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Epidemiologie und Therapie bakterieller Infektionen in der Geriatrie

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Academic year: 2022

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S. Albert V. Scha¨fer V. Brade

Epidemiologie und Therapie

bakterieller Infektionen in der Geriatrie

ZGG979

Akzeptiert: 4. September 2000

Dr. med. S. Albert (

) · V. Scha¨fer V. Brade

Institut fu¨r Medizinische Mikrobiologie Klinikum der

Johann-Wolfgang-Goethe-Universita¨t Paul-Ehrlich-Str. 40

D-60596 Frankfurt/M.

Epidemiology and antibiotic therapy for common infections in the elderly

Zusammenfassung Da der Anteil a¨lterer Personen in unserer Bevo¨lke- rung stetig zunimmt, wa¨chst das In- teresse an therapeutischen Proble- men in der Geriatrie. Die Abnahme der ko¨rpereigenen Abwehr und die ha¨ufig zugrundeliegende Multimor- bidita¨t machen den a¨lteren Menschen grundsa¨tzlich anfa¨lliger fu¨r Infektio- nen. Da immer mehr a¨ltere Menschen in Krankenha¨usern behandelt wer- den, steigt auch das Risiko der Aquirierung nosokomialer Infektio- nen mit multiresistenten Keimen in dieser Patientenpopulation. Der vor-

liegende Bericht befasst sich mit der Epidemiologie und Therapie von ha¨ufig vorkommenden Infektionen im Alter, namentlich respiratorische Infektionen, Harnwegsinfektionen und Haut- und Weichteilinfektionen.

Bei der empirischen Initialtherapie ist in der Regel ein breiteres Keimspek- trum und die Schwere der Erkran- kung zu beru¨cksichtigen. Weiterhin mu¨ssen bei der Wahl eines geeigne- ten Antibiotikums die Applikations- art, Pharmakokinetik, Pharmakody- namik, Toxizita¨t, Arzneimittelinter- aktionen, die Compliance sowie die zugrundeliegenden Begleit-

erkrankungen (z. B. Niereninsuffi- zienz) mitberu¨cksichtigt werden.

Schlu¨ sselwo¨rter Epidemiologie – Resistenz – Bakterielle Infektionen – Geriatrie –

Kalkulierte Antibiotikatherapie Summary As the elderly segment of our population expands, there is an increase of therapeutic problems considering this age group. The el- derly patient is generally susceptible to infections because of the decline in host defense mechanisms that oc- curs with aging, and the underlying chronic diseases of these patients.

Increasing numbers of elderly peo- ple are being treated in hospitals and are additionally at particular risk of acquiring nosocomial infec- tions with antibiotic-resistant organ- isms. This article focuses on the epi- demiological considerations, risk factors, types of infections that oc- cur in elderly patients, and the guidelines for empiric therapy. The most common infections of the el- derly are respiratory tract infection, urinary tract infection, and skin and soft tissue infection. Empirical ther- apy should be broader in spectrum for elderly patients since the variety of infecting bacteria tends to be greater and the choice of antimicro- bial therapy must be based on risk stratification (age, medical illnesses, and severity of presentation). Many additional aspects, e.g., route of ad- ministration, drug pharmacokinetics and pharmacodynamics, drug toxici- ty and drug-drug interactions, com- pliance, and multiple underlying dis- eases (e.g., renal failure) must be considered in the rational selection of antibiotic regimen.

Key words Epidemiolgy – resistance – infection – elderly – empiric antimicrobial therapy

(2)

In der BRD waren Ende 1998 15,9% der Bevo¨lkerung 65 Jahre und a¨lter, und die Zahl der >80-Ja¨hrigen nimmt sta¨ndig zu (3). Durch die allma¨hliche Überalte- rung der Bevo¨lkerung wa¨chst das Interesse an therapeu- tischen Problemen in der Geriatrie.

Die Abnahme der ko¨rpereigenen Abwehr macht den a¨lteren Menschen grundsa¨tzlich anfa¨lliger fu¨r Infektio- nen. So nimmt die Anzahl antibiotikabedu¨rftiger Infek- tionen ab einem Alter von 65 Jahren erheblich zu. Vor allem Patienten mit Vorerkrankungen der Atmungs- oder Harnorgane bzw. mit schweren Grunderkrankun- gen oder Stoffwechselsto¨rungen zeigen eine erho¨hte Disposition fu¨r das Auftreten von bakteriellen Infektio- nen.

Allgemeine Resistenzlage

Die Resistenzlage von pathogenen Bakterien in der BRD, Schweiz und Österreich wird seit 1975 von der Arbeitsgemeinschaft „Resistenz“ der Paul-Ehrlich-Ge- sellschaft (PEG) in Form von langfristigen kooperativen Studien untersucht (8, 9, 11). Von 1975–1984 bestand bei fast allen untersuchten Bakteriengruppen eine unver- a¨nderte Resistenzlage. Deshalb wurde Mitte der 80er Jahre festgestellt, dass „trotz lokaler Resistenzepidemien die großen Resistenzprobleme in Mitteleuropa u¨berwun- den wurden“ (12). Nach 1984 kam es jedoch trotz Ein- fu¨hrung weiterer neuer Substanzklassen wie z. B. der Carbapeneme und Fluorochinolone bei vielen Bakterien- arten zu einem Anstieg der Resistenzha¨ufigkeit. Z.B.

zeigte sich bei E. coli eine deutliche Resistenzzunahme gegenu¨ber Ampicillin, Cotrimoxazol, Gentamycin und Fluorochinolonen. Bei P. aeruginosa fand sich 1995 ei- ne deutliche Zunahme der Resistenz gegenu¨ber Imipe- nem und Fluorochinolonen bis auf 12,7 bzw. 11,9%

(8, 11), wobei die Imipenem-Resistenz 1998 wieder um ein paar Prozentpunkte bei P. aeruginosa abgenommen hat (9). Der Anteil von Methicillin-resistenten Staphylo- coccus aureus-Isolaten (MRSA) unter allen isolierten S.

aureus-Sta¨mmen hat nach 1990 von 1,7 bis auf 12,9%

(1995) bzw. 15,2% (1998) stark zugenommen (8, 9).

Bei den Enterococcus faecium-Sta¨mmen waren 1995 3,8% Vancomycin bzw. Teicoplanin resistent, was sich 1998 nicht wesentlich gea¨ndert hat (9). Eine weitere Studie in europa¨ischen Krankenha¨usern zeigte, dass 23% der Klebsiellen resistent waren gegenu¨ber Cepha- losporinen der III. Generation (sog. ESBL= Extended spectrumb-Lactamase-Klebsiellen) (13).

Gru¨nde fu¨r Resistenzentwicklungen

Im Allgemeinen geht ein steigender Verbrauch von An- tibiotika mit einer Zunahme der Resistenz einher, da hierdurch ein ho¨herer Selektionsdruck auf die Erreger

ausgeu¨bt wird. Es ist fraglich, ob im Einzelfall die An- wendung von Antibiotika immer notwendig ist. Sowohl zu kurze als auch zu lange Behandlungsdauer sowie zu niedrige Dosierung ko¨nnen sich ungu¨nstig auf die thera- peutische Situation auswirken, da hierdurch die Selekti- on wenig empfindlicher Bakterien aus einer Erregerpo- pulation gefo¨rdert wird.

Ein wichtiges Zentrum der Resistenzentwicklung sind Krankenha¨user, wo Bakteriensta¨mme, die an dieses Milieu adaptiert sind, mit einem vielfa¨ltigen Selektions- druck und einem infektionsempfa¨nglichen Patientengut zusammentreffen (24). Es muss damit gerechnet wer- den, dass aufgrund des stark wachsenden Anteils a¨lterer und immungeschwa¨chter Menschen einerseits und des medizinischen Fortschrittes andererseits, die Zahl von Patienten mit behandlungsbedu¨rftigen Infektionen ku¨nf- tig noch ansteigen wird, was einen zunehmenden Anti- biotikaverbrauch zur Folge haben wird (11, 24). Vor al- lem die strikte Einhaltung von Hygienemaßnahmen und der sorgfa¨ltige Umgang mit verfu¨gbaren Antibiotika sind die wichtigsten Voraussetzungen fu¨r die Einda¨m- mung von Kleinepidemien mit hochresistenten Erregern im Krankenhausmilieu.

Nosokomiale Infektionen

Nosokomiale Infektionen steigern Morbidita¨t und Mor- talita¨t, verla¨ngern die Dauer des Krankenhausaufenthal- tes und stellen somit medizinisch u. o¨konomisch eine große Herausforderung dar. Im Bereich der Intensivme- dizin sind nosokomiale Infektionen besonders ha¨ufig anzutreffen, wobei mit Problemkeimen wie z. B. Koagu- lase-negativen Staphylokokken, MRSA, Pseudomonas spp., Acinetobacter spp., Stenotrophomonas maltophilia, und ESBL-Klebsiellen zu rechnen ist.

In einer großen europa¨ischen Studie, der EPIC-Stu- die (European Prevalence of Infection in Intensive Care Study, 21) wurde die Pra¨valenz von Infektionen bei In- tensivpatienten in 17 westeuropa¨ischen La¨ndern erfasst.

Tab. 1 Ha¨ufigkeit und Verteilungsmuster von Nosokomialinfektionen bei 2064 Intensiv-Patienten (auf der Intensivstation erworben) mit ei- ner oder mehreren Infektions-Episoden (nach 21, EPIC-Studie)

Infektionstyp Anzahl %

Pneumonie 967 46,9

Unterer Respirationstrakt (o. Pneumonie) 368 17,8

Harnwegsinfektionen 363 17,6

Sepsis (laborbesta¨tigt) 247 12,0

Wundinfektionen 142 6,9

HNO 106 5,1

Haut- und Weichteile 100 4,8

Gastrointestinaltrakt 92 4,5

Kardiovaskula¨r 59 2,9

Sepsis (klinisch) 41 2,0

(3)

Von 10 038 Patienten auf 1417 Intensivstationen hatten 4501 (44,8%) eine Infektion. Diese Infektionen waren u¨berwiegend (d. h. zu 67,6%) nosokomial bedingt.

Pneumonien und Infektionen der unteren Atemwege waren die am ha¨ufigsten diagnostizierten Infektionen (s. Tab. 1, (21)). Besonders ha¨ufig wurden nosokomiale Infektionen bei a¨lteren und multimorbiden Patienten so- wie bei chronischen Erkrankungen (Tumor, Diabetes mellitus, Immunsupprimierte) beobachtet. Folgende Ri- sikofaktoren fu¨r das Auftreten einer nosokomialen In- fektion auf der Intensivstation wurden ermittelt: Alter, Aufenthalt auf ICU >48 h, Gebrauch von Antibiotika, ku¨nstliche Beatmung, liegende Zentralvenenkatheter, Pulmonalarterienkatheter, Urinkatheter, Anwendung von Glucokorticoiden, Stressulcusprophylaxe und schlechter Erna¨hrungszustand.

Grundsa¨tzlich muss man davon ausgehen, dass – abge- sehen von einem unterschiedlichen Patientengut und un- terschiedlichen Behandlungsverfahren – auch das Keim- spektrum und die Resistenzsituation in jedem Kranken- haus verschieden sein kann. Deshalb ist es erstrebens- wert, dass jedes Krankenhaus eine abteilungsspezifische Erreger- und Resistenzstatistik fu¨hrt, um rechtzeitig das Auftreten und die Verbreitung multiresistenter Erreger zu erkennen.

Therapie und Diagnostik håufig vorkommender bakterieller Infektionen in der Geriatrie

Ha¨ufig vorkommende Infektionen bei a¨lteren Menschen sind Pneumonie, Bronchitis, Harnwegsinfektionen, Haut- und Weichteilinfektionen (16, 21); bei nosoko- mialen Infektionen spielen zusa¨tzlich Bakteria¨mien bzw.

Sepsis sowie die durch Clostridium difficile verursachte Pseudomembrano¨se Colitis eine entscheidende Rolle (19). Der sofortige Beginn einer kalkulierten Therapie ist vor allem bei alten Menschen entscheidend.

Bezu¨glich der mikrobiologisch-infektiologischen Di- agnostik sollten folgende Grundsa¨tze gelten:

1. Bei der u¨berwiegenden Anzahl der ambulant thera- pierbaren Infektionen (insbesondere bei Atemwegs- erkrankungen) ist eine mikrobiologische Diagnostik nicht unbedingt indiziert (Ausnahmen: Immundefek- te, Vd. a. Tuberkulose etc.).

2. Je schwerer und komplexer das Krankheitsbild um so notwendiger ist die fru¨hzeitige (d. h. mo¨glichst vor Beginn der kalkulierten Therapie) Durchfu¨hrung der mikrobiologischen Diagnostik. Voraussetzung ist allerdings ein gut funktionierendes Labor in der un- mittelbaren Na¨he (Transportzeitminimierung) und ein Laborbetrieb an 7 Tagen der Woche sowie die Mo¨g- lichkeit zu Konsiliarta¨tigkeiten durch den Mikrobio- logen.

Wurde bereits mit einer antimikrobiellen Therapie be- gonnen, ohne dass vorher eine Probenentnahme erfolg- te, sollte die Materialgewinnung trotzdem nachgeholt werden, wenn es sich um ein schweres Krankheitsbild handelt. Bei Erregernachweis kann ggf. die initiale kal- kulierte Therapie korrigiert oder erweitert werden. Eine ungezielte, d. h. nicht erregerbezogene Antibiotika-The- rapie z. B. bei Beatmeten erho¨ht die Letalita¨t um etwa 20% (17). Entschließt man sich fu¨r eine mikrobiologi- sche Untersuchung, so sind die richtige und gezielte Probenentnahme sowie der schnelle Transport entschei- dende Voraussetzungen fu¨r die korrekte mikrobiologi- sche Diagnostik.

Im Folgenden sollen die am ha¨ufigsten auftretenden Infektionen des a¨lteren Menschen, namentlich Atem- wegsinfektionen, Harnwegsinfektionen und Haut- und Weichteilinfektionen einzeln aufgefu¨hrt und das Erreger- spektrum sowie die nach der Probenentnahme einsetz- bare kalkulierte Initialtherapie besprochen werden.

Atemwegsinfektionen (AWI)

Im Alter nehmen chronische AWI wie z. B. chronische Bronchitis und obstruktive Lungenerkrankungen („COLD“= Chronic obstructive lung disease) zu. Der Ab-

Tab. 2 Akute Exacerbation der chronischen Bronchitis (AECB) in 4 Schweregrade (mod. nach Lode, 22)

Schweregrad Charakterisierung

I Kurze Anamnese <1 Jahr

<3 Exacerbationen/Jahr

Ohne oder leichte Obstruktion

Ansonsten normale Lungenfunktionsparameter

Keine Komorbidita¨t

Ambulante Behandlung II La¨ngere Anamnese >1 Jahr

<3 Exacerbationen/Jahr

Leichte bis mittelschwere Obstruktion

Emphysem

Komorbidita¨t

Ambulante Behandlung mo¨glich III

Chronisch deformierende Bronchitis

Lange Anamnese >3 Jahre

Ha¨ufige Krankenhausaufenthalte

>3 Exacerbationen/Jahr

Schwere Obstruktion

Mittleres bis schweres Emphysem

Komorbidita¨t

Stationa¨re Behandlung erforderlich

IV Lange Anamnese

Bronchiektasen Ha¨ufige Krankenhausaufenthalte

>3 Exacerbationen/Jahr

Obstruktion verschiedenen Ausmaßes

Restriktion mo¨glich

Emphysem mo¨glich

Komorbidita¨t

Stationa¨re Behandlung erforderlich

(4)

fluss des sta¨ndig gebildeten Bronchialschleimes wird durch eine COLD behindert, sodass der aufgestaute Schleim in den z. T. nicht belu¨fteten Bronchialbezirken einen idealen Na¨hrboden fu¨r Bakterien darstellt, von wel- chem dann rezidivierende Infektionen ausgelo¨st werden.

Akute Bronchitis

Die akute Bronchitis im Alter stellt ein ha¨ufiges Ereig- nis in der Praxis vor allem im Fru¨hjahr und Herbst dar.

Meistens handelt es sich um Virusinfekte; je a¨lter der Patient, desto ha¨ufiger schließen sich jedoch bakterielle Sekunda¨rinfektionen an. Bei den Erregern handelt es sich am ha¨ufigsten um Pneumokokken und andere grampositive Kokken, Haemophilus influenzae, Mora- xella catarrhalis und Enterobakterien. Die Therapie kann in der Regel ambulant mit einer der folgenden Substan- zen erfolgen:

1. Oralcephalosporine mit erweitertem Spektrum (z. B.

Cefpodoxim-Proxetil, Loracarbef, Cefuroxim-Axetil) 2. Makrolide (z. B. Erythromycin, Roxithromycin, Cla-

rithromycin, Azithromycin)

3. Fluorochinolone Gruppe 3 (z. B. Levofloxacin) oder 4 (z. B. Moxifloxacin).

Makrolide und Fluorochinolone sollten nur bei Versagen der Prima¨rtherapie mit Oralcephalosporinen angewendet werden, z. B. bei Verdacht auf atypische Erreger wie Legionellen, Mykoplasmen und Chlamydien; die beiden letztgenannten Erreger kommen jedoch im Alter im Ver- gleich zur ju¨ngeren Erwachsenenpopulation viel seltener vor, weshalb der Einsatz von Makroliden und Fluorchi- nolonen nicht an erster Stelle stehen sollte. Bei Ver- dacht auf Legionellose wird zur Akutdiagnostik der An- tigennachweis aus dem Urin empfohlen, da die Antiko¨r- perbildung ha¨ufig erst sehr spa¨t oder gar nicht einsetzt;

bei nur 25–40% der Erkrankten lassen sich in der ersten Krankheitswoche Antiko¨rper nachweisen (14). Hervor- zuheben ist in diesem Zusammenhang, dass in den letz- ten Jahren eine Resistenzzunahme von Pneumokokken gegenu¨ber Makroliden stattgefunden hat und letztere bei Haemophilus spp. generell eine verminderte Wirksam- keit aufweisen (Ausnahme: Azithromycin) (6, 10).

Tab. 3 Empfehlungen zur kalkulierten Antibiotika-Therapie der Akuten Exacerbation der chronischen Bronchitis (AECB) (in Anlehnung an 22)

AECB Schweregrad

Bakterielle Erreger Kalkulierte Initialtherapie Therapiedauer/

Applikationsart

I Pneumokokken 1. Cefuroximaxetil, Loracarbef 5–7 Tage/oral

H. influenzae Cefpodoxim-Proxetil

Aminopenicillin/BLI*

2. Roxythromycin, Clarithromycin Azithromycin

3. Levofloxacin, Moxifloxacin

II Pneumokokken 1. Cefuroxim, Cefotiam 5–7 (10) Tage/

H. influenzae Cefpodoxim-Proxetil zuna¨chst i.v., dann

Staphylokokken 2. Aminopenicillin/BLI* orale Sequenz-

K. pneumoniae 3. Cefotaxim, Ceftriaxon Therapie

4. Levofloxacin, Moxifloxacin

III Pneumokokken 1. Cefotaxim, Ceftriaxon, 10 Tage/i. v.

H. influenzae Ceftazidim (Sequenztherapie)

P. aeruginosa 2. Acylaminopenicillin/BLI*

K. pneumoniae 3. Ciprofloxacin, Levofloxacin

Proteus spp. Moxifloxacin

4. Carbapenem (Imipenem o. Meropenem)

Beim Nachweis von Pseudomonaden ist u. U. eine Kombinationstherapie (evtl. auch mit einem Aminoglykosid) sinnvoll

IV Pneumokokken 1. Ceftazidim 10–14 Tage/i. v.

H. influenzae 2. Acylaminopenicillin/BLI*

P. aeruginosa 3. Ciprofloxacin, Levofloxacin

K. pneumonia 4. Imipenem, Meropenem

Proteus spp.

Weitere Enterobakterien S. aureus

Beim Nachweis von Pseudomonaden (s.o. unter III)!

* BLI = Beta-Lactamase-Inhibitor

Die arabischen Zahlen bedeuten in Abha¨ngigkeit von der Erregerwahrscheinlichkeit: 1.–4. Wahl der kalkulierten Antibiotikatherapie

(5)

Akute Exacerbation der chronischen Bronchitis (AECB) Die Antibiotikatherapie der chronischen Bronchitis ist in der Regel nur im Rahmen einer akuten Exacerbation notwendig.

Die Einteilung der AECB erfolgt durch die PEG (modifiziert nach Lode et al., 22) aufgrund der Schwere der Erkrankung in vier Schweregrade (s. Tab. 2). Äthio- logisch finden sich verschiedene Bakterien oder auch Viren. Mit fortschreitendem Schweregrad findet sich ein zunehmend gramnegatives Erregerspektrum (s. Tab. 3).

Die AECB Schweregrad I kann ambulant mit Oralce- phalosporinen therapiert werden, a¨hnlich der akuten bakteriellen Bronchitis. Aus den o. g. Gru¨nden sollten Makrolide oder Fluorchinolone nicht als Mittel der ers- ten Wahl eingesetzt werden.

Die AECB Schweregrad II wird teilweise noch am- bulant, teilweise jedoch schon stationa¨r behandelt. In diesem Fall sollte zuna¨chst i. v. mit Cephalosporinen der Gruppe 2 (z. B. Cefuroxim, Cefotiam) oder einem Ami-

nopenicillin mit Betalactamase-Inhibitor (BLI) behandelt werden: Hiermit werden Pneumokokken, Staphylokok- ken, Haemophilus influenzae und Klebsiellen in der Re- gel gut erfasst; bei Ansprechen der i.v.-Therapie kann auf eine orale Sequenztherapie umgewechselt werden.

Bei Verdacht auf resistentere Enterobakterien ko¨nnen auch Cephalosporine der Gruppe 3 a (z. B. Cefotaxim o.

Ceftriaxon) gegeben werden (nicht bei Staphylokok- ken!). Fluorochinolone sollten eher als Reserveantibioti- ka betrachtet werden.

Bei den AECB Schweregrad III und IV muss neben Pneumokokken und Haemophilus influenzae, die auch hier als ha¨ufigste bakterielle Erreger auftreten, zusa¨tz- lich mit Keimen aus dem gramnegativen Spektrum ge- rechnet werden. Die kalkulierte Initialtherapie muss des- halb bei diesen Patienten aus Substanzen mit einem breiteren Keimspektrum (also auch Fluorochinolone) bestehen. Beim Nachweis von Pseudomonas spp. sollte eine Kombinationstherapie erfolgen (s. Tab 3).

Tab. 4 Empfehlungen zur kalkulierten Antibiotika-Therapie der ambulant erworbenen Pneumonie (in Anlehnung an 22)

Patienten-Profil Bakterielle Erreger Kalkulierte Initialtherapie Therapiedauer/

Applikationsart

<60 Jahre keine Pneumokokken 1. Loracarbef, Cefpodoxim 7–10 Tage/oral

Begleiterkrankungen H. influenzae Cefuroxim-Axetil (ambulant)

leichte bis mittelschwere Enterobakterien 2. Aminopenicillin ± BLI * Pneumonie

bei Therapieversagen:

M. pneumoniae 3. Makrolid (z. B.Roxithromycin) C. pneumoniae 4. Levofloxacin, Moxifloxacin

5. Doxycyclin

>60 Jahre mit Pneumokokken 1. oral: Cefpodoxim, Loracarbef 7–10 Tage

Begleiterkrankungen H. influenzae Cefuroximaxetil (evtl. noch

leichte bis mittelschwere Moraxella spp. i.v: Cefotaxim, Ceftriaxon oral/ambulant)

Pneumonie Enterobakterien 2. Aminopenicillin ± BLI *

S. aureus 3. Levofloxacin, Moxifloxacin

>60 Jahre mit Pneumokokken 1. Cefotaxim, Ceftriaxon 7–10 Tage/i.v.

Begleiterkrankungen H. influenzae + Makrolid (Sequenztherapie)

schwere Pneumonie S. aureus 2. Acylaminopenicillin/BLI*

Enterobakterien + Makrolid

Legionella spp. 3. Levofloxacin, Moxifloxacin 4. Ciprofloxacin + Clindamycin 5. Imipenem + Erythromycin

Unabha¨ngig vom Pneumokokken 1. Acylaminopenicillin/BLI* 7–10 Tage/i.v

Alter schwere Sepsis H. influenzae + Makrolid

o. sept. Schock, S. aureus 2. Imipenem, Meropenem

innerhalb 24 h Enterobakterien + Makrolid

intensivpflichtig Legionella spp. 3. Cefotaxim, Ceftriaxon

Anaerobier + Makrolid ± Clindamycin

Polymikrobielle 4. Ciprofloxacin, Levofloxacin

Infektionen + Clindamycin

* BLI = Beta-Lactamase-Inhibitor

Die arabischen Zahlen bedeuten in Abha¨ngigkeit von der Erregerwahrscheinlichkeit: 1.–4. Wahl der kalkulierten Antibiotikatherapie

(6)

Pneumonie

In Anlehnung an die Empfehlungen der American Tho- racic Society (ATS) wird zwischen ambulant erworbe- nen und nosokomialen Pneumonien unterschieden (1, 2). Ungefa¨hr 20% aller ambulant erworbenen Pneumo- nien erfordern eine stationa¨re Behandlung, teilweise so- gar eine Intensivtherapie. Bei diesem Kollektiv steigt die Letalita¨t auf 20–50% und ist damit etwa gleich hoch wie die Letalita¨t der nosokomialen Pneumonie (14, 23).

Die Inzidenz der Pneumonie ist bei geriatrischen Pa- tienten im Vergleich mit anderen Erwachsenen-Popula- tionen am ho¨chsten und verursacht eine signifikante Morbidita¨t und Letalita¨t (15). Bettla¨gerigkeit und Immo- bilita¨t im Alter fu¨hren zu Belu¨ftungssto¨rungen und bil- den die Disposition zu einer Pneumonie. In Berliner Krankenha¨usern wurde ermittelt, dass 407 von 564 (72,2%) Todesfa¨llen nach nosokomialen Infektionen durch Pneumonien bedingt waren; das Durchschnitts- alter dieser Patienten betrug 76,2 Jahre (25).

Der alte Patient mit Pneumonie zeigt nicht selten sub- tile bzw. atypische Symptome (z. B. fehlt Fieber ha¨ufig) wie beispielsweise Konfusion, Lethargie, generelle Leis- tungsminderung (sog. „stille Infektion“). In vielen Studi- en ist jedoch nicht das Alter per se der Grund fu¨r den ne- gativen „outcome“ der Pneumonien des alten Menschen sondern die Begleiterkrankungen (5, 20).

Ha¨ufige Ursachen von Pneumonien sind weiterhin Aspiration und ein hoher Anteil gramnegativer Bakte- rien in der Oropharyngealflora insbesondere bei Per- sonen aus Pflegeheimen oder Krankenha¨usern.

Das mikrobiologische Keimspektrum bei Pneumonie des ansonsten gesunden alten Menschen ist a¨hnlich dem der ju¨ngeren Patienten. Bei der ambulant erworbenen Pneumonie sind in jedem Lebensalter Pneumokokken die Haupterreger. Mycoplasma pneumoniae und Chla- mydia pneumoniae sind in erster Linie Erreger der ju¨n- geren Erwachsenen (oder Kinder), weshalb Makrolide im Alter als Prima¨rtherapie eher nicht gegeben werden sollten. Bei ansteigendem Alter und mit zunehmender

Tab. 5 Empfehlungen zur kalkulierten Antibiotika-Therapie der Nosokomialen Pneumonie (NAP) [in Anlehnung an 22]

Patienten-Profil Bakterielle Erreger Kalkulierte Initialtherapie Therapiedauer/

Applikationsart

NAP A Pneumokokken 1. Cefuroxim, Cefotaxim, Ceftriaxon 7–10 Tage/

Ohne Risiko-Situation H. influenzae 2. Acylaminopenicillin/BLI* oral o. i.v.

Leichte bis mittelschwere Pn., K. pneumoniae 3. Moxifloxacin

unabha¨ngig von der S. aureus (MSSA) 4. Ciprofloxacin, Levofloxacin

Verweildauer oder schwerer + Clindamycin

Verlauf bis zum 5. Tag

NAP B „Haupterreger“ 1. Acylaminopenicillin/BLI* 7–10 Tage/i.v.

Einzelne Risiko-Situation plus 2. Imipenem, Meropenem

Leichte bis mittelschwere Pn., Anaerobier 3. Cefotaxim, Ceftriaxon + Clindamycin unabha¨ngig von der Verweildauer 4. Ciprofloxacin, Levofloxacin + Clindamycin

Sto¨rung des Schluckakts, Regurgitation, chirurgische Eingriffe im Oropharynx, Bewusstseinssto¨rung, Koma

Antibiotische P. aeruginosa 1.Ceftazidim, Cefepim 7–10 Tage/i.v.

Vorbehandlung, 2. Acylaminopenicillin/BLI*

strukturelle Lungenerkrankung, 3. Imipenem

langer Aufenthalt auf der plus

Intensivstation Ciprofloxacin oder Aminoglykosid

Hohe Cortison-Dosis, Legionellen Empirische Therapie wie NAP A

Ha¨matologische (ohne Risikosituation) plus

Systemerkrankung Makrolid ± Rifampicin

Neurochirurg. Eingriffe, S. aureus (MRSA) Empirische Therapie wie NAP A

Koma, Kopftrauma, endemisch (ohne Risikosituation) plus

Nierenversagen, Glykopeptid (Vancomycin, Teicoplanin)

Diabetes mellitus

NAP C „Haupterreger“ + 1. Ceftazidim, Cefepim 7–10 Tage/i.v.

Schwerwiegende Risikosituation P. aeruginosa 2. Acylaminopenicillin/BLI*

Schwere Pneumonie nach Acinetobacter spp. 3. Imipenem, Meropenem

einer Verweildauer von S. maltophilia plus

>5 Tagen oder Levofloxacin, Ciprofloxacin oder Aminoglykosid

Schwere Verlaufsform unabha¨ngig von der Verweildauer und zusa¨tzliche Risikofaktoren (z. B. ku¨nstliche Beatmung, antibiotische Vorbehand- lung, strukturelle Lungenerkrankungen)

* BLI = Beta-Lactamase-Inhibitor

(7)

Schwere der Grund- bzw. Begleiterkrankung finden sich immer ha¨ufiger H. influenzae und Moraxellen sowie weitere Erreger aus dem gramnegativen Bereich und der opportunistischen Flora (s. Tab. 4). Dasselbe gilt auch fu¨r die nosokomiale Pneumonie wobei hier zusa¨tz- lich noch mit multiresistenten gramnegativen (z. B.

Pseudomonas spp.) und grampositiven Keimen (z. B.

MRSA) gerechnet werden muss (4, 22).

Pilzpneumonien (verursacht durch Candida spp. oder Aspergillus spp.) sind selbst bei dem letztgenannten Pa- tientenkollektiv sehr selten. Zur Diagnose sind hierbei mikrobiologische Untersuchungen aus Bronchialsekret und Pilzantigen-Nachweise aus dem Serum hilfreich.

Vor dem allzu ha¨ufigen Einsatz von Antimycotika wie Fluconazol oder Amphotericin B ohne mikrobiologisch- diagnostischen Hinweis wird gewarnt.

Als letzte Anmerkung zu den Atemwegserkrankun- gen im Alter wird schließlich auf die Tuberkulose hin- gewiesen. Gerade der abwehrgeschwa¨chte Organismus, sei es durch Alter, viele Grundkrankheiten oder durch schlechte Lebensbedingungen verursacht, wird auch

heute nach wie vor nicht selten von Mykobacterium tu- berculosis infiziert oder ein alter Herd wird reaktiviert.

Bei therapieresistenten Pneumonien sollte deshalb unbe- dingt eine Tuberkulose diagnostisch ausgeschlossen werden.

Harnwegsinfektionen (HWI)

Harnwegsinfektionen verlaufen im Alter nicht selten als

„stumme“ Infektionen. Abzugrenzen von HWI sind asymptomatische Bakteriurien. Diese kommen bei 80-ja¨hrigen Frauen zu 20–50%, bei 80-ja¨hrigen Ma¨n- nern in 6–20% vor (18).

Vor allem bei Vera¨nderungen im Harntrakt wie z. B.

beim altersbedingten Prostata-Adenom kommt es zur Restharnbildung, Miktionssto¨rungen und somit zur bakte- riellen Besiedelung und daraus entstehenden Infektionen.

In diesem Zusammenhang ist hervorzuheben, dass durch die Notwendigkeit zu ha¨ufigen Antibiotikatherapien beim obengenannten Patientenkollektiv eine stetige Zunahme

Tab. 6 Empfehlungen zur kalkulierten Antibiotika-Therapie von Harnwegsinfektionen (HWI) [in Anlehnung an 22]

Diagnose Bakterielle Erreger Kalkulierte Initialtherapie Therapiedauer/

Applikationsart

Zystitis, unkompliziert E. coli 1. Trimethoprim/Sulfamethoxazol 1–3 Tage/oral

Klebsiellen 2. Chinolon (nur fu¨r Patienten ohne

Proteus spp. 3. Fosfomycin-Trometamol anatomische Sto¨rungen,

ansonsten 5 Tage) (ambulant)

Pyelonephritis, E. coli 1. Chinolon oral o. i.v. 7–10 Tage/i.v.

unkompliziert Klebsiellen 2. oral: Cefalexin, Cefaclor, Sequenztherapie

Proteus spp. Cefuroximaxetil (evtl. stationa¨r)

andere Enterobakterien i.v.: Cefotaxim, Ceftriaxon Staphylokokken Alternativ:

3. Aminopenicillin/BLI*

HWI mit Komplikationen, E. coli 1. Fluorochinolon oral o. i.v. 3–5 Tage nach Entfieberung

Nosokomiale HWI, Enterokokken 2. Aminopenicillin/BLI* bzw. Beseitigung des

Pyelonephritis akut, Staphylokokken 3. oral: Cefalexin, Cefaclor, komplizierenden Faktors

kompliziert Klebsiellen Cefuroximaxetil

andere Enterobakterien i.v.: Cefotaxim, Ceftriaxon

Pseudomonas spp. bei Versagen innerhalb der Initialtherapie innerhalb von 1–2 Tagen:

1. Acylaminopenicillin/BLI* oder Ceftazidim, Cefepim

2. Imipenem, Meropenem (Candida spp.) bei Candida:

1. Fluconazol 2. Amphotericin B

Urosepsis E. coli 1. Cefotaxim, Ceftriaxon, 3–5 Tage nach Entfieberung

andere Enterobakterien Ceftazidim bzw. Beseitigung des

multiresistente Erreger ± Aminoglykosid komplizierenden Faktors

nach urol. Eingriffen: 2. Ciprofloxacin, Levofloxacin Pseudomonas spp. 3. Imipenem, Meropenem Enterobakterien

* BLI = Beta-Lactamase-Inhibitor

Die arabischen Zahlen bedeuten in Abha¨ngigkeit von der Erregerwahrscheinlichkeit: 1.–3. Wahl der kalkulierten Antibiotikatherapie

(8)

von resistenten Enterobakterien auch gegenu¨ber Chinolo- nen zu verzeichnen ist (Grimm, perso¨nliche Mitteilung).

Weitere Abflusssto¨rungen im Urogenital-Trakt ko¨n- nen durch Harnsteine, Tumoren und narbige Vera¨n- derungen bedingt sein. Neben einer ada¨quaten antibioti- schen Therapie (s. Tab. 6) ist es von entscheidender Be- deutung, fu¨r einen ausreichenden Urinabfluss zu sorgen.

Haut- und Weichteilinfektionen

Die Haut des alternden Menschen wird ha¨ufig schlecht durchblutet. Arteriosklerotische Vera¨nderungen der Beinarterien in den peripheren Bezirken, Diabetes melli- tus, Varizenbildung etc. fu¨hren weiterhin zu einem man- gelhaften Sauerstoffangebot. In der Folge kommt es selbst bei kleinsten Verletzungen nicht selten zu Infek- tionen. Auch das rezidivierende Erysipel durchb-ha¨mo- lysierende A-Streptokoken ist eine fu¨r das Alter typi- sche Erkrankung, bei welcher Hauterosionen die Ein- trittspforte fu¨r Bakterien darstellen. Bei schweren Infek- tionen wie z. B. dem diabetischen Fuß (Gangra¨n, Decu- bitus etc.) ist neben einer ada¨quaten Antibiotikatherapie (Tab. 7) zusa¨tzlich immer auch eine a¨ußere Behandlung mit Antiseptika (z. B. PVP-Jod) notwendig.

Allgemeine Ûberlegungen bei der antibakteriellen Therapie des geriatrischen Patienten

und Schlussfolgerung

Bei der Wahl eines geeigneten Antibiotikums mu¨ssen das vermutete Erregerspektrum, die Applikationsart, die Pharmakodynamik und -kinetik (mo¨glichst lange Halb- wertzeiten und gute Gewebskonzentration am Infekti- onsort sind anzustreben), Toxizita¨t des Antibiotikums sowie die Compliance, die Multimorbidita¨t alter Patien- ten und die Arzneimittel-Interaktionen mitberu¨cksichtigt werden. Die Ausscheidung von Antibiotika ist ha¨ufig im Alter durch eine bestehende Niereninsuffizienz ver- langsamt. Besonders hervorzuheben ist die Gefahr von Arzneimittelinteraktionen durch Begleitsubstanzen (7), da viele a¨ltere Patienten eine ganze Reihe von Medika- menten regelma¨ßig einnehmen.

Beim alten Menschen sollte wegen nachlassender immunologischer Abwehrmechanismen immer mindes- tens die empfohlene Normaldosis die Grundlage fu¨r die verordneten Antibiotika darstellen. Niedrigdosierung, wie sie ha¨ufig aus Marketing-Gru¨nden empfohlen wer- den, sollten vermieden werden. Bei der nicht selten auf- tretenden Niereninsuffizienz im Alter muss allerdings eine Dosisanpassung vorgenommen werden.

Tab. 7 Empfehlungen zur kalkulierten Antibiotika-Therapie von Haut- und Weichteilinfektionen [in Anlehnung an 22]

Diagnose Bakterielle Erreger Kalkulierte Initialtherapie Therapiedauer/

Applikationsart

Erysipel A-Streptokokken 1. Penicillin G oder V 2 Wochen/oral

2. Cefalexin, Cefuroxim-axetil

Cefpodoxim 6 Wochen beim Rezidiv/i.v.

3. Clindamycin (Sequenztherapie)

Mittelschwere Infektionen Stapyhlokokken 1. Aminopenicillin/BLI* nach erfolgreicher chirurgischer

Streptokokken 2. Clindamycin Sanierung

Gruppe A, B, C, F, G 3. Cefazolin, Cefuroxim ≤7 Tage i.v.

Schwere Infektionen Mischinfektionen 1. Acylaminopenicillin/BLI*

Typ I Non-A-Streptokokken 2. Cefotaxim, Ceftriaxon

Staphylokokken + Metronidazol oder + Clindamycin Pneumokokken 3. Levofloxacin, Ciprofloxacin Anaerobier + Metronidazol oder + Clindamycin Enterobakterien 4. Imipenem, Meropenem

Typ II A-Streptokokken 1. Penicillin G + Clindamycin 1–2 Wochen i.v.,

Diabetischer Fuß (bei STSS **) gefolgt von

(Gangra¨n o. Decubitus) Staphylokokken 2. Acylaminopenicillin/BLI* 2–3 Wochen oral moderater bis Enterobakterien 3. Levofloxacin, Ciprofloxacin

schwerer Verlauf + Clindamycin

Pseudomonas spp. 4. Ceftazidim, Cefepim

Anaerobier + Clindamycin

5. Imipenem, Meropenem

* BLI = Beta-Lactamase-Inhibitor

** Streptococcal Toxic Shock Syndrom

Die arabischen Zahlen bedeuten in Abha¨ngigkeit von der Erregerwahrscheinlichkeit: 1.–5. Wahl der kalkulierten Antibiotikatherapie

(9)

Vor allem bei der oralen Applikation von Antibiotika spielt die Compliance (z. B. Vergesslichkeit im Alter) eine entscheidende Rolle. Grundsa¨tzlich sollte deshalb das Antibiotikum so einfach wie mo¨glich gehandhabt werden ko¨nnen (z. B. Einmalgabe, unabha¨ngige Einnahme zum Essen). Weitere Anforderungen an die antibakterielle Therapie sind: Breites Wirkungsspektrum, hohe Bacteri- zidie, schneller Wirkungseintritt, geringe Neigung zu Re-

sistenzbildung, gute Vertra¨glichkeit und keine relevanten Interaktionen mit anderen Medikamenten. Die Multimor- bidita¨t alter Menschen hat ha¨ufig eine regelma¨ßige Ein- nahme von Pharmaka zur Folge, welche dann mit den Antibiotikapra¨paraten unerwu¨nschte Wechselwirkungen hervorrufen ko¨nnen (s. Tab. 8). Der zuletzt genannte Punkt ist bei der Auswahl des geeigneten Antibiotikums im Idealfall individuell zu beru¨cksichtigen.

Tab. 8 Beispiele fu¨r Wechselwirkungen von Antibiotika mit anderen Medikamenten (Auswahl) (7)

Medikament Indikation Nebenwirkung Antibiotikum

Antikoagulanzien Thrombose

Herzklappen- und Gefa¨ßersatz

Blutungsgefahr erho¨ht Aminopenicilline Cephalosporine Metronidazol Erythromycin

Digitalis Herzinsuffizienz Wirkstoffversta¨rkung (Intoxikation) Makrolide

Penicilline Thrombocyten-Aggregationshemmer Thrombose

Apoplex Herzinfarkt

Blutungsgefahr erho¨ht Cephalosporine Aminopenicilline

Theophillin Asthma Krampfanfa¨lle Makrolide

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