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Oliver Frey. Die amalgame Stadt

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Oliver Frey

Die amalgame Stadt

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VS RESEARCH

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Oliver Frey

Die amalgame Stadt

Orte. Netze. Milieus

Mit einem Geleitwort von Prof. Dr. Jens S. Dangschat

VS RESEARCH

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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der

Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über

<http://dnb.d-nb.de> abrufbar.

Dissertation Technische Universität Wien, 2008

1. Auflage 2009 Alle Rechte vorbehalten

© VS Verlag für Sozialwissenschaften | GWV Fachverlage GmbH, Wiesbaden 2009 Lektorat: Dorothee Koch / Dr. Tatjana Rollnik-Manke

VS Verlag für Sozialwissenschaften ist Teil der Fachverlagsgruppe Springer Science+Business Media.

www.vs-verlag.de

Das Werk einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspei- cherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen.

Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Umschlaggestaltung: KünkelLopka Medienentwicklung, Heidelberg Satz und Layout: D.A.S.-Büro Schulz, Zülpich

Gedruckt auf säurefreiem und chlorfrei gebleichtem Papier Printed in Germany

ISBN 978-3-531-16380-2

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Vorwort

„Wie alle großen Städte bestand sie aus Unregelmäßigkeit, Wechsel, Vorgleiten, Nichtschritthalten, Zusammenstößen von Dingen und Angelegenheiten, bodenlosen Punkten der Stille dazwischen, aus Bahnen und Ungebahntem, aus einem großen rhythmischen Schlag und der ewigen Verstimmung und Verschiebung aller Rhyth- men gegeneinander, und glich im ganzen einer kochenden Blase, die in einem Gefäß ruht, das aus dauerhaftem Stoff von Häusern, Gesetzen, Verordnungen und ge- schichtlichen Überlieferungen besteht.“

(Robert Musil über Wien, in: Der Mann ohne Eigenschaften, Berlin 1930, S. 10-11)

„Berlin ist arm, aber sexy.“

(Berliner Oberbürgermeister Wowereit über Berlin, Berlin 2005)

„Reinheit ist ein Mangel an Gemischtem“ – so lautet die 1. Mangel-Karte von Herbert J. Wimmer und Elfriede Gerstl (2007). Mit dieser Überzeugung, dass nichts für sich alleine steht, sondern interagiert, sich überlagert und manchmal auch verbindet, ist diese Arbeit geschrieben. Ich wollte damit zeigen, dass – insbesondere in Städten – in der Mischung und Überlagerung, in der Gleich- zeitigkeit und Vielfalt, in der Verbindung und Vermengung von Nutzungen, Kulturen und sozialen Gruppen eine größere Kraft und ein größeres Potenzial liegt als in der Reinheit. Das Modell einer amalgamen Stadt rückt diese Eigen- schaften und Identitäten, die – so meine Überzeugung – eigentlich etwas zutiefst Menschliches sind, in den Vordergrund.

Das vorliegende Buch ist eine überarbeitete Fassung meiner Dissertation

„Orte. Netze. Milieus: Zur kommunalen Steuerung in einer „amalgamen Stadt“, die ich am 11.03.2008 an der Technischen Universität Wien, Fakultät für Archi- tektur und Raumplanung verteidigt habe. Gutachter der Arbeit waren Prof. Jens S. Dangschat und Prof. Klaus R. Kunzmann.

Meine Dissertation wurde 2008 mit dem Rudolf-Wurzer-Preis für Raum- planung der Stadt Wien ausgezeichnet.

Eine stadtplanerische und stadtsoziologische Arbeit verdankt die Inspiration der Stadt und ihren Orten. Die vorliegende Arbeit entstand in Wien und wurde in Berlin fertiggestellt. Die der Arbeit zugrunde liegende Konzeption einer „amal-

(6)

6 Vorwort

gamen Stadt“, des Vermischens und der Melange von Kulturen und sozialen Welten ist in Wien geboren und hat dort Anregungen gefunden. In einer Stadt, die einen nicht in Frieden lässt, die bewegt und umtreibt. In dieser Stadt habe ich mich nach sechs Jahren Arbeit an der TU Wien zu Hause gefühlt, aber doch nicht richtig eingerichtet. Wien fordert zum Widerspruch heraus; bietet aber auch Orte der Zustimmung: Dort, wo Mischung und Begegnung mit fremden Welten möglich ist. Wien besitzt eine Geschichte der Vermischung und Vielfalt, die heu- te meist gebrochen und ambivalent bewertet wird. Dem Fremden gegenüber wird Distanz, ja oft auch Ablehnung entgegengebracht. Dennoch gab es Orte, an de- nen ich mich wohlfühlte. Daher zuerst ein Dank an diese Orte, an denen die Arbeit u.a. entstanden ist: meiner Wohnung im 5. Gemeindebezirk Margareten, dem Restaurant Schlossquadrat, der Gastwirtschaft am Rilkeplatz, dem Senor Vinho und dem Fluc.

Ich danke meinem Doktorvater Prof. Jens S. Dangschat für die Anregungen zur Auseinandersetzung mit der Stadt und mit meiner Arbeit. Er hat mir stets viel Freiraum gegeben, eigene Ideen zu entwickeln und diese mit ihm zu diskutieren, ja auch zu streiten. In Wien ist das nicht selbstverständlich!

Ein Teil der empirischen Arbeiten in Wien und die Fertigstellung des theo- retischen Kapitels zwei wurde durch ein Wissenschaftsstipendium der Kultur- abteilung der Stadt Wien, Wissenschafts- und Forschungsförderung gefördert.

Ich konnte Daten aus einem Projekt zur „Kleinräumigen Wirtschaftsstruktur in Wien“, das unter der Leitung von Prof. Rudolf Giffinger und unter Mitarbeit von Leopold Riedl und Robert Kalasek durchgeführt wurde, für weitere Analysen nutzen. Dafür danke ich der Stadt Wien, Magistratsabteilung MA 18 und MA 7.

Die Fertigstellung der Arbeit erfolgte in Berlin. Ich habe durch die Hein- rich-Böll-Stiftung und das Georg-Simmel-Zentrum der Humboldt-Universität zu Berlin mit einem Jahresstipendium am Graduiertenkolleg „Zur Zukunft der euro- päischen Stadt“ unter der Leitung von Prof. Hartmut Häußermann und Prof. Ilse Helbrecht die Möglichkeit erhalten, von Berlin aus mit Abstand auf die Wiener Situation zu schauen. Dafür danke ich insbesondere Prof. Hartmut Häußermann für die Diskussionen und Anregungen in seinem inspirierenden Doktoranten- kolloquium.

Prof. Klaus R. Kunzmann hat mit seiner weitsichtigen Art meine stadtplane- rische Sichtweise in der Arbeit gestärkt. Er war der erste Stadtplaner, der „Krea- tivität und Kultur“ in Verbindung mit Stadtentwicklung thematisiert hat. Daran konnte ich mich orientieren und abarbeiten.

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Vorwort 7

Ist das Schönste an Wien wirklich der Nachtzug nach Berlin – wie einige behaupten?

Jedenfalls bin ich für meine Berliner Zeit dankbar. Das Stipendium in Ber- lin hat es mir ermöglicht, die Arbeit in der Stadt zu Ende zu schreiben, in der ich von 1992-2000 studiert und gelebt habe. Der Wechsel von Wien nach Berlin hat die Arbeit sicherlich befruchtet. Es sind zwei sehr verschiedene Städte, in denen ich mich letztlich zugleich beheimatet fühle.

In Berlin sind es auch außergewöhnliche Orte, mit denen ich in meiner Ar- beit konfrontiert war. Zuerst ein Dank an die Wohnung meiner Kollegin Wencke Hertzsch in der Gleimstraße am Mauerpark, das Restaurant Schall und Rauch und das Café Niesen.

Ein besonderer Dank gilt den Menschen – KollegInnen und FreundInnen –, die mich während dieses vierjährigen Prozesses der Dissertation begleitet haben.

Sie waren mir Unterstützung, Anregung und Hilfe zugleich: Ian Banerjee, An- drea Breitfuss, Birgit Brodner, Simone Buckel, Evelyn Eder, Karin Eisenauer- Aschauer, Mona El Khafif, Micha Fleischmann, Norbert Freese, Eva Gantar, Volker Gessendorfer, Ute Guder, Alex Hamedinger, Wencke Hertzsch, Petra Hirschler, Doreen Jakob, Robert Kalasek, Florian Koch, Richard Krisch, Sandra Kröger, Brigitte Lacina, Bastian Lange, Andrea Mann, Alexandra Manske, Kerry McKibben, Ricarda Pätzold, Christian Reutlinger, Leop Riedl, Gabi Schmidt, Kurt Smetana, Jochen Schulz, Felix Sternath, Nicola Tietze, Anette Vollmer, Stefan und Stefka Wiese, Tatjana Winkelmann und Gesa Witthöft. Ihnen ver- danke ich, dass die vorliegende Arbeit möglich wurde und auch meist Spaß ge- macht hat.

Ein Dank für die finanzielle Unterstützung bei der Drucklegung des Buches geht an die Fakultät für Architektur und Raumplanung, das Department für Raumentwicklung, Infrastruktur- und Umweltplanung sowie den Fachbereich Soziologie (ISRA) der TU Wien.

Nicht zuletzt möchte ich den Personen danken, die sich zu einem Interview mit mir bereit erklärt haben. Ohne sie wäre die Arbeit so nicht möglich gewesen.

Das vorliegende Buch widme ich der „amalgamen Identität“ meiner Lebenspart- nerin Eva Krepelka.

Last, but not least: ein herzlicher Dank an meine Eltern, die mich immer un- terstützt haben.

Oliver Frey

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Inhaltsverzeichnis

Vorwort ... 5

Inhaltsverzeichnis ... 9

Abbildungsverzeichnis ... 17

Tabellenverzeichnis ... 21

Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft ... 23

Eine Einführung von Jens S. Dangschat 1 Einleitung ... 31

1.1 Gesellschaftlicher Strukturwandel – Übergang einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft ... 34

1.2 Definition von Kreativität, Innovation und Wissen ... 36

1.2.1 Definition von Kreativität ... 37

1.2.2 Definition von Innovation ... 40

1.2.3 Definition von Wissen und der Wissensgesellschaft ... 41

1.3 Die Bedeutung von Kreativität und Innovation in der Stadtentwicklung ... 43

1.4 Steuerungsmöglichkeiten der Stadtplanung angesichts veränderter gesellschaftlicher Rahmenbedingungen ... 46

1.5 Aufbau der Arbeit und Forschungsdesign ... 49

2 Gesellschaftlicher Strukturwandel und die Krise der Stadt ... 53

2.1 Strukturwandel der kapitalistischen sozio-ökonomischen Struktur ... 54

2.2 Neue Dimensionen sozialer Ungleichheit in einer Wissensgesellschaft ... 58

2.3 Strukturwandel der Erwerbsarbeit ... 62

2.4 Strukturwandel der städtischen sozialräumlichen Strukturen ... 67

(9)

10 Inhaltsverzeichnis

3 Governance als Ergebnis des ökonomischen und

gesellschaftlichen Wandels ... 75

3.1 Traditionelle Steuerungen zwischen Staat, Markt, Gesellschaft ... 78

3.2 Neue Steuerungen durch „Urban Governance“-Modelle ... 80

3.2.1 Stadtplanung zwischen Interventionen am baulich-phyischen Ort und in ortlose soziale Netzwerke von Milieus: Partizipation als Strategie ... 80

3.2.2 Territoriale Innovationsmodelle als Grundlage neuer Steuerungsformen ... 83

3.2.3 Das Konzept der „Planung einer Nicht-Planung“ ... 87

3.3 Wandel der Stadtplanung in der Wissensgesellschaft ... 95

4 Milieu und Raum ... 99

4.1 Die „gespaltene Stadt“ als ein Behälter für homogene Lebensstile ... 99

4.2 Die „Ausdifferenzierte Stadt“ mit einer Heterogenisierung von Milieustrukturen ... 102

4.3 Die „Netzwerkstadt“ mit räumlich entbetteten Sozialstrukturen... 103

4.4 Die „amalgame Stadt“ mit ortsgebundenen Netzwerken der „kreativen Milieus“ ... 106

5 Das Konzept der „Kreativen Milieus“ und seiner Ressourcen ... 111

5.1 Individuelles Kapital als „Ich-Ressource“ und die Formen der Steuerung ... 113

5.2 Soziales Netzwerk als „Wir-Ressource“ und die Formen der Steuerung ... 115

5.3 Sozialräumliche Nachbarschaft und physische Materialität als „Orts-Resource“ und die Formen der Steuerung ... 117

6 Die Bedingungen der „kreativen Stadt“: Urbanität und Kreativität ... 121

6.1 Die Wiederentdeckung der Stadt als Lebens- und Arbeitsort ... 124

6.2 Kreative Urbanität: Die Zukunft der europäischen Stadt hinsichtlich des Funktionswandels des öffentlichen Raums ... 129

6.2.1 Öffentlicher Raum als Identifikations- und Integrationsort ... 133

6.2.2 Zunehmende sozialräumliche Segregation und damit einhergehende Spaltung öffentlicher Räume ... 134

6.2.3 Zunehmende Fragmentierungen und Hybridisierungen im öffentlichen Raum ... 135

6.2.4 Neu entstehende virtuelle Räume und deren Auswirkung auf die Rolle der öffentlichen Räume ... 137

(10)

Inhaltsverzeichnis 11

6.2.5 Neue Bedeutungen der öffentlichen Räume als Bühnen

der (Selbst-)Darstellung und des Entertainments ... 138

6.3 Kultur und Kreativität als Motor für Stadterneuerung und Stadtentwicklung – Nachbarschaft und sozialer Wandel ... 139

6.4 „Kreative Milieus“ als Pioniere von Gentrification ... 145

7 Empirische Untersuchung zum „Loft-Working“ in einer amalgamen Stadt am Beispiel Wiens ... 151

7.1 Methodik der empirischen Untersuchung ... 153

7.1.1 Die qualitative Methode des biografisch narrativ orientierten Leitfadeninterviews ... 154

7.1.2 Die teilnehmende Beobachtung und die Distanz des Forschers zum Untersuchungsobjekt ... 156

7.1.3 Das Verfahren der Aktionsraumforschung ... 157

7.1.4 Die Verfahren der visuellen Soziologie: „Autofotografie“ und „Photo elicitation“ ... 159

7.1.5 Die quantitative statistisch-räumliche Auswertung mit Hilfe des geografischen Informationssystems (GIS) ... 161

7.1.6 Soziologische Lokaltheorie zwischen Handlung, Struktur und Raum ... 161

7.2 Verräumlichung der Creative Industries in Wien ... 167

7.2.1 Räumliche Cluster in den Creative Industries in Wien ... 168

7.2.2 Die Heterogenität innerhalb der Creative Industries und die Herausbildung von Clustern in verschiedenen Sektoren der Creative Industries in Wien ... 175

7.3 Orte des „Loft-Working“ in Wien ... 178

7.3.1 Die ehemalige Schraubenfabrik im 2. Bezirk ... 179

7.3.2 Die ehemalige Schokoladenfabrik im 7. Bezirk ... 184

7.3.3 Standorte der Creative Industries an den untersuchten zwei Orten des „Loft-Working“ ... 188

7.3.4 Orte der interviewten Personen von der ehemaligen Schrauben- und Schokoladenfabrik ... 189

7.4 Individuelle biografische Rekonstruktionen der UnternehmerInnen in der ehemaligen Schrauben- und Schokoladenfabrik ... 197

7.4.1 Biografie Andreas Blum [Architekt – Schottenfeldgasse] Typ: Künstler oder „wenn ich eine Idee habe, dann entwickle ich die auch“ ... 200

7.4.1.1 Was ist ein normaler Arbeitstag? ... 201

7.4.1.2 Das künstlerische und kreative Verständnis des Entwurfsprozesses ... 202

(11)

12 Inhaltsverzeichnis

7.4.1.3 Vom Werkstättenhof Mollardgasse in die

ehemalige Schokoladenfabrik ... 203 7.4.1.4 Habitus des Ortes ... 205 7.4.1.5 Aktionsraum und wichtige Orte ... 207 7.4.2 Biografie Julian Eichinger [Architekt – Schottenfeldgasse]

Typ: Unternehmer oder

„dass man viel tut und viel tun kann“ ... 209 7.4.2.1 Kreativer Unternehmer und die

Arbeitsorganisation ... 209 7.4.2.2 Vernetzungen und Kommunikationsstrukturen .... 213 7.4.2.3 Chancen und Schwierigkeiten des Loft-Arbeitens 214 7.4.2.4 Über den Ort Schokoladenfabrik und die

Nachbarschaft ... 216 7.4.2.5 Aktionsraum und wichtige Orte ... 219 7.4.3 Biografie Nathalie Rüdiger [Landschaftsarchitektin –

Schottenfeldgasse] Typ: Unternehmerin oder „aber ansonsten bin ich eher die Praktikerin, die am Entwurf arbeitet“ ... 222 7.4.3.1 Erfahrungen mit dem Zuhause Arbeiten ... 223 7.4.3.2 Gewerbehof Mollardgasse als Ausweg ... 224 7.4.3.3 Die Schokoladenfabrik: eine gemeinschaftliche

Identität oder heterogene Individuen? ... 225 7.4.3.4 Kommunikationsstrukturen im Haus ... 228 7.4.3.5 Freiraumplanung am Ende der Hierarchie ... 229 7.4.3.6 Ihre Selbständigkeit: ein Kampf mit

Unsicherheiten ... 230 7.4.3.7 Aktionsraum und wichtige Orte ... 232 7.4.4 Biografie David Schlee [Architekt – Schottenfeldgasse]

Typ: Dienstleister oder „wir leben davon, dass wir relativ klare Bilder erzeugen, von dem was passieren wird“ ... 234 7.4.4.1 Arbeit als Dienstleister ... 235 7.4.4.2 Der Dienstleister als „verlängerte Werkbank“

größerer und kleiner Unternehmen ... 237 7.4.4.3 Schokoladenfabrik ... 238 7.4.4.4 Aktionsräume und wichtige Orte ... 239 7.4.5 Biografie Sofie Biener [Architektin – Schottenfeldgasse]

Typ: Dienstleisterin oder „du musst dir selber sagen,

du bist selbständig“ ... 241 7.4.5.1 Erfahrungen mit dem Zuhause Arbeiten ... 242 7.4.5.2 Kritische Sichtweise auf die

Solo-Selbständigkeit ... 243

(12)

Inhaltsverzeichnis 13

7.4.5.3 Als Frau in der Selbständigkeit ... 245

7.4.5.4 IG Architektur ... 245

7.4.5.5 Kritische Sichtweise auf die Kommunikationsstrukturen in der Schokoladenfabrik ... 246

7.4.5.6 Umgebung der Schokoladenfabrik ... 246

7.4.5.7 Aktionsraum und wichtige Orte ... 247

7.4.6 Biografie Milan Monza [Architekt – Schottenfeldgasse] Typ: Künstler oder „da war schon die Tendenz da, Projekte gemeinsam zu machen“ ... 250

7.4.6.1 Das Büro FELD 72 und ihre Arbeiten ... 251

7.4.6.2 Über den Ort und seine Umgebung ... 253

7.4.6.3 Aktionsraum und wichtige Orte ... 255

7.4.7 Biografie Elisabeth Wiesinger [Landschaftsplanerin – Schottenfeldgasse] Typ: Unternehmerin oder „Für mich ist nur das Gefühl wichtig, da gibt es Leute, die sind interessiert, die machen ihre Arbeit gern, die haben einen Drive (…)“ ... 257

7.4.7.1 Ihre Arbeit und die strukturierte Organisation des Arbeitstages ... 258

7.4.7.2 Berufliche und private Beziehungen am Arbeitsort und in der Arbeit ... 259

7.4.7.3 Kritische Sichtweise auf die ehemalige Schokoladenfabrik als Arbeitsort ... 260

7.4.7.4 Aktionsraum und wichtige Orte ... 262

7.4.8 Biografie Ulrich Hochner [Pionier – Schraubenfabrik] Typ: Unternehmer oder „da wollen wir auch etwas machen, es ist wirklich interessant“ ... 265

7.4.8.1 Erfahrungen mit dem Arbeiten im Homeoffice .... 265

7.4.8.2 Geschichte der Ortsfindung ... 266

7.4.8.3 Von der Marktfoschung zum Facility- und Communitymanager der Schraubenfabrik ... 266

7.4.8.4 Habitus des Ortes ... 267

7.4.8.5 Über berufliche und private Netzwerke oder „Von der Wesensart auf einer gemeinsamen Welle“ ... 268

7.4.8.6 Aktionsräume und wichtige Orte ... 270

7.4.9 Biografie Vera Sun [Grafikerin – Schraubenfabrik] Typ: Dienstleisterin oder „wenn es mir zu eng wird, und mir wird es schnell zu eng, dann mag ich das nicht“ ... 273

(13)

14 Inhaltsverzeichnis

7.4.9.1 „Dann irgendwann einmal bin ich selbständig

geworden“ (1) ... 273

7.4.9.2 In die Schraubenfabrik über ein Fest ... 274

7.4.9.3 Selbständigkeit: Zwischen Freiheit und Prekarität ... 277

7.4.9.4 Aktionsraum und wichtige Orte ... 278

7.4.10 Biografie Floristan Prokop [Grafiker-Künstler, Werbeagentur – Schraubenfabrik] Typ: Künstler oder „es ist für mich ein riesiges Assoziationsfeld“ ... 281

7.4.10.1 Der Pioniergeist und die Schraubenfabrik ... 282

7.4.10.2 Raum bestimmt Identität ... 283

7.4.10.3 Netzwerke gehören gepflegt ... 284

7.4.10.4 Der Künstler und seine Dienstleistung ... 285

7.4.10.5 Aktionsräume und wichtige Orte ... 286

7.4.11 Biografie Christoph Wipplinger [diejungs – PR-Agentur – Schraubenfabrik] Typ: Unternehmer oder „Kommunikationsarbeit ist ein ständiger Mix aus etwas im Word tippen, Emails schreiben, im Web recherchieren und viel telefonieren“ ... 289

7.4.11.1 Ausbildung/Fähigkeiten/Kenntnisse ... 289

7.4.11.2 Erfahrungen mit der Arbeit im Home-Office ... 290

7.4.11.3 Rolle in der Schraubenfabrik ... 291

7.4.11.4 Die Schraubenfabrik und das Grätzl ... 292

7.4.11.5 Aktionsräume und wichtige Orte ... 294

7.4.12 Biografie Julia Windner [Theatergehsellschaft – Schraubenfabrik] Typ: Dienstleisterin oder „das anders machen einfach, das ist für mich so reizvoll, nicht das, was erwartet wird“ ... 297

7.4.12.1 Vom Homeoffice in die Schraubenfabrik ... 297

7.4.12.2 Die Dienstleistung: Theatereinführungen ... 299

7.4.12.3 Aktionsraum und wichtige Orte ... 302

7.4.13 Biografie Max Juster [Architekt – Schraubenfabrik] Typ: Künstler oder „Ich bin eine One-Man-Show, arbeite alleine. Zum Arbeiten brauche ich einen Computer, einen Drucker, die ich selbst habe“ ... 302

7.4.13.1 Vom eigenen Büro in die Schraubenfabrik ... 303

7.4.13.2 Die Schraubenfabrik als sozialer Ort ... 304

7.4.13.3 Die Arbeit ... 304

7.4.13.4 Nicht so große Bedeutung der Netzwerke in der Schraubenfabrik ... 305

(14)

Inhaltsverzeichnis 15

7.4.13.5 Aktionsräume und wichtige Orte ... 305

7.4.14 Biografie Simon Blau [Architekt – Schraubenfabrik] Typ: Künstler oder „es war für mich schon ein Aha-Erlebnis, dass es so was gibt, in freier Arbeitsform und dass es funktioniert“ ... 308

7.4.14.1 Auf der Suche nach einem Arbeitsplatz ... 310

7.4.14.2 Die Bedeutung der sozialen Mischung ... 310

7.4.14.3 Die Bedeutung der Robustheit ... 311

7.4.14.4 Überredung zur Selbständigkeit ... 312

7.4.14.5 Netzwerke ... 313

7.4.14.6 Aktionsraum und wichtige Orte ... 314

8 Fazit ... 317

8.1 Die räumliche Dimension des Milieus als Ressource ... 317

8.2 Milieu als Steuerungsmodell: Steuerung durch Gemeinschaft und Netzwerke ... 319

8.3 Regulierte Selbstregulierung durch gemeinschaftsbezogene Milieus: Die Planung der „Nicht-Planung“ ... 320

8.4 Objektiviertes Soziales in seiner aktiven Rolle: Orte als Aktanten .... 321

8.5 Das Modell einer amalgamen Stadt ... 322

9 Stadtpolitik kreativ! Aber wie? Handlungsempfehlungen zur Entwicklung einer kreativen Stadt ... 327

9.1 Kreativ steuern ... 328

9.2 Menschen beteiligen ... 329

9.3 Kleinunternehmen fördern ... 330

9.3.1 Kreativität und Diversität fördern! ... 331

9.3.2 Stadtplanung als Moderator ... 331

9.3.3 Räume öffnen und Eigenentwicklungen zulassen ... 332

10Literaturverzeichnis ... 335

(15)

Abbildungsverzeichnis

Abbildung 1: Aufbau der Arbeit und Forschungsdesign ... 51

Abbildung 2: Modell einer gespaltenen Stadt... 102

Abbildung 3: Modelle einer „Ausdifferenzierung von Milieus” ... 103

Abbildung 4: Modell einer „Netzstadt” ... 106

Abbildung 5: Modelle einer „Amalgamen Stadt“ ... 109

Abbildung 6: Dichte der „Creative Industries” in Wien ... 167

Abbildung 7: Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Architektur ... 168

Abbildung 8: Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Grafik/Mode/ Design ... 169

Abbildung 9: Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Audio-Visuelle Unternehmen ... 170

Abbildung 10:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Kunst/Kunstmarkt ... 171

Abbildung 11:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Musikwirtschaft ... 172

Abbildung 12:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Literatur/Verlagswesen ... 173

Abbildung 13:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Museen/Bibliotheken/Hochschulen ... 174

Abbildung 14:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Werbung ... 174

Abbildung 15:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Software/Multimedia/Internet ... 175

Abbildung 16:Heterogenität in den „Creative Industries“ – Branchenvielfalt ... 176

Abbildung 17:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Anzahl der Betriebe Architektur ... 176

Abbildung 18:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ – Anzahl der Betriebe Werbung ... 177

(16)

18 0 Abbildungsverzeichnis

Abbildung 19:Räumliche Cluster in den „Creative Industries“ –

Anzahl der Betriebe Literatur/Verlagswesen ... 178

Abbildung 20:Schraubenfabrik – Lage im 2. Bezirk ... 179

Abbildung 21:Schraubenfabrik – Luftbild ... 180

Abbildung 22:Schraubenfabrik – Impressionen ... 181

Abbildung 23:Schraubenfabrik: in Interviews genannte Orte und Tätigkeiten im Arbeitsumfeld ... 182

Abbildung 24:Schraubenfabrik: Einteilung der genannten Orte und Tätigkeiten in beruflich und privat ... 183

Abbildung 25:Schokoladenfabrik – Lage im 7. Bezirk ... 184

Abbildung 26:Schokoladenfabrik – Luftbild ... 184

Abbildung 27:Schokoladenfabrik – Impressionen ... 185

Abbildung 28:Schokoladenfabrik: in Interviews genannte Orte und Tätigkeiten im Arbeitsumfeld ... 186

Abbildung 29:Schokoladenfabrik: Einteilung der genannten Orte und Tätigkeiten in beruflich und privat ... 187

Abbildung 30:Räumliche Cluster der „Creative Industries” – Standorte aller untersuchten Branchen im Umfeld der Schokoladenfabrik ... 188

Abbildung 31:Räumliche Cluster der „Creative Industries” – Standorte aller untersuchten Branchen im Umfeld der Schraubenfabrik... 189

Abbildung 32:In Interviews mit den Beschäftigten genannte Orte und Tätigkeiten ... 190

Abbildung 33:In Interviews mit den Beschäftigten genannte Orte und Tätigkeiten im Arbeitsumfeld ... 191

Abbildung 34:Einteilung der genannten Orte und Tätigkeiten in beruflich und privat ... 192

Abbildung 35:Von den Beschäftigten der Schokoladenfabrik und der Schraubenfabrik getrennt und gemeinsam genutzte Orte ... 193

Abbildung 36:Von den Beschäftigten der Schokoladenfabrik und der Schraubenfabrik gemeinsam genutzte Orte ... 195

Abbildung 37:Wohnorte der Befragten ... 196

Abbildung 38:Aktionsraum von Andreas Blum ... 208

Abbildung 39:Aktionsraum von Julian Eichinger ... 220

Abbildung 40:Fotos Julian Eichinger ... 221

Abbildung 41:Aktionsraum von Nathalie Rüdiger ... 233

(17)

Abbildungsverzeichnis 19

Abbildung 42:Aktionsraum von David Schlee ... 240

Abbildung 43:Aktionsraum von Sofie Biener ... 248

Abbildung 44:Fotos von Sofie Biener ... 249

Abbildung 45:Aktionsraum von Milan Monza ... 256

Abbildung 46:Aktionsraum von Elisabeth Wiesinger ... 263

Abbildung 47:Fotos von Elisabeth Wiesinger ... 264

Abbildung 48:Aktionsraum von Ulrich Hochner ... 271

Abbildung 49:Fotos Ulrich Hochner ... 272

Abbildung 50:Aktionsraum von Vera Sun ... 279

Abbildung 51:Fotos von Vera Sun ... 280

Abbildung 52:Aktionsraum von Floristan Prokop ... 287

Abbildung 53:Fotos von Floristan Prokop ... 288

Abbildung 54:Aktionsraum von Christoph Wipplinger ... 295

Abbildung 55:Fotos von Christoph Wipplinger ... 296

Abbildung 56:Aktionsraum von Julia Windner ... 300

Abbildung 57:Fotos von Julia Windner ... 301

Abbildung 58:Aktionsraum von Max Juster ... 306

Abbildung 59:Bilder von Max Juster ... 307

Abbildung 60:Aktionsraum von Simon Blau ... 315

Abbildung 61:Fotos von Simon Blau ... 316

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Tabellenverzeichnis

Tabelle 1: Vergleich der Forschungskonzepte von Richard Florida und

Dieter Läpple ... 74 Tabelle 2: Ressourcen innerhalb der kreativen Milieus und ihres

Steuerungspotenzials ... 119 Tabelle 3: Nutzungtypen der in den Interviews genannten

Orte und Tätigkeiten ... 194 Tabelle 4: Schraubenfabrik: InterviewpartnerInnen ... 198 Tabelle 5: Schokoladenfabrik: InterviewpartnerInnen ... 199

(19)

Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft

Eine Einführung von Jens S. Dangschat

In den letzten Jahren beschäftigten sich viele WissenschaftlerInnen, aber auch EntscheidungsträgerInnen in Stadtverwaltungen, Kommunalpolitik und in Unter- nehmen um die Begriffe „Kreativität“ und „Innovation“. Nachdem immer deut- licher wurde, dass man an den gewohnten Sichtweisen, Präferenzen und Prakti- ken der fordistischen Industriegesellschaft kaum noch festhalten konnte, begann die Phase des Umdenkens und Umsteuerns. In solchen Phasen des Umbruchs drängen diejenigen besonders stark nach vorne, deren Handeln der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ (Franck 1998) unterworfen ist – da werden neue Kunst- wörter geschaffen (‚glocalisation‘, ‚coopetition‘ etc.), die komplexe Vielfalt des radikalen Wandels auf einen griffigen Begriff reduziert oder am besten gleich

„das Kind mit dem Bade“ ausgeleert, indem beispielsweise vom „Ende der Mo- derne“ gesprochen wird.

Die Einsicht über radikale Änderungen (Informationsgesellschaft als „zwei- te industrielle Revolution“, Postmoderne als Ende der Moderne, Globalisierung etc.) bedeutet jedoch nicht, dass sich alles, an jedem Ort und für jeden mehr oder weniger sofort ändert. Im Gegenteil, es gibt nur wenige ‚forerunner‘, die ent- weder gezwungen sind, sich mit den neuen Kontexten auseinander zu setzen oder aber durch ihre Flexibilität und Schnelligkeit in besonderer Weise von den neuen Konditionen profitieren. Es gibt nur wenig empirisch gesichertes Wissen dar- über, wer die Pioniere welchen Typus von Veränderungen sind und unter wel- chen Bedingungen oder Wahrscheinlichkeiten diese neuen Sicht- und Hand- lungsweisen auf welche andere soziale Einheit übertragen werden und wie die

„Nachfolger“ diese Herausforderungen für sich interpretieren und umsetzen, be- vor dann möglicherweise der Mainstream einbezogen wird.

Dieser aktuelle Übergang findet auf mehreren, sich beeinflussenden Ebenen mit unterschiedlichen Dynamiken statt und führt damit zu einer sozialwissen-

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schaftlich interessanten, aber auch verwirrenden Phase intensiven Wandels („Die neue Unübersichtlichkeit“ – J. Habermas; die „Gleichzeitigkeit der Ungleich- zeitigkeit“ E. Bloch). In dieser Phase haben sich zwei Aspekte verstärkt, die ich für wesentlich halte: Zunehmend werden Werte und Handlungsweisen am be- triebswirtschaftlichen Denken ausgerichtet, d.h. an einer Profitorientierung im Sinne einer Optimierung der ökonomischen Aufwand-Ertrags-Relation. Es brei- tet sich über Multiplikatoren aus und wird auf solche gesellschaftlichen Bereiche übertragen, deren „Leitkultur“ entweder eine Orientierung am Gemeinwohl (Ge- bietskörperschaften wie Nationalstaaten, Bundesländer, Kommunen resp. andere territoriale Einheiten wie Regionen) oder an der Freiheit der Wissenschaften und der Vermittlung einer breiten Bildung ausgerichtet war (Schulen und Hoch- schulen).

In der Logik der Theorien der langen Wellen wird gegenwärtig von einem Übergang in den 5. Kondratieff ausgegangen (Läpple 1987). Nach diesen Theo- rien, die auf der Wirtschaftlichkeit von Produkten und Branchen, deren Wert- schöpfungs- und Beschäftigten-Relationen aufbaut, sind Übergänge von struk- tureller Arbeitslosigkeit in den auslaufenden Wirtschaftsprozessen und anschlie- ßend von einer Flexibilisierung gekennzeichnet, in welchen in unterschiedlicher Weise die soziale Ungleichheit zunimmt, was den gesellschaftlichen Zusammen- halt in besonderer Weise herausfordert. Gleichzeitig sind die aufkommenden neuen Phasen von neuen Technologien, Produkten und Produktionsweisen ge- prägt und damit auch von neuen Wertvorstellungen und Lebensweisen, die in Konkurrenz zu den konservativen stehen.

Als die neuen Technologien und „Rohstoffe“ werden eine extreme Auswei- tung chip-gesteuerter Prozesse, der Entwicklung und Anwendung neuer Materia- lien, eine Ausweitung der Genforschung (euphemistisch als „Lebensforschung“

bezeichnet) und vor allem eine neue Verwendung des „Rohstoffes Wissen“ ange- sehen. Das hat wiederum eine Reihe von höchst fragwürdigen Schlussfolgerun- gen zur Folge:

a. Einen Diskurs über die „sinkende Halbwertszeit“ von Wissen, woraus die These des „Lebenslangen Lernens“ abgeleitet wird; das ist nun nichts Neu- es, weil alle Menschen im Sinne der Sozialisation ihr Leben lang lernen und es ist gleichzeitig eine Reduktion des „Wissens“ auf für Arbeitsprozesse re- levante Wissensvorräte, die überwiegend in den Natur- und Technikwissen- schaften entstehen.

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Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft 25

b. Bei der Verwendung der Begriffe „Wissensgesellschaft“ resp. „wissensba- sierte Dienstleistungsgesellschaft“ – auch hier wird implizit davon ausge- gangen, dass dieses ein neues Phänomen sei – wird aber übersehen, dass es nie eine Gesellschaft gegeben hat, die nicht auf spezifischen Wissensvorrä- ten aufgebaut hat. Also wäre festzustellen, was das „neue Wissen“ aus- macht.

Natürlich kann und soll hier nicht bestritten werden, dass sich für Viele die Ar- beitsprozesse verändert haben und werden, dass in diesen Arbeitsvorgängen um- fangreichere und anspruchsvollere Wissensvorräte mobilisiert und ausgetauscht werden müssen, dass durch diese veränderten Ansprüche die Bildungssysteme umgebaut werden – ob in die richtige Richtung, ist allerdings höchst fragwürdig – und dass das Privatleben Vieler durch die Intensivierung von Informations- und Wissensvorräten beeinflusst wird.1

Ein weiteres Argument im Zusammenhang mit den gesellschaftlichen Neue- rungen ist ein Zuwachs an Kreativität und Innovation, der nötig sei, um sich wettbewerbsfähig am Markt zu behaupten. Weiter heißt es aus der Wirtschaft, dass dieses vor allem dann sehr effektiv (und anregend) erreicht werden kann, wenn man hinsichtlich der kulturellen Hintergründe, der Biographien, des Ge- schlechts, des Alters etc. sehr unterschiedliche Menschen in einen Kommunika- tions- und Arbeitsvorgang einbindet (diversity management).2

Im Zusammenhang mit den umfangreichen und vielschichtigen Heraus- forderungen aufgrund des massiven gesellschaftlichen Wandels richtet sich die verstärkte Aufmerksamkeit der Unternehmen, der Gebietskörperschaften, der Medien und auch der Wissenschaften auf „die Kreativen“ als Träger der Hoff- nung auf wirtschaftliche Wettbewerbsfähigkeit und Prosperität, als zentrales Ele- ment eines Standortfaktors zum einen durch die Wertschöpfung und Beschäfti- gung (‚creative industries‘), zum anderen als künstlerische Avantgarde, welche Quartiere prägt und von denen eine touristische Attraktivität ausgeht. Dieses lässt sich als neuer gesellschaftlicher Trend, als Szene, Lifestyle oder Milieu be- schreiben und vermarkten und ruft schließlich die Neugier der Sozialwissen-

1 Hier wäre es sicherlich hilfreich, genauer argumentieren zu können, für welche gesellschaftli- chen Formationen dieses wirklich zutrifft, wie intensiv diese Veränderungen sind und wie sie das Leben durchdringen.

2 Die Überlegung, warum sich die so arbeitenden Menschen in Amerika (wo dieser Ansatz bereits weiter verbreitet ist) in ihrem Privatleben in immer homogenere Milieus zurückziehen (Suburbia, gated communities), ist mehr als nur eine ironische Fußnote.

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26 Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft

schaftlerInnen hervor, die beispielsweise wissen wollen, ob „die Kreativen“ ver- änderte Formen der Vergemeinschaftung und Vergesellschaftung nutzen.

Neben den Überlegungen zur ökonomischen Situation (Prekarität der Be- schäftigung) und der Art der Regelungen von Verbindlichkeiten (mutually trust) stehen vor allem die Einteilungen des Tages und insbesondere das Verhältnis aus Erwerbsarbeit, Reproduktionsarbeit und Freizeit in ihren Mischformen im Vor- dergrund. Die Orte der Kreativen schwingen zwar immer mit, lassen sich leicht fotografieren und werden darüber als ‚genius loci‘ eindeutig zugeordnet (bei- spielsweise leerstehende Fabrikgebäude, Lagerhallen und andere ökonomisch bislang nicht oder nur unzureichend verwertete Orte mit entsprechenden ergän- zenden neuen (Innen-)Architekturen), bleiben aber im wissenschaftlichen Zu- gang letztlich Fassade, Kulisse resp. Bühnenbild, vor der sich „die Kreativen“

bewegen und abgebildet werden. Stadtverwaltungen versprechen sich nicht nur einen unmittelbaren wirtschaftlichen Erfolg durch die Unternehmenstätigkeit der

‚creative industries‘, sondern auch symbolisches Kapital durch die Wiederbele- bung von Gebäuden, Industriekomplexen oder ganzer Quartiere. Damit haben

„die Kreativen“ zum einen die Funktion von Pionieren innerhalb von Aufwer- tungsprozessen bislang eher vernachlässigter städtischer Baustrukturen. Zum an- deren wird ihnen jedoch auch eine Belebung der Lebendigkeit der jeweiligen Viertel zugeschrieben bis hin zur Stärkung der Zivilgesellschaft vor Ort (‚crea- tive capital‘ für „gesellschaftliche Erfindungen“) (vgl. Dangschat 2006, Läpple

& Walter 2007).

Vor diesem Hintergrund hat Oliver Frey seine Überlegungen zur „amalga- men Stadt“ entwickelt, einer Stadt, in der sich – zumindest in ausgewählten Teil- gebieten – gesellschaftliche Funktionen wieder stärker überlagern, Nutzungs- muster sich stärker durchmischen, Vielfalt wieder entsteht, wobei sich die AkteurInnen unterschiedlich dicht aufeinander beziehen (von der ausschließ- lichen zeitlichen Parallelität an einem Ort bis zur gegenseitigen Durchdringung, die möglicherweise Neues entstehen lässt). Dieses ‚morphing‘ steht im Gegen- satz zur Ordnung des modernen Städtebaus mit seiner Funktionstrennung und der Folge des Verlustes städtischer Vielfalt an den einzelnen Orten, aber auch im Gegensatz zur Linearität der Problemsicht, welche die Soziologie lange prägte.

Das Potenzial der Durchdringung muss jedoch nicht notwendigerweise zur funktionalen und sozialen Vielfalt führen, sondern kann auch ausgrenzend wirk- sam werden. Es entsteht daher auch nicht „aus sich heraus“ Kreativität, sondern sie muss gestaltet werden. Wo sucht (und findet) man nun sich selbst organisie- rendes vielfältiges Kreativitätspotenzial? Oliver Frey hat es – wie viele andere –

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Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft 27

unter den Beschäftigten der sog. Kreativberufe – ArchitektInnen, DesignerInnen, WerberInnen, Event-OrganisatorInnen, KünstlerInnen (und LebenskünstlerIn- nen) – gesucht und gefunden. Auch die Orte scheinen eindeutig zu sein: kaum oder wirtschaftlich nicht rentierliche genutzte Fabrikgebäude, für die niedrige qm-Mieten verlangt werden, die große, hohe Räume und große Spannweiten auf- weisen; kahle Brandmauern, sichtbare Stahl-Armierungen mit Rostansatz, Ruß- und Ölreste vergangener Industrie-Nutzung sind ebenso „kleidsam“ wie zurück- gebliebene Maschinen, Kessel und Schornsteine.

Oliver Frey hat diese räumlichen settings in der ehemaligen Schrauben- und Schokoladenfabrik in Wien gefunden, die aber zudem durch ein wirtschaftliches Konzept gekennzeichnet sind: Ein „Generalunternehmer“ vermietet Arbeits- plätze im Loft, bei gleichzeitigem Zur-Verfügung-Stellen der Overheads von der Kaffeemaschine bis zum Internet-Anschluss, dem Plotter und der „You’re never alone-Garantie“. Damit wird ein setting angeboten, dass nicht nur „Kreativität“

aufgrund der baulichen Situation leicht zuschreiben lässt, sondern auch Kommu- nikation unter Gleichgesinnten, wo die Chemie stimmt, weil sie selbst erzeugt wird, Dienstleistungs-Gewerke einander ergänzen können und man sich um die Bürotechnik nicht kümmern muss.

Wichtig ist jedoch nicht nur der unmittelbare Arbeitsplatz mit seinen funk- tionalen und sozialen Möglichkeiten, sondern auch der Mikrostandort zählt, denn er dient – so die Ergebnisse von Oliver Frey – in hohem Maße als Lebensmittel- punkt. Er sollte fußläufig alles liefern, was am unmittelbaren Arbeitsplatz nicht geboten wird, was es nahe legt, auch die Wohnung nicht in allzu großer Entfer- nung zu haben. Weiter soll das Viertel weitgehend den Ansprüchen an eine 24- Stunden-Stadt erfüllen, denn die Arbeit ist selten um 17 oder 18 Uhr zu Ende und ein Hunger kann sich um 3 Uhr morgens einstellen.

Oliver Frey nimmt aus den Erfahrung seiner Intensivinterviews mit den kreativen Bewohnern ihrer Arbeitsplätze in den ehemaligen Fabriken einen für die Stadtsoziologie interessanten Perspektivenwechsel vor: Er stellt nicht den Wohn-, sondern den Arbeitsstandort in den Mittelpunkt der Lebensgestaltung3

3 Sicherlich ist es aufgrund der Dauer des Aufenthalts und der Bedeutung für die Identifikation in der Vergangenheit naheliegend gewesen und auch heute wichtig (und in absehbarer Zukunft wird es so sein), dass die Wohnung für die Mehrheit der StadtbewohnerInnen der wesentliche Bezugspunkt bleibt. Aber über den pragmatischen Grund wurde meines Wissens in der Stadt- und Regionalsoziologie niemals wirklich reflektiert, nämlich dass nur über BewohnerInnen von Wohnungen einigermaßen differenzierte Statistiken vorliegen. Aus diesem Grund hat in der Stadt- und Regionalforschung auch die Analyse des Öffentlichen Raumes nicht die Bedeutung erhalten, die ihm eigentlich gebührt (vgl. Breitfuss et al. 2006).

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28 Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft

sicherlich zunehmend zutreffend für Menschen ohne Familie und einer täglichen Arbeitszeit von ca. 12 Stunden, die ihren Bekannten- und Freundeskreis zeitlich in und um die Erwerbsarbeit anordnen und damit zur „Ersatzfamilie“ machen.

Eine weitere Überlegung von Oliver Frey ist interessant und wert, sie weiter zu verfolgen: Er unterscheidet bei den prinzipiell zur Verfügung stehenden Wis- sensvorräten zwischen der Ich-, Wir- und Orts-Ressource. Im Rahmen seiner Analyse der Ortsressource fokussiert er auf das ‚kreative Kapital‘, das an den Ort gebunden ist (mindestens für das Arbeitsplatzsetting, aber auch die Orte der Frei- zeitgestaltung, der Vermischung von Arbeiten und Freizeit sowie des quartiers- bezogenen ‚socialising‘). Diese Unterscheidung kann die Debatte über das Sozialkapital weiter differenzieren, auf das an diesen sozial und wirtschaftlich abgewirtschafteten Orten in jüngster Zeit verstärkt geschaut wurde (vgl. Schnur 2003).

Da das zivilgesellschaftliche ‚creative capital‘ gerne (und vorschnell) für die ‚creative industries‘ nutzbar gemacht wird, lohnt auch ein Blick auf die De- batte um das ‚territorial capital‘ in der Regionalökonomie.4 Jeder Mensch verfügt über einen eigenen Wissensvorrat (Ich-Ressource), den er nach seinen Präferen- zen resp. Zwängen für soziale Bezüge einsetzt. Da Menschen soziale Wesen sind, entsteht diese Ich-Ressource nicht nur im Rahmen des Sozialisationspro- zesses, sondern sie wird erst aufgrund eines gesellschaftlichen Austauschs wirk- sam. Hierbei unterscheidet Oliver Frey die mit anderen Menschen/Institutionen ausgetauschten Wissensvorräte (die sich so konstituieren), die an einen Ort ge- bunden sind (Orts-Ressource), und solche, die ortsunabhängig sind (Wir-Res- source).

Zwei zeitlich parallele Debatten wären demnach aufeinander zu beziehen:

Zum einen die Diskussion um Quartiersmanagement, bei dem Anlässe geschaf- fen werden, dass unterschiedliche soziale Gruppen, Verwaltungseinheiten und wirtschaftliche AkteurInnen auf neue Weise sich über face-to-face-Kontakte zu Themen der Verbesserung der Alltagssituation im Quartier resp. am Mikrostand- ort austauschen, Gemeinsamkeiten erarbeiten und entsprechend konsensual um-

4 Camagni (2007) unterscheidet beispielsweise in ‚human capital‘ (was weitestgehend aus der Ich- Ressource geschöpft wird), ‚social capital‘ (worunter er die Wertvorstellungen, Infrastrukturen und Organisationsformen versteht, für welche die öffentliche Hand zuständig ist) und ‚relational capital‘ (Kooperationsfähigkeit und die Ressourcen, welche von den NetzwerkpartnerInnen ein- gebracht werden – das weitgehend dem Verständnis von „sozialem Kapital“ bei Bourdieu ent- spricht). Erst dann, wenn man „weise“ diese drei Kapitalarten zusammenbringt – so die These Camagnis – kann über Kooperationsnetzwerke territoriales Kapital gebildet und voll ausge- schöpft werden.

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Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft 29

setzen (Stärkung der ‚weak ties‘ durch Brückenbildung – Ausnutzung der Orts- Ressource). Zum anderen die Debatte über ausgeweitete Demokratisierung und Partizipation unter Nutzung neuer Medien, wodurch es auch möglich ist, Infor- mationen, Erkenntnisse und Wissen anderer Orte für den jeweiligen Interven- tionsort nutzbar zu machen (Ausnutzung der nicht ortsgebundenen Wir-Res- source).

Dabei sind zwei weitere Aspekte bedeutsam: Vor Ort überlagern sich unter- schiedliche Orts-Ressourcen, die zu unterschiedlichen Anlässen und Zwecken in unterschiedlicher Intensität und Breite gleichzeitig aufeinander bezogen und damit gemeinsam wirksam werden (s. zu den individuellen Konstruktionen M. Löw 2001), ebenso sind jedoch auch Ortsressourcen denkbar, die gegenein- ander mobilisiert werden, wenn es um Positionskämpfe vor Ort geht (vgl. Bour- dieu 1991). Ein zweiter Aspekt ist für die Überlegungen zum „Territorialkapital“

wichtig: Um dieses zu optimieren, sollten möglichst viele Vor-Ort-AkteurInnen auch die Informationen der Wir-Ressourcen konstruktiv einbringen, die aus nicht an den Ort gebundenen Vorräten stammen (‚foreign direct investment of sticky knowledge‘)5.

Aus diesen Überlegungen sollte deutlich werden, dass die häufig in wissen- schaftlichen Veröffentlichungen, aber auch in kommunalen und regionalen Prak- tiken als „neu“, „modern“ und „alternativlos“ dargestellten Praktiken des Aufein- ander-Beziehens unterschiedlicher Wissensvorräte erstens zur Steigerung der ökonomischen Wettbewerbsfähigkeit genutzt werden sollten. Aber auch zivilge- sellschaftliche Innovationen sollten ebenso ermöglicht werden, wie individuelle Lösungen für Herausforderungen, die sich aus den Zwängen und Möglichkeiten der Neu-Bestimmung von Biographien, Wechselverhältnissen aus Erwerbsarbeit und Nicht-Erwerbsarbeit resp. der Konstitution von Freundes- und Bekannten- Netzwerken gezogen werden können – hierfür sollten sich insbesondere die So- zialwissenschaftlerInnen interessieren.

Darüber hinaus sollte deutlich werden, dass es bei der angestrebten Zusam- menarbeit nicht um die Forderung nach einer inter- und transdisziplinären Ko- operation per se gehen kann, sondern vielmehr sollten die durch institutionelle settings eingebundenen AkteurInnen (‚framing‘) dahingehend untersucht wer- den, ob sie überhaupt gemeinsame Interessen haben, die durch Kooperations-

5 Dieses FDI hat gegenüber den finanziellen FDIs den Vorteil, dass die Art und Intensität des Ein- satzes nicht außerhalb des Ortes entschieden wird, sondern von Vor-Ort-AkteurInnen und somit den AkteurInnen im Quartier die Möglichkeit bleibt, die Ressourcen für ihre Ziele zu nutzen.

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30 Kreative Orte, kreative Steuerung, kreative Wissenschaft

formen gestärkt werden könnten, oder ob sie nicht „gute Gründe“ dafür haben, eben nicht territorial gebunden miteinander zu arbeiten. Wettbewerbsfähiges ter- ritoriales Kapital ist eben nicht über Strukturen, sondern über soziale Prozesse herstellbar.

Literatur

Bourdieu, Pierre 1991: Physischer, sozialer und angeeigneter physischer Raum. In: M.

Wentz (Hrsg.): Stadt-Räume. Frankfurt am Main & New York: Campus: 25-34.

Breitfuss, Andrea; Dangschat, Jens S.; Gruber, Sabine; Gstöttner, Sabine & Witthöft, Gesa 2006: Integration im öffentlichen Raum. Stadt Wien, Magistratsabteilung 18 (Hrsg.): Werkstattbericht, Nr. 82.

Camagni, Roberto 2007: Towards a Concept of Territorial Capital. Paper presented at the joint 47th ERSA-congress & ASRDLF, Paris 29.8.-2.9.2007.

Dangschat, Jens S. 2006: ‚Creative Capital’ – Selbstorganisation zwischen zivilgesell- schaftlichen Erfindungen und der Instrumentalisierung als Standortfaktor. In: K.-S.

Rehberg (Hrsg.): Soziale Ungleichheit, Kulturelle Unterschiede. Verhandlungen des 32. Kongresses der Deutschen Gesellschaft für Soziologie in München 2004, Teil 1:

Frankfurt am Main & New York: Campus: 615-632.

Dangschat, Jens S. 2007: Reurbanisierung – eine Renaissance der (Innen-)Städte? In Lan- deszentrale für politische Bildung, Baden-Württemberg (Hrsg.): Städtepolitik und Stadtentwicklung. Der Bürger im Staat 3/2007: 185-191.

Franck, Georg, 1998: Die Ökonomie der Aufmerksamkeit. Ein Entwurf. München: Han- ser.

Läpple, Dieter 1987: Zur Diskussion über ‚Lange Wellen’, ‚Raumzyklen’ und gesell- schaftliche Restrukturierung. In: W. Prigge (Hrsg.): Die Materialität des Städtischen.

Stadtentwicklung und Urbanität im gesellschaftlichen Umbruch. Stadtforschung ak- tuell 17. Basel & Boston, Birkhäuser: 59-76.

Läpple, Dieter & Walter, Gerd 2007: Stadtquartiere und soziale Integrationsmuster. In:

J. S. Dangschat / A. Hamedinger (Hrsg.): Soziale Lagen, Lebensstile und Siedlungs- strukturen. Hannover: Akademie für Raumforschung und Landesplanung (ARL):

111-138.

Löw, Martina 2001: Raumsoziologie. Frankfurt am Main: Suhrkamp.

Schnur, Olaf 2003: Lokales Sozialkapital für die „Soziale Stadt“. Politische Geographien sozialer Quartiersentwicklung am Beispiel Berlin-Moabit. Opladen: Leske + Bu- drich.

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1 Einleitung

Der gesellschaftliche Strukturwandel von einer fordistisch geprägten Industrie- gesellschaft zu einer postindustriellen Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft stellt die Steuerung urbaner Zusammenhänge durch Stadtplanung vor neue Her- ausforderungen. Der tiefgreifendste gesellschaftliche Strukturwandel seit den 1970er Jahren ist durch eine wechselseitige Verknüpfung von ökonomischen Umstrukturierungen und soziokulturellen Wandlungen der gesellschaftlichen Ordnung gekennzeichnet. Diese neue Einbettung sozialer und ökonomischer Pro- zesse in lokale oder regionale Räume findet insbesondere in größeren Städten ihren Ausdruck. Dabei spielen Kreativität und Wissen für die Entwicklung von neuen Ideen und Gütern eine herausragende Rolle. Seit den 1990er Jahren ist in der wissenschaftlichen Literatur wieder viel von diesen kreativen Eigenschaften der Städte die Rede: „Creative City“ (Landry 2000); „Creative Industries“

(O’Connor 1999), „Milieux Innovateurs“ (Aydalot 1986) oder „Creative Class“

(Florida 2002) sind Begriffsverbindungen von Kreativität und städtischer Le- benswelt. Spätestens seit Tony Blair Mitte der 1990er Jahre mit „Cool Britannia“

die Kulturökonomie und die Kreativwirtschaft oder die „Cultural Industries“ mit ihren flexiblen und eigenverantwortlichen Arbeitsformen entdeckte, um den Um- bau des Sozialstaates positiv auszuschmücken, ist der Typus des „Culturepre- neurs“ (Davies/Ford 1999) in aller Munde. Ihm traut man zu, allein durch den Einsatz seiner eigenen Kreativität auch prekäre ökonomische Phasen ohne staat- liche Unterstützung durchzustehen. Dieser „kulturelle Unternehmer“ verbindet mit seiner kreativen Dienstleistung die früher tendenziell getrennten Subsysteme Wirtschaft und Kultur. Er wurde seither oft politisch instrumentalisiert, modisch überhöht oder als irrelevant marginalisiert. Auch die Wissenschaft entzieht sich nicht der „Ökonomie der Aufmerksamkeit“ (Frank 1998) und versucht, dieses Phänomen des gesellschaftlichen Wandels in der postfordistischen Ökonomie zu beschreiben, zu analysieren und schließlich die richtigen Schlussfolgerungen zu ziehen.

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32 1 Einleitung

Die zugespitzte Diagnose lautet, dass die Städte, insbesondere die urbanen innerstädtischen Bereiche, spezifische Bedingungen für kreative Innovationen in der Wissens- und Kulturproduktion bereitstellen und sich dort neue Formen so- zialer Vergemeinschaftung im Sinne einer neuen Regulation von Arbeits- und Lebensformen herauskristallisieren. Dieses Potenzial der Städte in einer Wis- sensgesellschaft könnte zu einer „Renaissance der Städte“ (Läpple 2003) bei- tragen.

Die Zukunft der „europäischen Stadt“ – die in dieser Arbeit mit einem Mo- dell einer „amalgamen Stadt“ zu fassen versucht wird – liegt in der Anerkennung und Förderung gemischter sozialer, kultureller und sozialräumlicher Strukturen.

Das Modell der „amalgamen Stadt“ benennt zum einen die Überlagerung von Nutzungen und Funktionen und zum anderen die Mischung sozialer Gruppen als Voraussetzuung für eine vielfältige urbane, kreative Stadtstruktur. Die „amal- game Stadt“ bezeichnet an diesen gemischten Orten und Nachbarschaften a) die Verschmelzung von Orten (physisch-materiell) und dem Sozialen (zumindest für den temporären Augenblick) und b) die Interdependenzen von Orten durch Be- wegung von AkteurInnen zwischen ihnen. Das Konzept einer „amalgamen Stadt“ zielt darauf ab, dass ein Gemenge und eine Mischung von unterschied- lichen Orten den stadträumlichen Nutzungs-, Wahrnehmungs- und Lebensraum bilden. Diese miteinander verknüpften Orte stehen in einem kontextualen Raum- zusammenhang. Ihre Verknüpfungen und Verschmelzungen finden über soziale Praktiken der Individuen und über kulturelle sowie symbolische Codierungen statt, die von der spezifischen Gruppe der kreativen Milieus „gelesen“ werden können.

Die europäische Stadt und ihre BewohnerInnen stehen vor neuen Heraus- forderungen: Werden sie den ökonomischen und sozialen Strukturwandel von einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft so steuern können, dass urbane Räume ihre (positiven) Qualitäten entwickeln oder zumindest bewahren können? Diese Arbeit zeigt auf, welche Rolle eine be- stimmte städtische Bevölkerung – die kreativen Milieus – bei dieser Aufgabe spielen kann. Dabei wird eine neue Form der stadträumlichen Identitätsbildung konstatiert, eine sog. „amalgame“ Identität dargestellt und untersucht, inwiefern diese für eine stadtplanerische Strategie als Triebkraft nutzbar gemacht werden kann. Eine Anerkennung von „amalgamen Identitäten“ im Stadtraum hat die Abwendung von reinen, monofunktionalen Strukturen zur Grundlage und sieht die Ressourcen von überlagernden und gemischten sozialräumlichen Orten. Das Ziel dieser planerischen Strategie besteht in einer Integration der neuen Zentren

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1 Einleitung 33

der Kreativität, die in gemischten und heterogenen Strukturen entstehen, in das öffentliche städtische Gewebe.

Die Herausforderungen, die diese veränderten Rahmenbedingungen für die kommunale Steuerungsmöglichkeit der Stadtplanung bilden, stehen im Vorder- grund der Arbeit. Ziel ist es, einen neuen Forschungszugang zu entwickeln, der sozialräumliche Stadtentwicklung in den Kontext eines erweiterten Verständnis- ses urbaner und kreativer Governanceformen stellt. Dazu wird der Frage nach- gegangen, ob und inwieweit die veränderte Rolle von Stadtplanung in der Wis- sensgesellschaft (vgl. Streich 2005) auf den Wandel von „Government“ mit seinen traditionellen Instrumenten und Methoden der „top-down-Planungen“ hin zu „Governance“ mit seinen stärker kooperativen, koordinierenden und vermit- telnden Methoden und Instrumenten zurückzuführen ist.

Kennzeichen dieser neuen postindustriellen, postmodernen, postmateriellen und postfordistischen Stadtstrukturen (vgl. Krätke 1991a, 1991b) ist eine räum- liche Entankerung gesellschaftlicher Strukturierungen: Von ihnen wird der „Tod der Entfernung“, das „Ende der Geografie“, ein „Verschwinden oder Verflüssi- gen von Raum“ postuliert. Die sozialräumliche Struktur der Städte scheint durch die Globalisierung und Internationalisierung von Warenmärkten, Finanzströmen und einer Vereinheitlichung von kulturellen Manifestationen bestimmt und in einen „Raum der Ströme“ (Castells 1996) gemündet zu sein, in dem die gesell- schaftliche Ordnung überwiegend durch die Zeit strukturiert wird (vgl. Virilio 1995).

Diesem Postulat des Bedeutungsverlustes des Raumes steht auf der anderen Seite die Beobachtung einer verstärkten Gebundenheit sozialer und auch ökono- mischer Prozesse an bestimmte Räume und Orte gegenüber. Im Gegenzug wird von einer „Renaissance des Regionalen“ oder auch vom Wiedererstarken lokaler Identitäten gesprochen, bei der die Spezifik dieser Räume in kultureller, sozialer und ökonomischer Hinsicht betont wird. Diese neue Verankerung sozialer und ökonomischer Prozesse an konkreten Orten und in sozialen Räumen wird als prä- gende Rahmenbedingung für soziale Handlungen, psychische Wahrnehmungen sowie individuelle oder gruppenspezifische Werthaltungen genannt.

Diese neuen Konfigurationen der sozialen und räumlichen Organisation von Stadtgesellschaften werden im Folgenden vor dem Hintergrund der Analyse des gesellschaftlichen Strukturwandels hin zu einer Dienstleistungs- und Wissens- gesellschaft näher beschrieben.

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34 1 Einleitung

1.1 Gesellschaftlicher Strukturwandel

– Übergang einer Industriegesellschaft zu einer Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft

Die sozialwissenschaftliche Diagnose eines gesellschaftlichen Strukturwandels seit den 1970er Jahren von einer fordistisch geprägten Industriegesellschaft zu einer postindustriellen Dienstleistungs- und Wissensgesellschaft beschreibt eine wechselseitige Verknüpfung von ökonomischen Umstrukturierungen und sozio- kulturellen Wandlungen der gesellschaftlichen Ordnung. Der Prozess einer Glo- balisierung der Ökonomie wird durch die Herausbildung neuer Informations- und Kommunikationstechnologien im Zuge einer Digitalisierung von Daten for- ciert (vgl. Läpple 2001).

Dadurch können die Produktion von materiellen Gütern, der Austausch von Informationen sowie die Transaktion von ökonomischem Kapital schnell orts- gebundene Verankerungen sowie geografische Distanzen überwinden. Diese ver- stärkte räumliche Mobilität von Kapital, Informationen und Waren führt zu neu- en sozialräumlichen und zeitlichen Strukturierungen der städtischen Gesellschaft (vgl. zu den „Raumzeitstrukturen“ Henckel 2005).

Die sozialwissenschaftliche Diagnose der Gegenwartsgesellschaften betont auch neue Formen und Strukturierungen der sozialen Organisation von Gesell- schaft. Die gesellschaftliche Sozialstruktur ist durch weitreichende Ausdifferen- zierungen gekennzeichnet. In Forschungen zur sozialen Ungleichheit wird be- tont, dass bestimmte Merkmale der traditionellen Ungleichheitsforschung wie Erwerbseinkommen, Beruf, Ausbildung und Alter ihre Bedeutung für die gesell- schaftliche Lage verändern (vgl. Hradil 1983, 1989, 1992b; Kreckel 1992; Bour- dieu 1983, 1985, 1997; Dangschat 1990, 1996). Neue Merkmale sozialer Ungleichheit wie das soziale oder biologische Geschlecht oder subjektive Wert- haltungen und Lebensstile, mitunter auch der Wohnort, gewinnen an Bedeutung für die Position im gesellschaftlichen Raum (vgl. zu der Bedeutung des Wohn- ortes als Ursache sozialer Ungleichheit Dangschat 1997). Die Auflösung und die dadurch erforderlich gewordene Neubestimmung tradierter sozialer Strukturie- rungen lässt sich zum einen an neuen Formen der Spaltung der Gesellschaft in arm und reich zeigen. So sind heute – im Gegensatz zu dem Gesellschaftsaufbau einer „nivellierten Mittelstandsgesellschaft“ (Schelsky 1965) – auch zunehmend Teile der Mittelschicht durch Armut bedroht.

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