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Ist Leichte Sprache wirklich leicht?

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Academic year: 2022

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(1)

Ist Leichte Sprache wirklich leicht?

Eine vergleichende Rezeptionsstudie verschiedener Adressatengruppen

Silvia Hansen-Schirra

Silke Gutermuth

(2)

Translationswissenschaftliche Motivation

➢ Intralinguale Translation, Experten-Laien-Kommunikation (Jakobson 1959, Hansen-Schirra et al. 2009)

➢ Funktionale Perspektive (Nord 1989), Strategien der Simplifikation (Baker 1995)

➢ Modellierung und Messung von Verständlichkeit & Komplexität (Jekat et al. 2014, Hansen-Schirra et al. 2015) über die

gängigen Verständlichkeits- & Komplexitätsformeln hinaus

(3)

Sprache als Kontinuum

(4)

Modellierung von Komplexitätsstufen

Morphologische Komplexitätreduzierung

Phrasale Komplexitätreduzierung

Syntaktische Komplexitätreduzierung Textlinguistische

Komplexitätreduzierung

(5)

• Es werden kurze Sätze verwendet.

• Jeder Satz enthält nur eine Aussage.

• Es werden Aktivsätze eingesetzt.

• Der Medio·punkt wird als Segmentierungshilfe genutzt.

• Der Genitiv wird vermieden.

• Schwierige Wörter und Fachbegriffe müssen erklärt werden.

• Bilder helfen, einen Text besser zu verstehen.

• etc.

Regelwerke (z.B. Maaß 2015)

(6)

Es fehlt an empirischen, belastbaren Messbarkeitsgrundlagen für die Effizienz der jeweiligen Sprachvarietäten unter

Berücksichtigung der Heterogenität der Rezipientengruppe(n).

➢ Messbarkeit: empirische und multi-methodische

Operationalisierung vorhandener Komplexitätsmodelle

➢ Empirische Daten/Studien zu Leichter Sprache generell (Rezeption, Verständlichkeit, etc.)

➢ Empirisches Datenmaterial zu den LS-Regeln

Forschungslücke

(7)

Hypothese 1: Leichte Sprache ist weniger komplex Hypothese 2: Leichte Sprache ist besser lesbar

Hypothese 3: Leichte Sprache ist verständlicher

Analyse 1: Varietätenvergleich ES vs. LS

(8)

▪ Multimethodischer Ansatz:

Fragebogen

Verständlichkeitsrating

Freie Reproduktion

Lesestudie mit Eyetracking (Tobii TX300)

▪ Verschiedenen Probandengruppen (min. 30 Teilnehmer pro Gruppe):

Senioren (S)

Menschen mit kognitiven Einschränkungen (CB)

Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen (M)

Kontrollgruppe (P)

▪ Verschiedene Textvarianten:

▪ Originaltext von Website: Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie (https://msagd.rlp.de)

▪ Übersetzung in Einfache Sprache (in Anlehnung an Wolfer et al. 2015; Müller-Feldmeth et al.

2015), auf der Basis der grammatischen Metapher (Hansen-Schirra & Gutermuth im Druck)

▪ Übersetzung in Leichte Sprache (in Anlehnung an Maaß 2015)

Analyse 1: Varietätenvergleich ES vs. LS

(9)

Analyse 1: Varietätenvergleich ES vs. LS

Webseite MSAGD Einfache Sprache Leichte Sprache

Type-Token-Ratio 38,56 37,88 25,74

Lexikalische Dichte 51,43 52,42 54,37

Kompositadichte 10,37 8,19 7,14

Phrasenlänge 6,65 (max. 36) 4,6 (max. 15) 2,57 (max. 7)

Satzlänge 16,84 11,61 7,44

Flesch-Index* 30 39 59

*Der Flesch-Index für Deutsch wurde mit dem folgenden Online-Tool berechnet http://fleschindex.de/berechnen.php [letzter Zugriff am 12.5.2016]

(10)

Analyse 1: Rating

Not significant

Studierende (P) Senioren (S) Migranten (M) Menschen kognitiven Einschränkungen (CB)

(11)

Analyse 1: Freie Reproduktion

FreieReproduktion

Studierende (P) Senioren (S) Migranten (M) Menschen kognitiven Einschränkungen (CB)

(12)

Analyse 1: Gesamtlesezeit in Sekunden

Studierende (P) Senioren (S) Migranten (M) Menschen kognitiven Einschränkungen (CB)

(13)

Zwischenfazit

Hypothese 1: Leichte Sprache ist weniger komplex Hypothese 2: Leichte Sprache ist besser lesbar

Hypothese 3: besseres Rating + bessere

Reproduktion für Leichte Sprache (insbesondere für

Migranten)

(14)

Hypothese: von-Paraphrase ist verständlicher als Genitiv

Analyse 2: Genitivregel

(Kugele 2018)

(15)

Analyse 2: Genitivregel

▪ 40 Sätze in zwei Varianten: Genitiv (possessiv) vs. von-Paraphrase, Distraktoren

▪ Methode: Text-Bild-Zuordnung („Wem gehört…?“-Frage, paper-pencil, Auswahl aus 5 Varianten)

▪ 8 Probanden

Mitglieder der Prüfgruppe für Leichte Sprache-Texte für capito Stuttgart

Probanden leben oder arbeiten in der GWW (Gemeinnützige Werkstätten und Wohnstätten GmbH) in Sindelfingen

Grad der Behinderung (GDB) der Probanden liegt laut GWW zwischen 50 % und 100 %

▪ Stimuli: Bilder der Lebenshilfe Bremen e.V.

(Kugele 2018)

(16)

Analyse 2: Genitivregel

Korrekte Antwort von-Paraphrase Korrekte Antwort 47%

Gentiiv 46%

Falsche Antwort 7%

Korrekte Antwort von-Paraphrase Korrekte Antwort Gentiiv Falsche Antwort

(Kugele 2018)

(17)

Zwischenfazit

Hypothese: kein Unterschied zwischen von-Paraphrase und Genitiv

➢ Rolle der Position im Satz?

➢ Unterscheidung zwischen Konkreta und Abstrakta?

(Kugele 2018)

(18)

Hypothese 1: Mediopunkt als Segmentierungshilfe Hypothese 2: Bindestrich als Segmentierungshilfe Hypothese 3: Kompositum schwer verständlich

Analyse 3: Mediopunkt vs. Bindestrich

(Wellmann 2018)

(19)

Analyse 3: Mediopunkt vs. Bindestrich

▪ 54 Komposita in drei randomisiert dargestellten Varianten (Bindestrich, Mediopunkt, unsegmentiert), Distraktoren

▪ Methode: Text-Bild-Zuordnung von Einzelwörtern (per Mausklick, Auswahl aus 4 randomisiert eingeblendeten Varianten)

▪ 5 erstalphabetisierte Frauen

▪ Alphabetisierungsgrad in ihrer Muttersprache nach max. 3 Jahren Schule (3 Arabisch, 1 Berberisch,1 Türkisch) nach Hendricks (1996: 16):

„Gruppe 3: Analphabeten, die über rudimentäre Lesefähigkeiten verfügen, aber nicht schreiben können. In dieser Gruppe ist das Prinzip der Laut-Schrift-Zuordnung verstanden worden, kann aber nur für eine stockende Lesetechnik herangezogen werden; einige Wörter können aus dem Gedächtnis heraus geschrieben werden.“

▪ Teilnahme am Kreisvolkshochschulkurs „Deutsch ‚Richtig schreiben lernen‘ - für ausländische Frauen mit Deutschkenntnissen“

▪ alle Frauen leben seit mindestens 10 Jahren in Deutschland, haben aber Kinder in deutschen Kindergärten bzw. Schulen (gehabt) und mindestens einen offiziellen Deutschkurs (A1)

besucht

▪ Kontrollgruppe aus 9 Studierenden

▪ Stimuli: Prüfwortschatz für das A1-Niveau zur Abnahme der „Start Deutsch 1“- Prüfung (Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens)

+ Hueber Bildwörterbuch mit A1+ Wortschatz

(20)

Analyse 3: Mediopunkt vs. Bindestrich

(Wellmann 2018)

(21)

Analyse 3: Mediopunkt vs. Bindestrich

(Wellmann 2018)

(22)

Zwischenfazit

Hypothese 1: bessere Lesbarkeit und Verständlichkeit für den Mediopunkt

Hypothese 2: Mediopunkt funktioniert besser als Bindestrich

Hypothese 3: höhere Fehlerquote bei Kompositum und Bindestrich

(Wellmann 2018)

(23)

Hypothese: Verarbeitung von Komposita interagiert mit dem linguistischen Kontext

Analyse 4: Komposita im Kontext

(24)

▪ Multimethodischer Ansatz:

Fragebogen

Verständlichkeitsrating

Freie Reproduktion

Lesestudie mit Eyetracking (Tobii TX300)

▪ verschiedenen Probandengruppen (min. 30 Teilnehmer pro Gruppe):

Senioren (S)

Menschen mit kognitiven Einschränkungen (CB)

Menschen mit schlechten Deutschkenntnissen (MI)

Kontrollgruppe (P)

▪ Verschiedene Textvarianten:

▪ Originaltext von Website: Ministerium für Soziales, Arbeit, Gesundheit und Demografie (https://msagd.rlp.de)

▪ Übersetzung in Einfache Sprache (in Anlehnung an Wolfer et al. 2015; Müller-Feldmeth et al.

2015), auf der Basis der grammatischen Metapher (Hansen-Schirra & Gutermuth im Druck)

▪ Übersetzung in Leichte Sprache (in Anlehnung an Maaß 2015)

Analyse 4: Komposita im Kontext

(25)

Analyse 4: Komposita

signifikant

Durchschnittliche Erstfixationsdauer für alle Probandengruppen und Varietäten

Mediopunkt (MP) Original (O)

(26)

Analyse 4: Komposita

Erstfixationsdauer

nach Probandengruppen

Studierende (P) Senioren (S) Migranten (M) Menschen kognitiven Einschränkungen (CB)

(27)

Analyse 4: Komposita

Gesamtlesezeit für unsegmentierte Komposita für

Menschen mit kognitiven Einschränkungen nach Varietät

Original (N) Einfache Sprache (ES) Leichte Sprache (LS)

(28)

Analyse 4: Komposita

Gesamtlesezeit für unsegmentierte Komposita für Migranten nach Varietät

Leichte Sprache (LS) Einfache Sprache (ES)

Original (N)

(29)

Hypothese: Je nach Zielgruppe interagiert die

Verarbeitung von Komposita mit dem linguistischen Kontext

Zwischenfazit

(30)

Ist Leichte Sprache wirklich leichter?

Enkodierung

➢ Linguistisch betrachtet => JA!

Dekodierung

➢ Ergebnisse aus vorliegenden Studien => eingeschränkt JA…

➢ …in Abhängigkeit von der Rezipientengruppe

➢ …in Interaktion mit anderen linguistischen Verarbeitungsebenen

➢ weitere empirische Studien zur Regelvalidierung:

Graduiertenkolleg “Einfach komplex – Leichte Sprache”

https://leichtesprache.uni-mainz.de/

(31)

Vielen Dank

für Ihre Aufmerksamkeit!

Silvia Hansen-Schirra (hansenss@uni-mainz.de) & Silke Gutermuth (gutermsi@uni-mainz.de)

Graduiertenkolleg “Einfach komplex – Leichte Sprache” https://leichtesprache.uni-mainz.de/

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