marketing & Vertrieb Category Management

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Die Empfehlungen lassen sich zwei Gruppen zuordnen. Die erste Gruppe fordert Verhaltensweisen, die längst gängige und akzeptierte Umgangs- regeln in der Category-Management- Praxis sind. Dazu zählen die drei letzt- genannten Maßnahmen im Kasten

„Empfehlungen für Cateory Manager“.

Die zweite Gruppe fordert Maßnah- men, die der Sache nicht angemessen, kaum praktikabel oder diskriminierend sind. Maßnahmen sind der Sache nicht angemessen, wenn Scannerdaten bei

der Weitergabe weniger aktuell sein sollen, wenn der Händler dem Cate- gory Captain keine Daten über seine Handelsmarken zur Verfügung stellen soll, wenn der Category Captain nicht das gesamte Regal planen soll. Denn dann werden der Analyse, Planung und Kontrolle von Warengruppen ohne Not relevante Daten entzogen.

Andere Maßnahmen sind kaum prak- tikabel, so etwa, dass beide Seiten den Prozess schriftlich akribisch doku- mentieren sollen, insbesondere, welche

eigenen vertraulichen Informationen an den Category-Management-Partner gegeben werden, und dass alle vertrauli- chen Informationen der Gegenseite nur innerhalb des Category-Management- Prozesses verwendet werden dürfen.

Schließlich diskriminieren Maßnah- men die Akteure, etwa dann, wenn Cate gory-Management-Beziehungen in einer Warengruppe auf einen Hersteller und einen Händler beschränkt werden sollen (keine Co-Captaincies), wenn ein Hersteller nur für eine begrenzte Anzahl an Händlern als Category Captain tätig werden soll und wenn „Clean Teams“

eingerichtet werden sollen, das heißt speziell für die Erbringung der Category- Management-Dienstleistung abgestellte Mitarbeiter, die nicht in das operative Geschäft des Herstellers eingebunden sind. Solche Maßnahmen sind ein Ein- griff in die Freiheit des Händlers, seine Kooperationspartner zu wählen, und sie benachteiligen jene Hersteller, die nicht über ausreichend Kapazitäten verfügen, um selbstständige, von anderen Orga- nisationseinheiten getrennte Category- Management-Abteilungen zu bilden.

Vor dem Hintergrund des Gespenstes der Rechtsunsicherheit und der Drohku- lisse hoher Strafen empfehlen Juristen für das künftige Handeln „Rückzugs- gebiete“, die weit von den „Einschlägen“

der Subsumtion und den Rechtsfolgen entfernt sind. Damit schränken sie den Handlungsspielraum der Category Manager über das Notwendige hinaus ein. Solche Empfehlungen müssen ihre Wurzeln in dem fehlenden ökonomi- schen Sachverstand haben, was Category Management anbelangt, und in einem Sicherheitsverständnis, das sich durch das tatsächliche Verhalten, so wie es über mehr als eineinhalb Jahrzehnte in der Category-Management-Praxis zu beobachten ist, nicht rechtfertigen lässt.

Die beobachtbaren und uns in Gesprä- chen mitgeteilten Änderungen betref- fen die inner- und zwischenbetriebliche Auf bau- und Ablauforganisation sowie den Umgang mit Daten. Die Kooperati- on in der Industrie nimmt bei Projekten und Prozessen ab. Ein Beispiel ist die im März 2010 aufgegebene OTC-Allianz der Firmen Merz und Queisser.

In Vertragswerken werden minutiös Regelungen für die Category-Manage- Original-Statements von Category Managern aus der Nahrungs- und Genuss-

mittelindustrie, die nicht in der Rolle des Category Captains sind:

„Handelspartner, die sehr stark im Bereich Category Management involviert sind, […] haben […] Category-Management-Verträge, in denen ganz genau fixiert ist, was zu machen ist, wer was mit den Daten machen darf, an wen die Daten weiter- gegeben werden dürfen, wie die Kommunikation zwischen Category Captain und Händler sein darf, worüber man reden darf, […] nämlich keine Kommunikation zwischen Category Captain und Mitbewerber. Das ist alles festgezurrt, das haben wir seit eineinhalb Jahren vertraglich fixiert.“

„Was wir auch feststellen, ist, dass es Handelsunternehmen gibt, die ihre PoS- Daten, die sie uns zur Verfügung stellen, darauf auch schon abgestimmt haben.

Man kann einfach sagen, […] den Category Partner, den Category Captain nicht in die Situation zu bringen, dass er aus den Daten einen Wettbewerbsvorteil ziehen könnte. Das heißt, Umsatzdaten, Preisinformationen werden nicht mehr oder nur noch zeitversetzt, und zwar so zeitversetzt zur Verfügung gestellt, dass man tatsächlich in die Zukunft gerichtet nun gar nichts mehr damit anfangen kann. Es hat auch Fälle gegeben, in denen Category-Management-Projekte be- endet wurden […], weil man nicht wusste, wie man mit dem Thema umgeht, und einfach, um keinen Fehler zu machen.“

„Wir geben keine Regalspiegel mehr an den Handel ab, denn der Handel hat frü- her traditionell nach Preisspiegeln gefragt. Zum Jahresgespräch war das das nor- male Prozedere. Aber jetzt muss ich auch vorsichtig sein, mit Kenntnis dessen, wie es draußen ist. Ich habe manchmal den Eindruck, es herrscht zurzeit – auch bei mir – viel Unsicherheit über den Inhalt und was erlaubt oder was nicht erlaubt ist. Und zurzeit neigen alle dazu, eher einen Schritt zurückzutreten und vorsichtig zu agieren und weniger Informationen herauszugeben, als vielleicht nötig wäre, um auf keinen Fall irgendwo in einen Konflikt zu kommen.“

„Wir haben Handelspartner, die uns immer locker Signale gegeben haben, wir würden uns über eine Zusammenarbeit freuen. Jetzt sagen sie aber explizit, dass sie weder mit uns noch mit anderen Herstellern zusammenarbeiten, weil sie sich nicht trauen.“

„Früher haben Sie vielleicht nach Abschluss des Monats, des Vormonats die Da- ten innerhalb von zehn Tagen bekommen. Und jetzt kann es teilweise sein, dass Sie die Daten mit einer Verzögerung von sechs Wochen bekommen.“ ←

Erfahrungen aus der Praxis

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Marketing & Vertrieb Category Management

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autor

Prof. Dr. Hendrik Schröder ist Inhaber des Lehr- stuhls für Lehrstuhl für Marketing und Handel an der Universität Duisburg-Essen.

Kontakt: Hendrik.Schroeder@uni-due.de Literatur

Besen, M./Jorias, R. (2010): Kartellrechtliche Grenzen des Category Managements unter Berücksichtigung der neuen EU-Leitlinien für vertikale Beschränkungen, in: Betriebs-Berater, 19, S. 1099–1103.

Ebsen, M. (2003): Die OTC-Allianz: Kooperation zweier Wettbewerber in Sachen Category Manage- ment – Chance oder Risiko für den Handelspart- ner?, in: Schröder, H. (Hrsg.): Category Manage- ment – Aus der Praxis für die Praxis, Frankfurt/

Main, S. 111–126.

Europäische Kommission (2010): Mitteilung der Kommission, Leitlinien für vertikale Beschrän- kungen, SEK (2010) 411 endgültig, Brüssel, den 10.5.2010.

Kuschka, M. (2010): Kartellrecht und Kooperation:

Category Management – Worüber darf heute noch gesprochen werden?, Vortrag 22./23.9., 11. ECR- Tag, Hamburg.

Malec, A./von Bodungen, T. (2010): Die neue Vertikal-GVO und ihre Auswirkungen auf die Gestaltung von Liefer- und Vertriebsverträgen, in:

Betriebs-Berater, 40, S. 2383–2389.

Schröder, H. (2003): Category Management – eine Standortbestimmung, in: Schröder, H. (Hrsg.), Ca- tegory Management – Aus der Praxis für die Praxis, Frankfurt/Main, S. 11–38.

Schröder, H. (2011): Kritische Würdigung der kartellrechtlichen Regulierung vertikaler Koope- rationskonzepte in Industrie und Handel – Unter besonderer Berücksichtigung des Category Managements, in: Ahlert, D.; Kenning, P.; Ol- brich, R.; Schröder, H.: Vielfalt durch Gestaltungs- freiheit im Wettbewerb, München, S. 237–294.

Schröder, H. (2012): Category Management in der Gruppenfreistellungsverordnung 2010 – eine Gefahr für die kooperative Markenführung, in: Ahlert, D.; Olbrich, R.; Kenning, P.; Schrö- der, H. (Hrsg.): Vertikale Preis- und Markenpflege im Kreuzfeuer des Kartellrechts, Forum Vertriebs- und Handelsmanagement, Wiesbaden, S. 129–154.

Stancke, F. (2009): Marktinformation, Benchmar- king und Statistiken – Neue Anforderungen an Kartellrechts-Compliance, in: Betriebs-Berater, 18, S. 912–917.

Wiring, R. (2010): Sortimentsplanung im Super- marktregal: Welchen Spielraum lässt das Kartell- recht?, in: GRUR-Prax, 15, S. 332–335.

ment-Kooperation zwischen einem Hersteller und einem Händler festge- halten. Hier einige Beispiele aus dem Vertragswerk eines Händlers, die wir kurz kommentieren.

„Die Erbringung der Leistungen sowie die Erfüllung anderer Verpflichtungen gemäß diesem Vertrag durch [Name Hersteller] erfolgen ohne Gegenleis- tung, Bezahlung oder Ersatz von Auf- wendungen.“ Damit verlagern sich die Kosten einseitig auf den Hersteller. Aus kartellrechtlicher Sicht gibt es keinen Grund, dass sich der Händler nicht an den Kosten beteiligt, die dem Hersteller (Category Captain) bei der Erstellung seiner Leistungen entstehen.

Ein weiterer Punkt betrifft die Ak- tualität der Daten: „[Name Händler]

stellt [Name Hersteller] die für die Erbringung der vereinbarten Leis- tungen erforderlichen Informationen zur Verfügung. Beginnend mit dem Anfangsdatum stellt [Name Händler]

mit einer Verzögerung von vier Wochen auf Wochenbasis aggregiert […] aufge- führten Informationen zur Verfügung.“

Erstens gibt es keinen sachlich gerecht-

fertigten Grund, die Daten verzögert weiterzugeben. Zweitens ist der festge- legte Verzögerungszeitraum willkürlich und sachlich nicht nachvollziehbar.

Drittens sind keine Vorstellungen der Kartellbehörden bekannt, die eine sol- che Regelung fordern.

Aus dem Punkt „Vertraulichkeit“ grei- fen wir folgenden Aspekt heraus: „Der Zugang zu den Daten und dem Ar- beitsprodukt ist auf die Mitarbeiter von [Name Hersteller] zu beschränken, deren Zugang zum Zwecke der Er- bringung der Leistungen erforderlich ist. Mitarbeitern mit Zuständigkeit für den Verkauf von [Name Herstel- ler] Produkten ist kein Zugang zu ge- währen. Ebenso ist Mitarbeitern, die Category-Management-Leistungen an andere Kunden von [Name Hersteller]

erbringen, kein Zugang zu gewäh- ren.“ Diese Vertragspf licht dürften lediglich solche Hersteller erfüllen

können, die über genügend Personal im Category Management verfügen, um verschiedene Handelskunden mit verschiedenen Category Managern zu betreuen, und deren Auf bauorgani- sation so strukturiert ist, dass sie klar abgegrenzte Abteilungen haben (hier Category Management, dort Verkauf).

Anders ausgedrückt: Herstellern, die diese Voraussetzungen nicht erfüllen können, wird der Zugang zum Category Management mit Händlern verwehrt.

Die Interpretation der Vertikal-GVO 2010 schränkt deutlich den bisher genutzten Freiraum der Category Manager ein:

► Es gibt weniger Category-Manage- ment-Projekte zwischen Herstellern und Händlern.

► Category-Management-Projekte wer- den aufgeschoben oder abgesagt.

► Die Kommunikationswege in Her- stellerunternehmungen, zum Beispiel zwischen Category Management und Sales Management oder Key-Account- Management, werden getrennt.

► Es gibt Verpflichtungserklärungen, bestimmte Dinge zu tun oder zu un- terlassen.

► Das Thema Preis wird tabuisiert, oh- ne zwischen erforderlichen und nicht erforderlichen Tabus zu differenzieren.

► Bestimmte Daten werden überhaupt nicht mehr weitergegeben.

► Andere Daten werden verzögert wei- tergegeben, innerhalb und zwischen Firmen, und es werden willkürliche Zeitpunkte definiert, ab denen Daten weitergegeben werden dürfen.

Eine hohe Verunsicherung und eine Neigung, auf Category-Management- Aktivitäten zu verzichten oder den bishe- rigen Umfang zu reduzieren, kann man bei vielen Category Managern feststel- len. Gefordert sind nun die Firmenju- risten und die Unternehmensführung, sich mit den tatsächlich erforderlichen Maßnahmen im Umgang mit der Ver- tikal-GVO 2010 zu befassen. Hilfreich wären auch klare und aufklärende Worte des Bundeskartellamtes. ←

»Die Kooperation nimmt bei

Projekten und Prozessen ab«

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