Alle Rechte v orhelialten
Bimini-Verlag,
Hamburg 36
ARTHUR SAKHEIM
Expressionismus Futurismus Aktivismus
Drei Vorträge
Zweite Auflage
1920
Digitized
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the InternetArchive
in
2016
https://archive.org/details/expressionismusfOOsakh
ERSTER VORTRAG
Expressionismus, Futurismus, Aktivismus...
Man
glaube nicht, es seien nur ausgedachte Schlagworte, den
Abgrund
zwischen Kunst und Öffentlichkeit zu überbrücken. Es sind die drei ineuenHauptwege
der deutschen, der europäischen jungen Poesie; wie- wohl, nach Wollen und Vollbringen, nicht die ein- zigen Verheißungen des Schaffens. Indes,— wenn
man
die Versumpfung, die Verknöcherung, den Singsang des Abgelebten und—
die gigantischAb-
seitigen ausschaltet, nur die Neuland suchenden In- dividualitäten, Stimmen, Kreise und Gegenkreise in
Betracht zieht, bleiben diese schöpferischen Haupt- richtungen.
Unsere jungen Dichter sind Expressionisten, Futuristen, Aktivisten ...
Man
könnte auch sagen:begeisterte Propheten, überzeugte Sybariten (der Geistigkeit),
vermessene
Propagatoren. Stellung und Gesichtskreis eines jedenwerden
damit nicht eindeutig bestimmt sein. Die ganze bunte Vielfältig- keit einer überreichen gebärenden Einbildungskraft läßt sich nicht durch Grundsatz und Glaubenslehre erschöpfen.Neben
sehr Folgerichtigen, wirdman
Versprengte, Verkleidete finden; durchtriebene Halbkünstler, bei denen hohe Durchgeistigung mit
G
der Ikreitwilligkeit verbunden ist,
dem
Kalkül,dem
kaufmärmisclien Vorteil zu opfern,
—
grellflackernde, feuerwerkendeKönner
und Macher.(iemeiii ist allen die reizbare, aufgewühlte, tumiil- tuarisch erregte
Formkunst
der Sprache,—
die Sehiisiicht, sich verlangend und verbrennend in über- stürzte Khiythmen, in neue Errungenschaften zu er- giehen.Den F
111 u ri sm
usnahm man
zunächst als eine tolle Ungehörigkeit minderer Güte, als putzige Lustigmacherei für sonderbare Feinschmecker, als verführerische, sittenverderbliche Ausgeburt der 'Fageslaune.Man
sah nur die Karikatur, nur die grelle Verzerrung.Der
Fluch der Lächerlichkeit lastete auf den Allzudreisten. BürgerlicheGemüts-
kultur, Alltagswirtschaft, Spießerstumpfsinn
nahmen
die Imscheinung nicht ernst: nicht schwerer jeden-
falls als irgend einen anderen „letzten Schrei“, der sich in Paris, Mailand, Berlin oder Petersburg ver-
nehmen
ließ. Immerhin, Seiltänzerei und beschä-mende Armut
an fruchtbaren Ideen, Versteckenspiel und kraftlose, flügellahmeTräume machen
nicht dasWesen
dieserBewegung
aus. Verdächtigwaren
gewisse Dichterzünfte, die sich hie und da auftaten;verdächtig der schillernd bemalte und verzierte
Mummenschanz
experimentierender Dichtkunst. Ein- zelne unter denKommenden
aber fanden erlesene Klangwunder, hörtenwache Rhythmen,
erfaßten unentdeckten Wohllaut, verschmolzen hingebungs-voll strenge Kunst mit Spielerei und parfümierter
Zuchtlosigkeit;
zwangen
ihren glühend und eisigkalt gesteigerten Subjektivismus, durch das Mittelglied artistischer und sprachekundiger Versuche, form- gewandtester neuparnassischer Lüste, zu einer launenhaften Meisterschaft. JedesWort wurde
ein liebevolles Vertiefen, eine Überraschung. Es er-gaben sich Räusche, segenspendende Narkotika, oft-
mals köstliche Säfte;' es ergab sich eine eigentüm- liche tragigroteske Art, sehr wunderlich, eigensinnig, hochmütig preziös,
vermessen
leichtfertig, weit ent- ferntvom
vielgepriesenen „stillenWalten
einer Dichterseele“,—
und doch künstlerisch. Diese abenteuerlich, närrisch seltsam schwingende, den- noch. gestrenge, tragigrotesk gezügelte Linie des F^Viturismus hat aus Aufruhr,Urmasse
und Umsturz- lehre doch schon neue, übertrieben persönliche Ver- knüpfungen geschaffen. (Auf dieWeise ward
nicht selten großes Gut an Kleinigkeiten vertan.)Der
Futurism.us liebt allerlei Gebräuche,Weihungen
ästhetischer Weltlichkeit und Ruchlosig-keit, die Pflege des persönlichen Elements, die Easchingslarven, die literarische Geheimlehre. Seine Offenbarungen sind Gespinste, Gebilde einer bis zur Parodie willkürlich
gewordenen
Ichkunst, die mit besonderer Vorliebe denmehr
oder weniger biede- ren öffentlichenGeschmack
ohrfeigt.Der Ex-
pressionismus
liebt das Sturmlied des Gefühls, die Gedankenarbeit und die schwärmerische Er- fassung des Wesentlichen. Weitaus weniger ist er ein Herrengut der gezierten höheren Bellestristik.8
Stark und willensfest
wendet
er sich den Fragen, den letzten Antrieben undWahrheiten
desLebens
zu, mit denen der verschwenderisch gesättigte Ihiturisrnus spitzfindig spielt. Auf seine
Fahne
schreibt der Futurismus das selbstsüchtige, zimper- liche: „Noli
me
tangere“— „Rühr
mich nicht an“.Härter züchtet der Expressionismus die Einbildungs- kraft seiner Talente. Seine Sprache erzittert in- brünstiger, rauscht bluternster, schallt genauer und gleichwohl tönender. Beharrlich und eindringlich, von einer ständigen Ergriffenheit beseelt, übersinn-
lich neugierig, ringt er
um
das lebendige, wirkliche Leben, ringtum
die geistigeUmformung, um
das schroffe Ding an sich. Einfacher, klarer, umfassen-der, vollendeter wird die zeitgenössische Seele.
Man
kann vielleicht sagen: Bei derBerührung
mit der finsteren Barbarei, mit deranmaßenden
Niedertracht der sogenannten „großen Zeit“, zuckt der Euturis- mus, der, trotz anarchistischen Aufschwüngen, eine blasierte Kunstrichtung der halbgetöteten Instinkte bleibt,—
zuckt dieses befremdete und verletzte KTihrmiclmichtan mit einer verächtlichen Grimasse auf den Lippenzusammen,
verschwindet unaufhalt- sam, und der überpersönliche Expressionismus erscheint mitten imGetümmel,
an hervorragenderStelle.
Allerdings sind auch die zwanzig- und dreißig- jährigen Poeten expressionistischer Gepflogenheit zumeist
von
der Kultur Gehätschelte, sind nicht nur begabte, sind vor allem auch beängstigend gebildeteJünglinge.
Doch
ihr Schaffen ist, ohnedarum
schematisch oder engrealistisch zu werden, im Kon- kreten verankert, und strebtvom
Abbildzum
Urbild, zur vermuteten, lenkenden Grundform, Durch- glühung und Rechtfertigung. Die Grenzlinie gegen den Futurismus ist haarfein, aber sie läßt sich sinn- fällig und überzeugend ziehen.Wie
der Geist zur Seele, wie Nietzsche zu Baudelaire(um
zwei große Europäer zu zitieren), wie daswahre Erwachen
des Eindringlichen, Phantasievollen, Eortreißenden zur Verabscheuung, Verneinung der Gewöhnlichkeit, Ab- gedroschenheit, Fadheit, wie Betrachtung derWelt
durch das Prisma einer haß- und liebestarken Gott- heit zu äußerstgewandtem Denken
und lästerlichem Wohlgefühl,—
also verhält sich der Expressionis-mus zum
Futurismus. Die persönliche, allzupersön-liclie. Tragikomödie geht in eine vorstürzend
altruistische Lyrik, in eine menschenliebende Ge- fühlsverzückung, in ein selbstverständliches Lob- singen über. Liier unabsehbare höhere Affektiert- heit,
angenommenes
Getue,—
da Höllenfahrt undGedanken-Symphonien.
Die jungen Expressionisten überwinden sich selbst,Jugendweh
und Lästerung, schauen hinter die sichtbaren Dinge, auf die schwei- gendenZusammenhänge,
zwingen, durch den Grimdton ihrer bestürmendenGedanken
und Er- leuchtungen, breitere Scharen in Gefolgschaft und zur Auseinandersetzung mit letzten Fragen; zwingen Menschen, denen die futuristischen Ausstrahlungen zu kraß oder zu blaß, dünkelhaft oder auch nicht10
^anz echt schienen. Insbesondere
war
bei uns in Deutschland der Futurismus nie so sehr beziehungs- reich erlebte Kunst- und Literaturperiode, wie in ge- wissen ost- und westeuropäischen Kulturzentren. ..
Während
die expressionistische ZeitSchwung
und Lrgriffenheit der Bejahung, die sausende, feuer- getaufte Leidenschaft der Apokalypse in sich trägt und dasZeug
haben mag, zu einemdenkwürdigen
Lebensabschnitt wirklicher Blüte deutscherDichtung zu werden. Freilich, das gesetzgebende, muster- gültigeWerk
des Expressionismus haben wir nochnicht.
Aber
in reichemMaße
rieseln und fließen die Brunnen. Sie strömen Bekenntnis, Erbarmen, Sehn- sucht, besänftigende Psychologie, freudigen Auf- schwung, andere Seligkeiten.Das
keinesfalls er- starrte seelische Streben geht auf gewaltige, imzer-st(")rbare Kunst aus, aufs zeitgemiiß Unzeitgemäße.
Fs fehlt durchaus nicht der
Zusammenhang
mit deng()ttlichen
Komödien
und Faustiaden,—
mit derfeier- lichen Handlung, mit der priesterlichen Kunst Stefan Ueorges, auch nicht mit anderen heiliggesprochenen Dichtern derGegenwart
und Vergangenheit, wie1hüderlin, Lenau, Verhaeren, Rilke, Dehmel.
Das
ist der schöpferischeUrgedanke
des Expres- sionismus: derSieg des Geistes über den bösen Grundstoff der Welt. Und
die ge- wisse Wiedergeburt der ganzen gefallenen Mensch-heit.
Der
anhaltende, beständige Verlauf der Ver- geistigung befruchtet nichtmehr
in erster Linie die persönliche Zukunft, sondern die Zukunft der ganzenHrdballbevölkerung. Somit drängt der Expressio- nismus, im Gegensatz zu passivistischeren Kunst- richtungen und Spenden,
ungestüm
ins Volk. Seine politische Steilung ist die jener UnsichtbarenLoge
der Geistigen, die— mag man
auch über Einzel- heiten der Beseitigung tausendjähriger Irrtümer streiten—
sichnunmehr
in Deutschland, Europa und aufdem
ganzen'Planeten offen und selbstgewiß, mit riesenwüchsigemSchwung
durchzusetzen scheint.Somit ändert der Lyriker, der Dichter von heute die Klangfarbe sei- ner Stimme, wird mit Inbrunst und Grundgefühl Politiker, Lichtbringer, wissender Werber. Man
denke dabei nicht allzusehr an Börne,Herwegh
oderGutzkow,
ob- schon auch diese Rittervom
Geiste waren,wohl
aber an die erdennahen, weltenvollen Propheten Nietzsche, Tolstoi, Dostojewski.Der
Dichterdenker wirbtum
Bundesgenossen unter den Beweglichen und Durchdrungenen, sucht die durchglühteMenge
anzuziehen, seinem ständigen aktiven Einwirken zu p
gewinnen. Mit einem
von
der reinen Idee undvom
Wirklichkeitssinn gleichermaßen genährten Pathos bricht er der zivilisatorischen und revolutionären Umgestaltung Bahn,
Der
unvermischte Expressionis-mus
ist einer apokalyptisch verzückten Dichtung ge- weiht.Der
flutendeAktivismus
verzichtet vollends auf alle „mittelalterlichen“ Lyrik-Ideale, steigert die kühle Verstandesschärfe, die denknot- wendigeii und rednerischen Grundstoffe, ringtum
12
Meisterschaft und hinreißende Herrschaft auf
dem
Felde einer kräftig hervortretenden, angriffslustig ausgeprägten Publizistik, die das
Leben
nachdem
(Dpferwillen der neuen
Wahrheit
umbilden will. Erst widerliche, gräuliche Ereignisse, elende blutige Kata- strophen. ..Dann —
dasWunder
der menschlichen Durchgeistigung, dasWunder
einer neuen Ganzheit, das freudige Pathos einer unbezwingbaren, ver- sprechenden, versöhnenden Verjüngung. Nichtmehr
machtlos und kleinlich, bestenfalls abenteuerlich, un- erfüllbar sein!Das
Leben, Seele und Körper derWelt
umgestalten! Die lichteWelle
der Geschichte bebt des befreitenPrometheus
siegvollen Gesang, daß er fast schon dieSchmerzen
nichtmehr
fühlt.Die neue futuristisch-expressionistisch-aktivisti- sclie Kunst beginnt mit allerhand Hirngeburten und Erfahrungen, unter denen schon Bestandteile einer beherzten, sehnsuchtsvollen Entwicklung enthalten sind. Sie schreitet auf
dem Weg immer
größeren Verständnisses für das harte, zäheWesen
der Dingefort.
Aus
einer erfahrungsmäßigen Kunst wird sie zu einer planvoll normativen,—
dringt zu den Ur- bildern des Dargestellten durch. In allem,was
uns umgibt, zeigt sie jeneZüge
und Kräfte, aus denendie Anfänge der
Erneuerung
entstehen.Vom
Futurismus, über den Expressionis- mus zum A
ktiV
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us : d. h.v
o neiner egozentrischen Zeit der tragigrotes-
k en
H
0 ch ku1 1ur,über die S
e 1b s tein -kehr und Selbstbesinnung, zur werk-
tätigen sozialistischen Liebe. Vom
erotisch ästhetischen Ich, über das geistig ethische, zur giftgetränkten, schmerzgeprnften, auf Erlösung bedachten Mitmenschheit.
ZWEITER VORTRAG
Wirklich lebendige, ursprüngliche Talente bilden auf die
Dauer
keine Klubs oder Gruppen; diewahr-
haft dichterische Natur löst sich bald
von
Vereini-gung
und literarischer Freundschaft. Jede Anord- nung,Zusammenfassung
ist nur Schale: so auch unsere der pulsierenden lyrischenGegenwart
nach Expressionisten, Futuristen, Aktivisten. Es ist also nichtetwa
eine wissenschaftliche Terminologie.Immerhin
fehlen den aneinandergereihten schöpfe- rischen Persönlichkeiten nicht wesentlicheGemein-
samkeiten der ästhetischen Ziele und der künstleri- schen Ausdrucksmittel.Der Futurismus,
wie wir ihn hier verstehen,ist die expressionistische Kunst
um
der Kunst willen.Oder —
dieexpressionistische Kunst für
den Künstle
r. Er hat seine artistischen und seine stofflichen Grundlagen. Er erwächst aus einem starken Widersi)ruch gegen eine lauwarme, sauin-14
selige Moderne, gegen dahinsiechende Literatur- briiderschaften.
Man
schimpfte mitIngrimm
und Er- bitterung auf die Vorgänger—
auf die Nachbeter der letzten Phase, und suchte nach neuen, unerhörten Formen.Man
schrie: Nieder mit der Neuromantik,—
nieder mitdem
Symbolismus!Und
belustigte auf diese Art die lieben Zeitgenossen, die entzückt waren,w
eil sie schonimmer
etwas gegen dieSym-
bolisten hatten, und vielleicht auch gegen die Zaubereien der Neuromantiker.
Der
Futurismus meinte es aber trotzdem etwas anders. Er gabetwa
eine übermütige Parole aus: Alle Vergangen-heit ist unproblematisch.
Leugnen
wir den gestrigen Tag! Ihn gab es nicht, ihn durfte es nicht geben.Die neuen
Stimmen nahmen
denKampf
auf wider jedehandwerksmäßige
Gewandtheit, wider jede er- starrte Lehrmeinung, jeden Alltag, auch den weisen Alltag der künstlerischen Errungenschaften.Der
Futuristenscharwaren
die jüngstenVorgänger —
der gemischten Allgemeinheit noch
immer
schwindel- erregend—
genau so uninteressant und zuwider, wie die altenTürme
des Erfolges, wie die ehrwürdigen,immerwährenden
Überlieferungen des Realismus.Das waren
allesGesänge
des Abgelebten, Absterben- den, daswar
höchste Pein und Todesangst der Ver- gangenheit.Man
zeigte sich bei dieserAblehnung
sehr folgerichtig und beharrlich,zum
mindesten überaus streng. Die amtlichen und halbamtlichen Zeitschriften, Aufrufe,Ankündigungen
der Futuristen, Kubofuturisten, Neufuturisten des ln- und Auslandesschwadronierten höchst überheblich.
Man
ging so weit, Leonardo, Michelangelo und Raffael nichtige Zunftmeister überholter Jahrhunderte, Venedig eine Wasserleiche und l'schaikowski einen Liebling der Küchenfeen zu nennen.Man
verkündete fabelhaft frech: Geht nicht in die Museen, denn siewerden
euerenGeschmack
verderben.Kurzum —
eswar
eine äußerste Linke.
Und
diese Kinder des Schreckens ohrfeigten den öffentlichenGeschmack,
führten mitunter— um
den Bürger in höchstes Er- staunen zu setzen—
ein betäubendes Geheul auf,und
wurden
dabeivon
den braven, süßlichen Spießernwacker
verulkt, die gern alles auf einen Haufen werfen und mit ablehnendenNamen
belegen,was
sie nicht verstehen.Ob
es nun alt oder neu ist,klassisch bevorrechtet und mustergültig oder grell futuristisch.
Die heraufbeschworene futuristische
Umwälzung
wurzelte also in stofflichen und artistischen Gründen.
Hier
wieMort
triebman
dasSuchen
neuerWege
biszum
äußersten. Die unwiderruflich Alten hatten die ^ Natur, die Urteilssprüche und Abenteuer des alten Lebens besungen und gedeutet.Das
kecke Schaffen der sehr jungen Futuristen besang die reich ver- künstelte Tragikomödie des damaligen „Heute“, den zaubermächtigen Gewalthaber—
die große Welt- stadt: Paris, Berlin, München, die französisciie und helgische Riviera, Brüssel, Mailand, Petersburg.Aber
nicht in der Art, wie die Väter (Verhaeren oder Delmiel) dergleichen getan hatten, sondern durch16
die Lichtbrechung der eigenen Empfängnis. Mit der starken 'rongebung und den Ausschreitungen der siebenfach geläuterten Kultur und Zivilisation
wurde
auch die Kunst unermüdlich differenzierter. Die Dichterwurden
traumdeutende Sprecher des raum- trunkenenTages
undWundärzte
der buntesten iLsychophysis. Sie trieben ungewöhnliche,wahn-
witzige Taschenspielerei- mit ihren
Nerven
und Sinnesorganen. Sie zeigten eine enorme, selten be- geisterte Vorliebe für die Stoffgebiete der scharf- sinnigsten, modernsten und elegantesten Technik und Mechanik.Und wenn
bei Eichendorff auf jeder*Seite der
Wald
rauscht, derMond
scheint und das Posthorn im kühlenBuchengrunde
ertönt,—
so ver- sucheman
einmal die vielen Luftkreuzer, Polar-ftihrer, Titanics, Piloten und Propeller nachzuzählen, für die der italienische Marinetti und auch unsere Marinettis
vom
Lietzensee undvon Schwabing
werben.Man
liebt die luziferische Gebärde, die Narkosen des Überseeischen, aus fernerHeimat Stammenden,
besucht—
• mindestens aufdem
ge- flügelten Musenrößlein—
•fremdeLänder
undVölker- schaften, geht nach Paris,Rom,
nach Spanien, Ägypten, Marokko, nachNowaja
Semlja und zu den rUpuas nach Australien.Das
hängtzum
Teil mit wirklich erlebten,zum
Teil mit literarischen Ein- drückenzusammen. Der Euturismus
isteine alleuropäische Bewegung.
Noch
wesenhafter scheint mir aber doch die artistische, die ganz und gar kunstbezügliche Staats-Umwälzung
des Futurismus. Siewar
die Folge eines aufs äußerste gesteigerten, hochpersönlichen Fltra- impressionismus und eben jenes alleuropäischen, jaweit über Europa hinausgehenden
Zusammenhanges.
Preisend sprach
man vom
schöpferischen Wort,von
der schöpferischen.Farbe. DieMusenalmanache
der dichterischenJugendbünde waren
vollvon
Aus- deutungen irgendwie verwandter Erscheinungen. Auf den natürlich nicht ganz ahnenlosen literarischen Futurismus wirkten die uranfänglichen bildenden Künstler wildfremder Völker—
• so der Perser, Siamesen, auch der Neger.Man
suchte imWeißen
dasSchwarze
und sah imSchwarzen
das Weiße.Und
erst recht beeinflußtenFehden
Rhops, Gauguin, Cezanne, Matisse, Picasso, Marinetti die futuristische Dichtung undwurden
ihreBanner
und Exzelsior- Rufer.So manchem,
der die allgemein Anerkanntenals harmlos verwarf,
waren
dieNamen
der ab- seitigen, frivolen, feuersprühenden PoetenHuys-
mans, Laforgue, ArthurRimbaud
kein leerer Schall.Man
glaubte vor allem an die große Kunst des farbi- gen Wortes.Und
wirklich hat sich das Publikum zu sehr daran gewöhnt, auf da,sWort
herabzusehen, wie auf etwas Farbloses, Abgenutztes. Alswäre
das Er- eignis der dichterischen Sprache eine SorteGe-
schwindeschrift oder Esperanto, nicht eine über- lebendige Erscheinung ausdem
Bereich der ältesten und feinsten Kunst, in der alle Sclu'Hiheit derWelt
verborgen ist.Das
expressionistische Tart pour Tart18
empfindet das
Wort
als die große Losung, als einewig Neues, Erstes, Unerwartetes.
Nun
ändert sich,wie Sie wissen, die Manier zu sprechen, im Laufe der Zeit; fortwährend
kommen
neue Bezeichnungen hinzu.— Immer
schon und freigebig schufen Dichter Worte, Bilder,Kedewendungen,
oder brachten sie in Umlauf.Aber
erst die Futuristen zogen hier die letzten Folgerungen: sie taten als verträumte Spiel- phantasten alles Mögliche.Und
trieben auchUn-
nhigliches und Abgeschmacktes. Bald griff
man
nachallen Sprachen,
Formen,
mundartlichen und kauder- welschenden Besonderheiten, die erreichbarwaren;
bald zeigte
man
sich kokett reinigungswütig.Man
griff zu zweideutigen, hohlen und etwas lächerlichen Künsten. Fyrische Gebilde bestanden aus Zeilen voll der
unzusammenhängendsten
Wörter.Um
desbesonderen, phantastischen
Reimes
willen, zögerteman
nicht, einWort am Ende
einer Zeile zu spalten, und die nächste mitdem
Rest desWortes
zu be-ginnen.
Man
schwelgte in schnurrigen Folgewidrig- kciten der Satzfügung, in der Aneinanderreihung sich wirklich oder scheinbar widerstrebender Begriffe.Man
verwechselte snobhafte Spielerei mit priester- liebem Dienstam Worte; man war
mitunter nicht der Herr, sondern der Knecht seiner Kunst.Aber
die possierlichen Geschmacklosigkeiten und schwel- gerischen Tändeleien sind Wechsellaunen einer un- ruhvollen, überlebendigen Richtung. Die Anstren- gungen des Futurismus, die Dichtung zu reformieren, ihr Fittige des neuen Lebens zu geben, die
kommende
Verwandlung
vorzubereiten,wurden
mit Spott undHohn
beantwortet. Diese verbissenen und protzigenSarkasmen
konnten imGrunde
lediglich die Talent- losigkeiten treffen.Und
es gab gewiß Mittelmäßig- keiten, oder selbst Mitläufer, die ganz und gar Keine dichterischeBegabung
hatten, bestenfalls aus ihrer Gauklerfähigkeit einGewerbe
machten.Die Darlegungen,'Einladungsschriften und Farben- posaunen der futuristischen Führer und Verkünder haben ihre Verheißungen selten restlos erfüllt. Sie forderten nihilistisch die Vernichtung des Rhythmus, die Ausschaltung des Wortes, ja des Begriffes
„Schönheit“. Sie meinten aber
— zum
mindestendie Gestalter bezeugen es greifbar
—
das unersätt- liche Suchen nachneuen Rhythmen,
nach unge- formter Schönheit. Die futuristischeBewegung
wünschte sich eine unerhörte Sprache, niclit jene—
so drückt es einmaljemand
aus—
, die von Haus- knechten und Marktweibern gesprochen wird. Fskommt
auf dieÜberwindung
jener laienhaften An-sicht an, echte Poesie
müsse
jedem Kinde nah und verständlich sein. Natürlich gibt es große Meister des künstlerischen Wortes, die durchaus nicht jedem verständlich sind. OscarWilde
sagt irgendwo: „Die Dichter schreiben nicht für Spiegel und nicht für stehende Gewässer.Das
Fesen einer Dichtung istschon ein Schaffen“.
—
•Des
ferneren verlangten die Futuristen die Bildung einer über das Verstandes-gemäße
hinausgehenden Weltsprache: da dich- terische Erlebnisse durchaus nichtimmer
gleich inWorte, in erkaltete Begriffe also, zu bannen sind.
Man
dachte sich dieses sonderbare Erlösungsvolapiik aus lauter Vokalen bestehend. Solche Absicht klingt zunächst schrecklich undlächerlich.Aber
es istauch wohlmehr
superklug oderwitzigdumm
gesagt, als falsch behauptet.Nur
Laune, lediglich Selbst- ani)reisung und Fopperei ist auch diese spitzeThese
nicht (die den
Dadaismus von
heute erheblich vor-wegnimmt). Weder
dieVergrößerung
der sprach- künstlerischen Wortschätzeum
willkürlicheund
neue Gebilde, noch die unüberwindlicheAbneigung
gegen die Ausdrucksfähigkeit altfränkischer Zeitenist eine
Sünde
wider den heiligen Geist.Es genügt aber nicht, einige
Dutzend
Flug- schriften haben drucken zu lassen, die Götter von ehemalsvon
den Sockeln stürzen zu wollen;man
hat Eigenes, Ursprüngliches,
Unverwechselbares
zu produzieren.Nun — wiewohl
die Futuristen auf alleEeierkastengewohnheit, auf billiges
Ruhmesgemüse
verzichtet haben,
obwohl
Witzbolde sie veräppelt und Pfahlbürger sie bierehrlich ermahnthaben, fehlte nicht der Erfolg, Die futuristische Zeit im wahrsten Sinne—
das ist die Kunstperiode unmittelbar vor der großen Trennung, die sich eingeschlichen hat, unmittelbar vordem
Krieg,Der
bestrickende Reiz einer abenteuerlichen, versucherischen Lebensent- faltung ist verwüstet, die glühenden Absichten und Pläne sind unterbrochen worden.Aber
nur unter- brochen—
nicht erstickt. Dichten ist ein ewiges Bauen, Verwirklichen, Vertiefen, Bändigen,Ge-
winnen.
Das
auf die Stelzen eines Kothurns er- hobene futuristische Theater-lchwar
etwas, dasüberwunden werden
mußte.Und
doch bereitet sich in diesen Dichtungen, die auf den Eigenwert des Wortes, auf die tragischflammende
und komödien-haft leichtsinnige Sehnsucht des
Einzelnen
ge- stellt sind, das große, glaubwürdigeW
i r einer aus gutenGründen
leidenschaftlicher und feierlicher ge-wordenen Epoche
vor.DRITTER VORTRAG
Das
Unbehagliche und Zerklüftete der persön- lichenStimmungen
rückt in den Eiintergrund, die Krankheitsseligkeit der Gefühle wird minder be- achtet. Die Zeitereignisse verschlingen jeglichen Klimpertand, bringen neue Ungewißheiten ins Rollen, beweisen die ungeahnte Phrasenhaftigkeit und ver- derbliche Nichtigkeit einer leichtfertigen Menschen- kenntnis. Kannibalische Ausbrüche, Atavismen er- sticken die kühnen romantischen und futuristischen Begriffsbildungen. Lustfahrten in ein rosiges Idyllen- land freier Persönlichkeitenkommen
nichtmehr
in Präge.Das
frivolste Blutmuß
den schrillen, allesBunte und Persönliche verzehrenden Pulsschlag einer neuen
Bewegung
verspüren. Immerhin:—
• derAktivismus
ersteht nicht erst im Krieg. Die22
letzte überlegen selbstzufriedene Stufe, die barock futuristische Zeit gebiert ihn als einen kräftigen (iegenf übler ihrer
Wesenszüge. Der
Krieg ver- schärft und beschleunigt die Entschiedenheit seiner mannigfachen Entwicklung.Der
Aktivismus vergeistigt das Bündelvon
Er- lebnissen, die Machtmittel der menschlichen Tragi- komödie, das unerläßlich Psychologische. Er fesselt die Kunst an lenkendenZweck
und geisteigert schöi)ferischen Gedanken.Keineswegs
bedeutet er eine barbarischeAbsage
an die besonderen Zärtlich- keiten derForm;
einen Abschiedvom
rühmlichenWissen um
den Stil,von
mächtiger Verskunst und rhythmischer Schönheit.Keineswegs
ein seelen- kaltes Verleugnen der Poesie.Ganz
deutlich siehtman
auf einmal die hohe, er-habene Leiter der Kunst mit ihren vielverheißenden Stufen. Erblickt das Stadium der harmlosen, treu- herzigen
Nachahmung
und der kleinlichen oder grellen Verspottung; dann die Entwicklungsform sehnsüchtiger Vermenschliclrung der Möglichkeiten, bis zur äußerstenkecken
Verfeinerung,—
und die Bereiche der reinen Phantasie.Andere
Künstlerwiederum
packen dasLeben
bei den Elörnern,—
streben gewaltig danach, wahrhaftiger, mit Eleiß- hunger, ethischer zu sein als die herkömmliche, durchschnittliche
Weltanschauung
der Zeit, sind frei-mütige Erkenner und Bekenner.
So
erreicht m.an denn in hoher Luftschicht eine Staffel der klaren, weisen, unzerstörbaren Geistigkeit.Des
wachen,weltweisen Schöpfertums. Die Dichtungen sind lichtvolle und gemeisterte Spielarten des freizügigen
Themas vom Menschen und
von der Welt. Sie sind ein schonungsloserKampf
des auserkoren, unver- söhnlich, apostolisch Geistigen mit den schnöden Be-^harrungskräften, mit träumerischer Trägheit, mit Gleichgültigkeit und
Wankelmut.
Sie erheben sich nachhaltig und lebendig über das wunderliche, kern- hafte oder gelinde Einzelfaktum,—
und rufen in die dunklen, verteufeltenAbgründe
des Lebens, nicht indas Reich der
Edelschwäche
und der schwermütigenTräume.
Die geweihte und reine Maximalforderungstellen sie,
—
denwahren
Willenund
dasWesen
desMenschen
durchgreifend, entscheidend undsomit neu, auf das tiefste erschütternd auszudrücken.Der
Aktivismus bedient sich zu solchemZweck
einer steilen Gesprächsführung, einer gedrängten Disputierkunst. Gutartig, verantwortlichkeitsbewuÜt
in der Absicht, farbig, scharf, glänzend in der Eorni, von unduldsamen, bannstrahlenden Ansichten und Urteilen gestützt,
—
betrachtet er mit vertrautester Kenntnis die gärenden Kräfte des Lebens,—
und wird aus diesemGrunde
zu einer Metaphysik der Zeitbewegung.Die aktivistische Dichtung überwindet das zier- lich
Anmaßende,
Kunstfertige, Ichsüchtige, die bizarre Kostbarkeit des Euturismus und das mythisch Ideologische, die schwärmerische Eülle, die Er- gießungen und Erschütterungen des reinen Expres- sionismus. Ihr werbender, lockender Grundsatz ist24
der Grundsatz der
Bewegung. Man
kennt eineWahr-
lieit im Zeichen des rückwärtsgehenden Krebses, und eine andere irn Zeichen des stößigen Widders.
Und
es ist nicht der Krebs, für dessen Erfolg sich die
Stimmführer dieser Richtung einsetzen. Sie hegen
bewußt
aktuelle, staatswichtige, politische und soziale Absichten, und sprechen leuchtendeWorte
in dieWirren
der Gegenwart.Der
Aktivismus gehtvom
vorsichtigen, zurecht- gestiitztenWohlwollen
akademischer Kathederleute und süßlicher Schöngeister zur entschlossenen, l)ackenden sozialen Tat über. SeineSache
ist nichtetwa
die kleinliche, engherzige Geschäftigkeit und Ungestalt weinerlicher Leitartikel gemeinnützigen (iepräges. Seinewahren
Ausstrahlungen, Tat-gedanken
und innersten Ergebnisse haben nichts mit kümmerlichen Traktätchen und strebsamen Kritte- leien zu tun. Diese Dichter-Prosaistenkämpfen
als radikale Vertreter einer jugendlich starkenBe-
wegungsliteratur, auf seiten der ganz und gar all-menschlich, wahrlich kollektivistisch fühlenden Seele,
—
wider Willkür, verjährte Narrheit und ver- trackte Hysterie der unstillbaren Ichlinge. Die Dichter stehen nicht nur im Dienst der Musen, son- dern auch allen mächtigen Zeitbestrebungen sind sieVerbündete. Anderseits suchen solche Priester eines besseren Gottes, den
Menschen von
lähmender Bot- mäßigkeit zu befreien, aus der Versklavung durch den alltäglichen Wirkungskreis und durch die Schofeleien „geordneter Verhältnisse“ herauszu-f
schälen.
Der
eigentliche,ausnehmend
besondere, fastmöchte
ich sagen „heimliche“ Held aktivistischer Dichtung ist der geplanteMensch
der Zukunft,—
der beispiellos freie Europäer und Weltbürger, nach der großsinnigen, unwiderruflichen Beseitigung wüster nationalitätbedingter Schlächtereien und zerreiben- der Klassenkämpfe, nach der endgültigenSäuberung
des alten Augiasstalles Europa. Es ist der wahre, genievolle, schöpferkrafterfüllte Weltbürger, dessen Gedankenflügel freigeworden
sind für eine neue, lebendige, nichtmehr gehemmte
Kultur; ein Vor- läufer und Eackelträger der vollgültigen Idee, der genießerisch, denkend, bahnbrechend, schaffend,—
aber .vor allem nicht gefährdet durch die letzten
Wallungen
einer unfrischen Barbarei, einer greisen- haften Vergangenheit, die irdische Glückseligkeit bis zur beständigen tragischen Grenze, bis an den leib- lichenTod
durchkostet. Die aktivistische Großtatstellt sich als eine überzeugende Verknüpfung dar:
eines schlagend wissenschaftlich gegründeten Refor- mismus, der die Allglückseligkeit anstrebt,
—
und einer farbigen, fruchtbaren, anschaulich beobachten- den und sinnreich verbindenden Phantasie, die den großen goldenen Schlüssel zu allen Geheimnissen dieserWelt wenn
auch nicht besitzt, so doch zu schmieden beflissen ist.Diese Kunst ereifert sich, liebt und zürnt, will entscheidende
Anregung
geben, will die menschlicheUmwelt
beeinflussen. Verbrennen und Verehren istihr im Tiefsten Bedürfnis. Mit Scharfsinn und Spitz-
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findigkeit darlegend, rechtfertigend,
wenn
es seinmuh, lehrhaft, will der Aktivisiniis die Verhältnisse, Hinrichtungen, den
Anbruch
des Neuen, die ganze l.ebensform und Richtung des Geschehens bewirken.Dabei handelt es sich
um
eine kunstreich ver- körperte Wahrheit, nichtum
eine verstandesmäßig aufgebaute Gemeinschaft, nichtum
das hochmütige Schlagwort irgend einer allerintimsten Sippschaft.Schwerlich
würden
alle Aktivisten füreinander stehen oder gar gelten wollen. Die sehr verschiede- nen Künstler und Denker, von denen hier dieRede
geht, und andere
vom
jungen Geist undvom
jungen Huropa daneben, streiten und gestalten um, der gleichen Sache,um
der gleichen Gewissens- angelegenheit willen.Der
Futurismus glaubte an eine Erlösung durch das geistreiche, willkürliche formale Verfahren.(Man sollte diese Kunstdurchdringung nicht nach idatten Mißbräuchen und schlechten Kopien be- urteilen.)
Der
Aktivismus, obschon keineswegs formungläubig, kennt vor allem die Erlösung durch die kritische Wahrheit, durch die Vorherrschaft des geläuterten Gedankens, durch den Geist. Einen Geist der Erkenntnis, der den auserwähltenMenschen
vor den verhängnisvollen Fratzen der wetterwendischenUmwelt
schützt: weil er diese Außenwelt, die zer- splitterte Zeit, mit eigenemDenken
und nach selbst-gemachtenErfahrungen, überstürmt,
überschwemmt,
durchdringt und befruchtet. Einen heiligen Geist,—
weil unter seinem schöpferischen Atem, unterseiner edlen und großen Leidenschaft, das Profane und Widerwärtige, wie das Abenteuerliche und Ver- sucherische gut und schön wird. . .
Was
istam
Aktivismus Trunkenheit der Phan-tasie und dunkelglühende, blutdurchrauschte Kunst,
was
nur Sinn für neue Ethik, oder gar sophistische, gefleckte Literatur?,Das
scharf und eng abzu- grenzen, scheint mir nicht möglich. Rotes Blut undlichtes Gewissen, Kreise der Logik
und
helles, lang- atmiges Pathos ergeben zahlreiche, bunte, tolle oder kluge Spielarten, Gefühlsabstufungen und auch argeSchwächen,
verunglückte Sünden.— Wir
Deutschen neigen nochimmer
zu der Vorstellung, daß eines Dichters Verhängnis und Befreiungmehr
mit Lotos und Bananen, und allenfalls mit Räubern, mit der schönen Fröhlichkeit und erhabenen Freiheit einesMärchens von
Mörike zu tun hat, als mit Politik und Sozialwissenschaft.Aber
die Dichter und Führervon
aktivistischer Arbeitskulturwohnen weder
aufdem
Jupiter noch aufdem
Saturn, wissen mit den Dingen dieserWelt
erstaunlich Bescheid, und sind keine indischen Sinnpflanzen.Dennoch wäre
es töricht, ihnen die künstlerische Befähigung abzu- sprechen.Wie
inverwandten
Zeitläuften, wie bei den französischen Enzyklopädisten etwa, ver- schwinden die Schranken zwischen Erquickung und Strafgericht, zwischen Philosophie, Dichtung und treffender, wohlgefälliger Publizistik.Wofern
es nur hohe, feine, verantwortungsvolle Kunst ist, darf uns dieses nichtbekümmern.
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Arthur Sakheim
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(Peiix Bloch Kr!)(m, Berlin)
lite (Carl Keissner, Dresden)
„Magnifikat“,
oedi,„Masken“
, liainl)urgis('lie Scliauspielerbildnisse (Georg Westermann, Braunscliweig)„Marion in Rot“,
Roman, 2. Antlage (GeorgMüller, München),,E.
T.
A-. Hoffrriciriri, eine Monographie
(M. Haessel, Leipzig)
Demnächst erscheinen
:
„Patmos und Kythera“,
neue Gedi.i.te„Der Prinz und die drei Orangen“
„Monna Caterina Connio“
. . ,.
„Galante Pantomime“
. .....
(Musik von Arnold Winternitz)
drei Panto- mimen
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